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^ack Sibirien verschickt. Deutsche und österreichische Kriegsgefangene. — Das russische Gesetz. Zu der Verschickung Deutscher und Öster reicher nach Sibirien schreibt ein mit den russischen Verbäitnissen genau vertrauter Balte: In einem Schweizer Blatt — das sich neben anderen russischen Maßregeln über die Ver schickung von kriegsgefangenen Deutschen und Österreichern und sonstigen beim Ausbruch der Feindseligkeiten zufälligerweise in Rußland weilenden Angehörigen dieser beiden Nationen aufhielt — erschien eine Richtigstellung der russischen Gesandtschaft zu Bern, worin diese witteilte, „daß laut den Gesetzen des Zaren reiches nur gerichtlich dazu Verurteilte nach Sibirien verschickt werden". Dieser Äußerung der Zarenvertretung trat eine der deutschen Gesandtschaft in Bern nahestehende Stelle ent- aegen und führte in dem gleichen Blatte, das die russische Richtigstellung gebracht, neben anderem aus: „Daß nach russischem Gesetz nur gerichtlich Verurteilte nach Sibirien ver schickt werden, wird wohl zutreffend sein. Aus dieser Tatsache den Schluß zu ziehen, daß die deutschen Festgehaltenen sich nicht auf dem Wege nach Sibirien befinden, dürite ledem Kenner russischer Verhältnisse einiger maßen kühn erscheinen." Die Richtigstellung der russischen Gesandt schaft zu Bern entspricht durchaus den Tat sachen. nur hat sie den einen Fehler, leicht irre zu führen. Nach den Gesetzen des Zaren reiches können nämlich wirklich nur Personen Mich Sibirien verschickt werden, die das Gericht dazu verurteilt hat, also überführte Verbrecher. Das sind aber unsere und unserer Bundesgenossen Volksangehörige, die das Unglück haben, jetzt in Rußland weilen zu Müßen, doch selbstverständlich nicht, sondern Mrr Kriegsgefangene, und wie man noch so Wn zu tagen pflegt, zurückgehaltene Ange- dorige feindlicher Staaten. Ihnen könnte also demnach unmöglich Sibirien droben. Das Gesetz aber, durch das ausschließlich den ordentlichen Gerichten und nicht der Ad ministration, wie es übrigens bis vor ein paar Jahren der Fall war, das Recht zur Verhängung der Strafe oder Maßregel der Verschickung einräumt, bezieht sich nur auf »ruhige Zeilen". Solche glücklichen Verhält- Msse gibt es aber eigentlich nie in Rußland; mst ständig herrscht dort, schon wegen der »inneren Feinde", „verstärkter Schutz" oder waar „Kriegszustand". In Petersburg. Polen, dem Kantasus und noch in verschiedenen anderen Gebieten immer. Dann aber ist die Administration allmächtig, kann ohne weiteres die Verschickung und ähnliche Strasmaßregeln »erhängen. Daß jetzt in Rußland keine sogenannten »ruhigen Zetten" sind, da sich das Reich im Kriegszustand befindet, ist selbstverständlich. Deshalb sind alle dort befindlichen Personen, und somit auch untere und un erer Bundes- Senofien Angehörige rechtlos, unterstehen voll ständig der Willkür der Administration. ^on unct fern. -Englische Schlauberger. Nachdem die Maßregeln bekannt geworden waren, die die deutsche Regierung gegen die Engländer aus- zusuhren beabsichtigte, hatten sich 16 Eng länder aus Frankfurt a. M. bei der Regie rung in Wiesbaden gemeldet, um sich ein- »urgern zu lassen. Die Behörde hat dieses Gesuch abgelehnt. Infolgedessen wurden in ^»"ssurt 16 weitere Engländer verhaftet und brchht m Gefangenenlager in Ruhleben ge- n Beschlagnahme deutsche» Eigentums, ^ter dem von der französischen Regierung beschlagnahmten Eigentum des deutschen Juweliers Nachmann in Paris soll sich der kostbare Perlen- und Edelstemscknnuck der Köni- gm von Portugal, Maria Pia, der Großmutter Alanuels, befinden. „Ersatz Emden." Die .Magdeburgische Heilung' veröffentlicht