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Beilage zu den Nachrichten für Naunhof. Nr. 39. Sonntag, den 30. März 19t 9. Deutsches Kilfswerk für die Kriegs- und Zivilgefangenen. An das deutsche Volk ergeht von neuem ein Aufruf für ein Liebeswerk, dem sich kein deutsches Herz verschließen kann. Es gilt unseren Kriegsgefangenen ! Die lehte, durch Ungeduld und Sehnsucht schwerste Zeit der Gefangenschaft soll ihnen erleichtert werden. Unsere Hilssaktion soll den Gefangenen die Botschaft der Heimat bringen: Labt Mut und Geduld, tragt auch noch diese letzte, schwerste Zeit! Ueber dem Ringen um innere Ausgestaltung der Republik soll und darf es nicht vergessen werden, den in die Heimat znrückkehrenden Söhnen einen brüderlich herzlichen Empfang zu beraten. Der oft schwierige Anschluß an das ver änderte Wirtschaftsleben muß ihnen erleichtert werden. Zu diesen Ausgaben bedarf es der Mithilfe des ganzen Volkes. Die Reichszentralstelle für Kriegs-und Zivtlgefangene bereitet eine Sammlung unter dem Namen: »Deutsches Lilsswerk für die Kriegs- und Zioilgefangenen" vor. Jeder Deutsche, jede Frau, jede Muiter gebe nach Kräften zu diesem Liebeswerk für unsere gefangenen Brüder. Geldsendungen nimmt entgegen die Deutsche Bank, Deposttenkasse Mauerstraße 26/27, Berlin, auf Konto des »Deutschen Htlfswerkes für Kriegs- und Zivilgefangene-. Wenn ich an Deutschland denke, tut mir die ^»eele weh ! Wen» ich an Deutschland denke, tut mir die Seele web, Weil ich ringsher um Deutschland die vielen Feinde seh'. Mir ist zu Nacht die Ruhe des Schlafes dann zerstört, Weil stets mein Ohr das Flüstern und böses Raunen hört, Mit dem sie sich bereden zu Anschlag und zu Rat, Um Deutschland zu verderben durch eine schwere Tat. Dann kehren die Gedanken bei ferner Zukunft ein Und fragen: Wird denn jemals das Deutschland nicht mehr sein? Dann würden sie sich schlagen verzweifelnd Brust und Kaupl: .Wir haben unsres Reichtums uns frevelnd selbst beraubt! Die Welt, die große, reiche, ward öde, arm und leer, Die Welt hat keine Seele, sie hat kein Deutschland mehr'. Du Land voll Blut und Wunden, die Unrecht schlug und Spott, Dir blieb von deinen Freunden ein einziger: dein Gott. Nur einer, doch der stärkste, der nicht im Stiche läßt — Deutschland, du Land des Glaubens, hall deinen Glauben fest! Du hast es ja ertragen, was nie ein Volk ertrug, Daß dreißig Jahr die Geißel des Krieges dich zerschlug. Tränen wie du sie weintest, hat nie ein Volk geweint, In solchem Todesjammer war nie ein Volk versteint. Doch mitten in dem Jammer, in Todesnot und Graus, Nie losch das Licht der Sonne in deinem Kerzen aus. Und wenn ich also denke, wird mir so weh, so schwer, Wie wär' die Welt, die reiche, alsdann so arm und leer! Durch alle Menschen würde alsdann ein Fragen gehn: .Wie kommt es, daß die Völker sich heut nicht mehr verstehn? Wo ist sie hingegangen die große, stille Macht, Die eines Volkes Seele der andern nahgebracht? Den wunderbaren Spiegel, wer schlug in Trümmer ihn, Aus dem das Weltenantlitz tiefsinnig widerschien?' Aus allen Schrecken hob sich dein süßes Angesicht, Umspielt von Kindeslächeln der heil'gen Zuversicht, Und was sie dir genommen, eins wird dir nie geraubt! Deutschland, dir blieb die Zukunft, weil du an sie geglaubt! So bist du auferstanden lebendig aus dem Tod, So wirst du jetzt bestehen auch diese Zeil der Not! Du buhle nicht um Freundschaft und schmeichle nicht dem Neid. Bleib du getreu dir selber und warte deiner Zeit. Und warte, bis die Menschheit, die heut am Alter krankt, Zurück zu ihrer Seele, zu dir zurück verlangt. Dos wird nach langen Jahren voll still erlrag'ner Pein