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334 gehalten, bis mau entdeckte, daß vielmehr der Strom der Hauptarm ist, welcher aus den großen Gletschern auf der Westseite des Arrowsmith abfließt. Hat mau die Mündung des Matthias, eines nördlichen Zuflusses des Rakaia, passirt, so geht der Weg um die nördlichen Borsprünge des Arrowsmith herum, und hier übersieht man die Quellgegend des Flusses, ein Anblick, den Haast nicht großartig und erhaben genug schildern kann. Die hier noch eine englische Meile breite Niederung dnrchschneidet der Fluß in mehreren, mit Wasser angefüllten Kanälen, daher die Urein wohner diesen Theil des Flusses Rakaia waiki (den mit Wasser gefüllten) zu nennen pflegen; steile Bergabhänge, deren oberste Theile mit Eis und Schneefeldern gekrönt sind, erheben sich rings nmher, während im Grunde Les Thals sich die großen Gletscher herabziehcn, aus denen die beiden Quellarme des Flusses hervorgeheu. Alles ist mit Ausschluß der steilen Abhänge mit Vegetation bedeckt, in der Niederung der dichte, ernste Buchen wald, der jedoch bald im Thale sein Ende findet, höher die ver wachsenen, schwer durchdringlichen Gebüsche, welche die subalpine Zone bilden; nur nahe am Wasser sind kleine wiescnähnliche Strecken mit Gras und niedrigen Pflanzen; in einer solchen nahe am Ramsaygletscher stieß Haast auf eine Herde von Rindern, die sich hierher verlaufen haben mußte. Diesen Gletscher, den nächsten im Flußthal, dem der westliche Quellarm des Rakaia entspringt, und dessen 50 w. hoher Abhang mit dichtem Moränenschutt bedeckt ist,*) suchte Haast zu erreichen; allein es gelang nicht, er kam nur bis auf 270 w. von dem Eisthor, aus dem der Fluß hervor tritt, weil dieser sich tobeud und brausend bis dicht an die westliche Felswand drängt und be ständig große Felsblöcke von dem Gletscher in das Wasser hinab stürzten. Der Bersuch, den Fluß, dessen trübes Gletscherwasser zwischen großen Blöcken mit außerordentlicher Heftigkeit dahin strömte, zu überschreiten, gelang erst tiefer unten nnd nur mit großer Beschwerde; da aber der Gletscher auch auf dem andere» Ufer nicht zu erreichen war, wandte sich Haast nach dem zweiten Quellarm des Flusses, der aus dem Lyallg letsch er kommt, und den zn passiren nicht geringere Schwierigkeiten machte und nicht weniger gefährlich war. An seinem südlichen Ufer ließ er die Pferde auf einer kleinen Wiesenebene zurück und beschloß nun einen weit in die Niederung vorspringenden Berg zu ersteigen, den er Meinknob benannt nnd 1352 w. hoch gemessen hat, weil sein Gipfel eine gute Aussicht auf die Umgegend zu ver sprechen schien. Diese Erwartung täuschte auch nicht. Auf dem Wege dahin stieß er auf eineu von dem nordwestlichen Abhange des Arrowsmithberges herabkommenden, tobenden Gletscherbach, dessen Uebcrschrcitung nur mit großer Beschwerde gelang; darauf ergab es sich, daß die Ersteigung des östlichen Abhanges des Meinknob wegen der dichten Gebüsche, die ihn fast bis zum Gipfel bedeckten und so verwachsen waren, daß es die Bahnung eines Weges erfordert hätte, unthunlich sei, daher umging Haast den Berg und begann ihn an der Nordseite, dem Ende des Ram saygletschers gerade gegenüber, zu erklettern, wo der Weg anfangs über Schult und Gerölle mit weniger Dickicht, später über steile Felsgehäuge hinaufführtc; die Gebüsche, die 30 m. unter dem Gipfel anfhörten, machten hier geringe Schwierigkeiten. Der Gipfel des Berges ist eine 800 w. breite Ebene, deren Boden voll loser Blöcke liegt; alles bedeckt ein anmuthiger Wiesen teppich, mit den glänzendsten Alpenblumen geschmückt, der jedoch, da er die Spalten zwischen den Blöcken verdeckt, große Vorsicht nöthig macht. Die Aussicht ist unübertrefflich schön und groß artig ; Haast hat in Neuseeland keinen Aussichtspunkt gesehen, der an Erhabenheit und Pracht den Meinknob überträfe, und sicher wird einst die Zeit kommen, wo der neuseeländische oder australische Reisende diese Berghöhe mit demselben Enthusiasmus erklimmen wird, wie der Europäer jetzt den Gipfel des Faulhorus. Zunächst erblickt man gegen Norden den hier in seiner Breite sich darstellenden Berg Whitcombe in unbeschreiblicher Oede *) Sein Abfluß liegt 1022, der des pyallglelscher 1087 m. hoch. ! und