Volltext Seite (XML)
den Stunden ab und Lie Blüte nahm ihren Fortgang, als ob gar nichts vorgefallen sei. Auf einem Nachbargut hatte der Versuchsringleiter zufällig vor der Frostnacht einen großen Komplex Frühkartoffeln beregnet nnd während sonst alles Kartoffelkraut erfroren war, zeigte dieser Schlag nicht den geringsten Schaden. Beim Austausch unserer Erfahrungen erwies es sich, daß wir beide die gleiche, allerdings nahe liegende Erklärung dieses Vorgangs hatten: Wasser gibt bekanntlich beim Gefrieren Wärme ab. Der Vorgang der Eisbildung auf lebendem Pflanzengewebe ist für dieses hin- sichtlich der Warmeverhältnisse also nur von Vorteil. Weiterhin ist aber Eis ein sehr schlechter Wärmeleiter, sinkt also die Tempe ratur der umgebenden Lust unter 0" L., so wird die Wärmeabgabe aus der vereisten Pflanze stark verzögert, genau so, als ob ich im Winter den Kühler eines Automobilmotors durch eine Wolldecke vor dem Abkühlen oder Einfrieren schütze. Es mögen bei dieser Art des Frostschutzes noch physiologische Vorgänge mitsprechen, über die aber der Wissenschaftler sich äußern muß. Vom physikalischen Standpunkt aus erscheint die Tatsache des Frostschutzes durch gefrierendes Wasser nicht verwunderlich. Im allgemeinen verbinden wir mit dem Wort Eis oder Gefrieren Vor steilungen, die sich mit den Belangen lebender Pflanzen schlecht vereinbaren lassen. In diesem Falle ist aber das Eis.nicht der Feind, sondern der Freund des Gärtners. In vielen Fällen wird man durch künstliche Beregnung einen billigen und wirksamen Frostschutz herbeiführen können. O. Küster, Müncheberg (Mark), Versuch über die Wirksamkeit der Frostschutz hauben aus Machspapier In Nr. 2 dieser Beilage berichtet Dipl.-Ing. H. Jaeger, Ncu- Luckwitz, über die Wirksamkeit der Frostschutzhauben ans Wachs papier. Nach dein von ihm durchgeführtcn Versuch mit Bohnen hat er bewiesen, daß der Ertrag bei den bedeckten Reihen 52,3 Prozent höher war, oder von drei Reihen a 20 Horsten 2700 Gramm mehr Bohnen geerntet wurden. Dipl.-Ing. Jaeger hat aber vergessen, über die Rentabilität der Papierhauben zu berichten. Die Rentabilität würde nach meiner Rechnung etwa so lauten: Mehrertrag 2,7 KZ Bohnen a 0,40 Mk. — 1,08 Mk.; dagegen kosten die 60 Hauben ä 0,03 Mk. — 1,80 Mk. Die Arbeitszeit zum Auslegen der Hauben nicht gerechnet, somit ein Geldverlust von 0,72 Mk. oder 1,2 Pfg. pro Haube. Nach dieser Berechnung sieht es mit dem erzielten höheren Ertrag von 52,3 Prozent wesentlich anders aus. Man wird mir Vorhalten, daß sich der Preis für die Hauben bei Großbezug etwas ermäßigt; aber ich habe auch den Durchschnittspreis der Bohnen mit 0,40 Mk. recht hoch genommen. Wenn der Erwerbsgemüsebauer mit den Hauben eine Rente er zielen soll, so dürfen sie je Stück nicht mehr als 1 Pfg. franko kosten. Ich will nicht bestreiten, daß bei einem Nachtfrost die Hauben sich eventuell bezahlt machen, doch muß erst nachgewiesen werden, daß z. B. die Bohnen bei einem Nachtfrost von —4 Grad unter dyt Haube keinen Schaden erleiden. Ich bin für jede nutzbringende Ver besserung, doch muß sich heute jeder Gärtner zuerst fragen, ob er bei der Steigerung seiner Ernte selbst um 50 Prozent nicht doch noch sein Geld dabei zubuttert. Gartenbauinspektor Lür. Ott, Dinslaken (Niederrhein). Bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Anwendung von Papierhauben zum Witterungsschutz im Gemüsebau ist grundsätzlich zu berücksichtigen, daß durch dieses Verfahren frostempfindliche Ge müsearten zu einem früheren Termin ins Freiland gesät bzw. ge pflanzt werden