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vom Pfingstsonnabend bis Montag insgesamt 212 Extrazüge — außer den zu ermäßigten Preisen — eingelegt worden. Auf den Sekundärbahnen Hains- berg-Kipsdorf und Radebeul-Radeburg war der Ver kehr kaum zu bewältigen. Nach Stationen der Lößnitz wurden am Pfingstsonntag 3835 und am Montage 3617 Fahrkarten auf dem LeiPziger Bahn- Hofe verkauft. Auch die Extrazüge nach Berlin, Hamburg und Kiel sind sehr stark besetzt gewesen. — Am 11. Juni früh suchte der Tod in merk würdiger Weise ein schnelles Opfer. Ein in den dreißiger Jahren stehender Herr, der in Gesellschaft seiner Fran und Tochter das Frühcoucert in der Großen Wirtschaft in Dresden besuchte, verschluckte sein künstliches Gebiß und ist infolge dessen auf dem sofort erfolgten Transport zu Geheimrat Dr. Credo, wo man dem Unglücklichen Hilfe zu schaffen hoffte, an Erstickung gestorben. — Zwickau, 11. Juni. Das Ende des fröh lichen Pfingstfestes brachte hier leider noch einen schweren Mißtou, indem vergangene Nacht bald nach ^s1 Uhr in der Pöhlauer Straße der 18 Jahre alte Bergarbeiter Wilhelm Curt Kühn vor der elterlichen Wohnung erstochen wurde. Als Thäter wurde der 32jähuge Papiermacher Karl Gruber aus Gloggnitz in Oesterreich, wohnhaft in Eckersbach, ermittelt und noch vergangene Nacht festgenommcn. Gruber, vom Tauzsaale kommend, begleitete ein Mädchen, nach dessen hier, Pöhlauer Straße, befindlichen Wohnung. Bor dem von der letzteren, wie von Kühn gemeinsam bewohnten Hanse wurde Gruber von einigen Burschen geneckt, von Kühn auch mit einem Stocke geschlagen. Gruber zog nun sein Messer, ein sogenanntes fest stehendes Messer, aus einer in der Hinteren Seite der Hose eingenähten Tasche, sprang auf Kühn zn und versetzte diesem mit dem Messer einen so gewal tigen Stoß, bezw. Stich unter das rechte Schlüsselbein, daß dieses angeschnitten, die rechte Schlüsselbeinarterie aber durchschnitten und innere Verblutung herbei geführt wurde. Kühn sprang noch etwa 10 Schritte weiter und brach dann leblos zusammen. Die Eltern des Erstochenen, von dem Streite auf der Straße aufmerksam geworden, waren an's Fenster ihrer Wohnung getreten, hatten von dort aus den Vorgang mit angesehen, nicht ahnend, daß ihr Sohn eben den Todesstoß empfing. Als Kühn son. auf die Straße eilte, dem Gestochenen beizustehen, hob er die Leiche seines unglücklichen Sohnes auf. — Im Bezirke der königl. Amtshauptmannschaft Zwickau sind bis jetzt 15 Blitzschäden gelegentlich des Unwetters am 4. Juni gemeldet worden, dazu kommen noch 7 Blitzschläge im Stadtbezirk, wobei Blitzschläge in Baume rc. noch nicht einmal allenthalben berück sichtigt oder gemeldet sein werden. — Wie dem „Zw. Tgbl." mitgeteilt wird, ist in Chemnitz ebenfalls die öffentliche Stimmung für eine zweite Bahn-Verbindung von Chemnitz nach Zwickau unter Umgehung von Glauchau, durch das sogen. Würschnitzthal, laut geworden. — Chemnitz. Am Dienstag, gegen abend ereignete sich in einer Sandgrube auf Altendorfer Flur em hochbedanerliches Unglück. Ein Arbeiter, welcher dort beschäftigt war, wurde durch eine ein- stürzendc Sandmauer getötet und ein zweiter erlitt einen Armbruch. Der dritte dort Beschäftigte kam glücklicherweise ohne Verletzung davon. — St. Egidien. Am Pfingstfest wurde unsrer Kirche von Frau Wilhelmine vcrwittw. Dörffeldt in St. Egidien eine herrlich gestickte rot-sammetne Altar und Kanzelbekleidung, ebenso ein kostbarer Altarteppich Das Geheimnis des Schlosses. Erzählung von L. Dubois. