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im ser geffrsgen Wtzung ist, batz die Berfammkung, trotz mancher Bedenken und mancher Einsprüche schließlich eim stimmig beschloß, baß die eben angenommene Verfassung sofort in Kraft treten solle. In diesem ernsten Augenblick sah die Welt zum erstenmal seit dem 4. August 1914 daS ganze deutsche Volk vertreten durch seine Erwählten ainig. Das wird seinen Eindruck auf daS Ausland nicht verfehlen. Auf lange grundsätzliche verfassungsrechtliche Aus einandersetzungen konnte das Haus um so eher verzichten, als es sich bei dem zur Beratung stehenden Gesetz wie erwähnt nicht um die endgültige Reichsverfassung, sondern nur um die Schaffung einer vorläufigen Reichsgewalt handelt. In der allgemeinen Aussprache beschränkten sich die Parteien daher auf kurze Erklärungen, in denen sie trotz mancher Bedenken im einzelnen unter Hinweis auf unsere schwierige innere und äußere Lage und unter besonderer Berücksichtigung des unmittelbar bevor- stehenden Beginns der neuen Waffenstillstandsverhandlungen ihre Zustimmung zu der Vorlage erklärten. Diese Partei erklärungen wurden mit lauten Beifallskundgebungen be gleitet, denn aus ihnen ging, trotz weitgehender Meinungs verschiedenheiten in wichtigen Fragen, der feste Wille aller großen Parteien hervor, sich ans dem Boden der neuen Ordnung zu gemeinsamer Arbeit im Dienste unseres Volkes susamm enzufinden. Zwei Ausnahmen waren zu verzeichnen. Einmal »ar es der bayerische Bauernbündler Dr. Heim, der im Gegensatz zu der Mehrheit des Zentrums sich gegen den Entwurf erklärte, und außerdem kämpfte die äußerste Linke unter der Führung der Herren Haase und Dr. Cohn gegen den Entwurf, den sie mit einer Fülle schwieriger und auf alle Fälle einer gründlichen Durchberatung be dürftiger Änderungen zu bepacken suchten. Herr Colm, der im übrigen sehr ruhig sprach, machte in seinem An sturm gegen den Entwurf einmal ein recht gefährliches Angebot, indem er sagte -ich möchte meinen Kopf dafür «insetzen, daß die Vaterschaft . . .!" Wie aus der Pistole geschossen, fliegt hier der Zwischenruf aus dem Hause: -Her mit dem Kopf!" in die schöne Konstruktion des Redners, und er kann seinen Satz im anschwellenden Ge lachter nicht beenden. Es ist auch nicht vonnöten, denn die Mehrheft bleibt trotz des Cohnschen Selbstaufopferungs- Versuchs fest in der Erwägung, daß im jetzigen Augenblick »lles darauf ankommt, schnelle Arbeit zu leisten. * Zu einer längeren Aussprache führte lediglich ein Antrag der Unabhängigen, der schon in dem jetzigen Not- gesetz die Abschaffung aller Geheimverträge aussprechen wollte. Das ganze Haus war sich einig in dem Ziel, das dieser Antrag verfolgte, nämlich in der Beseitigung der Geheimdiplomatie. Aber daS kann, soll daS Deutsche Reich nicht durch einen voreilig und einseitig gefaßten Beschluß ungünstiger gestellt werden als irgendein anderes Land, nur in der Weise geschehen, daß durch den Völkerbund allen Staaten der Abschluß von Geheim verträgen untersagt wird. Diesen einzigen Weg schlägt der Entwurf der Regierung ein und ihn trat auch die über- «ültig«rde Mehrheft des Hauses bei. * Gemäß ihrer wiederholten Zusage legte die bisherige Negierung nach Annahme des Verfassungserftwurfes mit ainer Erklärung deS Volksbeauftragten