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272 aus Fichtendanben mit Reifen von Bmnbusrinde. Ist der Leichnam in dem Sarge mit angezogenen Beinen, über der Brust gekreuzten Arinen und gesenktem Haupte beigesetzt, was unter allen Umständen geschieht, mag die Leiche zur Beerdi gung oder zur Verbrennung bestimmt sein, so naht die Gattin oder Mutter ihr zum letzten Male, um ihr in vierfach zusammen- gefaltctem Papier ein Stück der Nabelschnur in die Hände zu legen, die den Verstorbenen einst mit seiner Mutter verband, worauf sofort der Sarg verschlossen wird. Damit ist die eigent liche häusliche Trauerceremouie beendigt. Nun folgen allerhand abergläubische Gebräuche, eitles Ge pränge und Formalitäten, welche theils die Bannung der bösen Geister, theils die Verherrlichung des Familienstolzes znm Zweck haben. Der Sarg wird in einen heiligen Schrein gestellt und muß beim Ausgang aus dem Trauerhause unter einem geweihten Bambusreifcn hindurch getragen werden, welcher die bösen Mächte im Trauerhause zurückhält. -Die Bonzen mit ihren Rosenkränzen eröffnen den Zug; ihnen folgen die nächsten Ver wandten in weißem Trauergewande, mit einem gewöhnlichen Strohhute bedeckt, deu sie vor Beendigung der Reinigungscere- mouien nicht ablegen dürfen. Dem heiligen Schreine mit dem Sarge vorauf wird eine Tafel getragen, welche den Namen verkündet, der das Grabmal des Verstorbenen bezeichnen wird. War letzterer ein hoher Beamter, so folgen dem Sarge seine Pferde in weißen Decken, geführt von den trauernden Stallknechten. Säbel, Wappen, Banner nnd sonstige Abzeichen seines Ranges wechseln in bestimmten Zwischenräumen mit den Gruppen der leidtragenden Verwandten oder des Gefolges. Dem Sarge des Armen folgt nur eine kleine Zahl von Ver wandten und Freunden, die eiligen Schrittes und ohne Ord nung vor Untergang der Sonne das düstere Thal zu erreichen suchen, wo die gemeine Verbrennung unter Leitung eines unter geordneten Bonzen eines benachbarten Klosters erfolgt. Die Jetas, die Parias des japanischen Volkes, denen der Beistand der Geistlichen versagt ist, beobachten keinerlei Cerc- monien. Auf einfacher Bahre tragen sie die Leiche ihres an gestoßenen Bruders nach einem entlegenen Orte, strecken sic ans ein Lager von zusammen gerafftem dürren Holze, bedecken sic mit einer Strohmatte und schüren mit den Händen das Fcncr, welches den Leichnam in Asche verwandelt, die die Lust davon führt. Tie Leichen der Christans verschwinden unter den Händcn der Polizei, man weiß nicht wie, noch wohin. So cxistirt die Ehrfurcht vor den Todten, die Sorge sm die Gräber, die anscheinend einen der achtnngswerthesten Zügc des Buddhismus bildet, iu der Thut nur für die priviligiricu Klassen und steht in genauem Verhältnis; zu dem Gewinn, den die Bonzen daraus ziehen. Daher die mangelhafte Unterhal tung der Gräber des gewöhnlichen Volkes, die einen schreiende Gegensatz bildet zu dem vortrefflichen Zustande der Terrasse und großen Grabdenkmäler, die sich in ihrer Nähe erheben. M i s c e l l e n. In den acht allen Provinzen Preußens sind im Jahre 1868 6448 Personen zur evangelischen, 171 zur römisch-katholischen Kirche über getreten. Die australischen Kolonien waren bis jetzt von britischen Truppen besetzt, deren Unterhalt zum Theil von der britischen Regierung be stritten wurde. Das Mutterland hat erklärt, diese Koste» nicht ferner tragen zu wollen, nnd die Kolonien werden sich nun gcnöthigt sehe», entweder ganz für den Unterhalt dieser Truppe» zu sorge» oder eine Miliz z» bilde» — ein Ansknnftsmittel, welches allerdings in Ren-See land, den kriegerischen Maori's gegenüber, sich nicht bewährt hat, aus dem Festlande aber vielleicht genügt, da die Landeseingeborenen fried licher Natur sind und ein Angriff von außen her schwerlich je unter nommen werden kann. In Lappland wird seit kurzem Gold gefunden. Die Tana, der Alten, der Jvalojok und der Waskojok mit ihre» Nebenbächen führen Goldflimmcrchen und Goldkörner; ein alter neuseeländischer Goldsucher hat im Auftrage einer Drvntheimer Gesellschaft die Zuflüsse des Ban- tajok untersucht und spricht sich ebenso befriedigt aus, wie ein Agent der Münze in Helsingfors, welcher 1868 auf russischem Gebiete an der Tana suchen ging. IK69 haben zwei kalifornische Bergleute au dem Jvalojok gewaschen und reicheAuSbeute gehabt; 18<0 will man auch iu Norwegen weiter flußaufwärts suchen; das Recht der Bergwerke hat sich der Staat Vorbehalten. Auf Aiidöcn, der nördlichsten