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Nr. 49 * Jahrgang 1932 49. Lis^ „Ssrlirisr- (ZLr-ii-isr-SönsS" Berlin, 8 Dezember 1932 Wss MSN ssm (Zsrtsnbsu ru bistsn wagt! Die unzulängliche deutsche Obslwirkschafk Aus der Rückreise von der letzten Sitzung des Präsidiums, die am 1. 12. stattfand, kam mir durch einen Mitreisenden die Nummer 283 vom 2. 12. 1932 des „8-Uhr-Abendblatt der National-Zeitnng" in die Hand. Ich fand darin den folgenden Artikel, den alle deutschen Gärtner, besonders aber alle deutschen Obstbauern lesen müssen: s Aepsel pro Person Die unzulängliche deutsche Obstwirtschaft Eßt mehr Früchte und ihr bleibt ge sund! so springt es dem Straßenpassanten aus Schaufenstern und von Litfaßsäulen in die Augen. Auf der anderen Seite wird dir Strömung immer stärker, die das letzte Kilo Auslandsware von den deutschen Grenzen fernh-lten möchte. Wenn die deutschen Aularkisten ihre Wünsche durchsetzten, dürste jeder Deutsche gerade acht Tage lang jeden Tag einen Assel essen, bis der gesamte Vorrat an regen deutschen Aepseln verzehrt wäre. Für den Rest des Winters könnte er sich dann viel leicht an Kohlrüben halten. Man kann den Freunden der Absperrung aus ländischer Obstzufuhr nicht ost genug vor Augen halten, wie sehr es eigene Sünden sind, an denen der deutsche Obstbauer leidet. Die Methoden des deutschen Gartenbaues sind viel fach außerordentlich rückständig. Zu nächst einmal hat dieser Wirtschaftszweig das sonst überall geübte System der Normierung und Typisierung immer noch nicht erfaßt. Während zum Beispiel in einer amerikani schen Kiste Aepfel streng nach Größen und Qualitäten sortiertes Obst zu fin den ist, enthält ein Kilo deutscher Aepfel meist minderwertige neben guten, große neben kleinen. Wenn man in Ver gleichen aber noch weiter geht und zum Beispiel an die Treibhäuser denkt, in denen im klima tisch absolut nicht günstiger gelegenen Holland die erlesensten Fruchtsorten reifen, spürt man erst deutlich den Vorsprung, den an dere Länder vor den deutschen Gar tenbauern erreicht haben. Das, was die Stadt Berlin unter Ausnutzung der überschüssigen Wärmemengen im Kraftwerk Klingenberg durch Treibhausanlagen geleistet hat, müßte für die deutschen Obstzüchter vorbildlich wirken. Wenn die deutsche Landwirtschaft erst auf diesen: Gebiet auf respektable eigene Leistungen Hinweisen kann, dann wird man es ihr nicht ver argen, wenn sie Schutz gegen die ausländische Kon kurrenz fordert. Vorläufig aber überwiegt das auslän dische Angebot an Quantität und Qualität bei weitem die deutsche Pro duktion. Deshalb gilt es im Interesse der Volksernährung, den Importeur zu schüt zen, der ohnehin mit den gewaltigen Schwierig keiten der Devisenbeschaffung zu kämpfen hat. Wenn einmal der Schutz unserer Notendeckung nicht mehr die äußerste Sparsamkeit mit Devisen erfordert, wenn also der deutsche Ob st Impor teur größere Einkäufe jenseits der Gren zen vornehmen könnte als heute, wäre es möglich, daß er der Bevölkerung infolge größerer Auf tragserteilung an seinen Lieferanten bil ligeres Ob st liefern könnte. Aber das ist ja zunächst nur ein frommer Wunsch; eher ist es schon möglich, daß eine gesündere Staatsfinanzgebarung diesem gesunden Wirtschafts zweig die Zoll- und Frachtenlasten erleichtert. Bei Weintrauben zum Beispiel macht allein der Zoll annähernd 50 Prozent des Preises aus. Denn