Scheidemann ihre Mandate in die Hände der Nationalversammlung. Auf Wunsch des Hauses führen die Volksbeauftragten die Geschäfte weiter bis zur Ernennung der neuen Regierung, die wahrscheinlich noch heute vom Reichspräsidenten voll zogen werden wird. Heute steht lediglich die Wahl des provisorischen Reichsoberhauptes auf der Tagesordnung. Man ist sich darüber einig, daß Eberts Wahl schnell voll zogen wird, damit daS neue Reichsoberhaupt noch heute die verfassungsmäßige Regierung berufen kann. Herr Scheidemann, der das Kabinett zu bilden haben wird, dürfte schnell damit zustande kommen, da die Verhand lungen der Parteien zu einer vollen Einigung über die Lmterbesetzung geführt haben. Die Nationalversammlung arbeitet in der Tat vorbildlich. pokiische Rundschau. Deutsches Reich. 4- Gefährliche Lage in Danzig. Die politischen Ver hältnisse in Danzig und ganz Westvreußen haben sich be denklich zugespitzt. Die immer ernster werdende Polen frage, die Kohlennot und die Frage der Neuregelung der Kommandogewalt haben die Spannung der Gemüter auf- äußerste getrieben. Die Arbeiterschaft der Eftenbahn- werkstätten drohen mit Sturm auf den Hagelsberg, wenn die dort gebildete Studentenwehr nicht sofort aufgelöst wird und mit Eisenbahnstreik in ganz Westpreußen. Di« Neuregelung der Kommandogewall lehnen die ASRäte der Provinz ab und bleiben im dauernden Gegensatz zum Generalkommando in Fragen des Grenzschutzes. 4- Ein protestierender Soldatenrat. Der General- fokdatenrat des 7. A. K. in Münster will die Verfügung der Regierung über die Kommandogewalt nicht anerkennen. Er erklärt, die Kommandogewalt liege in den Händen des Generalsoldatenrates. Einziehungen dürfen nicht mehr er folgen. Rangabzeichen find sofort zu entfernen. Vor Ausführung der Verfügungen im Armee-Verordnungsblatt ist jedesmal die Stellungnahme des Korvs-Verordnungs- blattes abzuwarten. Im Bereich des 7. Armeekorps darf kein Freiwilligenbataillon gebildet werden; jede Werbe tätigkeit ist zu unterbinden. Die Abreise von Freiwilligen ist zu verhindern. Der kommandierende General des 7. KorpS hat die Reichsregierung um militärischen Schutz gegen die Durchführung der Beschlüsse des Generol- foldatenrats gebeten. Dieser militärische Schutz ist in Münster erNgetroffen. * Der Braunschweiger Landtag ist nun endlich er öffnet worden. Für die provisorische Regierung verlas der Husar Schütz eine Erklärung, die die Unterordnung des Landtages unter die ASRäte fordert, wogegen die Mehrheit des Landtages mit Entschiedenheit vrotestierte. 4- Die Säuberung Cuxhavens ist die nächste Aufgabe der Division Gerstenberg, da sich dorthin ein großer Teil der aus Bremen geflüchteten Spartakisten zurückgezogen hat. Der Cuxhavener Soldatenrat ist in seiner Gesamtheit bereits zurückgetreten. 4- Kein Reichsfoldatenrat. In der Sitzung deS Berliner Zentralrats wurde unter anderem ein Schreiben der Delegierten der Korpssoldatenräte beraten, in welchem «ine große Anzahl Forderungen formuliert waren, vor allem die Schaffung eines Reichs-Soldatenrats, die der Zentralrat in dieser Form als undurchführbar ablehnen mußt«. 