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NmnchM Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage«. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens. 17. Jahrgang Mittwoch, den 17. Oktober 1906 Nr. 125. Mit einer vierseitigen Illustrierte» Sonntagsbeilage« Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend Ankündigungen: Für Inserenten der AmtShauptmann. schäft Grimma 10 Pfg. die fünfge spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 18 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Vezng-prtts: Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk. 130 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof. Redaktiou: Robert Günz, Nannhof. Die Antwort des Cumberländer. Der Herzog von Cumberland hat dem Braunschweiger Staatsministerium eben falls von dem Briefwechsel Mitteilung gemacht, den er mit dem Kaiser und dem Reichskanzler geführt hat, und diese Mitteilungen mit einem Begleitschreiben versehen, das folgendermaßen lautet: Die von der Landesversammlung des Herzogtums am 25. vorigen Monats zu neuer Regelung der Regierungsverhältnisse einstimmig gefaßte Resolution habe ich, weil sie für das legitime Recht eintritt, als deutscher Fürst mit warmer Freude begrüßt. Die Resolution hat mich veranlaßt, sowohl an Seine Majestät den deutschen Kaiser als auch an Seine Durchlaucht den deutschen Reichs kanzler und Minister der auswärtigen Ange legenheiten Fürsten Bülow das abschriftliche Begleitschreiben am 2. dieses Monats zu richten. Darauf habe ich gleichfalls das in Abschrift einliegende Antwortschreiben vom 5. bezw. 7. dieser Monats erhalten. Nach meiner besten Ueberzeugung habe ich durch mein Schreiben an Seine Majestät den deutschen Kaiser das weitgehendste Entgegen kommen bewiesen. Zu meinem lebhaften Bedauern aber haben Seine Kaiserliche und Königliche Majestät allerhöchst sich außer stande erklärt, der seinem allergnädigsten Wohl wollen von mir empfohlenen Bitte näher zu treten, auch haben Seine Durchlaucht der Reichskanzler und der Minister des Auswär tigen die von mir erbetene Unterstützung meines Seiner Majestät unterbreiteten Vor schlages nicht zusagen können. Die ange führten Gründe vermag ich in keiner Richtung anzuerkennen; denn durch die von mir vorgeschlagene Neuregelung der Regierungsverhältnisse im Herzogtum wird meines Erachtens die Sach- und Rechtslage wesentlich verändert. Und ganz unergründlich ist mir, inwiefern die Regierungsübernahme meines jüngsten Sohnes im Herzogtum Braunschweig die Interessen des mächtigen Deutschen Reiches sollte gefährden können. Ich beschränke mich hier, nur darauf hinzu weisen, daß der Bundesratsbeschluß vom 2. Juli 1885, wie schon der Wortlaut ergibt, nur gegen mich, nicht auch gegen die Mitglieder meines Braunschwcig-Lüneburgischen Hauses sich richtet. An vorstehende Mitteilung, welche das Land Braunschweig und besonders die Landes versammlung über den im Sinn der Reso lution vom 25. vorigen Monats von mir unternommenen Ausgleichsversuch und über besten Zurückweisung aufklären sollen, knüpfe ich das hiermit an das Herzogliche StaatS- ministerium gerichtete Ersuchen, dieses, mein Schreiben, mit den Einlagen, ohne Verzug, wie es mit den an das Herzogliche Staats« Ministerium gerichteten Noten des deutschen Reichskanzlers nnd des Minffters der aus wärtigen Augelegenheiten am 3. dieses Monats geschehen ist, durch die amtlichen „Braun schweiger Anzeigen" zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, und, worauf ich ein ganz be sonderes Gewicht lege, der Landesversammlung vorzulegen, deren erneute Tagung bevorsteht. gez. Ernst August Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Dieses