Volltext Seite (XML)
167 und lebhaften Bewegungen begleitete Wahnsinn gerade nicht am schwierigsten zu heilen ist; bei dem schlaffen und tragen Irrsinn will im Gegemheil gar keine Kurmelhode anschlagen. Um den doppelten Einfluß der freien Luft und der Absonde rung auf den Zustand der in der Behandlung befindlichen Irren zu prüfen, Hai man kürzlich auf einem der Höfe der Salpcirwre mehrere kleine von einander abgesonderte Hütten, die Schweizer- Logen genannt, erbauen lasten. Doch scheint cs, als habe man bis jetzt durch diese Neuerung noch nichts Wesentliches erzielt; die Behandlung und Bedienung der Irren wird nur dadurch er schwert, weil diese Hutten auf abgesonderten, ungepflastenen Höfen liegen, auf welchen bei Schnee- und Regenwener das Hin- und Hergehen sehr beschwerlich ist. Die dort eingeschloffe- nen Wahnsinnigen sind übrigens in demselben Zustande geblieben, wie früher, wo sie noch die Schlafsäle und gewöhnlichen Zellen bewohnten. Um den Grad von Entmenschung oder Wuth kennen zu ler nen, in den ein von Geistesverwirrung befallenes Wesen gerathen kann, muß man in eine dieser Zellen eimrelen, und doch gehört eine gewisse Kraft dazu, sich hinein zu wagen. Die halbnackte Wahnsinnige liegt gewöhnlich auf einem an die Mauer befestig ten Ben, das nur aus einem Strohsack besteht, auf welchem die Kranke sich umhcrwälzt und ab und zu ein Geheul, so schrecklich wie das eines wilden Lhicrcs, ausstößl- Man schneidet ihnen die Haare ab, und der Anblick des sich sträubenden Haares, der fun kelnden Augen, des geöffneten Mundes und der verstörten Züge erinnert an die Vorstellungen der Alien vom Haupt der Gorgone. Unter den Wahnsinnigen der Salpeiriere befinden sich mehrere Bäuerinnen, die ihre Klagen und Verwünschungen in der Mund art ihrer Gegend ausstoßen. Diese unverständlichen Laute erhöhen noch das Schauerliche der Scene; man wähnt, Verdammte zu hören, die schon im Voraus die Sprache der Hölle reden. Beim Anblick des Elendes, in das ein solches unglückseliges Wesen verfallen, gedenke man der glücklichen Augenblicke, der heileren Tage, die ihr einst in ihrer Jugend lächclien; man schmücke dieses dämonische Haupt mit dein lieblichen Kranze der Braut, der jungen Mutier, oder auch nur mit den trügerischen Blumen des Vergnügens und der Lust, und man wird es sich verzeihen, daß man diese Zellen nur aus bloßer Neugierde be trat; denn es ist unmöglich, daß der Gedanke nicht an« diesem traurigen Asyle hinüber in die Welt schweife, um die Ursachen und Vorboten solcher Dualen aufzusuchen. Will man sich über das frühere Leben der Wahnsinnigen und über di« Ursachen ihrer Geistesverwirrung unterrichten, so erhält man leider nur sehr unbestimmt« Belehrungen, die sich gewöhnlich nur auf gleichgül tige Umstände beziehen. Unter den Wahnsinnigen der Salpeiriöre befinden sich ungefähr gegen zwanzig öffentliche Dirnen; die übrigen sollen durch Geldverluste, übermäßiges Essen und Trinken, durch häusliches Unglück, die größere Anzahl aber durch Herzens- kummer in diesen Zustand verfallen seyu. Was sind das für Lei den, worin bestand dieser Kumme-? Davon weiß man nichts, und man wird auch nie etwas darüber erfahren, denn wenn ein Weib so ganz von einem Leiden dieser An sich beherrschen läßt, daß sie darüber den Verstand verliert, so verschließt sie auch meisternheils dieses Geheimniß aus Schamgefühl tief in sich und läßt es sich nicht entreißen. Ich sie erst zu dem Grade von Wahnsinn gelangt, der eine besondere Einsperrung nölhig macht, so ist cs zu spat, sie zu befragen. Es