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung). Oft fand ich sie mit Thräneu in den Augen, ohne ihnen jedoch die geheime Ursache ihrer Ver stimmung entlocken zn können. Mein Vater drang in sie, aber er erfuhr ebensowenig wie ich. Es drücke sie kein Kummer, versicherte» sie, allein dessenunge achtet wurden sie täglich bleicher und magerten mehr und mehr ab. In einer Nacht erwachte ich von einem herzzerreißenden Geschrei und erkannte Emma's Stimme. Sogleich eilte ich nach ihrem Zimmer, das in geringer Entfernung von dem meinigen lag. und fand sie unter heftigen Zuckungen in Isabellens Armen, welche sich bemühte, sie mit Hilfe flüchtiger Salze wieder zur Besinnung zu bringen. Ihre Züge waren verzerrt, die Zähne fest geschlossen und die Augen starr. Sobald ihre Sprache wiederkehrte, deutete sie auf das geöffnete Fenster und rief: „Dort — dort ist er hereingekommen und wieder verschwunden!" — Wie Du Dir leicht denken kannst, sprang ich sogleich nach dem Fenster, aber fand nichts, weder eine Leiter, noch Seile, noch sonstige Spuren eines Eindringlings. Außerdem lag es wenigstens sechszig Fuß über dem mit Wasser gefüllten Graben, so daß fast keine Möglichkeit vor handen war, es von unten zu erreichen. Wie hing also die Sache zusammen? Weinend gestand mir Isabella, was Emma ihr vertraut hatte. In einer Nacht, ungefähr vierzehn Tage nach unserer Ankunft war am Fuße ihres Bettes ein Phantom erschienen, geschenkt. Unserer Gemeinde ist dadurch eine große Freude bereitet worden. > — Mülsen St. Jacob, 11. Juni. Gestern mittag 11 Uhr zog ein Gewitter vom Süden her gegen unser Thal, kam aber nicht heran, sondern zog sich nach Osten zu. Nur wenige weiße, kaum zu beachtende Wolken standen über uns, da zuckte aus denselben ein Blitzstrahl hernieder und schlug in das Wohnhaus des Gutsbesitzers Julins Floß (nicht Voigt, wie wir gestern meldeten) in Mülsen St. Micheln, zerriß das Dach, zersplitterte Sparren und einen Balken und er schlug im Stalle 3 Kühe, ohne zu zünden. — Der Stadtrat zu Reichenbach hat in Rück sicht darauf, daß bei den jüngsten Bränden daselbst frevelhafte Hände den Brand gelegt und geschürt haben, für Ermittelung des Brandstifters die Beloh nung von 500 Mark ausgesetzt. — Waldkirchen, 11. Juni. Unser Ort, der sich noch nicht erholt hat von dem furchtbaren Un wetter des 2. Mai d. I., wurde wiederum von einem fürchterlichen Unwetter heimgesncht. In der Mittags stunde des 10. Juni, als den 2. Pfingstfeiertag, ver finsterte sich der Himmel nach allen Seiten und bald brach ein Schrecken erregendes Unwetter los. Alle Schleichen des Himmels schienen wieder geöffnet zu sein, und in kurzer Zeit waren von diesem anhaltenden starken Regen- und fürchterlichen Schloßenwetter Straßen, Gärten und Felder wieder überschwemmt, so daß die Zerstörung und Verwüstung von neuem begann. Au den meisten Stellen des Ortes ist die Arbeit der Verbesserung rein umsonst gewesen. — Aus Colmnitz bei Klingenberg schreibt man uns: Nach vollbrachter Aussaat erfreute sich unsere ackerbauende Bevölkerung an der prachtvollen Ueppig- keit, in welcher alle Fluren prangten. Da ward der zweite Pfingsttag zu einem Tage des Schreckens. Nach einem glühend heißen Vormittage kam es gegen 2 Uhr zu einem heftigen Gewitter, verbunden mit Schloßen wetter. Abwechselnd von allen Richtungen der Wind rose stürzten die Schloßen in Größe von Nüssen und -Hühnereiern in so großen Mengen nieder, daß nach wenigen Angenblickenschon unsere Fluren einem Schnee gefilde glichen. Schrecklich war die Wirkung, Colmnitz hat Heuer nur Aussaat, aber keine Ernte. Nur wenige ganz besonders späte Saaten dürsten sich ei holen. Im hiesigen Schulgarten lagen die Eisstücke in einer Höhe von 6—8 Centimeler. 8 Eisleben, 11. Juni. Heute früh ist ein großer Wolkenbruch niedergegangen, welcher die Felder verwüstete. 