4- Der preußische Berfastungsentwurf ist nunmehr fertiggestellt und wird der konstituierenden Landesversamm lung unterbreitet werben, deren Einberufung noch im Laufe dieses MonatS mit Sicherheit erfolgen dürfte. Der Entwurf sieht ein Einkammersystem und einen besonderen Staatspräsidenten vor. Er ist auf breitester demokratischer Grundlage ausgebaut und enthält alle die Bestimmungen, die die Gewähr dafür bieten, daß die Regierung das ous- sührende Organ des Willens des Volkes ist. Rumänien. 4- Demonstration gegen den König. In Bukarest fanden erneut Demonstrationen der Arbeiterschaft statt, dir einen durchweg revolutionären Charakter trugen. Als der Strom der Masse in die Victoriastrgße einbog, fuhr der König im Automobil vorbei. Die Demonstranten warfen mit Stellten nach dem Auto und schrien: „Nieder mit den, Wüstling! Hoch die Republik! Es lebe die befreiende Kraft des Proletariats!" Erst als Trupven eiuschcitten, gelang es, die Massen auseinander zu treiben. Polen. X Die Wahlen zur Konst.tuante haben folgende- Er gebnis in Kongreßpolen gehabt: Erklärte Anhänger der Nationaldemokratie 16 — andere nationalistische Vertreter, die mit der Nationaldemokratie zusammengegangen sind, 91 — der nationale Arbeiterbund 8 — die Arbeitergruppe des Geistlichen Blizinski 11 — die volksparteiliche Gruppe Witos 2 — Wilde 8 — die Volksvarte ler Thugutts 32 — die P. P. S. 13 — Juden 8 — Deutsche 2. Aus Zn- und Ausland. Berlin. Die in die Presse gelangte Mitteilung von der Vorbereitung eines Alkoholgesetzes beruhte auf einem Mißverständnis. Grandcnz. Infolge eines gevlanten Angriffs der Elbinger und Danziger Spartakisten auf den Marienburger Bahnhof, wo das Wasserwerk gesprengt werden sollte, traten die Marienburger Bahnbeamten in den Streik. Erfurt. Bei den Durchsuchungen nach Waffen wurden neben zahlreichen Gewehren und Revolvern nicht weniger als 112 Maschinengewehre gefunden. Kolberg. Das Große Hauptquartier ist nunmehr nach hierher verlegt worden. Weimar. Der Rat der Volksbeauftragten hat die Vor lage über Bildung eines neuen Reichsheeres verabschiedet. Die Friedensstärke des neuen Neichsheeres soll 250 000 Mann betragen. Noch keine Lebensmittel. Die Entente m acht neue Schwierigkeiten. Berlin, 11. Februar. Die Waffenstillstandskommission gibt bekannt: In zwischen ist der Bericht über die Verhandlungen der eben falls in Spaa tagenden Unterkommission für die Er ledigung des Schiffahrtsabkommens eingelaufen. Aus ihm ergibt sich, daß die Entente ihre Bedingungen weiter ver schärft, so daß sich bis jetzt keine Einigung hat erzielen lassen. Die mündlichen Verhandlungen sind zunächst ab gebrochen worden. Unter diesen Umständen blieben die Aussichten für unsere Lebensmittelversorgung nach wie vor höchst unsicher. Unsere Gefangenen in Rußland. Im ganzen 45000 Mann. Berlin, 11. Februar. Wie von amtlicher Seite mitgeteilt wird, beträgt die Anzahl der jetzt noch in Rußland befindlichen deutsche« Gefangenen 46000. Davon befinden sich 40900 in Sibirien, darunter 400 Offiziere und 16000 Mannschaften. Der Rest besteht aus Zivilgefangenen. In die „Rote Garde" sind mehrere tausend Deutsche eingetreten, teils aus Sympathie für die bolschewistischen Bestrebungen, teils aus Not und Hunger oder auch durch die Lockung der hohen Löhnung. In den nichtbolschewistischen Teilen Ruß lands werden die deutschen Gefangenen rücksichtsvoll be handelt und für weitgehende Fürsorge wird auch von der Heimat aus Sorge