besteh« übrigens bei der Mehrzahl der Irren eine so große Verschiedenheit zwischen ihrem jetzigen und früheren Wesen, daß cs sehr schwierig ist, au« ihren Worten und Handlungen im Hospital irgend einen richtigen Schluß zu ziehen. (Schluß folgt.) Bib liographie. ekien «I«- «je — Von Fabre d'Oltvet 2 Dde- 15 Fr. Ne Nair «ympriiNS emplvve eomine mnte»r, NU «je I» korve vkteaoe gratttite- meut et mixe ea re«erve. Von M Andraud Ne« 6iver«e« e«peee» 6e morve et 6e larein, «nn«i<j^ree« eomme forme« varie«« ll'uoe msme usseetio!» xenersle eontaxien««' — Von U Leblanc- Klemen« «je sceoluxie pure et appli«j»ee. — Von Hl- Riviere. 12 Fr. la« I)«« «j'I«r»el. — Von Anna Marie- 2 Bde. 15 Fr- !^»ruLL«; romLN öe moeur«. — Nach Svindler. 2 Vde. 15 Fr. Mpoarli et — Von P. de Müsset- 2 Bde. 15 Fr. Oeuvre« eomplete« «je <'ki»ttvrt«»n. — Uebersent von Iavelin Pagnon- 2 Dde 15 Fr. Nevue «le« romsn«. Neeueil «j'uuitl^se« rrnzkounee« «je« proäuetion« «je« plu« eelebre« ramauoier« fr«u><^i« el etrnu^er«, «outeount 11M »oslz'-e« rsi«on- ne«K, frükiSvt evnurütre seee «««er «j'eten«lue pout en 6ouuer uue >6«« erLite, le le« per»»<>uu«^e«, l'intri^ue et le ^euouemeo« «je « l»»que romLn. — Von Ettssbe G'". 2 Vde. 1.-» Fr. 'I'rsite «ur l» morve ebronique «je« obevaux, eun«i«jerve «jaa» «» «sture, ««»n «ieFe, «e« «an«e« »p»«i»!e« «Inu« l'nrmee, et «vn trsitemevt. — Von M Sage- ij Fr- L-r vol «je« ».eure«, po-sle«. — Von F. Dugue. Fr. Schweden. Schwedens »euere Dichterschule. U. Hammarsköld und die Phosphor ist en. Wahrend Leopold'» Ansehen in der Schwedischen Literatur »och ungeschmälert herrschte und Franzön in der Zurückgezogen heit wirkte, ohne sich um die Gesetze zu kümmern, nach welchen «r sang, sand dcr Romantizismus, nachdem er in England und Deutschland Wurzel gefaßt Halle, auch in Schweden Eingang. Bereits im Jahre 18OZ wurde Hamamrsköld das Haupt einer literarischen Verbindung, deren Zweck die Verbreitung umfassen derer Ideen in der Kritik war, als diejenigen, bei denen man sich bisher Halle begnügen lassen. l8O7 stiftete Atterbom zu Up sala die Gesellschaft Aurora/ die für Schweden im neunzehnten Jahrhundert ungefähr das wurde, was der Göttinger Hainbund für Deutschland in der zweiten Hälfte des achtzehnten. 1809 er langte das Land die Preßfreiheit wieder, deren cs unter Gustav IV. beraubt war, eine Erwerbung, die nicht wenig dazu beitrug, die literarische Revolution, deren'Ausbruch sich nicht mehr verkennen ließ, zu beschleunigen. Nicht lange darauf gaben die Anhänger Leopold'» ihre „Literatur-Zeitung" heraus, ein Tageblatt, das Anekdoten, Sagen, Novellen und einige ästhetische Abhand lungen von magerer Ausbeute enthielt. Hammarsköld und Älter- bom warfen sich als Ritter der neuen Schule zu Gegnern dessel ben auf. Der Eine redigirie den „Polyphem", der Andere den ,,Phosphoros", der sich in kurzem eines so glänzenden Er folges erfreute, daß die Romantiker diesen Namen zu ihrem Feldgeschrei machten und sich Phosphoristen nannten. So war der Krieg cingeleitet und drohte, von Tage zu Tage heftiger und bitterer zu werden. Was Mann gegen Mann auszufechien Haxe, wurde bald allgemeiner Parleikampf, und beißende Epi gramme befeuerten den Streit der Theorieen. Aber in diesem Streite war die Literatur - Zcinmg nicht der Stärkere.' Die Phosphoristen siegten eben sowohl durch ihren Eifer, des Geg ners Blößen zu zeigen, als durch ihr Talent, und das Publikum schien sich auf ihre Seite zu neigen. Sie wurden unterstützt von zwei der ausgezeichnetsten Kritiker, welche Schweden jemals