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255 >c kl 11 e st l, r g e li Vorrath von Thee, Oel, Reis und Salz, eiiF'paar 'Stücke bausgeräth, mit einem Worte nichts, als das Nothdürftigste. Ter ganze Ertrag ihres Schweißes gehört den großen Grund besitzern, den Feudalherren. Der Mangel einer Mittelklasse berleiht den japanischen Dörfern ein äußerst ärmliches Ansehen. Nur die Tempel unterbrechen die Einförmigkeit der ländlichen Wohnungen, doch unterscheiden sie sich von weitem nnr durch die gewaltige Ausdehnung ihrer Dächer nnd durch die Jahr hunderte alten Bäume, die stets in ihrer Nähe stehen. Bud dhistische Pagoden mit ihren hohen, mit Galerien verzierten Thürmen mit spitzem Dache sind ziemlich selten. Unter allen Klassen der Bevölkerung, von der Gesellschaft Asgestoßen, von dem Gesetz ignorirt, stehen die Jetas: Ab decker, Gerber und alle, die mit Thierfellen zu thun haben. Turch die Berührung todter Körper unrein, müssen sie in be- Ifnderen Dörfern wohnen, Ivo sie übrigens unter sich in ziem licher Freiheit leben. Die Verachtung gegen sie ist so groß, daß sie selbst bei Volkszählungen nicht mitgerechnet werden nnd daß der Raum, den ihre Strohhütten eiunehmen, bei Messung der Entfernungen von einem Orte zum andern außer Acht gelassen wird. Noch tiefer stehen die aus ihren Reihen genom- "leuen Scharfrichter, die Aussätzigen, die Krüppel und die registrirten Bettler. Die tiefste Stufe gesetzlicher Ehrlosigkeit "der nehmen die Christans ein, die geduldeten Abkömmlinge der einheimischen christlichen Familien, welche in den großen Verfolgungen des l7. Jahrhunderts nicht vollständig ausge- rottet wurden. In die Städte internirt und entweder in mit- lelalterliche Ghettos oder, wenn ihre Zahl klein ist, in Gefäng nisse eingepfercht, stehen sie bis zum letztem Athemzuge unter beständiger Aufsicht der Polizei. Trotz der Verschiedenheit in der"Lebensstellung der einzelnen Klassen ist doch die Lebensweise im Palast, im Bürgerhaus "vd in der Bauernhütte im Allgemeinen ziemlich dieselbe, was seine Erklärung in dem Umstande findet, daß die Trennung der Bevölkerung in jene Klassen nicht auf einem Rassenunter schiede beruht, sondern in dem Entwickelungsgange des homo genen Volksstammes begründet ist. Das wichtigste Stück der japanischen Nationaltracht ist der kirimon, eine Art offenen Schlafrocks, den die Frauen ein Kenig länger nnd ein wenig reicher verziert tragen, als die Männer. Um die Taille wird er durch einen Gürtel fest gehalten, welcher für Männer aus einer schmalen Seidenschärpe, sür Frauen aus einem breiten, eigenthümlich geknüpften Stück Zeug besteht. Dieser Gürtel, der Obi, den, mit Ausnahme der Damen von fürstlicher Familie, alle erwachsenen verhei- ratheten'oder'nicht verheiratheten Frauen tragen, ist der Theil der weiblichen Kleidung, welcher je nach Geschmack und Laune die meiste Verschiedenheit zeigt. Bald ist er höchst einfach, bald durch Reichheit des Stoffs oder durch den Luxus der Stickereien ausgezeichnet. Gewöhnlich ist er breit genug, um gleichzeitig als Korsett zu dienen. Man wickelt ihn gleich einer Binde rund um den Leib und befestigt ihn auf dem Rücke» durch eine sinnreiche Verschlingung des Endes. Hierdurch entsteht eine Art von breitem, plattem Knoten, dessen Ende entweder glatt herabfällt oder bauschig um die Hüften flattert. Eine Witwe, die sich nicht wieder verheiraten will, trägt den Knoten vorn. Stirbt eine Frau oder ein Mädchen, so bekleidet man die Leiche mit dem besten Gewände, legt den Obi nach Witwenart um und knüpst ihn mit zwei scharf zusammenge zogenen, gleichsam unauflöslichen Knoten. Die Japaner tragen keine Wäsche, baden sich aber jeden Tag; nur Frauen tragen ein Hemd von rothem Seidcnkrepp. Während des Sommers verrichten Bauern, Fischer, Kulis, Künstler und Handwerker