können. Dieser Vorsprung gewährleistet eine ent sprechend frühere Ernte und durch Erzielung höherer Preise trotz Mehrkosten eine Steigerung des Reingewinnes. Im Erwerbsge müsebau spielt diese Vorverlegung des Erntebeginns für die Wirt schaftlichkeit eine große Rolle. Dieses zeigen deutlich die folgenden Daten, die an Hand von Aufzeichnungen über den Preisverlauf für Gemüse am Berliner Großmarkt (langjährige Beobachtungen) ausgestellt wurden: ' Gemüseart: Gute Preise werden erzielt biS: Preisstürze treten regelmäßig ein: Bohnen: Gurke» Blumenkohl einschl. 28. Woche — Mitte Juli einschl. 38. (31.), Woche — Ende Juli (Ans. August) einschl. 26., (27.), (28.) Woche — Ans. (bis Mitte) Juli (29.), 30. u. 31. Woche — Ende Juli b. Mitte Aug. 33., 34. u. 35. Woche — Ende Juli bis Ans. Aug. 29. und 30. Woche — Ende Juli bis Ans. Ang. Bei der Rentabilitätsberechnung des Herrn Ott kann für den Fall Jaeger der Ertrag der unbedeckten und bedeckten Kulturen, die gleichzeitig angelegt wurden, nicht ohne weiteres miteinander ver glichen werden; denn an den unbedeckten Kulturen traten durch ungünstige Witterungseinflüsse keine wesentlichen Schädigungen ein, da löider ein im Interesse des Versuches erwünschter Spätfrost nicht auftrat. Der Vorsprung der gleichzeitig ausgesäten nnd bedeckten Kulturen ist durch früheres Auslaufen der Saat und Schutz der Sämlinge vor Abkühlung und Wind entstanden. Später wurde der Vorsprung durch die überaus warme und günstige Witterung des vorjährigen Mai teilweise ausgeglichen. Da aber die normale Aus saat wegen der im allgemeinen bestehenden Spätfrostgefahrt später erfolgte, ist durch das frühere Herausbriugcn der Kultur ein grö ßerer Vorsprung eingctreten. Dieser Vorteil wird in Jahren mit normalen Witterungsverhältnissen deutlicher als im besprochenen Falle in Erscheinung treten. Richtlinien für die Rentabilitätsberechnung bei der Verwendung von Witternngsschutz-Papierhauben im Gemüsebau sind zu be ziehen durch die Hanptstelle für Pflanzenschutz der Landwirtschafts kammer für die Provinz Brandenburg und für Berlin, Berlin NW. 40. Hauptstelle für Pflanzenschutz, Berlin, Aus Nah und Fern Altenkirchen Neg.-Bez. Koblenz. Unter Mitwirkung von Erzeu gern, Kreis- und Kommuualbehörden wurde im Vorjahr im Kreise Altenkirchen eine O b st v e r w e r t u n g s ae n o s s e li sch a f t gegründet, die 1931 schon mehr als 20 000 Zentner Obst zu Apfelkraut, Apfelgelee, Apfelwein und Apfelmark verarbeitete. Berlin. Ausgang Februar 1932 sand der 2. Lehrgang für land wirtschaftliche Absatzfragen, veranstaltet vom Reichsvcrband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften — Raiffeisen E. B., in Verbindung mit der Preisberichtstelle beim Deutschen Landwirt schaftsrat statt. Bei dieser Gelegenheit wies Lrof. Dr. Brinkmann, Bonn, darauf hin, daß am Verbraucherpreis der Erzeuger in USA- mit 75 Prozent, in Dänemark mit 60 Prozent, in Deutsch land hingegen nur mit 50 Prozent beteiligt sei. Bonn. In den Jahren 1930/31 wurden im Rheinland mit Bei hilfen aus Mitteln des landwirtschaftlichen Notprogramms 43 294 Busch- und 48 051 Hochstämme in den von der Landwirtschafts- kammer als anbanwürdig bezeichneten Sorten angepflanzt und 103 104 Obstbäume umgcpfropft und in den Jahren 1928/31 wur den 60 Motor- und 189 Karrenspritzen angeschasst. Braunschweig. Gelegentlich der Mitgliederversammlung des Ver eins Deutscher Konservenfabrikanten am 11. 2. 