einen Ausruf zugunsten MNer Nationalspende zum Ersatz der „Emden". Als Grundstock wurden fünfhundert Mark ge zeichnet. Kriegssvcnde der deutschen Turner. Der Betrag der von der deutschen Turner ¬ schaft gesammelten Beiträge, die dem Roten Kreuz und anderen Wohlfahrtseinrichtungen zugute kommen» beträgt über eine Viertel million Mark. Außerdem Haven viele Turn vereine ihre eigenen Turnhallen dem Roten Kreuz zu Lazarettzwecken zur Verfügung ge stellt. Andere Vereine haben für die Ein richtung gesorgt. Keine militärischen Ehren für ver storbene Engländer. Der Landeskrieger verband Lübeck hat beschlossen, den in Lübecker Lazaretten verstorbenen Soldaten dte mili tärischen letzten Ehren zu erweisen. Sterben in den Lazaretten Kämpfer der französischen, belgischen oder russischen Armee — im großen Barackenlager und in den Lazaretten liegen neben Engländern viele Verwundete dieser s ^olkswirllckaMickes. Gesundes Wasser auf der Eisenbahn. Die Abgabe eines einwandfreien Trinkwassers auf der Eisenbahn hat jetzt der Minister der öffentlichen Arbeiten durch eine besondere Ver fügung an die Eisenbahndirektionen und die Eisenbahnkommissare sichergestellt. Wegen des Krieges muß, sagt die Verfügung, mit allem Nachdruck auf die strengste Befolgung aller Vor schriften hingewir't werden, die der Entstehung und Ausbreitung gemeingefährlicher oder sonstiger ansteckender Krankheiten vorbeugen. Dazu ge hört die Versorgung mit Trinkwasser des reisenden Publikums wie der Bediensteten der Staatseisenbahnverwaltung. Das Wasser muß überall völlig einwandfrei sein. Der Minister bringt deshalb ältere Vorschriften über die Er ¬ richtung von Bahnwasserwerken und die Wasser untersuchung in Erinnerung. Die Eisenbahn direktionen werden angewiesen, in kürzester Frist sich darüber von neuem Gewißheit zu verschaffen, daß die Abgabe von einwandfreiem Trinkwasser sichergestellt ist. Ergeben sich irgendwelche Zweifel an einzelnen Stellen, so soll ohne Verzug für eine Abstellung Sorge getragen werden. Die Esten- bahnkommissare sind angewiesen, die Privatbahnen mit gleicher Weisung zu verleben. GericbwkaUe. Köslin. Die hiesige Strafkammer verurteilte den früheren Kreisau-schußsekretär Heinrich Thormann, der sich mit gefälschten Zeugnis abschriften und mit gleichfalls gefälschten Emp- sehlungen als angeblicher Gerichtsassessor Dr. Alexander im Jahre 1öl3 die Stelle eines zweiten Bürgermeisters in Köslin zu er schleichen verstanden hat, wegen Betruges und Urkundenfälschung zu einem Jahr vier Monaten Gefängnis. Thormann hatte in Köslin die Jugenopflegesachen zu bearbeiten. Die Stadt Köslin plante die Errichtung eines Jugendheims aui städtischem Gelände, und vom Magistrat war zu diesem Zweck' eine größere Summe zur Ver fügung gestellt worden. Thormann hat zweimal mit Anweisungen, die er für einen angeblichen „Architekten Johannsen aus Stettin" ausstellen ließ, der aber weder in Stettin nach anderswo existiert, von der Kösliner Stadtkaffe einmal 346 Mark und dann 500 Mark abgehoben und zur Bezahlung privater Schulden verwendet. Der „falsche Bürge: meister" hatte zunächst sämtliche Richter des Landgerichts Köslin wegen Tum Ontergang äer „bmclen". Fran, Josef Prinz von Hohenzollern Bei allem Schmerz, der uns bei der Kunde vom Untergang unserer „Emden" eriaßte, ist es doch ein Trost, daß ihr tapfrer Kommandant, Fregattenkapitän v. Müller, zu den Geretteten gebärt. 