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Tie Wetterkataslrophsu der vor.gen 'Woche sind weil schwerer, als nach den ersten Nachrichten zu erkennen war. In fast allen deirvffenen Gebieten Hal der Orkan, der mit über 40 Meter Geschwindigkeit in der Se kunde dahiuraste, Menschenleben gefor dert, die von niederstürzenden Mauern, Dächern oder entwurzelten Bäumen er schlagen wurden. Dementsprechend ist auch der Sachschaden noch erheblich größer, als die Be richte der ersten Tage vermuten ließen. Börse, Kurse und Wirtschaft. Die letzte Woche hat wieder einmal klar gezeigt, auf wie grundverschiedenem Boden Börse und Wirtschaft stehen. Es gibt natürlich Winschaftsbeschwichtigungsgeräte, interessierte Geschäftsleute genug, die es nicht Wort haben wollen, daß dieser Unterschied bestelle, denn sobald zugegeben werden muß, daß oie Börse andere Wege geht als die werktätige Wirtschaft, so ist damit eingestanden, daß die Börse auf unge sunder Grundlage aufgebaut ist. Und das sagen natürlich diejenigen nicht gerne, die von ihren Geschäften an der Börse leben. Es seien aber hier zwei Beispiele angeführt, die ein grelles Schlaglicht auf das werfen, was dieBörseLebennennt. Das eine stammt aus der Kriegszcit, das andere ist ganz frisch backen. In London besteht ein politisches Amt, das Intelligence Service, also Nachrichtendienst heißt. Ein wenig aufrichtiger benannt, müßte das Amt Spionage für Politik und Wirtschaft heißen. In diesem Spionagedienst, der verzweig ter und ausgebreileler ist, als (Olt pro Mille ahnen, besteht eine Abteilung für falsche Nach richten, die uns im Kriege mehr als einmal hin- und hergchctzt Hal, um uns zu schwächen. Diese Abteilung hat aber auch Sinn für eigenes Ge schäft. Ihr stand der bekannte Geschäftsmann Sir Cassel sehr nahe. Als die Schlacht am Skagerrak vorüber war, deren wahres Ergebnis zunächst für England verheimlicht bleiben sollte, und angesichts deren das Nnchrichtenamt in Verlegenheit war, da schlug Cassel vor und setzte durch, daß nach Ame rika depeschiert wurde, England habe eine schwere Niederlage erlitten. Dieses Telegramm bewirkte einen unerhörten Sturz der englischen Werte an den amerikanischen Börsenplätzen. Das wollte Cassel. Er hatte seine Agenten drüben bereits verständigt, und sie kauften die von Amerika um jeden Preis abgcstoßenen englischen Papiere um ein Spottgeld. Als sie alles Erreichbare einge- hamstert hatten, ließ Cassel den Intelligence Ser vice depeschieren, die Nachricht von der Nieder lage sei ein Irrtum gewesen, vielmehr habe England einen großen Sieg über Deutschland errungen. Alsbald stiegen die englischen Papiere enorm, und Cassel lteßverkaufenumhohenPreis, waS er gestern infolge der erlogenen Nachricht um Spottgelder gekauft hatte. Sem Gewinn ging in die Millionen. Der Intelligence Service erhielt 10».'a der Beute. Keine Spur von Wirtschaft steckte hinter diesen Börsengeschäften. Der neue Fall ist der Löwensteinsturz. Löwen stein wollte für seine Kunstseidegeschäfte eine schwere Milliouenanleihe aufnehmen. Seine Ge schäftsgegner, die längst auf ein« Gelegenheit zum Sturze Löwensteins warteten, wußten die Anleihe zu hintertreiben. Löwenstein mußte sich einrichien und um gut Wetter anhalten. Das war der Sinn seines Londonsbuges, von dem er nicht