32 teilte Prof. Kanter n. a. mit, daß die Erzeugung von Spargel konserven im Jahre 1931 nur 5 Millionen gegen 13,5 Millio nen vor dem Kriege betrug. Breslau. Den rastlosen Bemühungen des Vereins der Gemüse züchter von Breslau und Umgegend ist es gelungen, daß neben der allerdings nicht ausreichenden Senkung der Markt standgebühren für die Plätze in der Erzeugerhalle der Groß markthalle, die von Gemüseerzeugern allein benutzt wurde, nun auch die Plätze um etwa 10 Prozent herabgesetzt worden, die von zwei Erzeugern gemeinsam benutzt werden. Erlangen. In den Jahren 1930/31 konnte die Erich Hullen A.-G. für C h a m p i g n o n z u ch t und K o n s e r v e nfa b r i k a t i o n in Erlangen die gleiche Menge bei herabgesetzten Preisen absetzcn, während im Geschäftsjahr 1931/32 bisher eine etwa 10 Prozent größere Ernte abgesetzt werden konnte, da weniger französische Champignons hereinkamen. Gorgast. In den beiden Ortschaften Manschnow nnd Gorgast sind etwa 30 Morgen unter Glas von den 300 Morgen bebautem Gartenland. Helmstedt. Die bisher der Landwirtschaftskammer für den Frei staat Braunschweig in Helmstedt angeglicderte Haupt stelle für Pflanzenschutz wurde ab 1. 1. 1932 nach Braunschweig, Hochstraße 17/18, verlegt nnd der dortigen Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt angeschlossen. Königsberg/Pr. Infolge der Abwanderung der Marktstand inhaber wird sich eine Schließung der Markthalle auf der Laak vielleicht als notwendig erweisen. München. Die Gebühren für Stände und Büros in der Großmarkthalle sind ab 1. 1. 1932 um 20 Prozent gesenkt worden. Schwetzingen. Die bereits seit längerer Zeit geplante Spargel bau- und Absatzgenosscnschaft Schwetzingen wurde kürz lich gegründet. Sofia. Ausgang Januar fand unter dem Vorsitz des Sekretärs im Landwirtschaftsministerium in Sofia eine Tagung statt, um wichtige Fragen der Ausfuhr von bulgarischem Obst und Gemüse zu klären. Es wurden n. a. behandelt: Aenderung und Ausbau der Exportkontrolle, Vereinheitlichung der Verpackung und Exportorgauisation. Zürich. Gelegentlich der Konferenz mit den kantonalen Obstbau- Vereinen und Zentralstellen am 29. Dezember 1931 wurde beschlossen, an das Eidgenössische Finanz-Departement wegen der Förde rung der Obstbautechnik eine Eingabe zu richten, die die Notwendigkeit einer vermehrten Mitarbeit des Bundes in dieser Frage zum Ausdruck bringt. Die nächste Nummer dieser Beilage erscheint am 12. 5. 1932. Jahrsang 1932 Nr. 13 Berlin, den 31. Mürz 1932 Auch Blumen haben ihr Schicksal Dr. Robert Zander- Berlin Noch liegt die Natur im Winterschlummer, noch halten Bäume und Sträucher die Knospe» ängstlich geschlossen, da sängt der Anger Don an, sich mit den ersten Masliebchen zu schmücken. Kein Wunder, daß diese Blume darum der nordischen Göttin der Auf erstehung, Ostern, heilig war. Aber auch der Göttin der Liebe, Freya, brachte man diese Sonnenbraut (sponsa solis), diese Liebes oder Orakelblume (Uns amoris), die sie bis aus den heutigen Tag geblieben ist. In allen europäischen Ländern hat sie die Orakel bedeutung behalten, ist sie der Liebling der Menschen geblieben und hat viele Namen bekommen. Gänseblümchen nannte man sie wohl deswegen, weil sie zumeist auf dem Gänseanger vorkommt, den Anger (keltisch: mas) liebt; daher sinnvoll Masliebchen genannt. Die Kinder sagen, sie stünde wie die Gans auf eiuem Fuß. Daß mgn sie früher Tausendschönchen (Leilis) nannte, läßt erkennen, wie nM L man ihre Schönheit wertete. Der zierliche Name „Daisy", deq^WM die Engländer gaben, heißt eigentlich Osxs e^e (Tages-Auge). M den Franzosen wird sie meistens „Marguerite" genannt, und wurde deshalb von je die Lieblingsblume aller