200 brave Seeleute haben zu Deutsch lands Ruhm und Ehre ihr Leben eingebüßt, 30 sind verwundet worden. Sie sind ihrer Pflicht getreu geblieben bis in den To^, das dankbare Vateriand wird sie für alle Zeiten zu seinen besten Helden öhnen zählen. Auch der ieind versagt den Tap eren seine Anerkennung Fregattenkapitän von Müller nicht, die englische Admiralität hat angeordnet, daß den Überlebenden der „Emden" alle mili tärischen Ehren zu erweisen sind, und daß der Kapitän sowie die Offiziere ihre Säbel behalten. Auch Leutnant zur See Franz Joseph Prinz von Hohenzollern, der auf der „Emden" diente, ist gerettet worden. Er war Offizier vom 15. No vember 1913 und ist als drittes Kind und zweiter Sohn des Fürsten von Hohenzollern aus feiner Ehe mit der Prinzessin Maria Theresia von Bourbon-Sizilien am 30. August 1891 geboren. Nationen -, so soll auch solchen ein letztes militärisches Geleit gegeben werden. Einstim mig abgelehnt wurde eine Beteiligung des Landeskriegerverbandes bei der Beerdigung verstorbener Engländer. Der jüngste Leutnant der Armee ver- ivundet. Der 151/4 Jahre alte Leutnant Kubaschek wurde durch einen Granatschuß ver- wundet und mit einem Transport aus Frank reich nach Heidelberg gebracht. Sein Buriche wurde neben ihm von der gleichen Granate zerrissen. Der junge Leutnant trögt seine Verwundung mit gutem Humor und sprach die Hoffnung aus, mit 39 Jahren schon General zu sein. Ein Zigeuner — Rüter des Eisernen Kreuzes. Auch ein Zigeuner hat sich das Eiserne Kreuz erworben. Es ist dies der Z-geuner Paul Dtek aus Neukölln, der im Reserve-Jnmnterie-Regiment Nr. 8 in Frank reich gekämpft hat. Durcki „Kriegsichwätzer" j« den Tod getrieben. Eine traurige Folge haben dte Gerückte gehabt, die der letzten Zeit über die angeblichen Aerlu te des Bunzlauer Land sturms in Russisch-Posen verbreitet worden sind. U. a. wurde auch erzählt, daß ein In stallateur aus Bunziau gefallen sei. Obgleich eine amtliche Bestätigung dieser Nachricht nicht vorliegt, nahm sich dessen Schwieger vater, ein hochbetagter Rentenempfänger, die Trauerbotschaft derart zu Herzen, daß er Selbstmord durch Erhängen beging. Befangenheit ab gelehnt. Er begründet dies damit, daß er während seiner amtlichen Tätigkeit in Köslin dienstlich und außerdienstlich mit den Kösliner Richtern zu tun gehabt habe und daß diese nun gegen ihn erbittert seien. Das Ab lehnungsgesuch wurde vom Oberlandesgericht Stettin als unbegründet zurückgewiesen, da sämt liche Richter erklärt hatten, daß sie sich nicht be fangen fühlten. Gegen den Untersuchung-richter, Landrichter Henschel, stellte Thormann noch einen besonderen Ablehnungsantrag, der aber auch ver worfen wurde. Dann spielte der Exbürgermeister in der Unterluchungshast den „wilden Mann". Er wurde schließlich sechs Wochen lang auf seinen Geisteszustand untersucht. Die Prooinzialhell- anstalt Stralsund bezeichnet ihn aber als Simu lanten. — Wegen seiner vielen anderen Schwin deleien wird sich Thormann-Alexander vor dem Schwurgericht zu verantworten haben. Kriegsereignisle. 7. November. Tsingtau fällt nach drei monatigem Widerstande in die Hände der Japaner und Engländer. — Am Westrand der Argonnen wird eine wichtige Höhe bei Vienne le Chateau, um die wochenlang ge kämpft worden ist, genommen. Dabei wer den zwei Geschütze und zwei Maschinen gewehre erbeutet. — Im Raume von Krupanj erstürmen die Österreicher mehrere Schanzen. 8. November. Die Türken überschreiten die ägyptische Grenze. — Die Österreicher er stürmen den Kostainik. — Feindliche Schiffe beichießen unseren rechten Flügel, werden aber durch unsere Artillerie vertrieben. — Unsere Angriffe bei Upern schreiten vor. — Im Osten wird ein Angriff starker russischer Kräfte nördlich des Wyszlyter Sees unter schweren Verlusten für den Feind zurückge» schlagen. Die Russen lasten über 4060 Mamr als Gefangene und 10 Maschinengewehre i» unseren Händen. — An der kaukasische« Grenze wird die russische Armee nach zwei tägigem Kampfe vollkommen geschlagen. S. November. Bet Upern werden 600 Fran zosen, Farbige und Engländer gefangenge nommen. — In Russiich-Poien bei Konin zersprengt unsere Kavallerie ein russisches Bataillon, 500 Mann gefangen, acht Maschinengewehre erbeutet. 