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36 den dort lebenden sogenannten Pampaskaninchen, Gürtelthieren und den sonst auch noch überaus lästigen Stinkthieren gegra benen Höhlen sehr hinderlich, die nur zu oft durch das hohe Pampasgras verdeckt werden. Das zweite viel lästigere Hinderniß beim Reisen in den Pampas, sowohl zu Pferde, als zu Wagen, sind die vielen kleinen, sumpfig verlaufenden Bäche (arro^os). Wer nicht ganz genau des Terrains kundig ist oder, um mit dem Ausdrucke der Gauchos zu reden, wer nicht Vaqueano ist, der kann nur zu leicht in die fatalste Lage kommen, was ich einige Mal an mir habe erfahren müssen. Außer diesen Beschwerden hat der Pampas-Reisende aber noch sehr oft mit den eigentlichen Naturkräften zu kämpfen, und zwar zunächst mit dem Südwest-Sturme, dem sogenannten den großen Schlachthäusern, zu bringen. Diese befinden sich in großer Anzahl in der Nähe von Buenos-Ayres und Montevideo, sowie an verschiedenen andern Küstenplätzen und bilden bekannt lich die Werkstätten, von wo aus trockene und gesalzene Häute, Seife und Talg, Hörner- und Knochenasche, gesalzenes und getrocknetes Fleisch, Produkte also, welche den Nationalreich thum jener Länder vornehmlich repräsentiren, nach allen Himmelsstrichen exportirt werden. Als ich zum ersten Male einen solchen Saladero besuchte, wo pro Tag 500 Stück Ochsen geschlachtet wurden, und ich die haushohen Haufen von Knochen asche und von Hörnern sah, sowie die nicht minder beträchtlichen Massen theils von gesalzenen, theils von getrockneten Häuten und Fleischstücken, konnte ich mich doch beim ersten Anblicke des von Blut triefenden Arbeitspersonales eines gewissen Grausens nicht erwehren; denn das Brüllen Pampero, der von den schneebedeckten Anden niit ungebrochener Heftigkeit über die weite Pampas dahinströmt und sich nur zu oft in solch einen fürchterlichen Stauborkan verwandelt, daß plötzlich eine Viertel stunde und länger der Tag in düstere Nacht verwandelt wird. Wehe dem Menschen, der sich dann in diesem freien un endlichen Campmeere, das ist die Pampas im wirklichen Sinne des Wortes, befindet; denn nicht genug, daß der Reiter Mund und Augen vollständig bedecken muß und das eigene Pferd im höchsten Grade unruhig wird, sondern er läuft auch Gefahr, ganz Plötz lich auf eine wild durch einander laufende Herde von Ochsen und Pferden zu stoßen, die mehr denn ein Mal den Reiter zum Falle gebracht haben. Es ist ein schauerlich groß artiges Schauspiel, ein Pamperosturm! Als ich das erste Mal einen solchen aus weiter Ferne über die Pampas daher strömen sah, glaubte ich, man habe die Pam pas in Brand gesteckt — was bekanntlich oftmals mit Absicht geschieht, um das dürr gewordene Gras durch frischen der zur Schlachtbank bereit gehaltenen Thiere, die ihr Verhängniß ahnen, dringt unheimlich und mitleiderregend an das Ohr jedes civilisirten Menschen, und es gehört erst eine gute Portion Abhärtung dazu, uni der widerlichen und an strengenden Arbeit mit Rnhe und Gleichmuth zuzusehen. Nur der Ge danke, daß auch dort in jenen Werkstätten im Interesse von Millionen von Menschen rastlos gearbeitet wird, konnte mich mit der Beschäfti gung in einem Saladero versöhnen. Habe ich nun seither den Gaucho vornehmlich von seiner praktisch-thä- tigen Seite etwas näher charakterisirt, so würde mir jetzt noch übrig blei ben, auch der Unter- Haltungs- und Ver gnüg un g sw eisedieser Menschen zu gedenken. In erster Reihe steht hier nun die von den Spaniern ererbte Gui tarre, welche fast von jedem Gaucho gespielt wird, wobei sie dann in hohen Fisteltöuen einför mige, zumeist melancho lische Melodien singen und niit ihrer Dulcinea nach dem Takte des Nachwuchs zu ersetzen — denn der ganze Horizont war mit dick aussteigenden Wolken erfüllt, die aber keine Rauchwolken waren, sondern Staubwolken. Nachher folgt ein heftiger Regen, der sich mit dem Staube vermischt und dann zn einem wahren Schlammregen wird. Große Verheerungen sowohl unter den Viehherden als unter den anderen Thieren, wie auch unter den nicht allzu fest gebauten Häusern, sind die na türlichen Folgen eines echten Pampero, der auch nebst der ungleichen Vertheilung der im Jahre fallenden Regenmenge als eine der Hauptursachen betrachtet werden muß, daß der Acker bau in jenen Länderstrichen noch so weit zurück ist. Die Thätigkeit der Gauchos außer jenen bereits erwähnten Beschäftigungen besteht darin, das im Campo zerstreute Rind vieh zusammen zu treiben, zu einer sogenannten Tropa zu ver einigen und dieselbe alsdann nach den Saladeros, d. h. nach Liedes paarweise allerlei Nationaltäuze tanzen, die aber blos auf ein Avanciren, Retiriren und sich um einander Drehen hinauslaufen. Ein anderes nicht minder beliebtes Vergnügen der Ganchos bilden die Hahnenkämpfe und die Wettrennen, bei denen oft mals mit der ausgelassensten Leidenschaft auch der letzte Peso verwettet wird. Nachdem ich nun somit den Gaucho, den eingeborenen Landbewohner der La-Plata-Staaten wie er leibt und lebt, kurz charakterisirt habe, so wird es an der Zeit sein, wenn wir jetzt zum Schlüsse auch noch einen Einblick in das Leben und Treiben der Stadtbewohner zu gewinnen suchen. Gleichwie die äußere Physiognomie der südamerikanischen Städte bezüglich ihrer Bauweise eine ziemlich gleichmäßige und einförmige ist, indem dieselben in gleich großen rechtwinkligen