Deutschlands Vergeltungsstunde an seinen Feinden sein. Ernst von Wildenbruch. Abgesehen von seiner Schönheil deriihrl uns dieses Dedichl heul« besonders auch deshalb so lies, weil, obwohl es bereils 1889, also vor nah«zu 30 Jahren versohl wurde, doch den Eindruck erweck!, als sei es erst heul« geschrieben. Fastpropsetischen Blickes verlethl in ihm ein von echler Vaterlandsliebe durchglichler Dichter denselben Befürchtungen Märt», die die Seele des deutschen Volkes heute in seiner Echicksalsslunde schwer lastend bedrücken. Deutsche Nationalversammlung. (Von einem parlamentarischen Mitarbeiter.) Weimar, 28. Märt. Es ging gestern heiß her in der Nationalversammlung stärker als vordem platzten die Gegensätze auseinander. Gleich der erste Redner, der Sozialdemokrat Schuls-Ostpreußen setzte mit einer Erwiderung auf die Rede des Abg. v. Kardorff in der preußischen Landesversammlung scharf ein. Er be zeichnete diese Rede als Schilderhebung der Gegenrevolution und warnte die Gesinnungsgenossen v. Kardorffs vor der Vorbereitung einer neuen Revolution. »Die erste ist gezügelt worden durch den deutschen Sozialismus: ein zweites Mal könnte es anders kommen.' Herr Schulz sprach dann über die Bedrohung unserer Ostgrenzen und richtete an die Re gierung die Frage, ob die Erklärung des russischen Volks- kommifsars Tschitscherin richtig ist. daß deutsche Truppen den linken Flügel einer großen Offensive gegen Rußland darstellen, die offenbar im Auftrag der Entente unternommen sei. Reichs wehrminister Noske erwiderte, wenn der russische StaatS- * mann von anffürmenden deutschen und polntlchen Truppen gesprochen habe, so entspräche diese Behauptung, soweit deutsche Truppen in Betracht kommen, nicht den Tat sachen. Eine geringfügige Operation der deutschen Truppen in den lebten Wochen habe nur die Presse zum .großen Sieg' aufgebauscht. Oberste Heeresleitung Und Reichsregierung seien sich darin einig, daß von deutschen Truppen keine Offensiobewegung in Rußland und Ltttauen unternommen werde: eine gewisse Sicherung der deutschen Ostgrenzen werde leider noch erforderlich sein, aber die Reichsregierung ist nur von dem lebhaftesten Wunsche erfüllt, auch mit Rußland in Frieden und guter Nachbarschaft zu leben. Weniger scharf in der Form als Herr Schulz aber um so schärfer in der Sache war der Sprecher der Deutschnationalen Graf v. Posadowsky bei feiner Rede über die innere Lage. Wann und wo immer der greise »Graf im Bart' das Wort ergreift, darf er mindesten- achtungsvoller Aufmerksamkeit sicher sein. Gestern hatte er ganz besonders das Ohr des Hauses, weil er, der anerkannte Volkswirtschaftler, die volks wirtschaftliche Seite der neuen Aera beleuchtete. Selbstver ständlich von seinem Standpunkte als Mitglied der äußersten Rechten des Hauies. Er sprach sich gegen das Sozialtsierungsgesetz aus, weil es dem Unternehmer sein Eigentum zu einer Zeit entzieht, da es der persönlichen Tätigkeit und Sachkenntnis des Eigentümers bedarf, um den Betrieb wieder ins Leben zu rufen. Die Besteuerung des Vermögens und Einkommens dürfe nicht bis zur Enteignung gehen. „Manche Kreise sagen, wozu sollten sie sich abarbeitezi und Geld in wirtschaftliche Unternehmungen stecken, wenn der Gewinn durch Besteuerung ihnen wieder entzogen, wird?' An einer andern Stelle rief er warnend der Regierung zu: „wenn die Negierung die Arbeiter- und Soldatenräte nicht aus dein Staatsleben aussch^ltet, so werden bald die Füße derer vor dem Hause stehen, die diese Regierung hinaustragen werden.' Der zweite Teil der Sitzung brachte einen Zusammenstoß zwischen dein Unabhängige« Haase und dem Reichswehr- Minister Noske. Haase