10. November. Der ausständische General Dewet schlägt eine englische Regierungs truppe in Südafrika. — Die Österreicher dringen weiter in Serbien vor. 11. November. Die Deutschen nehmen Dix- muiden im Sturm und macken 500 Ge fangene. — Westlich Langemark werden 2000 Franzosen gefangengenommen. — Süd lich Upern wird der Feind aus St. Elot ge worfen. 1000 Gefangene werden dabei ge macht. — Gegenangriffe der Engländer bei Armcntiöres scheitern, ebenfalls Vorstöße der Franzosen in den Argonnen unter großen Verlusten sür sie. — Dte Türken dringen im englischen Ägypten vor, besetzen Scheck Sor, den befestigten Hafen El Arich und nehmen vier Feldgeschütze. — Die Österreicher schlagen die Russen unter großen russischen Verlusten bei Czernowitz zurück. — Der deutsche kleine Kreuzer „Emden" wird von der Besatzung bet einem Kampf mit über legenen feindlichen Kräften bei den Koios- inseln auf Land gefetzt und verbrannt. — Der deutsche kleine Kreuzer „Königsberg" wird von einem großen englischen Kriegs schiff im „Rufidschi-Fluß" (Deutsch-Ostasrika) blockiert. — Untergang eines japanischer Torpedoboots vor Kiautschou durch Auf- laufen auf eine Mine. — Österreichischer Sieg gegen die Serben. 4300 Gefangene gemacht, 16 Maschinengewehre, 28 Ge schütze erbeutet. 12. November. Das östliche Userufer bis zur See ist vom Feinde geräumt. — Auf dem östlichen Kriegsschauplatz wirst deutfche Kavallerie überlegene russische Kavallerie östlich von Kalisch zurück. — Ein deutsches Unterseeboot vernichtet im Kanal auf oer Höhe von Dover das englische Kanonen boot „Niger". — In Konstantinopet er scheint das Jrade des Sultans, in dem die Türkei den Krieg mit Rußland, Frankreich und England verkündigt und alle Moham medaner zur Kriegsfolge aufgesordert »Gewiß — gehen Sie nur. Ich werde bei Meinem Vater wachen. . „Verzeih', Trude," unterbrach sie Franz, »du bist müde und abgespannt und mußt dich schonen. Ich wllt die Zeit der Abwesenheit des Herrn Krebs bet Vater wachen. Es dauert ja nicht lange, nicht wahr. Herr Krebs?" „Nein, Herr Martini. Um zehn Uhr bin ich wieder hier." .Nun, dann gehen Sie nur. Und tun Sie »Nr den Gefallen, in dem Hause meines Vaters »orzusprechen und dem Dienstmädchen zu Men, daß ich um zehn Uhr käme, um die Mckkehr meines Vaters zu erwarten. Hier MM ich ja doch nicht übernachten, nicht wahr, Trude?" „Du müßtest schon mit einem Sofa fürlieb Nehmen." .Nein," sagte er lachend, „da ziehe ich das Mmdenbett bei meinem Vater vor. Aber "mr gehen Sie, Herr Krebs. Ich will zu Herrn Hammer geben." Der Krankenwärter entfernte sich, und Trude begleitete Franz in das Zimmer ihres Vaters, der in der Tat ruhtg schlummerte. Sie Mhlte sich wirklich müde und abgespannt, und °a Franz sie wiederholt bat. sich ntederzulegen, üog sie sich auf ihr Zimmer zurück und begab Ich zur Ruhe, nachdem sie der Köchin be- Men, für ihren Gatten eine Tasse Tee zu bereiten. »Ja, gnädige Frau," entgegnete Marie mit schlauem Lachen, „ich kenne ja Herrn Martini leine Gewohnheit; 'ne Tasse Tee mit einem ordentlichen Schuß Rum . . Trude machte eine abwehrende Bewegung und entließ die Köchin, die jrüher auf Mar- tinikenielde gedient hatte und von dem alten Martini seinem Freunüe Hammer empfohlen worden ivar. Es herrschte tiefe Stille in dem Hause. Nur der Tauwind des nahenden Frühlings schlug mit klagendem Seufzen um die einsam stehende Villa und raschelte in den