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auschauungen sind Etappen der menschlichen Ent wicklung nach ausmäus In allen Parteien steckt auch davon noch ein Stuck. Alle Kräfte unsrer Welt spielen auf Druck und Gegendruck, Angriff und Verteidigung, wir erwecken den elektrischen Strom durch Teilung seiner Kraft in positive und negative Stromart, wir spannen ins ruhende ckhrwerl die vorwärts treibende Feder, ins Ma schinenwort den Riesen Dampf, alles um die Ruhe zu lösen und Erfolg aus der Bewegung hcrauszuschlagcn. Bewegung mutz sein, also muh die Beunruhigung sein, und folglich müssen auch Parteien sein damit wir nicht versumpfen und die Dinge, die unsern Entschlüssen vorge- lcgt sind, allseitig und nicht einseitig bedenken. In diesem Gedanken können wir uns, wenn wir nicht kurzsichtig verrannt und borniert sind, ganz wohl auch mit Parteigegnern vertragen oder wenigstens vereint mit ihnen einen Aus gleich unsrer Unterschiedlichkeit suchen. Das ist, nach den bis setzt vorliegenden Veröffentlichun gen, der Gedanke, mit dem angesehene Männer aus sehr ungleichen Parteien und Lebensschichlen sich zusammengetan haben, um einen Vorstoß ins Land der vaterländischen Geradheit, des Willens zur inneren Volksgemeinsamkeit zu versuchen. Dr. Hans Luther, Reichskanzler a. D., der den „Bund für die vaterländische Erneuerung" ins Leben gerufen hat. Sie haben unternommen, wonach die guten Ele mente in allen Teilen des Volkes und innerhalb aller Parteien sich seit langem sehnen. Selbst verständlich werden sie unter den Parteien miß trauische Kritiker, in der begehrenden Wirtschaft ungläubige Verneiner finden, und selbstoerständ- lich ist jetzt schon die Frage erwacht, wie denn die Leute das anfangen wollten. Daß die Männer vom Bunde für die vater ländische Erneuerung niemanden das Wässerlein trüben wollen, wollen wir, zur gesunden Men schenvernunft hoffend, nicht annehmen. Sie wollen ja der bisherigen Unvernunft und Zer rissenheit das Master abgraben. Also werden auch wohl ein paar Schollen hineinplumpsen und für Trübung sorgen. Das ist nicht schlimm. Wir haben reichlich Unkraut, das kompostiert gehö?t°^ und besseren Kulturen Platz machen kann. Ob dieses Unkraut beim Ausreißen knackt oder kracht oder rauscht, stört den Gärtner nicht. Er will Gedeihen des Guten, und so wünschen wir dem neuen Streben zur Volksversöhnung Glück auf den Weg. gesunde Allseitigkeit im Bedenken der Volksinteresten, Reinheit und unantastbare Lauterkeil in Mitteln, Wegen und Waffen, Klar heit und Ehrlichkeit im Ruse und ein mächtiges Echo aus der tiefsten Tiefe der Seele unsres Vol kes. Dann können wir wieder in Wahrheit ein Volk werden, das seine Kräfte zusammenfaßt, statt sie, wie es so lange leider war und heute noch ist, in vergifteten Kampfiuteresten zu zer stören. P.Z. Landflucht. Die Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte und insbesondere in die Großstädte ist eine sehr üble Folge der industriellen Hebung andererseits aber zugleich der Notlage der Land wirtschaft hinsichtlich der Arbeitslage. Pflan- zcrarbeit ist ein schweres und gegenüber anderen ein nur langfristiges Geschäft mit viel Unbe quemlichkeiten. Das hält viele Arbeitskräfte ihr fern. Dazu kommen Unvernunft und Mangel an wirtschaftlichem Empfinden, Neigung zur Be quemlichkeit und für Beanlagte die größere Aus sicht, sich emporzubringen. Der Industriearbei ter ist enger an den Barumsatz angeschlosscn. Das lockt selbstverständlich Viele »ur Stadt. Nicht geringe Schuld an dem durch die Landflucht ent stehenden Mißverhältnisse