besprach die letzten Vorgänge in Berlin und bezeichnete die Haltung der Regierungstruppen als Barbarei, weil sie, wie er sagte, kein Pardon gaben. Mi nister Noske holte sofort zum Gegenschlag aus. Er verwies auf Halle, wo man, um die Verbindung zwischen Halle und Weimar ladmzulegen, die Eisenbahnschienen aufgerissen hatte. „Ein zuchthausivürdiges Verbrechen', charakterisierte der Minister diese Handlung. Und weiter ausholend fügte er hinzu: „Wie wirb denn mit den Arbeitern Schindluder ge spielt, nur zur Förderung der politischen Ziele des Herrn Haase? Eine Bergarbeiterkonferenz in Halle hat festgestellt, daß es zum Generalstreik in Mitteldeutschland nicht gekommen wäre, wenn die Bergarbeiter von deMUnterhändlern nicht be- logen und betrogen worden wären. (Stürmisches Hört! hört!) Allo, man belügt und betrügt die Arbeiter. Man hetzt sie in gewissenlose Streiks hinein, die darauf hinauslaufen, daß jeder Tag neue Stockschläge auf den Magen des Arbeiters bedeutet, und dann stellt sich Herr Haase wieder bin und vergießt Tränen.' Und auf die Berliner Verhältnisse übergehend, er klärte NoSke: „In Berlin war höchste Gefahr im Verzüge. Das Leben von Zehntonsenden von Menschen stand auf dem spiet, ^ch war verpmcyler, oazu verzurragen, um wieder Ordnung und Sicherheit zu schaffen. Da gelten Paragraphen nicht, da gilt lediglich der Erfolg, der war auf meiner Seite. (Widerspruch, Unruhe und Zurufe bei den U. Soz.) Seit November haben Sie es sich angelegen sein taffen: in klarer Erkenntnis der Folgen, die nicht ausbleiben konnten, trieben Sie Ihre Leute zum Streik und zum Bürgerkrieg. Die Opfer deS Bürgerkrieges beklage ich auch, aber ich klage an die Brandstifter, und das sind Herr Haase und seine Freunde. Auf ihr Haupt kommt' das Blut, das versoffen worden ist.' (Stürmischer Beifall und Händeklatschen, Unruhe und Lärmen und Zischen bei den U. Soz.) Hier greift der Präsident ein mit der Erklärung, daß ein Mitglied des Hohen Hauses nicht als .Brandstifter' bezeichnet werden dürfte. Aus der Nachmittagssitzung war allmählich eine Nacht- sitzung. An ihrem Schluß ergreift noch Scheidemann das Wort, um denen zu erwidern, die an dem Ton seiner letzten Rede Anstoß nahmeu. Heute geht es hier ruhiger zu. Aus der Tagesordnung stehen Anfragen, kleine Vorlagen und Verordnungen. Nur vereinzelt nimmt man noch ein leises Grollen des gestrigen Gewitters wahr. Ein Ultimatum -er Entente. Drohender Bruch des Waffenstillstandes. Die Entente ist unter Führung der französischen Generalität wieder im Fahrwasser einer Gewaltpolitik angelangt und geht mit größter Rücksichtslosigkeit vor. So ließ sie der Waffenstillstandskommisfion in Spaa neuerdings eine Note zugehen, in der eS heißt: „In Übereinstimmung mit der Entscheidung deS Obersten Kriegsrates der alliierten und assoziierten Re gierungen wird General Nudant in Ausführung der Klausel 16 des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 fordern, daß die Deutschen gestatten, daß die Armee deS Generals Haller, welche ei« Teil der alliierten Armeen ist, durch Danzig i« Richt««g auf Polen frei durch- marschiere mit dem Zweck, dort die Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Deutschen werden sich weiterhin ver pflichten, alle Erleichterungen für die vorübergehenden Einrichtungen jeder Art zu geben, die für die durch diesen Hafenplatz marschierenden Truppen notwendig sind. Fede Weigerung, diesen Forderungen zu entspreche«, wird als ein Bruch des Waffenstillstandes durch die Deutschen angesehen werden. Infolgedessen bitte ich Sie, von der deutschen Regierung die Vollmachten zu verlangen, die nötig sind, um die Art und Weise der Aus führung dringendst und auf Grund gegenseitigen Über einkommen- zu regeln.