Schreiben des Herzogs von Cum« berland, meint das Leipz. Tagebl. sehr richtig, kann den schon gegen seinen Brief an den Kaiser erhobenen Vorwurf nur bekräftigen, daß er immer wieder den Punkt umgeht, auf den es ankommt, seine und seines Hauses Stellung zu Hannover. Die welfische Hart näckigkeit in dem Festhalten an die seit dem Frieden von 1866 nicht mehr bestehenden An sprüche auf den Thron von Hannover wirkt bet ihm immer noch stark, daß er sich eben nicht zu einer bündigen Entsagung entschließen kann. Aus den Denkwürdigkeiten des Fürsten Hohenlohe seien heute noch folgende kurze Auszüge mitgeteilt: 2. Juni 1880: Verlobung des Prinzen Wilhelm, jetzigen Kaisers, die Braut gefiel sehr gut. Der Kronprinz beklagte sich bei mir über die Unfreundlichkeit, mit der die Verlobung bei den anderen preußischen Prinzen und Prinzes sinnen ausgenommen sei. 20. Mai 1881: Merkwürdig ist, daß Prinz Wilhelm (unser Kaiser) ein etwas jugendlich rücksichtsloser junger Mann ist, vor dem seine Mutter sich fürchtete, und der auch mit dem Kronprinzen, seinem Vater, Konflikte hat. Die Frau soll eine mildernde Wirkung auf ihn ausüben. Kronprinz und Kronprinzessin sind über die russischen Zustände entsetzt und meinen, daß nur das konstitutionelle System helfen könne. 22. Juni 1888: Die Kaiserin Viktoria, die den Rainen Kaiserin Friedrich annahm, ist sehr niedergebeugt, sehr angegriffen, und ich überzeugte mich, daß sie das ganze letzte Jahr hindurch künstliche Heiterkeit zur Schau ge tragen hatte. Sie erzählte, man wolle das Andenken Kaiser Friedrichs verdunkel», und sage jetzt, er sei eigentlich gar nicht fähig ge wesen, zu regieren, und habe gar nichts ge tan, während er doch angestrengt gearbeitet und selbständige Entschlüsse gefaßt habe. Her bert Bismarck habe die Frechheit gehabt, dem Prinzen von Wales (jetzigen König Eduard) zu sagen, daß ein Kaiser, der nicht diskutieren könne, eigentlich nicht regieren dürfe. Der Prinz habe gesagt, wenn er nicht Wert auf die guten Beziehungen zwischen England und Deutschland legte, hätte er ihn zur Tür hinaus geworfen. 26. Oktober 1889: Ueber die Politik äußert sich die Kaiserin Friedrich sehr vorsichtig, mißbilligt aber doch das gar zu viele Herumreisen des Kaisers und hält die Reise nach Athen (die, wie ich von Fürstin Beity hörte, den griechischen Hof ruiniert) für überflüssig. — Nach Tisch beklagt sich der Großherzog über Bismarck und sagte: „Der Kaiser hat den Fürsten bis hierher", dabei zog er die Linie nicht am Hals, wie es ge wöhnlich bei dieser Redensart geschieht, sondern an den Augen. 22. Januar 1894: Der Kaiser war heute bei Marschall und schimpfte über Herbert Bismarck. Trotzdem hat er gleichzeitig einen Adjutanten mit Wein nach Friedrichsruh geschickt und dem Fürsten seine Freude aussprechen lasten über seine Genesung. Bismarck hat in einem verbindlichen Schreiben geantwortet und gejagt, er werde nach dein Geburtstage nach Berlin kommen, um dem Kaiser persönlich zu danken. Darüber nun wieder große Aufregung. 14. September 1893: Das Militär-Kabinett mit Hahnke an der Spitze arbeitet nach wie vor am Sturze Caprivis und hat den Sturm nur vertagt. Sie wollen keinen General mehr als Kanzler, sondern wünschen nur einen ihnen pustenden Kriegsminister, mit dem sie ihre Sache allein ordnen können. 