Volltext Seite (XML)
358 sind häufig, sehr fleischig, aber wenig zart. Die Japaner verstehen sie nicht anders zu öffnen, als indeni sie die obere Schale mit Steinen zerschlagen. Uraga versorgt das ganze Reich mit getrockneten Austern von der großen, besonders geschätzten Art, welche mau Awabis ncnut und deren perlmutterglänzende Schalen zu der be rühmten Muschelmosaik der japanischen Lackarbeiten benutzt werden. Der Handel damit soll ein Regal des Siogun gewesen sein. Auch Perlen gewinnt man aus einer Art Steckmuschel, aus zwei Arten Vennsmuscheln und qus einer Ohrschnecke, doch ist die Perlenfischerei nur von untergeordneter Bedeutung. Die Perlen theilt der Japaner nach der mehr gelben oder weißen Färbung in „Goldedelsteine" und „Silberedelsteine", nnd verwendet sie nicht selten als Heilmittel gegen Augenübel. Auch die verschiedenen eßbaren Arten des Tang werden eifrig gesammelt und bilden einen Hauptartikel der Ausfuhr nach China. Man findet ihn schwimmend in großen Massen in allen Buchten des Reichs, zieht ihn mit Bootshaken an das Boot und reinigt ihn sorgfältig von den daran haftenden Schalthieren, die man gleichzeitig sammelt. Ist er am Lande in der Sonne getrocknet, so wird er sortirt nnd entweder zu Ballen geformt, die man mit Slrohschnuren umwickelt oder in kleine, in Papier eingeschlagene Pakete verpackt. Erstere sind für den Export bestimmt und werden nach dem Gewicht verkauft, letztere wandern zum Preise von wenigen Szenis für das Paket in die Küchen des Volks. Siebold zählte auf dem großen Fischmarkte zu Jedo 70 ver schiedene Sorten von Fischen, Krabben und Mollusken und 26 Sorten von Muscheln und anderen Schalthieren, die zum Verkauf ausgestellt waren. Bon welcher Wichtigkeit die Produkte deS Meeres für Japan sind, erhellt aus der Betrachtung, daß die religiösen Anschauungen und die allgemeine Sitte den Genuß des Fleisches der vierfüßigen Hausthiere verbieten, daß selbst die Milch als „weißes Blut" verabscheut wird, während Wildpret nur verhältnißmäßig selten zu haben ist. Die Seelhiere bilden mithin fast die alleinige Fleischspeise einer Bevölkerung von 35—40 Millionen Seelen, deren tägliche Mahlzeiten mindestens znm dritten Theile aus solcher Nahrung bestehen. Japan ist sonach ein von der Natnr reich gesegnetes Land. Ackerbau, Forstkultur und Fischerei bilden die Grundlage für die Existenz seiner Bevölkerung; die Viehzucht ist im Verhältniß in sehr enge Grenzen eingeschlossen. Die Ausbeutung seiner mine ralischen Schätze ist einer bedeutenden Hebnng fähig, die, wie die Erweiterung des Handels, eine Verbesserung der Kommuni kations- und Transportmittel im Innern des Landes fordert. HnnLcl, Industrie, Verkehr mit den Fremde». Versteht der Japaner in ausgezeichneter Weise die Kunst, dem Lande und dem Meere die natürlichen Schätze durch Ackerbau und Fischerei abzugewinnen, so versteht er nicht minder, die Rohpro dukte zu den Zwecken seines Lebens in einer Weise umzuformen, die oft Bewunderung erregen muß, wenn mau die geringen mecha nischen Hülfsmittel in das Auge faßt, die ihm zu Gebote stehen. Mit Ausnahme der einfachen Wasserhebungsmaschinen für die Reisfelder und der Wasserräder, die er zur Euthülsung des Reises, ! zur Verkleinerung des Getreides und in einzelnen Fällen zur Be- wegung der Blasebälge in den Eisengießereien benutzt, sind ihm industrielle Maschinen durchaus unbekannt. Mit der Hand und mit den einfachsten Werkzeugen bearbeitet er den widerstrebenden Stoff und leistet dennoch in Kunst und Handwerk, die in Japan auf das engste verbunden sind, oft ganz außerordentliches. Leider entzieht sich die praktische Geschicklichkeit, die er dabei entwickelt, dein Auge des Fremden, welcher ihn nnr bei der Feldarbeit oder in einzelnen ländlichen Werkstätten frei beobachten kann. Die Schiffswerften und die gewerblichen Werkstätten in den industriellen Städten, sowie die Ateliers der Künstler sind dnrch die Polizei