- » Diese Note überreichte der bekannte General Nudant ohne jeden weiteren Kommentar und ohne Fristbestimmung dem General o. Hammerstein, der sie ber Reichsregierung j übermittelte. Oie Regierung verteidigt Danzig. Die Reichsregierung hat der Entente sofort eine ! Antwort zugehen lassen, in der sie darauf hinweist, daß ! sie bei etwaigem freien Durchzug durch Danzig nur an f alliierte, niemals aber an polnische Truppen gedacht habe In der deutschen Note heißt es weiter: In dieser Auffassung sieht die deutsche Regierung sich bestärkt durch die bekannten Vorkommnisse bei der Gewährung freien Gelefts für den polnischen MintsterpräsidentenPader''w8ki. i Herr PaderewSki bat unter grober Verletzung ber gewährten ! Gastfreundschaft aus deutschem Boden in Posen baS Zeichen > zum Aufruhr und Bürgerkrieg gegeben. Bei seiner Anwesenheit in Danzig im Dezember 1818 sagte er: ! „Wenn die volniscken Divisionen au- Frankreich und 30. Jahrgang. Italien erst einmal (« Danzig st«d, fo werde« Danzig und ganz Westpreußen polnisch werden." In der gesamten polnischen Öffentlichkeit wird auch die Armee Haller als polnische Armee bezeichnet. Seit dem Abschluß ! s Waffenstillstandes vom 11. November 1818 bat sich zudem t ie Gesamtlage in Posen, Westpreußen und Danzig völlig ; erändert. Es würde nach den bekannten Vorgängen in Hosen durch eine Landung polnischer Truppen in Danzig die Ordnung in Westpreußen aufS schwerste gefährdet werden. Niemand kann die Verantwortung übernehmen, daß die polnische Minderheit in Westpreußen ruhig bleibt, wenn die Armee Haller in Danzig landet. Nach den der deutschen Regierung täglich zugehenden zahlreichen Kundgebungen der deutschen Mehrheit in Wenpreußen muß aber auch damit ge rechnet werden, daß die deutsche Mehrheit gegenüber polnischen Angriffen gewaltsamen Widerstand leisten wird. Heute herrscht in diesen Gebieten Ruhe und Sicherheit, wenn aber die geforderte Landung nach dem heutigen Stand der Dinge zum blutigen Kampf in diesen Gebieten führt, so wird außerdem die deutsche Ostfront gegen den russischen Bolschewismus gefährdet. Die geringen deutschen Kräfte, welche die Sowjettruppen zurückhalten, hätten dann im Rücken gleichfalls den Feind und würden zwischen zwei Feuer geraten. Dem Bolschewismus ist dann der Weg nach Westpreußen und Polen frei. Die deutsche Regierung kann nach eingehender Prüfung eine Maßnahme nicht verantworten, die ohne Schaffung ausreichender Garantien den Bürgerkrieg im eigenen Lande Hervorrufen muß. Dagegen ist die deutsche Regierung nach wie vor bereit, die Landung der Armee Haller t« Stettin, Königsberg, Memel oder Liba« mit allen Mitteln zu erleichtern und dadurch die Absicht der Alliierten, die Ordnung in Polen aufrechtzuerhalten, mit allen Kräften zu unterstützen. Die deutsche Regierung erklärt sich ausdrücklich bereit, alle Einrichtungen für die rascheste Landung und die Durchreise der Armee Haller nach Polen zu gewähr leisten. Diese Wege führen auch eisenbahntechntsch schneller und ohne jede Störung der Lebensmtttelzufuhr nach Polen zum Ziele. Das Entgegenkommen der ReichSregierung ist ent schieden groß genug, und wenn die Entente darauf nicht eingeht, so beweist sie damit schlagend, daß es ihr ledig lich um eine ganz ungeheure Vergewaltigung Deutsch lands zugunsten der Erprefferpolitik Polen- zu tun ist. Alle Folgen fallen auf die Entente. Weitere Bedingungen Deutschland-. Um die in der Note von Marschall Foch gewünschte« Vollmachten zur Regelung der Art und Weise ber Aus führung der Landung auf Grund gegenseitigen Überein kommens erteilen zu können, ersucht die deutsche Regierung um alsbaldige Mitteilung über folgende Punkte: 1. Zusammensetzung der Armee des General- Haller und Stärke derselben. 