Wildheit mir seinen vielen Zacken, seinen sekundären Gletschern nnd Eisfelkcru nnd den steilen Abhängen zu dem Ramsay- gletsch er, der mit seinen drei Armen, wie sie aus den hohen Firnfeldern zwischen den Gipfeln umher hinabstcigcn, sich ganz übersehen läßt. Au seinem südlichen Ufer erhebt sich zuerst nahe am Gletscher der Berg Ramsay mit einem in scharfe Spitzen und Thiirme gezackten Kamm, dessen Wildheit durch die erstaun- ! liche Steilheit der Felsabhänge, an denen kein Schnee hasten kann, noch erhöht wird, neben ihm der Berg Kinkel, ein hoher, domartiger, ganz in Schnee und Eis gehüllter Pik. An seiner I Südseite endet der Ly allg lets ch er, den das Auge weit hinauf verfolgen kann und dessen unterer Theil mit Moränenschutt be deckt ist, während höher das Eis in blauen und grünen Farben hervorleuchtet; aus ihm fließt durch ein Eisthor der zweite Qnellarm des Rakaia ab, der sich gleich darauf iu einer engen j Kluft zwischen dem Meinknob nnd Kinkel hindurchdrängt, dann gegen den westlichen Abhang des Ramsaygletschers anstößt, den er fortwährend untergräbt und zerstört. Die südliche Seite des Gletschers bilden am Meinknob aufwärts hohe Berge voll Eis und Gletscher, unter denen höher besonders die bis weit hinab mit Schnee bedeckte Kuppe des Berges Tyndall hervortritt; im Osten und Südosten des Meinknob erheben sich die breiten Massen des Arrowsmith. Es gibt viel höhere Berge als diese; allein eine grvßartigere und crhabenere Hochgebirgswelt, als sie sich hier dem entzückten Blick des Wankeres darbietet, läßt sich l schwerlich denken. Keine volle deutsche Meile unterhalb des Ramsaygletschcrs mündet in das Rakaiathal das eines Baches, der znm Whit combepaß hinaufführt, und den Haast deshalb den Paßst r o in benannt hat; er ist ihm einige Tage vor seinem Besuche des Meinknob bis auf die Paßhöhe gefolgt. So wasserreich dieser von Gletschern gespeiste Strom ist, so hat er doch da, wo er das Thal des Rakaia beiritt, keine» Tropfe» Wasser, da sich alles m dem Schüttboden des Thales verliert, wie bekanntlich ähnliches sich in den Kalkalpcn Europa's öfter findet. Wenn man die Schntt- terrasse einige hundert Meter hinansgestiegen ist, erreicht man die Oeffuung der Schlucht, die auf beiden Seiten von überaus steilen, mit Schnee gekrönten Bergabhängcn eingeschlossen ist, über denen sich im Norden der hier als eine schöne Pyramide erscheinende Schneegipfel des Whitcombe erhebt; denn man sieht hier nur die schmale Seite des eigentlich einen längeren, vielgezacktcn Rücken bildenden Berges. Den Weg fand Haast an der Westseite dcS Stroms überaus beschwerlich; er führt theils durch die dicht ver wachsenen Gebüsche, die den steile» Abhang bedecke», theils im Belle des Stroms, der mit große» Blöcke» angefüllt ist. Nach 1600 m. Ansteigens durchschneidet er das Bett eines wilde» Bergstroms, der von einem sekundären Gletscher am Abhange des Whitcombe herabkommt, welcher gleich einem kolossalen Eiszapfen an der Bergseite herabhängt, sowie sich auch in unseren Alpen eben so einzelne Gletscher in einer Weise finden, die aller Theorie Hohn zu sprechen scheint. Bon hier erblickt man bereits die Paß- Höhe nnd erreicht eine Meile höher einen zweiten bedeutenderen Zufluß des PaßstromS, der aus dem größten der sekundären Glet scher der östliche» Seite des Whitcombe, dem Roßglctscher, abfließt »»d tobeud iu einer Folge von Katarakten am Abhänge herabstürzt; seine Passage bot erstaunliche Schwierigkeiten dar, und es erscheint daher rathsam, wenn eine Straße über den Paß gebant werden soll, sie an der Qstseite des Thales des Paßstroms zu führen. Dieses wird oberhalb jenes Zuflusses von einer hohen Masse lose über einander aufgethürmter Felsblöcke durchschnitten, den Resten einer alten Gletschcrmoräne, wie denn solche Moränen, geschliffene und geritzte Felsplatten und ähnliche Spuren der Gletscherthätigkeit in diesen Bergen eben so häufig sind, wie in der Schweiz, nnd den Beweis liefern, daß in früheren Zeiten kolossale Gletscher sich durch alle Gcbirgsthäler und selbst bis weit in die Canterburyebcne hinabzogcu. Nachdem dieser Wall, dessen Ucberstciguug die dichten Gebüsche noch beschwerlicher mach ten, überklettert war, kam der Reisende nach s/z Meile wieder