zurückkehrte, weil er — wir wollen zu sei ner Ehre annehmen, es sei wahr — ins Meer gefallen, also gewollt oder ungewollt umgekom men ist. Und Kenner sagen, in den Löwenstein schwierigkeilen liege der Grund zu den e n o r m c n U n r u h e n an derBörse von New Bork. War und ist die Uebcrfchwollcn- heit und war die Feindschaft seiner Gegner ak tive Wirtschaft? Wer sich den Spaß macht, die Begründungen zum Ewigen und Fallen von Papieren zu lesen, der weiß, wieviel da an den Haaren herbeigezo- gen und — ecsundeu wird, um zu begründen, wo ost gar kein anderer Grund vorliegt als die Macheuschast irgendeine- g ris enen Spekulanten. Und da die meisten Geschäfte dieser Art recht undurchsichtig zu sein pflegen, so darf, wer über den Wirtschastslauf sich unterrichten will, nicht die Börse als Wirtschastsmaßstab ansehen. Die Börse redet nicht in erster Linie die Sprache der wirtschaftlichen Tatsachen, sondern redet mehr als oft Erfundenes. Kohlen- und Eisenpretsc, die Johlen des Verkehrs und die Marktpreise der Lebensmittel reden die Sprache der Tatsächlich keit. Sie muß man zu Rats ziehen, nicht tue Börse, denn dieser kommt es in erster Linie darauf au, aus dem Schaukeln der Kurse Geld zu verdienen, ohne daß sie irgendwie ein Interesse an e i g e n e m, w i r t s ch a s tl i ch e m Tun hat. Die Geschicklichkeit, mit welcher Börse und Großgetriebe sich verflechten, gibt oer Börse aller dings einen Lebensbodcn, und sie stattet dafür m gewißem Grade die Arbeitsbetriebe mit Kapital aus. Hier ist sie genötigt, mehr oder weniger eng dem Wirtscha't/gange, tem Erfolge oder Miß erfolge und der Vertrauenswürdigkeit der Firmen zu folgen, aber da ihr oberstes Interesse nm Schaukeln der Kurse hängt und Stellungen wie diejenige Sir Cassels zum Intelligence Service den Charakter ebenso weich machen, wie er in der Geldgier hart ist, so wird niemals die Börse An spruch aus ihrem Zusammenhänge mit der Wirt schaft darauf erheben können, daß sie ein gesunder Maßstab derselben sei. Neunzehn große Aufgabe» in ein Paar Monaten. Unsere neue Regierung hat sich eine sehr stattliche Summe von Vorhaben vor Augen gestellt, nicht weniger als neunzehn, und dabei noch, wie es scheint, manches mit klugem Stillschweigen übergangen. Das ist nicht wenig für einen noch unvollständigen und seiner endgültigen Zusammensetzung nach nicht ganz sicheren Kreis. Ein Drittel des Reichstages hat die Zustimmung zu den Regierungserklärungen versagt, zwei Drittel haben zugestimmt. Aber Zustimmung und Lösung, Versprechen und Er füllen sind auch im Reichstage noch nicht das selbe, und es sieht im ganzen noch lange nicht nach der Ruhe aus, deren wir politisch und wirtschaftlich für die deutsche Entwicklung be dürftig sind und in der auch die mit dem ganzen, nicht eingehenden Teile sich gerne ab- findcn wollten. Einstweilen sind die Partei- interesscu kräftig gewahrt worden. Nun er wartet das Vaterland, daß den Sach- und Arbeitsinteressen nicht weniger Eiser und Er folg zukomme. Persönliche Mleilunge«. Georg Arends, Ronsdorf. In diesem Frühjahr waren 40 Jahre ver flossen, seitdem Georg Arends seinen Garten baubetrieb in Ronsdorf begann. Heute ist der Name Arends nicht allein jedem einigermaßen beschlagen«» Gärtner Deutschlands geläufig, sondern er ist bekannt und hochbcwertet in