in der Bevölkerungs verteilung trägt aber auch die Zoll- und Steuer politik, die die Landwirtschaft bedrohlich be lastet und ihr unmöglich macht, hinreichende Arbeitskräfte festzuhalten und auskömmlich zu entlohnen Sie sollte in der Lage sein, ange sichts der Schwere der Arbeit und der Unmög lichkeit, sich in der Arbeitszeit mit der täglichen Stundenzahl der Industrie und des Handelsge- Werkes zu begnügen, mit verstärkten Löhnen und erhöhter Drangabe von Naturalien aufwarten zu können. Das ist ihr abgeschnitten durch eine Besteucl :g, die ruhenden, d. h. nur in langen Fristen arbeitenden Besitz nicht hinreichend unter scheidet vom kurzfristig umgetriebenen. Der Gärtner teilt vielfach diese Schmerzen der Land wirtschaft. Da er aber in der Lage ist, seine Betriebsgestaltung mehr als der Landwirt den bewegteren und stetigeren Arbeitsformen anzu- schließen, also in merklichem Grade eine Mittel stellung zwischen Landwirtschaft und Industrie einzunehmen, so hat er vor allem wenig und vielerorts überhaupt nicht unter Mangel an ge lernten Hilsskrästen zu leiden. Während ar er die Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte hauptsächlich im besten Schaffensalter erfolgt, so daß dem Lande die Erziehungs- und Aus- hildungskosten und der Stadt der Arbeitsnutzen zufallen, kommen für die Zugangsbewegung in unseren Kreisen saft nur Jugendliche in Betracht, M'AnMigÄiLchWAM devStsidt vLrbibtet fitb vielfach infolge der Höhe der städtischen Grund stückpreise, und im ganzen genommen drängt die erwerbsmäßige Gartenbewirtschaftung eher von der Stadl hinweg als zur Stadt hin. Das wirkt bestimmend aus den Gang der gärtnerischen Niederlassungsbewegung und hebt uns ein gutes Stück fort von dem Unsegen der Landflucht. Den Aerzten sollte bester, als es bis jetzt geschehen ist, klar gemacht werden, daß der Gürlnerberuf zwar zweifellos gesund ist für Gesunde, keineswegs aber für Kranke. Er bringt Strapazen und plötzliche Wechsel, die nicht zu vermeiden sind, und gibt lange nicht immer die Möglichkeit, aus Schädigungen, wie Naßwerden, kalte Füße usw. alsbald Gegenmaßregeln zu ergreifen. Vollends schlimm ist es, wenn der Gesundheitsmangel nach oer geistigen Seite liegt. Unsre Prüfungs- und sonstige Lehrlingsordnung verbietet mit Recht die Äufnahme geistig geschädigter oder auch nur mangelhaft Veranlagter und verlangt als Min destmaß das erfolgreiche Bestehen der Volks schulzeit, darauf sollte gewissenhaft geachtet wer den. Vor allem pflegt dem an seine Schwach heiten gewöhnten jungen Schwächling der Selbst schutz zu fehlen. Weder gegen übermütige Kame raden noch gegen Schädigungen im Berufe kann er sich zur Wehr fetzen und ist jeder Unbill von Wetter-, Arbeits- und Menschenseite hilflos preis gegeben. Daß daraus kein Gärtner wird, ist selbstverständlich. Die Berufsberatungen pflegen uns vor diesen armen Schelmen zu bewahren. Aber unter den Aerzten verfällt die Suche nach einer Kurgelegenheit, die nichts kostet, noch gar oft aus die Gärtnerei. Das sollte im allersei tigen Interesse unterbleiben. Die Qualität wird siegen. Wir gaben in der ersten Nummer der „Sonn tagsstunde" ein Beispiel dafür, daß die wahre Rente unsrer Arbeit nur bei sorgfältigster Best- zücht herausspringt. Dort war es die Gestaltung der Hopfenpreise. Heute sei ein Beispiel vom Kolonialwaren-Großmarkte gegeben, das in mehr facher Hinsicht lehrreich und besonders dadurch erfreulich ist. daß es ein Aufwärtsrückcn unsres Wirtschaftsganzen andeutet. Der Bericht sagt: Während sonst nach dem Weihnachtsfeste das