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Leipzig hier eine von etwa 60 Personen be suchte öffentliche Versammlung statt. In ihr sprach Herr Hiddeßer aus Bremen, Bezirksleiter des Maurerverbandes über die auf große Aus sperrungen gerichteten Pläne der Unternehmer verbände. Nach den Anführungen des Red ners sollen von den Unternehmerverbänden im Bauhandwerke etwa im Jahre 1908 große Aussperrungen der Arbeiter geplant sein. Im Jahre 1908 findet nämlich die Reichstags wahl statt und es laufen inzwischen verschie dene Verträge zwischen Arbeiter-Verbänden und Unternehmer-Verbänden ab. Die Aussperrungen sollen auf beide Umstände zugunsten der Unternehmer wirken. Pflicht der Arbeitnehmer ist es, dem entgegenzutreten. Diese Bestreb ungen erfordern Geld,nittel. Der deutsche Maurerverband verfügt jetzt über etwa 2^/z Millionen Mark zu diesem Zwecke. Diese Summe erscheint ungenügend. Im Falle einer großen Aussperrung oder eines größeren Streikes werden wöchentlich ungefähr 30 000 Mark zu Unterstützungen gebraucht. Deshalb ist die Stärkung der Ansammlungen ge boten. Redner stellte die Erhöhung der Bei träge oder die Abforderung einer Extra steuer in Aussicht. Bei den Verhandlungen mit den Unternehmern ist zu verlangen, daß die Löhne erhöht und die Arbeitszeit ver ringert wird. Bei den gegenwärtigen Ver hältnissen ist es dem Arbeiter nicht möglich, sich seiner Familie zu widmen und sich die berechtigtsten Genüsse zu gönnen. Schließlich wurde eine Resolution empfohlen, nach der der Zentralvorstand des Maurerverbandes ver anlaßt wird, mit allen Mitteln gegen die Pläne der Unternehmervecbände vorzugehen, auch wenn dabei die Beiträge zu erhöhen sind und eine Exlrasteuer zu fordern ist. In der Besprechung des Vortrages sprach außer dem Referenten nur Herr Lagerhalter Birkner, der die Anführungen des Vortragenden unterstützte und der seine Befriedigung darüber kund gab, daß es möglich war, die erste sozialdemokra tische Versammlung im geschlossenen Rauine in Naunhof abhallen zu können. Seine Gesinnungsgenoffen forderte er auf, den Wirt des Lokals durch künftigen Besuch zu ent schädigen. Die kurz nach 4 Uhr begonnene Versammlung war ^6 Uhr zu Ende. - Naunhof. Wetterbericht. Mittwoch, 17. Okt. Schwache südliche Winde, ziemlich trübe, geringe Niederschläge, etwas wärmer. -s Hochzeit am sächsischen Königshofe. Die Vermählung des Prinzen Johann Georg von Sachsen mit der Prinzessin Maria Im maculata von Bourbon, Tochter des Prinzen Alfons von Bourbon, Grafen von Caserta, wird am 30. d. M. in Cannes, in der Kirche Notre-Dame-du-Bon-Voyage stattfinden. Der Graf von Caserta ist bekanntlich als ältester Bruder des kinderlos verstorbenen letzten Königs Franz II. beider Sizilien der Erbe seiner Thronansprüche und er hat seinen Wohnsitz seit vielen Jahren an der französi schen Südküste aufgeschlagen. Seiner Ehe mit einer Kusine, der Prinzessin Antonie von Bourbon-Sizilien, sind elf Kinder entsprossen; die Prinzessin Maria Immaculata, die am 30. d. M. das zweiunddreißigste Lebensjahr vollendet, ist das dritte dieser Kinder. — Verwandschaftliche Verbindungen zwischen den Häusern Wettin und Bourbon sind verhält nismäßig häufig vorgekommen. Es mag nur daran erinnert sein, daß die Mutter des Königs Ludwig XVI. von Frankreich, die Gemahlin des Dauphins Louis, eine Prinzessin Maria Josepha von Sachsen, Tochter des Kurfürsten Friedrich August II. war, und daß das älteste lebende Mitglied der wettinischen Dynastie, die Prinzessin Clementine von Sachsen-Ko- burg-Gotha, Mutter des Fürsten von Bul garien, eine Tochter des Königs Ludwig Philipp der Franzosen ist. f Verhandlungen mit der Gräfin Mou- tignoso sollten, wie in den letzten Tagen ge rüchtweise verlautete, angebahnt