2. Zeitpunkt der Landung der Armee Haller. 3. Angabe der Zeitdauer der Durch beförderung der Armee Haller bis nach Polen. 4. Welche Gewähr könnten die alliierten und assoziierten Mächte dafür bieten, daß nicht die Armee des Generals Haller oder ein Teil derselben sich an politischen Kundgebungen oder an etwaigen Aufständen der polnischen Minderheit nach dem Vorgang bei der Anwesenheit des polnischen Ministerpräsidenten PaderewSki in Posen beteiligt oder solche mit Sicherheit zu erwartenden bedauerlichen Er- e'JN'fst be:r.onuit? Oys Verbote Rechtsfne-ens. Auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird alS Protest, um wieviel mehr aber muß sich ein 70-Mil- lionen-Volk aufbäumen, wenn es unter dem Zwange einer unmenschlichen Hungerblockade mit einer Grausamkeit be handelt wird, die ein Gegenstück nur noch in den Sklaven haltern der ehemaligen Südstaaten der Bereinigten Staaten von Amerika hat. Das Verlangen nach einer, wenn auch zunächst noch versteckten Preisgabe DanztgS ist also der Vorbote des „Rechtsfriedens-, mit dem die Entente, Wilson an der Spitze, seit Monaten die Welt bluffen. Man fragt sich unwillkürlich, ob es tatsächlich möglich ist, daß Staatsmänner Tag sür Tag und Woche für Woche predigen, sie wollten die Fahne der Gerechtigkeit erneut entfalten und gleichzeitig durch jede ihrer Hand lungen den unzweideutigen Beweis erbringen, baß Recht und Gerechtigkeit ihnen völlig unbekannte Begriffe find. Die Ententevofitiker haben offenbar jedes Maß und jeden Blick !ür das mögliche verloren. Haß und Rache leiten ihren Sinn: sie haben nur ein Ziel: Deutschland nicht nur niederzuwersen, sondern auch zu demütigen, wie man es noch keinem Volke der Welt zu tun gewagt hat. Deshalb wagt man auch kaum noch zu hoffen, daß sie den vernünftigen Erwägungen der deutschen Antwortnote Raum geben Ein bewaffneter Widerstand der aufs höchste erbitterten Bevölkerung in Westpreußen käme ihnen »nd namentlich den Polen nur gelegen, würde ihnen den noch nicht recht gefundenen Vorwand bieten, den dortigen Deutschen endgültig die polnische Konfederatka aufS Haupt zu zwingen. Unsere Regierung muß aber, und wird es gewiß auch, festbleiben und darf sich durch die Drohung des Bruches des Waffenstillstandes nicht schrecken lassen. Wir baden soviel Schlimmes erdulden muffen, was kann uns Schlimmeres noch bevarftehen! Zar Trotzki. Erzählungen aus Rußland geflüchteter Schweizer. In der Schweiz ist eine Anzahl aus Rußland ge- flüchteter »Rußlandschweizer- eingetroffen. Sie wissen von dem, was sie in der bolschewistischen Sowjetregierung erlebt haben, recht erbauliche Dinge zu erzählen. Die meisten kamen auS der Stadt und dem Gouverne ment Smolensk, wo sie in verschiedenen Berufen tätig waren, besonders alS Landwirte. Auf die Frage, wie es ihnen in Rußland unter ber Bolichewikiherrschaft gegangen sei, antworteten alle: „Plocho! Otschen plocho!- (Schlecht! Sehr schlecht!) Auf die Bemerkung eines Journalistei', daß sie doch auS einem Lande kämen, wo jetzt die größte Freiheit in der Welt herrschen soll, schauten sich alle ver blüfft an. Und dann begannen sie ein- Menge Tatsachen zu erzählen. Bei Smolensk wurden zwei Schweizer Landwirte, ältere Männer, zusammen mit arideren Personen verhaftet, und zwar wegen eines Gerüchtes, daß auf Lenin ein Attentat verübt worden fei. Bon diesen 44 Personen blieben nur die beiden Schweizer und ein russischer Staatsangehöriger am Leben, alle andern wurden als -verstockte Bourgeois- er-