kahlen Asten der Bäume des Gartens und den hohen Linden der an dem Hause vorüberlaufenoen Promenade. Ein Käuzchen ließ seinen ein tönigen unheimlichen Ruf erschallen sonst tiefes Schweigen ringsum. . . Trude lag noch eine Werle wachend rm Bett. Sie freute sich, daß ihr Gatte gekommen und so freundlich zu ihr gewesen war. Sie hoffte viel Gutes von der Zulunst, war fre doch selbst gut und sanftmütig und konnte sich nicht vorfiellen, daß Güte, Liebe, Zärtlichkeit und Sanftmut nur heuchlerische Masken sein sollten, um ihr hoffendes und glaubendes Herz zu betören. Unter freundlichen Gedanken entschlummerte sie. Doch plötzlich fuhr sie empor. Ihr Herz schlug heftig, ihre Pulse flogen — sie saß auirecht tm Bett und lauschte atemlos in die stille Nacht hinaus. Sie glaubte, einen Schrei gehört zu haben und ein boshaftes Lachen. Sie zündete Licht an und klingelte. Nach einigen Minuten erschien Marie und fragte er staunt, was die gnädige Frau habe. Das Mädchen verbreitete einen unan genehmen Alkoholduft; sein breites, deroes Gesicht war stark gerötet. Trude entsann sich, daß Marie gern ein Glas Branntwein trank. „Sie haben wieder getrunken, Marie," sagte sie streng. „O, gnädige Frau." entgegnete die Köchin, ^nur einen Schuß Rum zu meinem Tee — Herr Martini hat mir selbst eingeschenkt." „Jit der Herr noch hier?" -'Roin, gnädige Frau, er ist vor zehn Minuten fortgegangen." „Ist Herr Krebs wieder da?" „Ja -" „Schläft mein Vater noch?' „Ich denke wohl, gnädige Frau." „Nun gut — dann schließen Sie die Haus tür und gehen Sie auch zu Bett." „Jawohl, werd' ich schon besorgen, gnädige Frau . . ." Das Mädchen entfernte sich, und Trude sank wieder in die Kissen zurück. Sie ver mochte aber nicht sogleich wieder einzuschsafen, die freundlichen Gedanken waren entschwunden, düstere Ahnungen quälten sie und bis nach Mitternacht lag sie wachend da, mit brennenden Augen in die dunkle Nacht hinausstarrend und mit klopfendem Herzen auf das leiseste Geräusch im Hause lausckend. Aber nichts Auffallendes regte sich in dem Hause, und Trude schlief endlich wieder ein. 20. Es war eine finstere, kalte, regnerische Vor frühlingsnacht. Franz Martini hüllte sich tiefer in seinen Mantei, druckte den Hut fest auf den Kopf und schritt rasch dahin. Die Straßen der Stadt waren mensckenieer: nie mand begegnete ihm; selbst die Nachtwächter schienen sich in ein warmes, schützendes Asyl zurückgezogen zu haben- Die Fenster der Häuser waren dunkel; nur hin und wieder schimmerte ein Licht durch die Nacht oder der im Winde flackernde Schein einer Laterne er hellte auf einige Schritte die dunste Straße. Es mochte zwölf Uhr sein, als Franz die Klingel von der Haustür der Wohnung seines Vaters zog. Er mußte einige Zett warten, ehe das verschlafene Dienstmädchen erschien. „Ach, Herr Martini, Sie stnd's noch," sagte sie mißmutig. „Wir hatten Sie nicht mehr er wartet." „Wer denn? Ist mein Vater zurück?" „Ach nein, der Herr kommt erst gegen Morgen. Aber heut' Wend ist Fräulein Martini angekommen. . . „Meine Schwester?!" „Ja — der Herr erwartete das Fräulein erst in einigen Tagen. Und nun hat das Fräulein das Fremdenzimmer eingenommen und Sie können da nicht schlafen." „Macht nichts. Ich werde in dem Zimmer meines Vaters warten. Ich muß mit meinem Vater sprechen. Sie brauchen meine Schwester nicht zu stören — sie schläft wohl schon?" „Ich glaube wohl . . . „Nun, bann lassen Sie sie schlafen. Zünden Sie mir die Lampe an — dann brauche ich Sie nicht mehr. Sie können zu Bett gehen." Das Mädchen befolgte diesen Befehl nur zu gern, und nach wenigen Minuten befand sich Franz allein in dem ungemütiiche» Zimmer seines Vaters. Dg- 2» (Fortsetzung folgt.)