maßregeln der argwöhnischen Regierung vor den Blicken des Aus länders auf das sorgfältigste verschlösse». Fabriken in unserem Sinne gibt es so wenig als Fabrikarbeiter. Alle industriellen Professionen werden im Hause betrieben nnd Franen nehmen bei allen Industriezweigen Theil an der Arbeit. Man unterbricht dieselbe um zu essen, sobald man Hunger hat, und nm zn ruhen, sobald man das Bedürfniß dazu fühlt. Unter sechs Arbeitern männlichen und weiblichen Geschlechts gibt es fast immer einen oder zwei, welche rauchend zusehen und die Arbeit ihrer Kameraden mit Scherzen würzen. Geselligkeit, guter Humor und Schlagfertigkeit der Zunge sind Charakterzüge deS japanischen Kleinbürgcrthmns. Bei den Schwierigkeiten, die sich dem Eindringen in die Werkstätten cntgcgenstellen, ist man beim Studium der japanischen Industrie bezüglich der ihr zu Gebote stehenden Werkzeuge und Hilfsmittel auf die Literatur, namcuilich aber auf die zahlreichen Skizzen der einheimischen Künstler aus dem bürgerlichen Leben, bezüglich der von ihr gelieferten Produkte auf das Studium der Verkaufslädcn angewiesen. Letzteres erfordert große Beharrlich keit und Unermüdlichkeit, da der japanische Verkäufer seine Vor- räthc nicht von freien Stücken vor den Augen des Käufers aus- breitct, vielmehr, namentlich mit den besseren Waaren, äußerst zurückhaltend ist. Man darf daher sich nicht die Mühe verdrießen lassen, bis in die hintersten Räume vorzudringen und immer wieder zu kommen, bis man alle Winkel durchstöbert hat. Es ist dies um so nöthiger, da in Japan keine Bazars existiren, wo man die verschiedensten Waaren neben einander ausgestellt findet. Jedes Magazin, jeder Laden hat vielmehr seine besondere Spezialität. Es genügt daher nicht, in die großen Magazine einzutreten, die allerdings zunächst die Aufmerksamkeit des Fremden auf sich ziehen. Hier lockt die Firma einer großen Seidenhandlnng, in großen weißen Schriftzügen auf die blauen Gardinen gemalt, welche das vollständig offene untere Stockwerk gegen das Ein dringen der Sonuenstrahle» schützen. Auf den feinen Matten, welche den Fußboden bedecken, hocken die Handlungsdiener, welche Buch und Kasse führen; andere breiten vor den Käufern Waaren aus, während wieder andere vornehme Kunden in das obere Sieck geleiten, wo die theuersten Stoffe aufbewahrt werden. Der Ein- trctcnde erblickt rings an der von hölzernen Pfosten getragenen Halle nur scheinbar leere Fächer, aus denen die geforderten Waaren erst hcrauSgeholt werden. Dort zieht ein großartiges Bronze magazin die Aufmerksamkeit auf sich, welches neben den Hanpt- sälen für Brcnzewaaren besondere Abthcilnngen für Ausrüstung von Alaun und Roß mit Waffen aller Art, mit Helm nnd Harnisch, Panzerhemd und Panzerhandschuh, mit Steigbügel, Gebiß und Schellengeläut enthält, während in den rückwärts liegenden Rämucu neben allerhand anderem Hansgeräthe ganze Kücheneinrichtungen von Eisen, Kupfer, Messing und Zinn ausgestellt sind. Dort wieder ist es eine Samenhandlung, welche durch ihre unzähligen, an Form und Farbe verschiedenen Produkte, die mit wahrem Kunstsinn auf den Stellagen geordnet sind, die Wißbegier erregt. Jedes Papierpaket trägt seinen Namen nnd die kolorirte Ab bildung der betreffenden Pflanze, meist ein kleines Kunstwerk, welches eine junge Arbeiterin des Hauses fertigte, die dabei der Länge nach zwischen Blumen und Papierblättern auf der Matte auSgestreckt liegt. (Fortsetzung folgt.) Der augenblickliche Zustand des Handels und der Industrie Uordamerika's. Eine national-ökonomische Studie von vr. H. A. Waack. (Fortsetzung.) Die Haupteinnahmequellen der Internal Revenue etwa 38 bis 40 Millionen Dollars betragen. Die Einkommen- sind die Wein-, Spiritus-, Tabak- und Einkommensteuer. Die steuer beträgt augenblicklich 5"/g auf den Reingewinu; es ist drei ersten sind ziemlich hoch und werden für das Jahr 1870 dieses jedenfalls zu hoch und wird dieselbe hoffentlich bald eine