getragen. Das amerikanische Rote Kreuz bemüht fick um die Vermittlung schriftlichen Ver kehrs. über die Entsendung von deutschen Vertretern zur Gefangenenfürsorge schweben Verhandlungen. über die Anzahl der nach Japan entsandten deutschen Gefangenen will die Schweiz Ermittlungen anstellen, mit Japan hat sich ein« entsprechende Vereinbarung bi-her sicht erzielen lasten. Schwere Gefechie bei Nakel. Polnische Bestialitäten. Berlin, 11. Februar. Den Schutz der Stadt Rakel, die unter schwerem Elrtilleriefeuer liegt, hat das Fretwilligenkorps Bruefsow übernommen, welche- am S. Februar Berlin verlaste« hat. DaS KorpS sichert augenblicklich die Stadt und dt« um liegenden Ortschaften und steht in engster Fühlung mit dem Feinde, welcher über gut ausgebildete, wohldtsziplinterte Jnfanterietruppe» verfügt. Einschläge der polnischen Artillerie erfolgen hauptsächlich am Bahnhof uud auf dem Marktplatz, doch erwidert di« Artillerie des Freikorps un unterbrochen das Feuer. Augenblicklich ömß man mit einem kräftigen Borstoß der Polen rechnen. Die Ostbahnlinie ist auf das schwerste bedroht, wenn eS den Pole» gelingt, Nakel einzunehme«. Das Verhalten der Polen, selbst Verwundeten gegen über, ist von viehischer Rohheit. In einem Gefecht bei Nosko, das bei dem Korps Bruestow über 100 Mann Ver luste forderte, haben die Polen selbst Krankenträger und Verwurrd^r in bestialischer Weise medergemnchl. Stnrm auf Zarne unv Zarnowka. Beim O. K. Süd werden von allen Abschnitten Zu sammenstöße mit den Polen gemeldet. Bei Nawitsch wurde der beabsichtigte Gegenangriff auf die noch in Feindes hand verbliebenen Dörfer Zarne und Zarnowka mit Erfolg Lurchgeführt. Beide Dörfer wurden durch das Jäger- bataillon Kirchhain und das Pionierbataillon 5 unter Mit wirkung von Begleitbatterien und Behelfs-Panzerzügen genommen. Neudorf, Miroslaw und Hohendor wurden von uns besetzt. Bei Margonim erfolgreiche Patrouillen gefechte. Der Netze-Brückenkopf bei Steinburg südlich Nakel wurde von den Polen genommen. Südwestlich „Bromberg wurden unsere Truppen hinter den Oder— Netze-Kanal zurückgenommen. Feindliche Versuche, beider seits der Straße Netzewald—Bromberg den Kanal zu überschreiten, scheiterten. Deutscher Protest an die Entent«. Das deutsche Auswärtige Amt hat an die Alliierten eine Note gerichtet, in der mit Entschiedenheit gegen das Verhalten der Polen protestiert wird. In der Note heißt rS: „Ihrerseits hat die deutsche Regierung nie beabsichtigt, gewaltsam gegen Reichsangehörige polnischen Stammes vorzugehen. Es ist bekannt, daß eS die poln schen Be wohner der preußischen Ostvrooinzen gewesen find, die zum Teil unter Bruch ihre- Fahneneides die Waffen gegen Lie Regierung erhoben und Staatsbehörden abgesetzt haben. Gegen solche aufrührerischen Angriffe vorzugeben, muß sich die deutsche Regierung so lange Vorbehalten, bis alle be waffneten polnischen Formationen aus dem jetzigen Reichs gebiet entfernt sind. Bis zur Entscheidung der Friedens konferenz lehnt Deutschland eine Weisung seiner Gegner über daS Verhalten seiner Behörden in diesen Ge bieten ab/ Nie Russen dicht bei Meinet. Schandtaten im Baltikum. Königsberg, 11. Februar. Die Bolschewisten haben das östlich von Memel ge- j legens Telcze genommen. Die Stadt wurde von einer ! 