worden sein, die angetan wären, eine neue Wendung in dieser Affäre herbeizuführen. Hierzu wird aus Dresden gemeldet, daß es sich keineswegs um eine Neuregelung der Frage handele. Der alte Vertrag gelte weiter und nur die Ueber- nahme der kleinen Anna Monika Pia seitens des Hofes unterliege zurzeit Auseinandersetz ungen. Eine gütliche Beendigung der Ver handlungen sei zu erwarten. f Der Segen der Sozialgesetzgebung. Von der Befugnis.des 8 18 des Invaliden - versicherungsgcsetzes, Einleitung eines Heil verfahrens Versicherten gegenüber, die erkrankt sind und deren Krankheit besorgen läßt, daß Erwerbsunfähigkeit eintritt, die den Anspruch auf Invalidenrente begründet, macht die Ver sicherungsanstalt für das Königreich Sachsen, wie das „CH. T." mitteilt, ausgiebigen Ge brauch. Nicht weniger denn 651 Personen befanden sich Anfang September d. I. auf Kosten der Vcrsichcrungsangstalt in Heilbe handlung in Anstalten Davon wurden 474, und zwar 141 Frauen und 333 Männer lungenkrank, 144 Personen wurden piegen Rheumatismus, Neurasthenie und wegen an derer Krankheiten behandelt. Noch nie sind die Heilverfahren in so großem Umfange durchgeführt worden, wie gegenwärtig, und doch müssen noch viele Anträge auf Gemüht rung von Heilverfahren abgelehnt werden, viele Kranke müssen auch längere Zeit warten, ehe Plätze frei werden, die sie dann besetzen. Mit dem Heilverfahren in geschloffenen An stalten sind die besten Erfolge erzielt mor den. Ein großer Prozentsatz der untergebracht gewesenen Personen gesundete vollständig wieder von Krankheiten, die voraussichtlich zu vorzeitiger Invalidität geführt hätten. ch Vom November ab soll versuchsweise an den Sonn- und Feiertagen eine Bestellung von Geldbriefen und Postanweisungen — abgesehen von den durch Eilboten abzutragen den Sendungen — nicht mehr stattfinden. Den Geldempfängern, die regelmäßig ihre Sendungen abholen, ist die Abholung an den Sonntagen usw. während der Schalterdienst stunden auch fernerhin gestattet. Auch können solche Personen, die an Werktagen Geldbriefe und Postanweisungen im Wege der Bestellung erhalten, diese Sendungen an Sonntagen usw. am Postschalter abholen, vorbehältlich des Widerrufs für den Fall, daß aus zu umfang reicher Abholung wesentliche Unzuträg'lichkeiten entstehen sollten. Fällt ein Feiertag auf einen Sonnabend oder einen Montag, so ruht die Geldbestellung nur an einein Tage. Die Oberpostdirektionen haben je nach der Be deutung des Feiertags für den betreffenden Ort zu bestimmen, ob die Geldbestellung an dem Feiertag oder an dem nachfolgenden oder voraufgehcnden Sonntage zu ruhen hat. — Im 71. Lebensjahr verstarb am Sonn abend früh der Direktor des Leipziger Krystall- palastss, Herr Eduard Franke. Der Ver ewigte hat das genannte Welt-Etablissement hoher wirtschaftlicher Blüte entgegengeführt, nachdem mehrere andere Leiter an dieser Auf gabe gescheitert waren. In der internationalen Artistenwelt war der Verstorbene allgemein bekannt und geschätzt. — In Kamenz scheute das Pferd des Obsthändlers Schöne, wobei der Wagen um geworfen wurde und Schöne derart aus einen Barri^renstein aufschlug, daß der Tod sofort eintrat. Ein weiterer Insasse des Wagens kam mit einer Gehirnerschütterung davon, während ein Kind durch Ueberfahren schwer verletzt wurde. — Limbach. Der Bürgermeister von Limbach, Or. Goldenberg, dessen Familie jüngst aus Anlaß der Angelegenheit der „ano nymen Briefe von Limbach" viel genannt wurde — eine Tochter des Bürgermeisters hatte sich wegen dieser Sache vor der Chemnitzer Strafkammer zu verantworten, war aber freigesprochen worden — tritt am 1. Januar 1907 mit voller Pension in den Ruhestand. Bürgermeister Goldenberg, der früher Bürgermeister von Mittweida war, ist seit 