Insel der Lofvden, sind gleichzeitig Steinkohlen von ausgezeichneter Beschaffenheit gefunden worden und man geht au die Ausbeutung eines Flötzcs von 5 cim. Stärke. Die Straße Von Calais, welche England und Frankreich scheidet, ist sür den Verkehr zwischen beiden Ländern, der jährlich an Umfang zunimmt, ein unbequemes Hindcrniß. Das zweimalige Aus- und Um steigen, das Ab- und Ausladen des Gepäcks, zu Zeiten auch der widrige Wind halten die Schnelligkeit der Fahrt auf. Daher sind seit Jahre» bereits Plätte geschmiedet worden, welche eine Abkürzung und Siche rung der Fahrt bezwecken: Anlegung eines mächtigen Tunnels oder — mit nicht geringeren Kosten — Erbauung einer ununterbrochenen hohen Brücke; beide Pläne würden durch die geringe Meerestiese begünstigt werden, aber so ungeheure Summen kosten, daß ein Gewinn dabei nicht zu erwarten steht. Burcl, ein französischer Ingenieur, schlägt vor, von beiden Ländern mächtige Steindämme mit der Eisenbahn bis gegen die Mitte der Straße hinauszuführen und den verbleibenden offenen Raum vermittelst einer großen Dampffähre zu übersetzen; am leichtesten auszusühren wäre derPlanJohnFowler's, eines englischen Ingenieurs, der sich mit der Herstellung von gewaltigen Dampffähren zur lieber fetzung ganzer Eisenbahnzüge und mit Anlegung von zwei neuen großen und tiefen Häfen an den beiderseitigen Ufern begnügen will. Paraguah hat nun endlich Frieden erlangt, nachdem der eiserne Tyrann Lopez, bis zum letzten Athemzuge kämpfend, gefallen ist. Im August 1864 brach Lopez die friedlichen Beziehungen zu Brasilien atc Es galt hauptsächlich die freie Schiffahrt auf deu Strömen, we>v Lopez verweigerte, Brasilien verlangte, und mit Brasilien seit 1865 auch seine Verbündeten Argentinien und Uruguay. Tas Hecr von Lopez, der längst gerüstet und nach KriegSruhm lüstern war, schars angrcifend vor, gewann mehrere Schlachten, wurde aber sada»" zurückgedrängt und die Feinde drangen in das Laud ein, iu bcschwci licher und überaus kostspieliger, aber auch träger KriegSführnntz lang sam vergehend. Weder die endliche Erstürmung des festen Hmmm"' noch die Einnahme der Hauptstadt Asuncion endigten deu Kamps; f» der Tod des Diktators brach die Kraft des Widerstandes. Lopez, Z eine strenge Diktatur über sein fast nur aus Indianer» bestehendes ü"' übte lind gegen Fremde sich manche» Bruch des Völkerrechts zu schubs' komme» ließ, wurde mit einem Reste von 1009 Mann am I.März von Genera! Camera angegriffen nnd, da er sich nicht ergeben wom» erschösse». Er war 46 Jahre alt. Der Staat Paraguay ist durch ecr Krieg auf das äußerste hcrabgckommen. Drr Wcittban in Kalifornien nimmt großartige Dimensionen""' 1869 rechnete man 60 Millionen tragende Weinstöckc, zur Hälfte vc der inländischen „Missionstraubc", zur Hälfte von europäischen oee amerikanischen Sorten. Ans den Acre kommen etwa 900 Stöcke, ne" denen durchschnittlich 800Gallonen (IlszOxhoft) Wein nndüOGallp^ Brantwein gewonnen werden, während inan in Frankreich von g>E Flüche 600 Gallonen Wein nnd 4 bis 5 Gallonen Brantwein reäp^ Hundert Pfund kalifornischen Mostes enthalten 24 bis 40.4N" Traubenzucker, europäischer Most nur 15 bis 20 Psuud. Mit Safte wird keine Künstelei vorgenommen. Die Angaben der .. tion sind verschieden; 1867 rechnen einige gegen zwei, andere gegen " Millionen Gallonen Wein, die Produktion von 1868 sollte um 6V P^ zent größer sei«. In dem warmen, trocknen kalifornischen Klima M dieRebe so schnell, daß sie nach 6Jayren die Tragfähigkeit besitzt »nc Europa nach 8 Jahren; die Trauben reifen gleichmäßig, jo daß nn 1000 Pfnnd kaum l Pfund unreife oder faule Beeren sind. Von Kw. heil leidet die Rebe nirgends, einer Stütze bedars sie nicht lange, «a formen wird bald unter den ersten Weiuländern der Erde stehen. Rudolf Müldcncr, äus deutschen Kauen, Bilder nud SkiK'^ von deutscher Erde, Zwickau 1870, Eigcnthum des Vereim Verbreitung guter und wohlfeiler Volksschristen. Dieses AmmM dem noch zwei andere folgen sollen, enthält einige dankenswerthe -r" stcllmigen von Punkten und Gegenden, die sonst weniger beschrieben^ werden pflegen: das Schill-Monument in Braunschweig, Sätzen Luxemburg, von Aachen nach Lüttich, der Petersberg (bei V „,ji Jberg (bei Heiligenstadt), alle in schlichter, klarer Darstellung eingehender Berücksichtigung der geschichtlichen Momente. Verantwortlicher Redakteur: vr. Kilo Lettisch in Leipzig. — Verlag von Kiidotf Loss in Leipzig. — Druck von Giesecke L Vevricnt in LeW"'