Fürstinnen, die Margarethe hießen. — Von ihrer hohen Bedeutung büßte sie etwas ein, als ihre Schwester, das heutige Garten-Tausendschönchen, aus Ostasien zu uns heruberkam. Es war im Jahre 1728, oa sandte der Jesuiten pater Jncarville, nach dem die Jncarvillea benannt wurde, an den Direktor des Jardins des Plantes in Paris, an Antonie de Jussieu, Samenkörner einer „besonderen Pflanze". Sie gingen auf und brach ten „die echten Masliebchen". Die Gärtner waren sehr enttäuscht, aber Jussieu säte 1729 noch einmal aus uud statt des weißen Blüten kranzes wurde nun ein tiefroter daraus. Das war noch nie dage- wescn. Man hielt darüber Versammlungen ab, denn bisher wußte man noch nichts vom Farbcuwcchscl der "Blüten. Sieben Jahre spä ter erschien neben den weißen und roten Formen, deren Blüten auch größer geworden waren, die erste violett-rote Form. Den Gärtnern eröffnete sich mit diesem chinesischen Tausendschönchen ein ganz neues Feld, auf das man alle Hoffnungen setzte. Und so ward 1750 das gefüllte Tausendschönchen erreicht. Panaschierte wurden ge züchtet, dann die „Bellis Anemone" und Formen, deren gerollte Blättchen wie die der Kaktnsdahlien geordnet stehen. Aber nie wurde das gelbe Tausendschön erreicht, trotzdem die Mitte von Natur gelb ist. Thouin hat mit aller Liebe für diese Blume eine Monographie geschrieben, die wert ist, gelesen zu werden, zumal unser gefülltes Tausendschönchen bald seinen 200. Geburtstag feiert. Auch ein anderes kleines bescheidenes Frühlingsblümchen hat seine große, ja noch viel größere Geschichte. Es ist das Veilchen! Wäre nicht die Rose gewesen, dann wäre gewiß Blau-Veilchen die Königin der Blumen geworden, trotzdem es so versteckt blüht. Hat es zu allen Zeiten Menschen gegeben, die starke Abneigung gegen Rosen zeigten und sogar meinten, krank-zu werden, wenn sie Rosen ansaßten oder röchen, so ist doch nirgendwo erwähnt, daß vom Veilchen ähnliches bekannt geworden wäre. Dabei wird das Veilchen wohl ebenso oft in der Dichtung erwähnt wie die Rose. Schon in ältester Zeit haben sich viele Sagen um diese Früh lingsblume, dieses „Symbol der Zeugungskraft der Erde" gewoben. In der persischen Schöpfungsgeschichte wird das Veilchen bereits un ter den heilenden Kräutern genannt und wird nach dein Siegcszug der Rose (— Gül) ihr Verkünder, wird der Rosenprophet (Guli- Pcigamber). Eine orientalische Sage ließ das Veilchen aus Tränen der Demut Adams entstehen. Griechische Sagen erzählen, daß Ju piter das Veilchen (— Jon, daher z. B. ionantbus-veilchenblütig) für seine Geliebte Jo als süße Speise habe entstehen lassen. Diese Sage erinnert an eine spätere französische Geschichte, nach der Schau- * spielerin Clairon dreißig Jahre laug täglich von einem Freund einen Strauß selbstgezogener Veilchen bekommen habe. Abends pflückte sie, um von der teuren Gabe nichts zu verlieren, die Blüten ab und bereitete sich daraus einen Tee als Abendtrunk. — Heute ver wenden wir kandierte Veilchen sür Back- und Zuckerwerk. Auch in Rom spielten die Veilchen seit ältester Zeit in viele» Sa gen und Geschichten eine Nolle. Man nannte sie angeblich deswegen „Viola", weil sie an der Wegseite (via) blühten, In ganz Deutschland hat das Veilchen zu vielen Bräuchen (Früh- lingsfesten) nnd Dichtungen Veranlassung gegeben. Aber nirgends hat es solche historische Bedeutung erfahren wie in Frankreich, wo es, wie in der Antike, Symbol der Unschuld und Demut, der.JmmiM- lichkeit, aber auch der Trauer war. Bei den be rühmtou/Abo.aea- splclc» zu Toulouse bildete ein goldenes AeMchaK dMoPrrkSr