1892 Bürgermeister von Limbach. Der Posten eines Limbacher Bürgermeisters soll jetzt mit einem Gehalt von 7000 Mark aus geschrieben werden. — Ablaß. Die 12jährige Tochter des Wirtschaftsbesitzers Wittig hier benutzte zum Feueranmachen Petroleum. Die Flamme schlug in die Petroleumkannc und explodierte. Da durch hat das Kind so schwere Brandwunden erhalten, daß es nach drei Tagen von seinen qualvollen Leiden durch den Tod erlöst wor den ist. — Bei einem Dauerfahren über eine Stunde kam am Sonntag auf der Dresdner Radrennbahn der große Preis der Stadt Dresden zum Austrag. Die Preise betrugen 1500, 1200, 1000' und 300 Mark. Es starteten Darragon-Paris, Günther-Köln, Robl- München und Rosenlöcher-Dresden. Dem sportlichen Schauspiel wohnten etwa 10 000 Menschen bei. Das Nennen gewann über legen Thaddäus Robl, der in einer Stunde 79 Kilometer 600 Meter zurücklegte. Ihm folgte Günther mit 74 Kilometer 610 Meter, Darragon mit 68 Kilometer 300 Meter und Rosenlöcher mit 66 Kilometer 830 Meter. — Halsbrücke. Im Gasthause „Zur Erzschmelze" halten gestern vier Handelsleute, zwei Männer und zwei Frauen, mit Plan wagen und Pferd Quartier genommen. Nachts er hob sich in dem Zimmer der beiden Frauen ein riesiger Tumult, der in eine wüste Prügelei ausartete und wobei alles kurz und klein ge schlagen wurde. Der Wirt wußte sich schließ lich dem Radau genüber nicht mehr zu helfen und alarmierte die Feuerwehr, die dann die unliebsamen Gäste in der Richtung nach Rothenfurlh abschob. — Plauen. In Liebengrün sind 21 Wohnhäuser und 32 Scheunen niedergebrannt. Der Schaden beläuft sich auf etwa 400000 Mark. * Halle a. d. S. Wegen Ablehnung der Erhöhung der KonsulationS-Gebühren von 50 auf 75 Pfg. kündigten sämtliche Kaffen ärzte zum 31. März. Der Krankenkassen- verbaud droht mit der Anstellung festbesoldeter Aerzte. Atts allcr Wett. ** Die entlaufenen Millionärskinder. Aus Neuyork wird berichtet. - „Es waren zwei Millionärskinder" — so könnte ein Lied an heben, in dem die neueste Sensationsgeschichte aus den amerikanischen Millionärskreisen be weglich zu erzählen wäre. Diese beiden Millionärskinder liebten sich nicht, sondern sie langweilten sich nur so schrecklich, und auch kein tiefes Wasser schied sie von einander, son dern sie fuhren in einem Luxusdampfer an den malerischen Ufern des Hudson entlang und ließen sich in einem auf Deck errichteten künstlerischen Palmenhain trauen. Der Held unserer Ballade ist der Sohn eines reichen Bankiers, R. F. Hopkins; die Heldin ist die einzige Enkelin und Erbin des Multimillionärs Lawrence, Vera L. Siegrist, die in dem wunderbaren Marmorpalast ihres Großvaters in der fünften Avenue wohnt. Sie ist noch nicht siebzehn Jahre, geht eigentlich noch zur Schule und trägt erst seit ganz kurzer Zeit lange Röcke. Nichtsdestoweniger sind ihr die Freuden dieser Welt, soweit man sie für klingende Münze einkaufen kann, schon längst stumpf und schal geworden, und nichts von all der übrigen Pracht, mit der sie um geben war konnte ihr mehr imponieren. Nur eins interessierte sie noch: Der junge, eben falls erst siebzehnjährige Hopkins, der mit seinem Vater eine fürstliche Wohnung im St. Regis Hotel bezogen hatte. Auch der junge Mann halte alle käuflichen Freuden des Daseins bis auf die Neige ausgeschöpft; keines der luxuriösen Feste der Gesellschaft konnte ihm imponieren, und müde blickte er auf seine Rennpferde, seine Autos und seine Jacht. Da sich nun die beiden Millionärskinder so schreck lich langweilten, so beschlossen sie, miteinander durchzubrennen und sich zu heiraten. Das mußte eine ganz neue und eigenartige Sen sation werden. Der Knabe Hopkins charterte einen prächtigen Luxusdampfer, den er in der kostbarsten Weise ausstatten ließ, mit einem