Geschäft an den Kolonialmärkten nach- zulastcn pflegt, hält diesmal die lebhafte Nachfrage an. Beachtenswert ist vor allem, daß der Handel die besseren Quali täten bevorzugt, während die billigeren wenig Berücksichtigung finden." Gerade dieser Zug der Rückkehr zur Bevor zugung der besseren Erzeugnisse, die bekanntlich trotz höherer Preiszahlen doch die billigeren sind, spricht für wachsende Bewegungsfreiheit und für Besserung des wirtschaftlichen Sinnes im gesamten Verbrauchßrkreise. Aus dieser Tat sache wird auch der Gartenbau in wachsender Weise die Konsequenz ziehen und den Quali tätsbau dauernd mehr betonen müssen. Deutschlands Auslandsschulden, die Dawesschulden nicht mitgezählt, betragen mit Ende 1927 rund 6 Milliarden. Von den Lülrd 4- MkllEMn "n?elsk" lanMstiger Anleihe schulden entfallen auf die Privatwirtschaft 55, auf öffentliche Unternehmungen 45 Prozent. Die Schulden, die im Zusammenhang mit Warenkrediten bestehen, betragen rund 5 Milli arden, denen rund 3 Milliarden Schulden des Auslandes an uns gegenüberstehen. Unsere kurzfristige Verschuldung dürste mit etwa 2 Milliarden annähernd richtig geschätzt sein. Msemachers Gärluerdriefe. Klönebach, den 30. Januar 1927. Lieber Kollege! Du bleibst doch halt immer der alte, ewig unruhige Kops, und wenn ich nicht wüßte, daß dieser unruhige Kopf auch ein klarer Kopf ist, so hätte ich ernstlich Sorgen um Dich. Die fallen bei Dir weg, denn durch Fleiß und Umsicht bist Du einer von den wenigen, bei denen nicht nur gerade noch „der Schornstein geraucht" hat, sondern bei dem auch noch allerhand an Fort schritt möglich war, den sich nicht jeder leisten kann, und ich freue mich jetzt schon auf Deine Fortsetzung des Unterglasstellens, in der ich Dir noch vor März allerhand abgucken will. Nun bewegt Dich zum Jahresschlüsse wieder einmal die Jugendfrage. Dem eigener Junge, der zu Ostern ausgelernt hat, die beiden jungen Gehilfen, die nun schon zwei oder drei Jahre bei Dir sind, vom Nachwuchse nicht zu reden — ja Mensch, wenn jeder sich darüber so viele Gedanken machen wollte, wie Du es anscheinend jahrein, jahraus tust, wo sollten wir denn hin kommen? Wir haben nicht nur einen Beruf auszuüben, sondern ein Geschäft zu verwalten, und Geschäft ist Geschäft! Mir müssen die Jun gen, mit denen ich mich so lange als Lehrmeister herumgeschlngen habe, auch wieder etwas hercin- bringen helfen. Ich finde das ganz in der Ordnung. Ueber mehr nachzudenken habe ich wenig Ursache, einen eigenen Sohn habe ich nicht, meine Tochter will keinen Gärtner, meine Gehilfen sind bis jetzt alle ihren eigenen Weg gegangen, sind ein halbes oder ein ganzes Jahr dageblieben — es ist unruhiges Volk und ver seucht von den neuen Ideen, und das macht mein alter Kopf nicht mehr mit. Ich meine also, daß ich Dir in diesen Din- gen nicht raten kann, weil ich ihnen eigentlich sernstehe, vielleicht zu fern, um es ehrlich zu fagcn In jüngeren Jahren habe ich mich wohl auch für allerhand sogenannte Fachfragen interessiert, ab und zu wenigstens, besonders als die Reblaus Mode wurde, die den Wein verteuert und von der wir das schöne Lied gesungen und mit Wein begossen haben Aber statt Wein pflanze ich heute Johannisbeeren und falle höch stens als alter Esel hie und da auf so etwas wie die weltbewegenden Michaelisbeeren von vor zwei Jahren herein Laß also gut sein, lieber Kollege, bleib mein Freund wie bisher, aber in die Fortbildungs schule gehe ich nicht mehr mit. Ich muß graben und kratzen, wahrscheinlich bis an mein Lebens- ende. Das reicht für unsereincn. Wer Hoß Du Erfolg hast, freut mich doch, und ich wünsche Dir von Herzen, daß er Dir auch im neuen Jahre beschicken sei. Dein Peter Miesemacher, Gartenbaubetrieb. I,. 