H«u»Ä- halteude Frauen bezeichnete man alS.Witch4iyosn,Kr Madame de La Balliere, und auch hf^HckMsP^skrMlMdrstnue Le Couvreur, der Moritz vou^Sechsen M^paknhast mit Veilchen und der Inschrift „il k-MiM mag mich suchen) schenkte. Mit Napaleprsj isiifW üiParteiblume der Napoleonidcn; vorhLD haW-^S ,hchhH,Mh-z, bei de» Bourbonen innegehabt. Lf« NNH,UM«LM,HpMwob«w Geschichte des Napoleouveilchens .tMMMchwWjkürWsr so oft, in Bruchstücke» gegeben werden. Es i»y4M' daknm hier ein Hinweis auf „die Veilchen "der Kaiserin" von Fu.u Elise Polko genügen. "'Die dreifarbige Schwester des Blau-Veilchens, das Stief mütterchen, hat keine derart hervorragende Stellung in der Kulturgeschichte der Menschheit erhalten, aber auch ihr wußte dis Fabel Beziehungen zu Jupiter und anderen Göttern zu geben. In teressanter ist für das Stiefmütterchen die Tatsache, daß gerade dis beiden Namen, die sich aus der Fülle der für diese Blume erfun denen erhalten haben, in ihrer Herkunft völlig ungeklärt sind. Es sind die deutsche Bezeichnung Stiefmütterchen und die im Garten bau lange Zeit vorherrschende französische ?ensee. Für das „Stief mütterchen", dem sicher auch eine — wahrscheinlich verloren gegan gene — Sage zugrunde liegt, hat man die Deutung für Kinder ge sucht, daß das große buntfarbige Blatt über zwei Kelchblättern die Stiefmutter sei, die auf zwei Stühlen sitze. Die ebenfalls bunt ge färbten beiden Blätter zur Rechten und Linken stellen die echten Töchter dar, die je auf einem Stuhl (Kelchblatt) sitzen. Die oberen beiden in einfarbigem Gewand sind die Stieftöchter. Beide müssen sich zusammen mit einem Stuhl begnügen. Der Vater hat aus Aerger darüber weißes Haar (das Pistill) bekommen. Für den Gartenbau interessanter als dieses Kindermärchen ist sie Entwicklungsgeschichte der Gartenformen. Scheinbar hat Camerarius bereits Gartenformen gezogen, denn er hatte von seiner Freundin, der Prinzessin Du Chateau aus den Schweizer Bergen ein Samt- Pensöe bekommen, das bisher niemand kannte. Clusius sah es 1579 bei Camerarius zum ersten Mal. Er spricht zuerst nur von gelben und blauen. Ganz einfache waren am seltensten. Stapel, der damals alle holländischen Kulturen bereiste, hat kein einziges dort gefunden. Aber Vandergroen, der Gärtner des Prinzen von Oranien, spricht 1672 von weißen, roten, violetten und panaschierten Varianten. Alls stammten von Viola tricolor. Trotz dieses kleinen Fortschritts blieb die Pflanze ziemlich unbeachtet. Der Tochter des Grafen Tanterville (Walton a. d. Themse) blieb es Vorbehalten, dieser Blume ihre Volkstümlichkeit zu geben. Sie erhob (1810) das Stiefmütterchen zur Lieblingsblume und der Gärtner Richard, um ihre Gunst zu er werben, nahm sich der Pflege und Kultur der Pensees emsig an. So wurde das Stiefmütterchen zur Modeblume und wurde bald von dem englischen Gärtner Hagy in mehr als 100 Farbenvarianten gezogen. Ein Mr. Brown nahm sich der weiteren Vervollkommnung dieser Züchtung an, die man als Kreuzungen von Viola tricolor und Viola altaica bezeichnete. Diese englischen Kulturen kamen durch Lemon nach Frankreich und Belgien. Hier fand Lejeune das gelbö Stiefmütterchen, das Ausgang einer neuen Rasse wurde. Besonderes Aufsehen erregte am 16. April 1871 zu Berlin das ticfschwarze Samt-Pensce, das als neuer Triumph der Gartenkunst gefeiert wurde. * Zum Schluß sei uoch der interessante» Tatsache gedacht, daß in Pritzel-Jessen „Die deutschen Bolksnamen der Pflanzen" für. Kellis perennis 110, für Viola tricolor 50, sür Viola ockorsta 65 Namen bzw. Mundarten aufgeführt werden,