200 Mann starken Abteilung mit Maschinengewehren be- > setzt. Weitere 4000 sollen anrücken. Die Bolschewisten I von Ludnicki und den Dörfern der Umgebung wurden ge' ! schlossen zum Einexerzieren nach Schänken transportiert. ! Die Bolschewisten erließen Manifeste, die besagen, i daß in Litauen der Bolschewismus genau so ein- ! geführt werde wie in Rußland. In Bausk, nord- östlich Mitau, rückte das dritte lettische Bataillon ein. ' Feindlich gesinnte Personen der Umgegend wurden ver- i haftet und nach Bausk geschleppt. Die Pfarrer Bielenstein i aus Altraden und von Uloth aus Peterhof wurden er- schoflen. In Eiken wurden 123 wohlhabende deutsck- ' sprechende Leute festgenommen. 63 von ihnen sollen am nächsten Tage in Baust erschossen worden sein. Auch - mehrere Letten, die während der deutschen Besetzung das ! Amt des Gemeindevorstehers versahen, wurden erschossen. ' Die Truppen äußerten, sie seien von Lenin geschickt, um > sich mit der deutschen Spartakusgruppe zu vereinigen. Bolschewismus und Demokratie. j Von der Soztalistenkonferenz. Bern, 11. Februar. Auf der Internationalen Sozialistenkonferenz legte Branting eine Enttchl'eßnng vor, in der es heißt: Die Konferenz steht nach wie nor auf dem Boden der Demo kratie, die auf d'r Freiheit in Rrde und Schrift, auf dem gleichen allgemeinen Wahlrecht uud der Koalitionsfreiheit beruht. Die Sozialisierung der Betriebe muß planmäßig erfolgen; die willkürliche Übernahme einzelner Betriebe durch kleine Gruppen von Arbeitern ist nicht als Soziali sierung anzusehen. Eine io^ialist icke Entwicklung ist nur z dann durchführbar, wenn sie von vornbere n die Mehrheit l des Volkes hinter sich hat. Ketzer Versuch zur Diktatur , eines kleinen Teils des Vroletar-ats ist der sozialistischen i Entwicklung gefährlich. Der Hungertod des Proletariats. ! Der deutsche Sozialist Bernstein erklärte auf der j Konferenz unter allgemeinem Beifall, für England und ! Frankreich sei der Bolschewismus nur eine theoretische Frage, für Deutschland aber eine praktische Frage, von i der Leben upd Tod der deutschen Republik abhänge. Der Bolschewismus könne nicht mit dem Proletariat und der > Revolution identifiziert werden. Bernstein ist erstaunt, ! daß die Internationale nicht darauf Hinweise, daß die : Bolschewisten alles getan hätten, was die reaktionärste Negierung nicht getan habe. Der Bolschewismus sei der Tod der Errungenschaften der Revolution. Das hätten ' die eigenen Berichte der Bolschewisten erkennen lassen. Der Bolschewismus habe die Korruption in Rußland ein geführt und wolle sie auch in die Internationale einfübren, wie er es schon in Deutschland getan habe. Der Sozia- i lismuS dürfe in keiner Weise mit dem Bolschewismus zu- ! sammenarbeiten, da er, und das gelte besonders für das industriereiche Deutschland, den Hungertod des Proletariats i bedeuten würde. Staatsbankerott? Seine Wirkung aus den einzelnen Bürger. ! Dieser Tage ging eine Meldung durch einen Teil der Presse, j die gar nicht stark genug unterstrichen werden kann. In einer ! Sitzung der einzelslaallichen Finonzminister sprach der Vertreter ! Preußens, Dr. Südekum, direkt von einem bevorstehenden Staals bankerolt. Er sagte ferner, es könne dahin Kommen, daß wir alle unser Einkommen restlos dem Staal geben müßten. j Dem Einzelnen werde