der Gärtncrschast der ganzen Welt, lins bergischen Gärtnern aber, denen er als Obmann unserer Bezirksgruppe schon zirka 25 Jahre als leuchtendes Vorbild den Weg weist zu wirtschaftlichem Aufstieg, ist er ein stets hilfsbereiter Vater und Berater. Es gibt kein Mitglied unserer Bezirksgruppe, das uicht schon des öfteren die stets den Nagel auf den Kops treffenden Ratschläge unseres ver ehrten Führers in Anspruch genommen hätte. Ashnlich verhält es sich mit den Mitgliedern des Rheinischen Provinzlalvcrüandes, dessen Vor sitzender er jahrelang gewesen ist. Als er infolge Ueberhäufung mit gärtne rischen Ann lern von diesem Posten zurüL- treten mußte, wurde er einstimmig zum Ehren vorsitzenden ernannt. Es findet auch heute noch fast keine Vorstandssitzung des Rheinischen Pro vinzialverbandes statt, an der er nicht tat kräftig teiluimmt. Arends ist Mitglied des Gartenbauausschusses bei der Landwirtschafts- kammcr sür die Rhcinprovinz; er ist der haupt sächlichste Förderer der Lehrlings- und Ober-- gärtncrpril jungen im rheinischen Verbände. Aber auch bei der Zentrale unseres Reichs- verbaudes in Berlin ist er Vorsitzender des Fachausschusses sür Blumen- und Pflanzenbau und damit Mitglied des Hauptvorstandes; auch ist er Mitglied des Gärtncreiausschusses der Hauptlandwirtschaftskammer. Der Lebensweg unseres allbelöebten Ju bilars hatte folgenden Verlauf: Geboren am 2l: Dezember 1863 in Essen an der Ruhr, als Sohn des Erwerbsgärtncrs Carl Arends, der als tüchtiger Praktiker und> Pflanzenkenncr sich in der Umgebung seines Wirkungskreises einen guten Namen gemacht halte. Georg Arends besuchte bis zum Jahre 1879 die Essener Realschule, die er mit dem Einjährigenzeugnis verließ. Von frühester Jugend an begeistert sür den Gärtnereiberuf, macht« er schon Kreuzung?- und Bestäubungs- versuche im Aller von 12 oder 13 Jahren. Nach den selbstverständlich nicht auSblerbenden ersten Mißerfolgen erzielte er aber schließlich doch schon hübsche Erfolge mit Abutilon Dar- winii, Begonien usw. Nach Verlassen der Schule kam er im Herbst 1879 im Alter von 16 Jahren zn einem Erwerbcgärtuer Thiedemann in Hagen in die Lehre. Hier machte er schon Kreuzungs versuche mit Efeupelargonien u. a. Nach zwei Jahren bezog er die Gärtuerlehranstalt in Geisenlpiim, wo er als einer der eifrigsten Schüler von Professor Dr. Müller-Thurgau sich gründlich in die Geheimnisse der Botanik einlebte. Hier wurde er zuerst auch mit den Darwln'sche» Theorien, Zuchtwahl uud der gleichen bekannt. Während der zwei Jahre 1882-84 in Geisenheim nutzte er jede freie Stunde aus, um zn botanisieren, Fachschriften zu lesen und die Bericht« über Neuheiten und Neuzüchlungcn zu verfolgen. 1884-85 finden wir ihn tm Botanischen Garten in Breslau, 1885-86 ein Jahr in der Staudcngärtnerei von Th. S. Ware, Tottenham-London. 