her- vorgebrachl Hai, Thorild und Ehrensvärd, und von inchreren jungen Dichtern, die mit einer frischen und kühnen Einbildungs kraft glänzende Eigenschaften des Styl» verbanden. Zu ihnen gehörte unter Anderen Elgström, der in der Blüthc seiner Jahre starb und einige schmelzende Elcgieen hinterließ. Im Jahre I8II fanden die Phosphoristen eine nette Stütze an der Gesellschaft Iduna, die Geijer, Tegnör, Afzelius und Ling zu Stockholm gründeten. Die Aufmerksamkeit des Publikum» auf die nur allzu lange vergessenen alten Denkmäler der Schwe dischen Literatur zurückzuführen, war Hauptzweck derselben. Sie gab eine Sammlung heraus, in dcr Gcijcr Poesieen von echt vaterländischem Gepräge dichtete, Tegnör die Schönheiten und den Ruhm Schwedens besang, Afzelius eine Uebenragung der Edda bekannt machte. Sv lehnie sich die romantische Schule an die Neberlieferungen der Vergangenheit und an die Ahnungen der Zukunft. Zugleich suchte sie sich durch ein gründliches Stu dium des klassischen Allenhumü zu brfestigen, lieferte verständ liche und treue Ucbersetzungen Homer'« und Virgil's, so wie Ab handlungen über die Poetik der Alien, die durch richtige Auf fassung und Entwickelung ihrer Grundsätze sich allenthalben Ein gang verschafften. — Gegenwärtig ist der Krieg beendigt, die Gährung, die der Streit beider Schulen hervorbrachle, Hai sich gelegt und der Beobachter, der über die Wahlstatt schreitet, kann, nm die Heftigkeit des Kampfes zu ermessen, Trümmer von bei den sammeln, wie man von einem Schlachifelde die Lanzensplil- ter und goldenen Sporen der Ritter aufliest. Der Redacieur des klassischen Journals, Herr Walmark, hat einige Gelegenheits-Broschüren hinterlassen, deren Andenken allein die Meß-Kataloge bewahren, und eine Schwedische Anthologie, die ihm keine andere Mühe gekostet Hai, als von hier und da mit ziemlich ungeschickter Hand die Dichtungen verschiedener Zeiträume aufzugreifen und sie ohne literarische Notizen, ohne Biographieen zusammen drucken zu lasset,. — Die beiden Haupt- Redacieure der Iduna, Geijer und Tegnör, sind heute zwei der größten Lichter Schwedens. Hammarsköld, der Redacieur des Polyphem, Hai umcr vielen anderen zwei vortreffliche Schriften verfaßt, die eine „über das Studium der Philosophie", die an dere „über die Geschichte der Schwedischen Literatur."') — Ehrensvärd und Thorild legten den Grund zu der neueren Kri tik, und Atterbom, da« erklärte Haupt der Phosphorjstcn, hat diesen Rang durch seine philosophischen Werke und Poesieen ge rechtfertigt. ") ' Rußland. Die Russischen Swätki. (Schluß.) Auch der Okolniisch und sein Schwager hatten ihre Ring« in die Schüssel geihan; sie wurden bei einem und demselben Liede herauegenommen: „Ich sitze auf dem Tro» und sehe nach Gewinn i Ich stße immer fort, ich sehe immer fort- , Unermüdet leb' ich — der Gewinn ist auf dem Hofe, Der Gewinn ist auf dem Hofe, hundert Rubel liegen auf dem Tisch." Da Beide in der Tha« sehr gewinnsüchlig waren, so gefiel ihnen .'IHistoristaAnteckntngar ic. asdet philotophiska Ctndium > tsverige 1 rat. ,82t. — Socntka Vittcrhctcn. , vol. 2te Auflage lW. Herr Marinier konnte auch noch das letzte umfassende Werk seines sc beno ansnhren „Grundzüge der Geschichte dcr Philosophie " « Bande »Ws — 27 H. stirbt 1827. ") Geboren zu Abo den lg Januar t7W, studirte zu »mala, reiste drei Jahre durch Deutschland, Italien und Dänemark, wurde ,8ig Professor der Deutsch n Literatur bei dem Kronprinzen, 18N Privatdoccnt a» der Uniper- sttat Upsala, ,828 Professor in der philosophischen Fakultät.