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— 3W — Paul Marcoy's Keifen in Pern. Bearbeitet von Dr. Sophus Auge. 4. Von Luzco nach Echnrali. Dcr Weg von Cuzco zu den Thälern von Lares nnd Occv- bamba führt durch die Vorstadt vou Sauta-Ana. Man durch- schncidet die 4500 nn hoch gelegene, spärlich bewachsene nnd wenig belebte Pampa vou Auta in nordöstlicher Richtung, um nach Urubamba zu gelangen. Die unfreundliche Hochebene er freut sich selten eines belebenden Sonneublicks, fast beständig ist der Himmel düster grau verschleiert. Man findet ans dem ganzen Wege nur ein seitab liegendes Dorf, Mara, das aus 200 elenden Hütten besteht und dessen Bewohner sich kümmerlich mit Salzgewinnung ernähren. Die Insassen haben sich ihre erbärmlichen Wohnungen ans Erde aufgebant und mit Schilf oder Strauchwerk gedeckt; das Dach ist mit Schlamm und Koth beworfen, so daß das ganze ans der Ferne eher einem gewaltigen Maulwurfshaufcn als einer mensch lichen Behausung ähnlich sieht. Jede Spur von Pflan zenwuchs fehlt, trinkbares Wasser ist unbekannt, und vom Juni bis Ok- -tober herrscht der Winter in seiner furchtbarsten Kälte. So bietet die Umgebung wenig erfreuliches; aber drüben, jeuseit des Flusses, der die Pampa in nördlicher Richtung durcheilt, steigt amphitheatralisch das Hochgebirge mit sciueu Schuecgipfclu auf; drei Riesen mit weißen Häuptern beherrschen den Zug: der Jllahuaman, der Malaga und der Salcantay, die höchsten Spitzen der Sierra Huileanota. In der tiefer gelegenen Thalsohle des Flusses Huilca- maho, der sich nordwärts in den Schluchten von Silcay verliert, finden sich zwischen Wiesengrün und schattigen Gebüschen drei Landgüter. Dann gelangt man über eine Brücke mit zwei Bogen in den Hauptort der Landschaft, nach Urubamba, zu welchem bereits die Inkas treffliche Straßen gebahnt haben, die von der hohen Pampa in Schlaugenwindungeu hiuabftthrcn. Nordöst lich von diesem Orte steigt der Weg wiederum gewaltig an, nm die Kordillere zu überwinden. Die durch mächtige Wasserfluten cingegrabene Schlucht von Occobamba, die den Wildbächen des Hochgebirges von dem Malagagipfel herab zum Abfluß dienen, bildet auch zugleich den Paß für die Maulthiere und Lamazügc, welche von Cuzco nach Occobamba gehen. Schäumende Wasser fälle brechen sich zwischen großen Felsblöcken Bahn in die Tiefe. Andere Granitmassen hängen drohend über den Weg her. Flechten und Moose überziehen das vom Wassergischt feuchte Ge stein und haben im Laufe der Zeiten eine Pflauzenerde bereitet, aus welcher verschiedene Lilienarten aufspricßen. Auch andere dickblättrige Gewächse, wie der Magnet) (^.gavo amorwa.ua), haben sich angesiedelt, und zwischen den Felsen kriecht dcr ame rikanische Pfeffer (Mnlli) hin. Das Aufwärtsklimmen im Bette dcr Schlucht ist höchst bc- schwerlich; die losen Steine weichen unter dem Tritte desMaul- thicrs und poltern in die Tiefe. Die steilen Wände in dem ge wundencn Felsengrnnde verdecken jede Aussicht. Die Souuc breunt unbarmherzig in den Hohlweg hinein und erzeugt cinc glühende Hitze. Erst nach mehrstündiger gualvollcr Arbeit, bei welcher man die Thiere ganz sich selbst überlassen muß, kommt mau aus dem Schluud heraus auf eine freiere Fläche. In ziemlich gerader Linie hebt sich daun der Weg stundenlang all mählich empor; so gelaugt mau iu die Rcgiou dcr niedrigen Hügel, durch welche sich der von den Hufen dcr Lastthicrc gc treteuc Weg hin windet. Dcr Boden ist mit lichtem Grün be deckt, welches wunderbar mit dem Blan des Himmels harmo- uirt. Eine vollständige Einsamkeit und tiefes Schweigen geben dieser Bcrgregion einen grandiosen und fast feierlichen Cha rakter. Nebelstreifcn ziehen flüchtig vor den schneeigen Gipfeln dcr Kordillere hin. So naht man dem Gebirgspaß in dcr Kordillere von Oc cobamba. Dcr an fangs breitere Weg läuft iu eine vom vielen Regcu ausge waschene Schlucht in Sandstein ans. Die immer dichter werdenden Nebel massen verdeckten die Sonne gänzlich. Die düstere, licht lose Umgebung der Felsen - Landschaft wurde durch blen dende Blitze zeit weilig mit gelbem Lichte erhellt. Die Donner hallten in den Schluchten wie der. Marcoy ward durch die ihu nm gebende Szenerie lebhaft an Dantc's Beschreibung von dem Eingang in die Holle erinnert: ..Uer ine si vu netla eittü üolonte, Uer ma si vu »eil' etei-nn ünlore, Uor ine 8i va tra Irr genlnta ^onte; Uimeinte nxm kgmranza, vni ob'üitroto." „Durch mich gelangt mnu in die Stadt dcr Schmerzen, Durch mich gelangt mau in die cw'ge Qual, Durch mich gelangt man zum verlor'ncn Volke: Laßt, die ihr eingeht, jede Hoffnung fahren." - Während dieses Unwetters begegnete der Reisende einer Anzahl armer Indianer, Männer und Frauen, welche nach Occobamba hiuübcrgiugcn. Sie trugen Axt nnd Spaten zu ihrer Tagclöhucrarbcit. Die Frauen schleppten sich mit ihren Kochgeräthcn, oben darauf auf dieser Pyramide vou Utensilien saßen Meerkatzen rittlings. Die armen Leute hatten auf Be fehl ihre Wohnungen nnd ihre Arbeit verlassen und sollten auf der andern Seite des Passes, im Interesse anderer, verschie dene Feldarbeit verrichten. — Die Paßhöhc selbst ist durch zwci kleine Hügel bezeichnet, welche aus den Gebeinen von Pferden, Maulthicrcn und Lamas errichtet sind, die dem Hunger nnd der Erschöpfung in diesen Höhen erlagen. Der Nebel hatte sich dicht zusammengezogen, es war bitter kalt. Man konnte nicht zwei Schritte weit sehen. Der abwärts gehende Pfad war mit losen Steinen bedeckt, so daß das Maulthier, um sich zu halten und vor einem Sturz zu bewahren, sich aus allen Vieren fcst- stcllte nnd so hinab ratschte, glitt und stolperte. Erst nach Stunden lichtete sich der Nebel und hörten die Steilheiten Mcicrhof »an Urubamba.