1886-88 war er Obcrgärtner bei Perotti in Triest. Im Frühjahr 1888 begründete er bann in Ronsdorf mit feinem Schwager Pfeifer eine Gemischtgärtnerei; demzufolge kann also auch unser Bezirksgruppenmiiglied Ernst Pfeifer in Ronsdorf auf das 40 jährige Bestehen seines Betriebes zuriickblicken. In der ersten Zeit wurde in der jungen Gärtnerei noch alles gezogen, was in gemischten Betrieben auch heule noch vorkommt. Aber nicht lange, daun erkannte Arends die Notwendigkeit von Spe zialzuchten. Während seines Aufenthaltes in England war er auf die kurz vorher eingo- führle Primula obconica aufmerksam ge worden. Im Frühjahr 1889 besuchte er mit seinen ersten Primeln di« Ausstellung in Mainz, wo sie allgemeinen Beifall fanden und auch prämiiert wurden. Nachdem alle Versuche Primula obconica mit anderen Primelarten zu kreuzen, fehlschlugen, begann er mit der Zuchtwahl, mittels deren es ihm dann gelang, aus dem kleinen Hellila Blümchen die schön- gefärbten großen Blumen zu erzielen, die dann die Vorläufer der heute weltbekannten Arends- schen Prachtsorten von Primula obconica wurden. Schon früh befaßte sich Arends auch mit Stauden verschiedener Gattung und be vorzugte dabei besonders die Astilben. Um wenigstens etwas freie Hand und mehr Zeit für seine Kreuzungsversüche und sein« sonstige züchterische Tätigkeit zn bekommen und um seine Arbeit aus weniges konzentrieren zu können, trennte er sich am 1. Januar 1901 in freundschaftlicher Weise von seinem Schwager Pfeifer, um sich nun nur noch der Kultur von Stauden, Alpeupslauz«» und Primula obconica zu widmen. Dies« Spezialisierung hatte ein«n prächtigen Erfolg. Das Arenbs'sch« Geschäft hat in diesen Artikeln heute Weltgeltung. Die Bergische Bczirksgruppe des Reichs- verbandes hat ihrem verehrten Obmann am Dienstag, den 17. Juli, einen Ehrenabend bereitet, bei dem auch das Präsidium des Reichsverbandes vertreten war, und den Dank und die Glückwünsche des Berufsvcrbandes znm Ausdruck brachte. Singer tot! Die Gebäude der Linker SerewinA Company uiedergebrannt! Die Folge dieser Nachricht war, daß schon um acht Uhr morgens das Gebäude der Firma Strauß 8c Co. von einer drohenden nnd schrei- enden Menge umlagert war. Kurz vor Oesf- uung des Hauses erschien ein älterer Herr, sprach einige Worte mit den Polizisten, die vor dem Portal standen, dann ging er die Frei treppe herab und stieg in ein bereitstehendes Auto. Es lag etwas so maßlos Trauriges in dem Gesicht des alten Strauß, daß alle sofort begriffen: der hat noch schwerer zu tragen als wir. Während die armen Geprellten au deu Schaltern erfuhren, daß dis Aktien nicht ver käuflich seien, da es heule morgen überhaupt noch keinen Kurs gebe, fnhr der alte Strauß in die Wohnung Sam Natalys. Di« Hans- hälterin hatte ihn gerusen. Er ging hinein in bas Zimmer und sah Sam wachsbleich auf dem Bette liegen. Sam Natalh war tot — und auf dem Boden lag die New Dort Times mit der große», fetten, triumphierenden Ueberschrift. Michael Siuger hatte den Dritten mit sich gerissen. * Am nächsten Morgen brachten die Zei tungen spaltenlange Artikel über deu gänz lichen Zusammenbruch der KarsvinF Company. Die Aktien waren nichts mehr wert. Auf der ersten Seite der Zeitungen aber stand die sensationelle Nachricht, die Wenne- berg bekanntgab, daß er am 24., also morgen mittag, um elf Uhr seine erste Versuchsfahrt antrcteu wolle, die er unter günstigen Be dingungen gleich nach Europa ausdehnen wolle. Singers Zusammenbruch verlor das öffent- lchs Interesse schneller, als man gedacht hatte. Die Menschemnassen, die am Morgen des 24. znm Nivsrside Drive hinanspilgerten, zählten nach Hnnderttausenden. Aus dem von der Morgensonne hell be schienenen Wsrflvlatz standen verschiedene im eifrigen Gesvräch. Da war zuerst der un