ihre Arbeit fast vollkommen nackt, während ihre Frauen nur einen Rock nm ihre Hüsten gürten. Bei Regenwetter hüllen sie sich in einen Mantel von Stroh oder von geöltem Papier und bedecken den Kopf mit einem schildförmigen Hute aus Bambusrinde. Während des Winters tragen die Männer vom Volke unter dem Kirimon einen Leib rock und ein eng anliegendes Beinkleid von blauem Baumwol lenzeug, die Frauen einen oder niehrere wattirte kurze Mäntel. Bürger nnd Adlige gehen nie ohne Leibrock und Beinkleid aus, die nur durch den Stoff sich von einander unterscheiden. Nur der Adel hat das Recht Seide zu tragen, doch benutzt er reiche Gewänder nur, wenn er an den Hof geht oder Staatsvisiten macht. Im Dienste tragen die Regierungsbeamten ein weites, nachschleppendes Beinkleid und ersetzen den Kirimon durch einen bis zu deu Hüften reichenden Ueberwurf mit weiten Aermeln von ziemlich gefälligem Schnitte. Die Fußbekleidung ist für Alle die gleiche: Leiwandstrümpfe und Sandalen von geflochtenem Stroh oder von Holz, die durch eine Schnnr mit Hülfe der großen Fußzehe festgehaltcn werden. Sind die Wege fchmuzig, so bedient man sich einer Holzsohle, die auf zwei senkrecht stehenden Bretchen befestigt ist. Den größten Theil des Jahres tragen die Leute des Volks Stroh sandalen. Kommt man nach Haus oder betritt man eine fremde Woh nung, so legt man Sandalen oder Sohlen ab und läßt sie an der Schwelle stehen. (Fortsetzung folgt.) oie katerhche. Ein Bild aus dem ostfricsischen Volksleben. Bon Kormann Meier. „Morgen Nachmittag halb vier Uhr Katzenjagd auf der ^ws!" verkündet der Ausrufer in einem Dorfe nahe am Flusse eines Sonnabends Nachmittags und bringt dadurch die ganze Bevölkerung in eine nicht geringe Bewegung. Seit mehreren Tagen hat es gar grimmig gefroren und die Ems steht, d. h. "le einzelnen Schollen haben sich verbunden und bilden eine un- »nterbrochene Fläche. Da darf denn am morgenden Sonntage Fest nicht fehlen, welches schon den Vätern thener war; ^'Fest aber eben so grausam, wie vor der Bildung des 1V. Jahr hunderts unhaltbar; ein Fest, welches hoffentlich in gar nicht langer Zeit in's Gebiet der Sage fällt. Es ist Sonntag Nachmittag, die Ems ist von einer wo- Miden Menschenmasse bedeckt nnd die wenigen Kirchengänger erwarten mit Sehnsucht das Amen des Predigers, um dann euenfalls auf's Eis zu wandern und dem Schauspiele beizu- kohnen. Mitten auf der Ems steht eine Sudeltente, ein ordinäres Zelt, welches nur die gemeinsten geistigen Getränke darbietet, ^rei Pfühle im rechtwinkligen Dreieck sind mit Latten ver- unden und mit Stroh durchflochten — das ist das Zelt. Es öffnet sich nach Westen, damit der böse Nordosten die Finger nicht so steif frieren läßt, daß man kein Glas mehr halten kann. Und dem Doornkaat und Nittert-Meyer bringt man hier ganz bedeutende Huldigungen dar, so daß die Besitzer des Zeltes — ein paar kräftige Arbeiter — alle Hände voll zn thun haben. Vor dem Zelte steht ein Galgen: zwei Pfähle, etwa 8 m. lang, stecken im Eife und sind oben durch eiueu Querpfahl verbunden. Auf dem Eise liegt eine verschlossene Tonne mit starken Bän dern und rings umher dicke Knüppel die schwere Zahl. Die Tonne wird aufgezogen und baumelt der Länge nach in der Mitte des Galgens. In der Tonne aber sitzt der dickste Kater, den man nur hat aufgabeln können. Die jungen Männer bewaffnen sich mit den Knütteln und legen ä Person ein Fünf groschenstück auf den Tisch der Hütte. Es handelt sich jetzt darum, in einer Entfernung von 10 m. den Boden der Tonne dergestalt einzuwerfen, daß der Kater das Weite gewinnen kann. Das Loos bestimmt die Reihenfolge der Kämpfenden. Sobald solche geordnet, binden sich die Gladiatoren die Schlittschuhe unter, während die gaffende Menge vor Verlangen brennt, daß das abscheuliche Schauspiel vor sich gehe.