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ü».3!!. Wich,»«ich n. ->rLA»»i IM0.»- >-3ahrga»?. Faniilicilblatt für Midcr- und Uölllerlliiilde. Zu bezichcu durch "vrünchhnndlnngc» dr» In- u. Ausiandcs sowie Poftäinter. Redigirt von vr. Ttto Dclitsch, Privat Docent und Realschul-Oberlchrcr. Der Jahrgang (52 Nummern oder 12 Monalshestc) läuft von Oktober zu Oktober. Das Gber-Engadin. Nach Mittheilunae» von Johann Caviezel, Lehrer in Sils, von vr. chtto Delillch. Seit längerer Zeit niinnit der Fremdenverkehr im Engadin den Jahr zu Jahr bedeutend zu. Es ist aber auch die Gegend Ivie zu Svnnucrkureu eigens angelegt. Ein so bedeutendes, schönes Thal, von allen Seiten her bequem zugänglich, mit einer Heilquelle wie die iu St. Moriz und den komfortabeln Einrichtungen für die Fremden in der ganzen Gegend muß m solcher Höhe eine ausgezeichnete Sommerfrische gewähren. Und an Sommerfrische fehlt cs da wirklich nicht. Die Dörfer Sils, Silvaplana, Campfer und St. Moriz liegen alle über l800 m. über dem Meere. Wie leicht sind von diesen Stand punkten aus verhältnißmäßig die Bergtouren, da die Thalsohle selbst schon höher liegt als der berühmte Rigi (18<>0 m.). Des wegen sieht man hier im Sommer Lnftkuranten, Wassertrinker, Bergsteiger, Botaniker, Geologen, nebst vielen andern, die alles dieses sind und noch mehr dazu. Sie genießen den Som mer, aber der Herbst wird selten benutzt, obschon er oft heitere und wunderbar liebliche Tage bringt. Auch der Winter hat nicht selten lange anhaltendes schönes Wetter und prachtvolle Tage, die vermöge der Reinheit der Lnft und der glänzenden Schneedecke, welche Berg und Thal überzieht, einen eigenen, unaussprechlichen Reiz gewähren. Freilich ist es auch bisweilen empfindlich kalt und zu anderen Malen fallen solche Unmassen von Schnee, daß für einige Tage alle Wege und Straßen ge sperrt sind. Das Ober-Engadin ist ein Hochalpenländchen im vollsten Sinne des Wortes. Seine Bodengestalt hat eine deutlich aus geprägte Charakteristik. Iu der Richtung von Nordost nach Südwest schneidet ein breites, flaches, nur selten durch Thal- stufen oder Gebirgsdurchbrüche unregelmäßig gewordenes Thal schräg durch die Alpenkette von Rosenheim in Bayern bis zum Comersee. In seinem südwestlichen Theile hat dieses Thal eine Wasserscheide, von welcher die Flüsse nach beiden ge nannten Richtungen abfließen: es ist die Maloja (Maloggia). Niedrige Granitrückcn streichen hier von einer Thalwand zur andern, nnd von dem 1817 m. hoch gelegenen Wirthshause, welches streng genommen schon im Stromgebiete des Po liegt, geht das Thal Berg ell (ital. Bregaglia) in raschem Absturz mit zahlreichen Thalstnfen nach Südwcsten, während das En gadin, mit dem Silsersee (1796m.) beginnend, bis St. Mo riz eine 2 Meilen lange, seenreiche Ebene bildet, hinter diesem Orte eine Thalstufe von etwa 60 in. hat und dann wieder mit meilcnlanger flacher, grüner Thalsohle sich nach Nordosten bis Zernetz fortsetzt. Die Bergkette, welche das Bergell und das Ober-Engadin im Norden einschränkt und mit gewaltigen steilen Abhängen unmittelbar von der Thalsohle emporsteigt, mag im allgemeinen den „Rhätischen Alpen" zngezählt werden, oder demjenigen Alpengebiete, welches Moritz Ziegler treffender mit dem Namen „Alpen der Rheinquellen" bezeichnet. An Ort nnd Stelle kennt man jene allgemeinen geographischen Bezeichnungen nicht. Ucbcr dem Bergell ragt im Norden jener Bergstock em por, dessen Gipfel, der Piz Stella (6042 »>.), der Piz Galli gine (3110 m.), der Piz Duan (3133 m.), das Gletschcrhorn (3106 m.), der Piat (3040 m.) ihre Abflüsse meist nach Norden zum Averser Rheiu senden. Durch die Einsattelung des Sep timer (2311 m.) von dieser Gcbirgsmasse getrennt, steigt über dem Silser- nnd Silvaplanasee ein aus Kalk, Serpentin und Glimmerschiefer bestehender, vielfach zerklüfteter Bergstock em por, dessen Gipfel, der Piz Longhin (2780 m.), Gravesalvas (2966 m.), Piz Lagrev (3170 m.), Piz Pülaschin (3015 m.) in das Ober-Engadin hercinschauen. Unter diesen Gipfeln der nördlichen Thalseite, die öfter be stiegen werden, nennen wir außer dem Piz Duau, der schon ganz dem Bergell angehört, den Piz Loughin (Uuugbiuo), den Grenzpfeiler auf der Wasserscheide zivischeu den Gebieten der Donau, des Rheins nnd des Po. Ist auch die Fernsicht von dem nicht schwer zu besteigenden Gipfel weniger lohnend, so hat er doch andere lohnende Partien mit schönen Aussichten. Steigt man von dem kleinen Alpensee, aus welchem der Jun entspringt, aufwärts, nahe an den Felsen auf der rechten Seite, so erreicht man in nicht langer Zeit den Sattel, der hinüber nach dem Oberhalbstein oder auch hinunter nach dem zerfallenen Bergwirthshaus des Septimer führt, von wo aus mau südlich nach dem Bergell, oder wieder ansteigend, über die Forcellina nach Avers oder rechts hinab nach Bivio (Stalla) gelangen 38