gesund ist dieser Wirtschaftszweig. Selten nur fährt heute noch der Obstimporteur nach Jugoslawien zur Traubenernte oder zur Weinlese nach der Champagne, sondern meist liefern die Ex porthäuser des Auslandes ihre Ware, zum Teil als Konsignationslager, an den deutschen Grossisten. DerBahnhof an der Zentralmarkthalle in Berlin ist viel zu klein, um den ganzen Obst segen aufzunehmen. Lastautos und Pferdefuhrwerk rollen um Mitternacht nach den Bahn ¬ höfen oder im ersten Morgengrauen zN den Markthallen, wo sowohl der Ein käufer des großen Warenhauses als der kleine Grunkramhändler ihren Bedarf gegen bares Geld eindecken. Nur in wenigen Fällen, bei guten Dauerkunden, kommen Kreöite vor. Aber im allgemeinen gibt es kaum eine Branche, in der so ängstliche Vorsicht geübt wird wie in diesem, daher auch vor schweren Ver lusten einigermaßen verschonten Wirtschaftszweig. O. Dem deutschen Gärtner, dem nach Lesen dieses Machwerks noch nicht klar wird, daß wir eine Spitzenorganisation für den deutschen Obst- und Gartenbau in der Reichshauptstadt haben müssen, ist überhaupt nicht mehr zu helfen. Wir muffen dort eine Stelle haben, die derartigen Ausführungen in der deutlichen Weise widerspricht, wenn in dieser hahnebüche nen Weise der deutsche Obst- und Gartenbau in der Oeffentlichkeit verächtlich gemacht und als rückständig hingestellt wird. Infolgedessen habe ich sofort nach Rückkehr dem Herrn Prä sidenten Werner, als berufenem Vertreter des deutschen Gartenbaues, durch die Haupt geschäftsstelle den schriftlichen Antrag zugehen lassen, schnellstens gegen den Verlag dieser Zeitung gerichtlich vorzugehen. Wie oft habe ich in privaten Gesprächen vertraulich und in Bezirksgruppen-Versammlun- gen öffentlich gehört, daß wir einen Reichsverband eigentlich gar nicht nötig hätten. Die örtlichen Interessen müßten vertreten werden, und dazu seien die Bezirksgruppen da. Was tun wir, so hieß es so manches Mal, mit all' den Beamten in Berlin, mit den Herren „Volks wirtschaftlern", die von der Gärtnerei soviel verstehen wie die Krähe vom Sonntag. Manch mal war das Urteil noch viel schärfer. Gewiß, wir deutschen Gärtner müssen schwer arbeiten, und für jeden einzelnen von uns ist die praktische Arbeit im eigenen Betrieb die erste und die letzte Hauptsache. Wie kann sich aber der einzelne wehren, wenn so etwas in einer Zeitung geschrieben steht, die in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitet wird. Und so habe ich denn an die Schriftleitung unserer „Gartenbauwirtschaft" die Bitte gerichtet, den genannten Artikel abzudrucken, ihn niedriger zu hängen, damit ihn jeder deutsche Gärtner lesen kann. Um mitzuhelfen, denen den Horizont zu"erweitern, die immer noch meinen, der deutsche Gärtner habe nicht nötig, sich um „Volkswirtschaft" zu bekümmern. Meine lieben Kollegen, wenn wir uns in unse rer berufsständischen Organisation nicht auf das festeste zusammenschließen, wenn wir nicht noch alle Außenseiter heranholen, damit wir Geld und Kräfte sammeln zur Verteidigung des Gartenbaues nach außen hin gegen die Kreise, die uns so übelwollen wie das „8-Uhr- Abendblatt", — wenn wir gerade jetzt in der Zeit der höchsten Not nicht alle fest zusammen stehen wie ein Mann —/dann muß schließlich jeder einzelne von uns vor die Hunde gehen, dann sind wir alle unrettbar verloren, weil wir von den „anderen" an die Wand gedrückt werden. Kraatr-Kastecke. mit Zierfrüchten) s) frisch aus 1. Veilchen, Rosen, vom 15. 