vermeidliche Sprecher der Senlestation, der vcr einem M.lrovhon stand und immer etwas zn ichwatzen hatte. Im Augenblick sprach er über Dennebergs Klcwnng. Latin bc chrieb er den eigenartigen Eindruck, den dis Taufende »nd aber Tausende von Menschen machten, die gekommen Ware», um zuzusehen. Un weit von dem Sprecher stand ein Kinoope rateur. Verschiedene andere waren über den Platz verstreut. . Win stand neben Odskiff und einigen Herren, die durch ihre Gesellschaften an dem Unternehmen interessiert waren. Er hatte ain Kopf eine frische rote Narbe, die von dem Unfall herrühri«. Ein älterer Herr fragte Win, ob er es sür möglich halte, daß sich ein derartiges Unglück noch einmal ereigne. „Man sagt, daß bei dem Unglück auch ein« Datne an Bord war, hat sie sich nichts getan?" „Ach, Sie meinen meine Sekretärin Ruth Colmar, nein, sie ist am glücklichsten davon- gekommen." „Ich finde es leichtsinnig und auch höchst überflüssig, eine Sekretärin mit ins Boot zu nehmen, wo es doch lange nicht erwiesen ist, ob alles funktioniert!" sagte der alte Herr streng. „Lassen Sie es gut sein," meinte Odskiff, ein liebevolles Lächeln lag um seineu Mund. „Erstens wird jetzt alles funktionieren, sie werden gut drüben ankommen, und zweitens —" er legte seinen Arm um Wins Schulter und sah ihm in die Augen — „Ruth Colmar wird dann wohl keine Sekretärin mehr sein!" Win lachte und eine Blntwelle schoß ihm ins Gesicht. Der Navigationsmatrose kam auf die Gruppe zu und meldete: „Im Boot ist alles zur Abfahrt bereit. Es ist 10 Uhr 45." „Ich danke Ihnen, wir kommen sofort. Es ist Zeil, daß wir uns verabschieden", jagt« Win zu den Umstehenden. Ruth strahlte vor Glück und Freude, als sie zwischen Win und Holthusen stand und der Reih« nach jeder der Gäste ihnen di« Hand drückte und ihnen Glück wünschte. Der Präsident der American Radio Corpo ration sagte: „Es ist Sorge geiragen, daß während Ihrer Fahrt die Sender der Welt schweigen, so daß Sie in danerndem Verkebr mit unserem Sender bleiben können. Bitte, instruieren Sie Ihren Funkingenienr dahin, daß cr uns dauernd berichten möge, wie die Fahrt verläuft. Mau wird Sie auch bei Gefahr überall hören, da nur uuscre Sender arbeiten und Ihnen antworten wcrdett, so' daß keinerlei Störungen entstehen können." Dann sahen die drei sich einem Heer von schwarzen, blitzeudcu Luisen gegenüber. Ruth und Win nahmen noch einmal herzlichen Ab schied von Mrs. und Mr. Starret. „Haben Sie Dank für alles!" sagte Win gerührt — dann wandte er sich dem Boot zu. Holthusen stieg ein, dann Ruth und als letzter Win. Als er auf der ersten Stufe stand, drehte er sich noch einmal um und winkte seinen Freunden zu. In diesem Moment rief aus der Zuschauermeuge eine Stimme laut und vernehmlich in die eingetretene Stille: „Ouok kor ^ou!" Tausend Stimmen wieder holten den Ruf spontan. Ein Schreien und Rufen erhob sich auf allen Seit«» und wurde zu einer dröhnenden Kundgebung auS hundert tausend Kehlen. Win wußte nicht, wie dr danken sollte. Jedes Winken, jeder Gruß löste eine neue Beifallssalve aus. Daun rief ihm Holthusen zu, daß es zwei Minuten vor elf wäre. Mit einem letzten Blick umfaßte er Sonne, Menschen, Wasser, Bäume — dann stieg er hinab. Ueber ihn rollte die stählerne Luke zu und sprang mit einem leichten Knacke» in den