12. Dezember 1889: Der Kaiser machte Ausfälle auf den Magistrat und die Stadtverordneten von Berlin und sagte, man werde es in Berlin noch soweit bringen, daß die Sozialdemokraten die Mehrheit haben werden. Dann würden diese die Bürger plündern. Ihm sei dies gleichgültig, er werde Schießscharten in das Schloß machen lasten und zusehen, wie geplündert werde. Dann würden ihn die Bürger schon um Hilfe an flehen. Die Denkwürdigkeiten des Fürsten Hohen lohe, die jetzt in zwei starken Bänden vorliegen und zum Preise von 20 resp. 24 Mark käuf lich von jedermann erworben werden können, haben die gewaltige Sensation, die sie hervorgerufen, nicht sowohl der Enthüllung neuer Tatsachen als der rücksichtslosesten Mitteilungen der Worte und Taten hoher und höchsten Personen zu danken. Was diese unter dem Eindruck ganz bestimmter Vorgänge oder in augenblicklicher Aufwallung im ver trautesten Kreise gesprochen, das erscheint in den Memoiren plötzlich im Licht der weitesten Oeffentlichkeit. Jeden Privatmann würde es peinlich berühren, gelegentliche Bemerkungen, die aus der Stimmung des Augenblicks ge boren und für ihn im wesentlichen auch nur bestimmt waren, nach Jahren und Jahrzehnten plötzlich gedruckt der breiteu Oeffentlichkeit zu gänglich gemacht zu sehen. Auch Fürsten sind nur Menschen; aber da ihren Worten besondere Bedeutung beigelegt wird, so ist die Verbreitung nur unter der Anwendung ganz spezieller Rücksichtnahme gestattet. Fürst Hohenlohe hat diese Rücksicht nicht malten lasten, sondern unbekümmert um die Wichtig keit des Gehörten und um die Folgen der Veröffentlichung desselben, alles was er von Souveränen und höchsten Staatswürdenträgern zu hören bekam, in sein Tagebuch eingetragen, besten Publikation er am Ende seiner Tage seinem jüngsten Sohne, Prinzen Alexander, und dem Historiker, Professor Curtius, empfahl. Darin besteht der Vorzug des Memoirenwerkes, durch das es zu einem sensationellen Ereignis allerersten Ranges wurde, zugleich aber auch sein Nachteil. Was nicht für die Oeffentlich keit bestimmt ist, von dem soll man den Schleier nicht heben. Die Memoiren sind keine patriotische, wohl aber eine buchhänd lerische Tat und da sie nun einmal in der ganzen Welt gelesen und besprochen werden, so haben auch wir einige charakterische Proben aus ihnen unsern Lesern unterbreitet. Dabei bemerken wir, daß die „Kölnische Zeitung" be hauptet, daß der Gegensatz zwischen dem ersten Reichskanzler, Fürsten v. Bismarck, und dem dritten, dem Fürsten zu Hohenlohe, dem Ver fasser der Memoiren, größer gewesen ist, als man bisher angenommen hatte, und daß nicht nur Gegensatz, sondern bisweilen auch starke persönliche Gereiztheit an vielen Stellen der Memoiren hervortritt, sowohl dann, wenn Fürst Hohenlohe seine eigenen Ansichten aus drückt, als auch, wenn er Urteile des deut schen Kaisers ansichrt. Angesichts dieses Um standes ist es nicht wahrscheinlich, daß der dritte Band von Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen", der von den Ursachen der Verabschiedung des ersten Reichskanzlers handelt doch schon in nächster Zeil veröffentlicht wird. Graf Rantzau, der Schwiegersohn des Alt reichskanzlers, dem seit dem Tode des Fürsten Herbert das Verfügungsrecht zusteht, ist Zei tungsmeldungen zufolge entschloßen, alle Rück sichten fallen zu lasten und den dritten Band der „Gedanken und Erinnerungen" jetzt in den Druck zu geben. Die Presse des Aus landes beschäftigt sich natürlich mit den Ent hüllungen Hohenlohes. Die Pariser Blätter tun das in recht hämischer Weise, die kaum von der englischen Presse Überboten wird, in Oesterreich-Ungarn, sowie in Italien wird allgemein dle Bundestreue Kaiser Wilhelms anerkannt. Gespannt darf man sein, was die russischen Blätter sagen werden. Zur Lage in Rußland. Riga. Im Außenbezirke der Stadt wurden heute der Kassierer und ein Bureau angestellter von einer bewaffneten Bande überfallen. Beide wurden getötet, ebenso der Kutscher ihres Wagens. Den Räubern fielen von den 20 000 Rubeln, die der Kassierer mit sich führte, nur 