Palmenhain als Garten und einem Bourdoir ganz in blaßrosa Seide. Als alles bereit war, schritt Miß Vera ruhig die Marmor stufen des großväterlichen Palastes herab und begab sich an Bord der Jacht, nur begleitet von einer französischen Kammerjungfer, ihrem Schoßhündchen und einer Schulfreundin, die die Rolle der Anstandsdame spielen sollte. Ihre kostbaren Juwelen trug sie in einem kleinen Kästchen bei sich. Die Jacht mit den entlaufenen Millionärskindern fuhr nun den Hudson entlang und landete an einem idyllisch gelegenen Dorf, dessen Pastor sich alsbald an Bord begab und in dem Palmengartcn der Jacht Mister Hopkins und Mis Vera zu sammengab. Der Kapitän war Brautführer und die Schulfreundin Brautjungfer. Die Schiffskanone feuerte Salut und alles war eitel Lust und Freude. Der Multimillionär und Großvater aber, Dr. Lawrence, war über die romantische Tat seiner Enkelin höchst auf gebracht, da er noch viel reicher ist als der Bankier Hopkins und die Heirat nicht nur als eine Jugendtorheit, sondern auch als eine Mesalliance ansah. Telephonisch be nachrichtigt, jagte er mit seinem Auto nach nach dem Ort, aber er fand die Jacht leer; das Pärchen hatte in einem mindestens ebenso schnellen Auto die Hochzeitsreise angetreten. ** Küsse als Preise. Eine findige ame rikanische Lehrerin namens Millie Danils ist AeryS«g«isvo1le HrVfchaft. Roman von Ewald August König. L9 Die beiden Brüder sahen ihm nach, wie er mit raschen Schrit ten, hie und da einen Gast grüßend, das Schankzimmer verließ. Dann griffen sie, wie auf Verabredung, nach ihren Krügen, die sie auf einen Zug leerten und dem vorbeischreitende,» Kellner überreichten. „Jetzt weiß ich schon manche»!" sagte Max, tief aufatmend und den Bierschaum aus dem Schnurrbart streichend. „Erstens macht dieser verabschiedete Leutnant sich Hoffnung ans die Hand seiner Cousine und zweitens sitzt er bei Palke in der Kreide." „Beides glaube ich auch!" nickte sein Bruder. „Und daS zweite können wir als Waffe gegen ihn benutzen." „Wieso?? „Darüber muß ich noch Nachdenken," fuhr Max fort, „eS ist nun meine feste Absicht, diesen Jeremias Palke zu besuche«." „Eiue sehr traurige Geschichte, meine Herren," schnitt der Kellner, der mit den vollen Krügen herantrat, ihm das Wort ab, „hier an demselben Tisch habe»« die beiden gesessen, und als sie fort waren, sagte mein Bruder gleich, es werde ein Unglück geben." „Wovon reden Sie?" fragte Moritz unwirsch „Bon der Mvrdgeschichte, in die Ihr Onkel verwickelt ist. Ferdinand Blunt war ja hier in unserem Hotel abgestiegeu." „Und wer ist Ihr Bruder?" „Der Friseur da drüben, kennen Sie ihn nicht?" „Der Herr Friseur soll sich um seine eigenen Angelegenheiten bekümmern," spottete Max, „lassen Sie uns mit Ihrer Mord geschichte gütigst in Ruhe, wir tragen kein Verlangen nach Neuig keiten und Stadtklatsch." „Na, ich dachte, eS würde Sie interessieren," entschuldigte der Kellner sich. „Sie waren vor einiger Zeit täglich hier . .." „Narren denken," unterbrach Moritz ihn barsch, „verschonen Sie uns mit Ihren albernen Gedanken!" Der Kellner warf ihm einen zornglühenden Blick zu, nahm da- Geld, daS Max hingelegt hatte, in Empfang und entfernte sich „Ueberall dasselbe Lied!" brummt« Moritz. „WaS haben wir denn mit der Geschichte zu tun? Fängt mir noch einmal einer davon an, so werfe ich ihm einen dummen Jungen ins Gesicht! Ich hab' das Fragen und Bedanern schon auf der Universität satt bekomme»; sonst liest dort niemand die Zeitung, diesmal mußte jeder die Nase hineinstecken, um diese- dunkle Blatt in unserer Familiengeschichte zu studieren." „Deshalb sind wir ja hauptsächlich abgereist, um dem Ge schwätz eine Zeitlang aus dem Wege zu gehen," erwiderte Max „Wir hätten uns übrigens sagen können, daß