8. Biedenkopf, 3. Januar. Lauter denn jemals wurde diesmal in einem Kreisorte das Silvesterschießen geübt. Und das kam so: der Laudrat hatte eine Verfügung erlassen, wonach in den Dörfern das Neujahrsschicßen strengstens durch die Ortsbehörden zu verbieten sei. Unterzeichnet war der Ukas Q. 8. Dann kam der Name des zuständigen Landrates. Wie nun jeder Eingeweihte weiß, bedeuten Q.8. „loco sigilli", d. h. in Ermangelung eines Siegels. Der Gemeinderat, voran der würdige Vorsteher, zerbrachen sich die Köpse, was das merkwürdige O. 8. bedeuten solle. Da blitzt plötzlich dem Bürgermeister die Erleuchtung auf: „Ich weiß, was das heißt. Der gute Landrat muß das Schießen wohl amtlich ver bieten, aber nebenbei erlaubt er den uralten und geheiligten Brauch, doch. Q.8 heißt: Laßt schießen!" Der Gemeinderat brach in spontane Huldigungen und Frcudenrufe aus. Im Nu wurde es in dem Dorfe bekannt, der gute Landrat habe das Schießen durch eine Geheimschrift erlaubt. Und darum knallten die Frösche, die Büchsen, die Kanonenschläge diesmal in der Neujahrsnacht in dem Dorfe jo urgewaltig und mächtig wie noch niemals. Kaczmarek zwo. Von Peter Purzelbaum. Wir bringen nachstehend einig« Auszüge aus dem im Brunnen- Verlag, Karl Winckler, Berlin, erschienenen Buche, das den Untertitel hat: „Vom Kommiß, Kaczmarek und den Mailäsern". Burschengcheimnisse. Der Bursche rumorte auf seiner Stube herum, schleppt« „Kriegskoffer" und Mantelsack aus der Leutnantsstube herbei und fing an, zum Manöver einzupacken. Interessiert sahen die Kompagniehandwerker, mit denen er zusammenhauste, zu. Der Bursche brachte ein« Zigarrenkiste, bot sie erst mal im Kreise herum, steckte sich elbst eine „ins Gesichte" und stopfte dann die Zigarren, Stück für Stück, sorgfältig, n die kurzen Stiesel seines Leutnants, woraus diese dann im Mantelsack ver- ch wanden. Ueber dieses Verfahren wunderten sich selbst die Handwerker und fragten. Der Bursche zog die Augenbrauen hoch, spitzte den Mund und legte den ewig schmuddelt- ligen Zeigefinger an die Lippen: „PM!" „Stell dir man nicht an, Karl. Wir verraten nischt weiter!" .gestimmt nich?" „Na klaar!" „Also det is so: Wenn wir nu morgen im Quartier ankommen und mein Leutnant auspackt, dann findet er seine Ziehjarren und dann brüllt er mir an: „Du Kamel, jetzt kannst du sie selber rauchen." So eine Gemeinheit! »Herr Veterinär! Herr Veterinär!" Vom rechten Flügel der Pferdefront erschallt ein Jndianergeheul. Der Dragoner Krebsbach ist's, grad der, dem beim Pserdeappell der Veterinär vorhin ein Rotzpulver gegeben, er — der Krebsbach — solle das Pulver seiner drüsigen Stute in die Nüstern» blasen. Krebsbach brüllt und wischt sich die tränenden Augen. „Was ist denn bloß los?" „Die verfluchte Kret hat zuerscht geblas'n!" Aushebung. Der Stabsarzt klopft und horcht einen schmalen Brustkasten ab. „Kehrt!" Ein Blick genügt. > , , „Train!" Der angehende Vaterlandsverteibiger ist arg beleidigt. „DaS hätten Sie mir »och ins Jesichte sagen können, Herr Doktor." * Lhaim Crojanker aus Neuto-mischel erscheint auf der Bildfläche. Stumm winkt der Stabsarzt und ein Unteroffizier verschwindet mit Crojanker in die — sür derlei Fälle vorsorglich bercitgel-altene — Badestube des Hotels. „Runter mit der Kluft und rin ins Wasser!" Crojanker wimmert zum Erbarmen. „Goldigstes Herr Unterofsizterleben, was soll ich bloß bei die Marine?" ^63IN8ON8 ^t26N.