2000 in die Hände. Es gelang ihnen, zu entkommen. Petersburg. Das Blatt „Rossija" sagt bei Besprechung der Beziehung der sozialen Schichten zur Regierung, daß diese ihr Verhalten unter dem Einflüsse keiner Partei in irgendeiner Seite ändern werde. Sie habe ihr Programm öffentlich bekannt gegeben und zähle nun bei seiner Durch führung auf die Unterstützung aller derjenigen, welche die Bedeutung der Handlungsweise der Regierung erfassen könnten. Sicherlich habe die Regierung das Ziel im Auge, sich der Mitwirkung der großen sozialen Schichten zu versichern, aber sie wolle sich nicht dem Einflüsse irgendeiner Partei unterwerfen. Es sei die Stärke jeder Regierung, sich nicht von der Gesellschaft zu trennen, und sie glaube, daß gewisse Gruppen eine falsche Politik verfolgten, wenn sie sich von ihr los sagten. Die Freunde der gesetzmäßigen Ordnung müßten erkennen, daß sie im Verein mit der Regierung eine unüberwindliche Macht bildeten, an der alle Angriffe der Revolutionäre scheitern müßten. Petersburg. Geueraladjutant Stöffel ist durch einen kaiserlichen Tagesbefehl vom 13. Oktober krankheitshalber verabschiedet worden. Petersburg. Im Kurort Piatikorsk in Kaukasien drangen gestern abend fünf be waffnete Männer in die Wohnung des Ver walters des Nobelschen Bureaus ein, sperrten die Dienerschaft ein, töteten den Verwalter durch Messerstiche und entflohen unter Mit nahme von 300 Rubel. Rundschau. * Das Strafverfahren gegen den Major Fischer vom Oberkommando der Schutztruppe, der unter dem Verdacht, strafbare Unregel mäßigkeiten begangen zu haben seit Juli d. I. in Untersuchungshaft saß, ist eingestellt worden. * Bei der Ballonwettfahrt des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, die am Sonntag von Tegel bei Berlin au- stattfand, stiegen 14 von 21 gemeldeten Ballons auf. Der Start vollzog sich ohne Zwischenfall. Es wehte ein frischer Westwind; die Windstärke betrug 50 Km. Die Ballons schlugen die Richtung auf Schlesien bezw. Rußland ein. Die Leitung bestimmte Dauermettfahrt. Dem Start wohnten Tausende von Zuschauern bei. * Jena, 14. Oktober. Unter sehr großem Andrang von Teilnehmern wurde im Beisein des Großherzogs von Sachsen, des Herzogs Albrecht von Würtemberg, des Erbprinzen von Meiningen die Einweihung des Grab denkmals in Vierzehnheiligen für die 1806 in der Schlacht von Jena Gefallenen feierlich vollzogen. Anwesend waren ferner zahlreiche militärische und zivile Abordnungen, Vertreter der Behörden und Nachkommen der damals Gefallenen. Den Feldgottes dienst hielt Kadettenhauspsarrer Hagemeyer, die Denkmals weihrede Ortspfarrer Starkloff. Generalfeld marschall Graf Häseler hielt als Vertreter des Kaisers eine Ansprache und gab dann Befehl zur Enthüllung des Denkmals, an dem er einen Eichenkranz des Kaisers niederlegte. * Aus dem Gemeinderat zu Apolda, der vor einigen Jahren noch stark unter sozial demokratischem Einfluß stand, ist jetzt der letzte Sozialdemokrat ausgeschieden. Reichs tags- und Landtagsabgeordneter August Bau- dert, der nach seiner Wahl zum Parteisekretär nach Weimar übergesiedelt ist, hat vom Ge meinderat zu Apolda, dem er seit nahezu 15 Jahren ununterbrochen angehörte, seine Ent lastung nachgesucht und auch erhalten. * München. Auf Einladung des Prinz- Regenten wird mit dem Kaiser auch die Kaiserin zum Besuche des Regenten und zur Teilnahme an den Festlichkeiten für das Deutsche Museum am 12. November nach München kommen. * Pari-, 15. Oktober. Bei dem gestrigen Rennen in Longchamps kam es zu Unruhen. Das Publikum, das glaubte, daß beim Start des Handicaps Unregelmäßigkeiten vorge kommen seien, erhob lärmenden Einspruch gegen die Verkünd igung des Ergebnisses