nur ein Teil davon nach Bedürfnis und Würdigkeit zur Verfügung gestellt werden. Zu dieser düsteren Zukunftsausstcht schreibt uns ein bekannter deutscher Volkswirt: Man wird zunächst die Hoffnung nicht ausgeben dürfen, daß die weiten Arbeiterkreise doch noch rechtzeitig > zur Besinnung kommen, deren Verhalten heute, am meisten zur wei- j teren Verschlechterung unserer Wirtschasts» und Finanzlage beiträgt. ! Man wird sich aber andererseits doch ernsthaft mit der Frage be- ! schäftigen müssen, wie ein solcher Staalsbankerott aus den einzelnen ! Staatsbürger einwirkt. Im Kergang und in der Wirkung sind dabei zwei Arten zu unterscheiden: der eigentliche Staatsdankerott und der sogenannte j Währungsbankerott. Der eigentliche Staatsbankerott kann in sehr seltenen Fällen soweit gehen, daß der Staat wie ein beliebiger ! anderer Schuldner seine Zahlungen völlig einslellt, d. h. also: gelie- serte Waren und geleistete Dienste (Beamtengehälter usw.) nicht j bezahlt und auch die Zinsen auf die Staatsschuld unbezahlt läßt. > In den häufigeren Fällen dieser Art wird nur die Zahlung der i Zinsen aus die Staatsschuld eingestellt oder — sei es durch Kerad- ! ßtzung des Zinsfußes, sei es durch eine hohe Zinsscheinsteuer — , willkürlich herabgesetzt. Im zweiten Falle setzt der Staat den Geld- ! geh alt der Währungsmünzen herab, d. h. also, er bestimmt, wie ! zum Beispiel im Ruhland der achtziger Jahre, daß der Rubel nur noch ", des Gewichtes in Gold haben soll wie vorher. Das bedeutet, f dah jemand, der z. B. eine Schuld ausgenommen Hai, für die er sage § 600 Gramm Goldmünzen erhalten Hot, nur noch 400 Gramm Sold- münzen zurückzuzahlen braucht, denn diese 400 Gramm bedeuten jetzt ! ebenso viel Währungsgeld, wie früher die 600 Gramm. i In seinen Folgen ist die erstgeschilderte Form, der eigentliche ! Sta a ts bankerott, weniger weittragend, als der Währungsbankerott. > Der eigentliche Slaatsbankerott verringert den Wert aller Forderun- z gen an den Staat in gleicher Weise, wie das bei einem Zwangsver gleich mit den privaten Forderungen an den Konkursschuldner geschieht. Der Kreis der Geschädigten ist natürlich wesentlich größer: er umsaht einen großen Teil der gesamten Einwohnerschaft des ge samten Staates und bedeute! insosern eine gewaltige soziale Umwäl zung, als alle diejenigen, die Schuldtitel des Staates haben, gewaltige Teile ihres Vermögens einbühen, während diejenigen, deren Vermögen aus anderen Gütern besteht, in der Kauptsoche die Besitzer von Grund und Boden, Käufern, Fabriken und Auslands werten ebenso reich bleiben, wie vorher, d. h. also, im Verhältnis ganz wesentlich reicher werden. Im zweiten Falle, beim Währungsdankerotl, liegen die schädlichen Folgen weniger auf der Kand, find aber noch weit furchtbarer und tiefgreifender. Kier findet durch die Serabsetzung des Wertes der einzelnen Währungsmünze eine riesige Begünstigung sämtlicher Schuldner zu Lasten oller überhauvt vorhandenen Gläubiger statt. Das zeigt das eingangs geschilderte Beispiel klar. Auch hier wieder verringert sich nur das Vermögen derjenigen Leute, deren Besitz aus Forderungsrechten besteht, die gleichen Kreise aber wie beim ersten Falle, d. h. also im wesentlichen die Besitze von Grund und Boden, Fabriken, Häusern und Auslands«»!«!, bähen