11. bis 15. 4. 600 Goldkronen, aus 2. Flieder, Chrysanthemen, Maiglöckchen 600 Goldkronen für 100 KZ von dem autonomen Satz in Höhe von 1200 bzw. 2400 auf den Satz von 600 Goldkronen gesenkt. Ermäßigung des ungarischen Schnitkblumenzolles üe/i Ke/aksverbanr/ «tes clelltsaken 6artenbaueL e. V. Le/N/r 40, Lz-onprinrenu/en 27 Englischer Zollsatz für Maiblumen treibkeime England hatte mit Wirkung vom 1. S. d. Js. die Einfuhr von Maiblumentreibkcimen mit einem Zollsatz von 6 ci für das englische Pfund belegt. Die auf unsere Veranlassung hin seitens der deut schen Botschaft in London mit der englischen Regie rung geführten Verhandlungen auf Streichung des bisher gültigen Zollsatzes von 6 ck für das englische Pfund haben bewirkt, daß die englische Regierung mit Geltung vom 2. d. Mts. diesen Zollsatz auf gehoben hat, so daß nunmehr nur noch der IVAige Wertzoll erhoben wird. Ungarn hat mit Wirkung vom 17. 9. d. Js. den- Ausdrm Zollsatz für abgeschnittene Zierblumen (auch Zweige Wir bitten deshalb alle unsere Leser, uns den nachstehenden Fragebogen ausgefüllt einzu- senden oder in einem besonderen Schreiben die aufgestellten Fragen ausführlicher zu beantworten. Es ist auf möglichste Genauigkeit der Angaben zu achten, da sie nur dann Wert haben. Die Auf nahme in das Adreßbuch erfolgt selbstverständlich unentgeltlich. Sofern jemand Wert darauf legt, durch Hervorhebung seines Namens oder durch ein Inserat in diesem Adreßbuch besonders in Er scheinung zu treten, bitten wir darum, dies bei Einsendung des ausgesüllten Fragebogens zum Ausdruck zu bringen. Durch den Wirtschaftsverlag wird er dann unverbindlich für ihn über die Bedingungen näher unterrichtet werden. Auch Angaben über benachbarte Berufsangehörige, die nicht dem Reichsverband angehören und infolgedessen bei uns nicht verzeichnet sind, werden erbeten. Reichsadreßbuch des deutschen Gartenbaues erscheint neu Der Reichsverband war seit langem bestrebt, sein 1926 erschienenes Handbuch in neuer Auf lage herauszubringen. Die Not der Zeit verbot es, die erforderlichen Mittel hierfür bereitzustellen. Er hat sich zur Verwirklichung dieses Gedankens jetzt entschlossen, das Angebot des Wirtschaftsverlages W. Rohscheid, Berlin, anzunehmen, der von sich aus, also ohne finanzielle Belastung des Reichsver bands, ein „Reichsadreßbuch des deutschen Gartenbaues" herausbringen will, in dem alle Gartenbau treibenden, also auch Nichtmitglieder des Reichsverbandes, verzeichnet sein sollen. Wir, als Reichsverband, haben ein Interesse daran, dieses Unternehmen weitgehendst zu fördern, denn es besteht schon lange ein dringender Bedarf nach einem Adreßbuch, das alle Gartenbautreiben den in Deutschland erfaßt. Jeder einzelne muß von sich aus dafür sorgen, daß die Angaben über ihn vollzählig und richtig sind, denn nur dann darf er darauf hoffen, daß aller Nutzen dieses für Angebot und Nachfrage wichtigen Nachschlagewerkes sich auch auf ihn erstreckt. Also nochmals: genau ausfüllen und umgehend abschicken! Neue Zölle für Gemüse in Dänemark Dänemark hat mit dem 1. 11. d. I. Zölle für Gurken, Zwiebeln, Blumenkohl und Spargel ein geführt. Je ckr betragen die Zollsätze für Gurken 25 Kronen (RM. 18.