8 Berlin, 11. Juni. Abends 0s8 Uhr brachten die Brauergehilfen dem Kaiser einen glänzenden Hul digungszug unter großem Zudrange des Publikums. Eine Deputation überreichte dem Kaiser eine Adresse, in welcher sie für das warme Interesse dankt, das der Kaiser für den Arbeiterftauv bethätigte. — Infolge eines heftigen Gewitters war heute abend die Tele phonleitung zwischen Berlin und Dresden gestört. — Der Schah bleibt bis Donnerstag hier. — Die Her zogin von Anhalt ist an Diphteritis erkrankt. — Die Neichsregierung notifizierte dem „Tageblatte" zufolge dem schweizerischen Bundesrate den Abbruch der diplomatischen Unterhandlungen im Falle Wohlgemuth und erklärte, sie befände sich nun in der Lage, der Schweiz gegenüber geeignete Repressalien ergreifen zu müssen. 8 Berlin, 11. Juni. Anläßlich der Mitteilung über die Abfchiedsszene zwischen dem Zaren und dem Schah wird hier offiziös besonders betont, daß das Hiersein des Schahs jeder politischen Bedeutung ent- das sich ihr genähert, sie mit den Armen umfaßt und ihr seinen eisigen Atem in das Gesicht geblasen hatte, indem es ihr den Namen unserer armen, vor etwa drei Jahren an einer Brustkrankheit verstorbenen Mutter zuflüsterte. Diese Erscheinung hatte sich in rew lmäßigen Zwischenräumen wiederholt, und zwar si c mit demselben Losungsworte, das meiner wester wie ein warnender Totenruf erklang. G na glaubte dariu eine Verkündigung ihres nahen Eudes ^u erkennen. „Und was mich noch mehr beunruhigte", fügte Arthur hinzu, sich den kalten Schweiß von der Stirne trocknend, „war der Umstand, daß die sonst so ernste, besonnene Isabella endlich diese Ueberzeugung teilte. Um die Schwester zu beruhigen, hatte sie eine Nacht in ihrem Zimmer geschlafen und gleichfalls das Phantom gesehen, eine knöcherne Umarmung und den eisig kalten Hauch eines Mundes empfunden. Von Schnecken, und infolge dessen von einem schleichenden Fieber ergriffen, beobachteten sie Schweigen darüber, um nicht den Vater zu beunruhigen." „Aber es ist abgeschmackt", rief ich. „Kann denn nicht svielleicht irgend jemand ein besonderes Interesse haben, Euch eine solche Furcht einzujagen?" Wenn dergleichen Selbsttäuschungen eine Wirkung des Fiebers sind wie man annimmt, und dafür es viele Beispiele giebt, so mußte hier jedenfalls irgend etwas besonderes auf die jugendliche Einbildungskraft meiner Schwester eingewirkt und sie dafür empfänglich gemacht haben. Ich suchte deshalb und wachte und überzeugte mich endlich, daß niemand in oder außer dem Hause gewagt haben würde, eine so gefährliche Rolle zu spielen, die ihm das Leben hätte kosten behrt. Von hier begiebt sich der Schah zur Aus stellung nach Achsel. 8 Der Kaiser soll, wie eine dem „Standard" aus Athen zugegangene Nachricht telegraphisch meldet, für den Anfang des Okloher auch eine Reise nach Athen in Begleitung der Kaiserin in Aussicht geüommen haben, um der Hochzeit seiner Schwester Sophie bei zuwohnen. Es verlautet, die Fahrt dorthin werde zur See erfolgen und das Schiff des Kaiserpaares von einem großen deutschen Geschwader begleitet sein. 8 Augsburg, 11. Juni.t<Dieallgemeine deutsche Lehrerversammlung ist gestern hier eröffnet worden. Gegen 1600 Lehrer sind zu derselben eingetroffen. Jnder Vvrvcrsammlung hieß SeminaroberlehrerHalben aus Hamburg die Teilnehmer herzlich willkommen. Die Stadt ist reich beflaggt. ** Dr. Nansen hat folgenden kurzen Bericht seiner Reise geliefert: „Am 17. Juli 1888 verließen wir den Dampfer „Jason", um uns an der Ostküste Grönlands, 2—3 Meilen von Angmassalik-Land, ans Land zu begeben. Hier stießen wir auf einen Eisgürtel von 20s Meilen, sowie auf starke Eis- und Stromverhältnisse. Nahe am Lande wurde unser Bot von den Eismassen zertrümmert; wir gerieten ins Treiben und trieben täglich 7 Meilen südwärts; am 26. Juli erreichten wir bei Anoritok61ftn" nörd licher Breite das Land; nun gingen wir nordwärts, mußten uns durch Massen von Treibeis den nächsten Weg nach Norden