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R0. 6. Wöchentlich eine Nummer. -< Ltipzifl, 10. Noticillber 1869.->" Vierteljährlich 18 Sgr. I. IahrgMlg. Familimklatt fiir Länder- nnd Völkerkunde. Zu beziehen durch Rcdigirt von Der Jahrgang alle Buchhandlungen des In-».Auslandes Vr. Otto Delitsch, (52 Nummern oder 12 Monalsheste) sowie Postämter. Privat-Docent und Realschul-Oberlehrer. läuft von Oktober zu Oktober. Dardschiling und andere britische Gesundheitsstationen im Himalaya. Von vr. Otto Delitsch. (Schluß.) IV. Vie Himalaya-Völker. Ethnographie. Die Völker des Himalaya gehören, von den Dschamna- und Ganges-Quellen an gegen Osten und im Süden bis an das Tcrai als ihre natürliche Grenze, dem tibeta nischen Stamme an, einem Theile jener mittel- und ostasia- tischcn Völkerfamilie, welche durch die einsilbige Sprache sich charakterisirt; sie sind also mit den Chinesen, Annamiteu, Bar manen nahe verwandt. Und gerade in Sikkim, an der Grenze zwischen Nipal und Bhutan, berühren sich zahlreiche Stämme dieser Himalaya-Völker. 1. Die Leptscha theilen sich in zwei Stämme, die Rong und die Khamba. Jene wohnen seit Meuschengedcnkcn in eine, Ausdehnung von 26 Meilen von dem Tambar, einem Qncllflusse des Kusi, im NW. bis nach Bhutan ini SO., längs der Südseite des Himalaya. Diese, an Sprache und Sitte ihnen gleichend, scheinen vor zwei Jahrhunderten über das Gebirge herüber gekommen zu sein. Die Leptscha haben eine Schrift, aber weder eine geschriebene Geschichte noch Ueberliefcrungen. Der Religion nach sind sie Buddhisten. Ihren Priestern ist die Ehe erlaubt. Die Kasteneintheilung wird von ihnen nicht beob achtet. In ihrer Nahrung sind sie unbeschränkt: sie essen das Fleisch des Elephanten, des Rhinozeros, des Affen; Schweine fleisch ziehen sie allem andern vor. Reis, Weizen, Gerste, Mais, Hirse, eine gute Art Jams, die „Bukh", sind ihre wesent lichen Nahrungsmittel aus dem Pflanzenreiche. Den Ackerbau Pflegen sic indessen nicht sonderlich, indem sie selten länger als drei Jahre an einem Orte bleiben und eine Heimat nicht kennen. So sind auch ihre I^ m. über den Boden erbauten leichten, und mit Bambusstäben gedeckten Häuser höchstens fünf Jahre bewohnbar. In der Regenzeit begnügen sich die Leptscha mit Farn, Bambusschößlingen, Pilzen, wilden Saftpflanzen. Sie lieben gährende und spirituöse Getränke, ohne dem Trunk ergeben zu sein; aus einem gegohrenen Aufguß von Mais uud Murwa be reiten sie ein dünnes, aber angenehmes und erfrischendes Bier. Thee wird als Ziegelthee von China durch Tibet eingeführt. Beim Kochen herrscht wenig Sauberkeit; die Speisen werden j mit Ingwer und Pfeffer (Oupsieum) zubereitet. Steinsalz kam früher aus Tibet, jetzt wird Seesalz von Indien eingeführt. Von Gestalt sind die Leptscha klein, kaum über ISO vm. hoch, doch kräftig und fleischig, die Gesichtsfarbe frisch; die Züge sind mongolisch, aber das volle und runde Gesicht, das heitere, lachende Auge gibt ihnen einen durchaus angenehmen Ausdruck. Die Kleidung der Leptscha ist einfach uud gefällig: sie besteht aus einem weiß und roth gestreiften Stück Baumwollenzeug, welches über Brust uud Schultern zusammengeschlagen wird und die Arme Moß läßt; wer es vermag, trägt darüber eine rothbaumwollene Jacke, die mit einem rothen Gürtel zusammen gehalten wird. Der Mann schmückt sich mit einigen Schnüren gefärbter Perlen um den Nacken, mit Ohrringen von Silber und Korallen; an der rechten Seite trägt er stets ein schweres, langes Messer. Mit diesem lichtet er den Wald, es ist sein ein ziges Werkzeug beim Hausbau, er tödtet damit die Thiere, die er iu Fallen fängt, er braucht es im Kampfe, bei Tische, beim Landbestellen, bei der Ernte; ohne sein Messer ist er hilflos. Nur der Bogeu ist als Waffe bei der Jagd und im Kriege neben jenem Messer gebräuchlich. Weniger nett sind die Frauen gekleidet. Ein Stück glattes, ungebleichtes Baumwollenzeug hüllt sie ein, sie schmücken sich mit unechten Korallen und bunten Halsketten. Ihnen liegt die Arbeit im Hause wie auf dem Felde ob, während der Mann sich im Müßiggang gefällt. Das Haar scheiteln sie in der Mitte, einen Bart haben sie nicht, Männer und Frauen sind daher schwer zu unterscheiden. Beide Geschlechter tragen langes Haar, welches bei jüngern Per sonen frei über die Schultern hängt, bei ältern in einen Zopf geflochten wird, der öfters bis an die Knie reicht. Sie waschen sich selten nnd ihre Nähe ist daher unangenehm. Ihr Temperament ist heiter, ihr Charakter freundlich, an geistiger Begabung übertreffen sie alle ihre Nachbarn. Sie sind außerordentlich ehrlich; Diebstahl ist kaum bei ihnen be kannt, auch Streit kommt selten vor. An Nationalgefühl und 6