—), für Zwiebeln 5 Kronen (RM. 3.60), für Blumenkohl 10 Kronen (RM. 7.20) und für Spargel 40 Kronen (RM. 28.80). ktsllclüngsr Xukelung unel gsmiscktsn vung in bvotsr Oualitär anck fecksr xsvünscdlev Usngs Ostern Ssrttnsr A. S. vsr>in v 17, psrriusstr. 10-12 Tslspkon, ^ncirsas 2508/0? Wo/knoft uns - Bost.- - Bernspreckrer: 7'e/eAraMM-^ckresre: LanLverbinckunA ((Arolconko): BoskscäecL-LFnko: Laün^kakion: llrk ckes Lekrkebes (ob r. L. L/umen-, 6emüre-, Lanckscba/tsAärknerek, Larrmscbule, L/urnen- Asscbä/k urw.): §on«ktAer.- Mtg-lkeck ckes K.-Verbanckes? /a — nein. IVercken Liumenspencken aueAe/übri-? /a — nein. Sofortiges Handeln erforderlich! Zur Kontingentierung! Der Herr Reichsernährungsminister erklärte am 26. 9. d. Js. in München: „Die Reichsregierung ist entschlossen, zum Schutze einheimischer Produk tion die Einsuhr einer Anzahl landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu kontingentieren. Die Reichsregierung hat für diese Erzeugnisse bereits bestimmte Kontin gentssätze festgelegt." Der Herr Reichswirtschafts minister gab hierzu am 27. 9. d. Js. in seiner Köl ner Rede ein Kommentar, in dem er erklärte, „das Reich könne nicht alle Einzelwünsche sich zu eigen machen, noch weniger sie erfüllen." Damit war der Widerstreit der Ansichten der beiden Minister über die Frage der Kontingentierung deutlich erkennbar geworden, der nicht zuletzt zu dem Rücktritt der Reichsregierung geführt hat. Der Gartenbau, dessen Lage sich inzwischen durch die bei einer Reihe von Erzeugnissen noch angestie- genc Einfuhr weiterhin bedrohlich verschlechtert hat, fordert die Einhaltung der ihm von der Rcichs- rcgierung gegebenen Zusage. Der Ständige Ausschuß des Deutschen Landwirtschaftsrates hat sich kürzlich gleichfalls mit dieser für die Gesamt-Landwirtschaft vordringlichsten Frage befaßt und eine Entschlie ßung einstimmig angenommen, in der es unter anderem heißt: „Der Ständige Ausschuß stellt fest, daß das bis her amtierende Reichskabinett durch den Mund des Reichsernährungsministers unter ausdrücklicher Bil ligung des Gesamtkabinetts feste und bindende Zu sagen hinsichtlich der Drosselung unnötiger Aus landseinfuhr durch umfassende Kontingentierungs maßnahmen zum Schutz der Veredlungswirtschaft gegeben hat und daß diese Zusagen nicht eingelöst worden sind. Der Ständige Ausschuß stellt weiter fest, daß die Empörung in allen Kreisen der deut schen Land- und Forstwirtschaft dieserhalb aufs höchste gestiegen ist. Die deutsche Landwirtschaft wird in ihrer Ge samtheit zu jedem Reichskabinett in scharfe Oppo sition treten, das nicht unverzüglich den Schutz der bäuerlichen Wirtschaft durch wirksame Drosselung unnötiger Einfuhr, sowohl durch umfassende auto nome Kontingentierungspolitik, als auch durch eine entsprechende Gestaltung der Handelsverträge end lich durchführt. Die Landwirtschaft steht zu jedem Reichsernährungsminister, heiße er wie er wolle, in scharfem Gegensatz, der nicht seinen Eintritt in das Kabinett von der vorherigen Sicherstellung schleu niger Durchführung dieser Maßnahmen abhängig macht." Nach Mitteilung der Tagespresse sollen sich beide Minister über die Frage der Kontingentierung ge einigt haben. Gartenbau und Landwirtschaft sind übereinstim mend der Ansicht, daß die sofortige Durchführung der Kontingentierung das einzige gegen weiteren Preisverfall wirksame handelspolitische Mittel ist. Sie erwarten, daß die Reichsregierung endlich in diesem Sinne handelt. vr. 8.