bahnen, stwßen auf Eisberge und trafen mehrere Heidenlager an. Am 10. August erreichten wir Uniwik und gebrauchten nun 5 Tage zu Recognoscierungen, Vorbereitungen u. s. w. Am 15. August begaun die Wanderung, welche 3 Tage durch Wind mit Regen verhindert wurde. Obgleich das Eis sehr viele Risse zeigte, kamen keine Unfälle vor, nur sank zuweilen der eine oder andere bis zu den Armen in den Schnee, der die Risse ausfüllte. Unterm 64° 50' nördlicher Breite veränderten wir den Curs nach Godthaab. Alsdann setzten wir 3 Tage Segel ans unsere Schlitten, worauf wir be deutende Steigungen zu überwinden hatten. Das In nere des Jnlandseises ist ein Hochplateau von8—9000 Fuß, das nördlich von uns wahrscheinlich bedeutend höher ist. D e .Plateauwanderung dauerte mehrere Wochen. Das Thermometer erwies sich unzureichend, da starke Katte, wahrscheinlich gegen 50 Grad, herrschte, denn wir hatten im Zelte — 40Grad. EinSchneesturm, der uns einen Tag im Zelte sesthielt, begrub letzteres. Am 19. September hatten wir guten Segelwind, der uns weit vorwärts brachte. Wir sahen nichi von Schnee bedecktes Land, was großen Jubel erregte; zur Nachtzeit konnten wir wegen schwerer Risse un Eise nichc vordringen. Am 24. September erreichten wir Land. Unser meistes Gepäck ließen wir zurück. Am Abend des 26. September erreichten wir den Ameralikfjord. Wir sahen in der Richtung von Gvdt- haab Land, es war jedoch schwer, vorzudringen. Drei Mann stellten an einem Tage ein Boot aus Segel tuch und Bambusrohr her, während die übrigen zu- rückkehrien und das Gepäck nachholten. Am nächsten Tage gingen zwei Mann in dem Boote nach Godt haab ab, welches sie nach mehrtägigem widrigen Winde am 3. Oktober erreichten. Nach einem schweren Südsturm trafen die übrigen Teilnehmer an der Ex pedition erst am 12. Oktober wohlbehalten in Godc- haab ein. Der Winter rst allen rasch vergangen. Wir gingen auf die Jagd, machten Kajakfahrten, be suchten die Eskimos der Umgegend, deren Leben wir lebten und in deren Häusern wir wohnten, wobei wir uns wohl befanden. Am 15. April d. I. kam der Dampfer „Hvidjörnen" an, der die Post aus Nord können, da ich fest entschlossen war, auf das Phantom zu schießen, wenn es mir zu Gesicht kam. Anders verhielt es sich mit den moralischen Ursachen. Mein Vater hatte immer die Befürchtung gehegt, daß das Brustleiden, dem meine Mutter erlegen war, sich auf ihre Kinder vererben möchte. Aus diesem Grunde hatte er auch den Aufenthalt in Frankreich gewählt; und obgleich er stets vermied,Hin Gegenwart meiner Schwestern davon zu sprechen, konnten sie seine Besorgnisse doch ahnen und davon ergriffen werden. Endlich waren auch noch -gewisse alte Familienzwiste, welche sich an das Schloß Malemort knüpften, und die daraus entspringende abergläubige Furcht wohl geeignet, auf empfindliche Gemüter einen unheilvollen Einfluß zu üben." — „Darf ich Dich um eine nähere Schilderung dieser Familienzwiste bitten, mein lieber Arthur? Du wirst mir glauben, daß es keine bloße Neugier ist, was mich zu dieser Frage veranlaßt." — „Ich bin davon überzeugt." Arthur rief die alte Brigitte, welche das Thee geschirr abtrug, frische Kohlen auf das Feuer warf und uns dann verließ. Kälte und Dunkelheit herrschten in dem weiten Salon, mit seiner von der Zeit geschwärzten Holzbekleidung; die Lampen und die aus dem hohen Kaminsimse brennenden Lichter nahmen. sich nur wie rote Pünktchen in einer undurchsichtigen Atmosphäre aus, und ich vermochte kaum die Gesichtszüge meines Freundes zu erkennen, der während unserer Unterhaltung immer ernster geworden war. „Du kennst die englischen Gesetze", fuhr er hieraufj fort „und weißt, welche Vorrechte der erstgeborene Sohn einer Familie, der Erbe aller Titel und Güter derselben, genießt. Zwischen ihm