hermetischen Verschluß. Dann hörte er noch einmal dasselbe Rollen: Di« zweite Lnke, die des inneren Bootskörpers, lief zu. ES war alles zur Abfahrt bereit. Vor dem Eingang zur Führerkabine er wartete ihn Ruth. „Es war wunderschön, Ruth — hosfeutlich glückt alles." „Es wird glücken, Win!" Sie schmiegte sich an ihn, gab ihm eine» Kuß auf den Mund und lief fort. Win lächelte glücklich vor sich hin und ging die drei Stufen zur Führerkabin« hinauf. Der Navigationsmatrose saß vor dem kleinen Steuerrad, Holthusen meldete, daß alles zur Abfahrt bereit sei. Win setzte sich an seinen Kommandotisch, legte die Kopfhörer um und verband sich mit dem Funkingenieur. Gleich darauf hörte er deutlich die Stimme des Sprechers der Station. „ ; von jetzt ab wirb bis auf weiteres der Sendedisnst sämtlicher Stationen einge stellt, um den Verkehr zwischen dem Lande und dem in dieser Minute absahrenden Schrau benschiff nicht zu stören." Dann hörte er ein leises Knacken — Schluß. Es war ein seltsames Gefühl. In diesem einen Augenblick wartete die ganze Welt auf seinen Handgrif, auf feinen Befehl! „Hier ist alles klar, gebt uns frei," sprach er ins Mikrophon nach oben. „Allrightl" kam es zurück. Nun hört« er das Summen der Elektro motoren, die knirschend die Haltebacken vom Boot zogen. Ein leises Schwanken, und zwar ein viel stärkeres als das erste, verriet, daß der glatte, zylindrische Körper frei im Wasser lag. Win schaltete die Kreisel ein, Ein leises Zittern, begleitet von einem tiefen Summen, lies durch das Schiff. Der Zeiger, der die Umdrehungszahl der beiden Kreisel anzeigte, begann zu zittern — 200 — 300 — 500 — 1000 — immer höher tänzelte der schlanke Zeiger, bis er aus 2000 stehen blieb. Das Boot stand, durch die Kreisel „ausgelvuchtet", wieder fest und still, als läge es im Dock. „Halloh!" rief Win ins Mikrophon. „Was ist, alter Junge?" kam Odskisss Stimme herunter. „Alles in Ordnung — Auf Wiedersehen!" Good bye and farewell!" kam es gerührt zurück. Win gab die Hörer Holthusen. Er hob de» schweren Handgriff des Schalters der großen Antriebsmotoren vorsichtig — fast zaghaft auf den ersten Kontakt. Es gab einen kaum merk lichen Ruck — die starken Motoren liefen an und begannen durch eine starke Zahnrad übersetzung den äußeren Mantel zn drehen. Das Bild an der Decke veränderte sich im Nu. Die lange» Schraubenbänder, die über de» äußeren Mantel liefen, drückten das Wasser weg und das Boot schoß vorwärts. Win gab sofort Befehl, die Wassertanks vollaufen zu lassen. DaZ Boot versank im Nu. Die Geschwiudigksit verdoppelte sich. In wenigen Sekunden waren sie an den Piers der Westseit« vorbei. Die Menschen, die hier seit dein frühen Morgen gewartet hatten, kamen nicht ans ihre Kosten. Als sie hörten, daß das Boot bereits abge fahren sei, hatte es fchon Sandy Hook passiert und befand sich auf den, offenen Ozean. Wins Angen leuchteten fieberhaft, als er den Hebel der Aniriebsmotoren auf Voll stellte. Sie jagte» mit eiuer Geschwindigkeit von bierhunderl Kilometern durch das Wasser. Der innere Schiffskörper stand still und fest, ge- balt«n durch die massigen, schnell rotierenden Kreisel, der äußere Schraubeumantel drehte sich, leicht in den Kugellagern lailseud, mit immer größerer Geschwindigkeit nm den inneren Schiffskörper. (FortfctzunP folgt.)