wir aus dem Re gen in die Traufe kommen würden." „Wie die Bande uns anglotzt!" fuhr Moritz mit wachsen dem Aerger fort. „Der Kellner scheint den Philistern gesagt zu haben, daß wir mit dem Mörder verwandt sind. Wir wollen ge hen, Max, wir sitzen ja hier förmlich am Pranger." In der Tat waren die Blicke aller Gäste auf sie gerichtet, als sie hinauSgingeu; einige von ihnen grüßten, die beiden ach teten nicht darauf, sie schlugen draußen den kürzesten Weg zum elterlichen Hause ein. Dort war die Luft uur noch schwüler geworden; der Vater sprach während des Mittagessens kein Wort, die Mutter fragte nach diesem und jenem, berührte aber den Hauptpunkt, die Geld frage, gar nicht. Das sehr einfache Mittagbrot war bald verzehrt, Heinrich Blunt nahm einen Apfel aus der Obstschale und schälte ihn. ! „Ich will mit Silberstein Rücksprache nehmen," brach er jetzt sein Schweigen, „er kann mir auf Grund meiner Erbschafts rechte ein Darlehn geben, er hat die Sicherheit dafür ja in Hän den. Ob er eS tun wird, daS ist freilich eine andere Frage." Der Kommerzienrat Hardeleben könnte es ebenfalls tun," warf seine Frau ein. „Halt!" rief Max, ehe sein Vater eine Antwort geben konnte. „Gegen diesen Vorschlag protestiere ich! Es wäre meinem Bru der und mir höchst unangenehm, wenn im Hause des Kommer zienrat» unsere Verlegenheit bekannt würde, diesen Verwand ten gegenüber dürfen wir uns keine Blöße geben!" „Das sage ich auch," nickte sein Vater, „der Kommerzien rat würde mir wahrscheinlich einen Korb geben, dann hätte ich zum Aerger auch noch den Spott. Gerade ihm gegenüber habe ich den Kopf immer hoch getragen, eS wäre mir furchtbar, müßte ich nnn vor ihm mich demütigen." „UeberdieS kann man nicht wissen, ob nicht einer von un» beiden sich in Konstanze Hardeleben verlieben wird!" sagte Mo ritz. „DaS wollen wir dahingestellt sein lassen," erwiderte Max, ihm einen warueiiden Blick zuwerfend. „Nur dort keine Bitte um Geld, ich bitte dringend darnm!" „Konstanze Hardeleben märe eine glänzende Partie!" sagte die Mutter, bereu Blick neugierig forschend auf den Söhnen ruhte. „Sie ist das einzige Kind, folglich erbt sie auch einst die Millionen ihres Vaters." „Wir brauchen darauf uicht zu sehen, wenn wir selbst da» Erbe haben," seufzte der Schneider, „es finden sich dann noch bessere Partien; Konnexionen wiegen oft schwerer als Geld. Wann wollt Ihr zurückreisen?" „Sobald wir Misere Manichäer befriedigen können!" ant wortete Max. „Und wieviel habt Ihr dazu nötig?" „Mindestens tausend Taler." Wieder entrang sich ein schwerer Seufzer den Lippen de» Schneiders, er sah feilte Frau fragend an, sie zuckte gleichgül tig mit den Achseln. „Was sind tausend Taler im Hinblick auf die Milliouenerb- schaft?" sagte sie geringschätzeud. „Nichts," erividerte er, mit den Händel» durch seine Haare fahrend, „aber augenblicklich sind sie für mich ein großes Kapi tal. Ich begreife nicht, wo all das Geld geblieben ist! Ich habe so viel geschickt, daß ich wohl glauben dnrfte, eS werde ausrei- chen." „Es hat aber nicht gereicht!" unterbrach Moritz ihn gelassen. „Wir dürfen uns nicht von allem zurückziehen, wenn unsere Kommilitoneu Feste feiern; ein armer Stndeut, der sich in seine Bude verkriecht, ist nicht geachtet, er wird auch später eiu trocke- uer Philister, dem daS Blut träge durch die Adern rinnt, und der kein höhere» Streben kennt, als nur für sein Brot zu ar beiten." „Das wirst Du Deinen Söhnen doch nicht wünschen ?" wandte die Mntter sich zu ihrem Manne. „Wer unter den Wölfen ist, muß mit ihnen henlen. Studenten müssen flotte Burschen sein, sonst wird nichts ans ihnen!" „Na ja," erwiderte er, „was gemacht werden kann, wird gemacht; aber anch das flotte Leben muß Maß und Ziel ha ben." 129.20