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176 an demselben sichtbar, lind dennoch war rs ungcmcin hcll. Ringsum war nichts Grünes, kein Baum, kein Strauch zu sehen; mir wurde ängstlich um's Herz, auch du sprachst den Wunsch aus, diesen Ort zu verlassen, aber wir waren da wie festgcbannt. Endlich drängte sich aus der Menge ein Ritter hervor, wie Torquato Tasso's Tankred, schön, stolz und kräftig, er reichte dir den Arm und verschwand mit dir; mir wurde angst und bange, mit Anstrengung wollte ich Euch folgen, da war es mir, als umflüsterte mich deine Stimme: „Thcuerste Mutter, sei meinethalben unbesorgt, ich bin zufrieden und glücklich." Mir aber wollte schier das Herz zerspringen, daß ich dick nimmer sehen sollte." — „Ach, liebe Mutter," sagte das gerührte Mädchen, „wozu erzählst du mir einen so traurigen Traum! sonst pflegst du so heitere Träume zu haben, daß es mir jedesmal wohlthut, dir zuzuhörcn." — „Trübe Träume erzeugen uns beim Erwachen mehr Freude als angenehme," versetzte die Mutter; „cs freut uns immer, das Uebel blos geträumt zu haben. Aber bald, mein gutes Kind, wird die Zeit kommen, wo man dich mir, der Wa chenden , wird aus den Armen reißen, wo du mir wachend zu flüstern wirst: „Sei meinethalben unbesorgt; ich bin zufrieden und glücklich." — „Ach, Mutter, wie trübe bist du heute gestimmt!" — „Du irrst, mcin.llind; ich denke blos an's Unvermeid liche; was in dem Buche des Schicksals geschrieben steht, muß kommen; du bist in dem Alter, wo Mädchen zu hcirathen pflc-