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519 Trist gehen, um ihre Tagearbeit in den kleinen Plantagen j« besorgen, die öfter mehrere Miles entfernt liegen. Diese armen Geschöpfe schwe ben bei ihrer säuern Arbeit auch noch in Lebensgefahr, weil sie den Angriffen lauernder Feinde ausgesetzt sind, die sich in die Nähe der Dörfer schleichen. Um die Mittagszeit versammelten sich Häuptlinge und Krieger zum Rath«, und nahmen die Plätze ein, die ihnen nach ihrem Range zu- kamm. Den Häuptlingen zunächst saßen die vornehmsten Tapsern, oder diejenigen Kämpfer, deren blutige Thaten sie zu einem hohen Range in National-Versammlungen berechtigten; die entfernteren Kreise be standen aus jungen Männern, die im" Nathe zuhören durften, und den Eingang verbaute ein wahrer Klumpen Weiber und Kinder, die nicht den Muth hatten, näher zu treten. „Nach einer halben Stunde hatten fast alle die vornehmsten Krie ger sich versammelt. Der Häuptling stopfte eine große Pfeife ans Stein, zündele sie an und lhal ein paar tüchtige Züge, worauf er Len Dampf durch die Nase wieder von sich blies. Dann reichte er die Pfeife den Weißen, von denen Jeder cs eben so machte und sic dann weiter gehen ließ. Während dieser Feierlichkeit gab es plötzlich eine lebhafte Bewe gung am Eingang, und einen Augenblick nachher sah man Haupt und Schultern des „Wilden Rosses" über den Haufen ragen. Der Riese brach sich Bahn durch das Volk und stapfte splitternackt in die Halle. Hier nahm er gleich im inneren Kreise Platz und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen der Psciler, die das Dach unterstützten. Der Häuptling schnitt über diese Störung ein grimmiges Gesicht; aber das Wilde Roß war ein Ungeheuer, dessen Wuth man nicht ungestraft reizen konnte, und so ging die Sache mit Stillschweigen vorüber. Nach kurzem Icitverlaus erhob sich Herr E. und setzte dem hoben Ralhe so wohl die Absichten der Bereinigten Staaten, als die Bedingungen des Vertrages auseinander. Während der ganzen Anrede herrschte eine tiefe und schauerliche Stille. Keiner rührte sich; Alle saßen da, Herrn E. mit unverwandtem Auge anstarrend. Nur, wenn ein Borschlag des Sprechers besondere Billigung fand, hörte man einen knurrenden Beisallslaut aus den tiefen sonoren Brustgewölben der Krieger. Als Herr E. seine Adresse beendigt hatte, stand der Chef der Groß- Pawnis auf und faltete sein schweres Gewand aus Büffclsell um seinen Körper. Den rechten Arm und die Brust ließ er unbedeckt. Die an dere Hand und der untere Theil des Körpers waren ganz in die dun- kclcu Falten des zottigen Mantels versteckt. Ein paar Minuten lang sah er Herr» E. schweigend an; dann tbat er einige Schritte vorwärts; seine Brust schwoll — er warf sein Haupt zurück und erhob seinen Arm, wobei er den einen Finger etwas ausstrcckte, als geböte er Auf merksamkeit. So blieb er einen Angenblick stchm und sah mit seinem Falkenauge in die eisernen Gesichter der Krieger. Hierauf begann er die Rede, ohne dabei die Positur seines Arms zu verändern. Sie war kurz, energisch und voll kühner, bilderreicher Ausdrücke. Im Ber kaus seiner Rcde wurde er immer lebendiger; seine Brust hob und senkte sich abwechsclnd z seine biegsame und mctallrcichc Stimme, an fangs mit einer sanften Blunk v-rglclchdar, wurde lauter und lauter, und endlich zu einem rollenden Donner. Er warf sein Gewand von ken Schultern, streckte seine entblößten Arme gegen uns aus und schwenkte sie mit wülbiger Gebcrdc über unseren Kopsen. Wären seine Worte nicht freundschaftlich gewesen, so hätten wir ibn wobl für eine Art von Dämon ballen können, der die entsetzlichsten Verwünschungen gegen uns aussticß. Urplötzlich fiel er aus der lauten und energischen Sprache, die er eine Zeitlang geführt, wieder in die silbernen Gutlu- ral-Töue, die ihm natürlich waren, und beendigte dann seine Rede sehr bald. Nach ibm erhob sich sein Sobn, der zweite Häuptling deS Stam mes, und hob an, zu reden. Im Verlauf seiner Rede entstand ein dumpfer Lärm in der Nähe des Einganges, der endlich zu lautem St eil und Hader wurde. Das Wilde Noß kauerte eben am Fuße des einen Pfeilers, mit den Armen die Beine umfassend und die Hände in einan der gesteckt, während sein langes und dickes Haar den Oberkörper bei nahe verhüllte. Durch den Lärm aus seinem Phlegma geweckt, begnügte «r sich anfangs damit, daß «r die Zankenden dann und wann gebieterisch rrmabnlc, ruhig zu sepn. Dies wirkte aber nur aus Augenblicke und ctm Ende gab cS einen lauten Spektakel. Jetzt sprang ter Riese ans, schritt gegen den Haufen los, schwang seine braunen Arme über ihren Häuptern, und donnerte ein paar Äortc, welche die Wirkung eines Zauberschlags halten. Er blieb einige Augenblicke in dieser drohenden Stellung, und nahm daun seinen Posten am Fuße des Pfeilers wieder «in, worauf der Häuptling in seiner Rcde foNfubr." Die Dcliberation dauerte ungefähr sechs Stunden. Nachdem sie vorbei war, wurde einer von den Ochsen, welche der Eommissair dem Stamme geschenkt batte, zu Ratification des Traktates unter freiem Himmel geiödtct, und zwar mit einer geladenen Jagdflinte. Al» die Eommission am folgenden Morgen sich anfchickte, einen anderen Zweig des Boltes der Pawni zu besuchen, um denselben Traktat mit ihnen zu schließen, überg-rben die Indianer den Fremdlingen die schon zuvor ver sprochenen Pferde, bei welchem Akie sie nichl sowohl ibrer Zuneigung als ibrcm Gewissen folgten.. Dies giebt dem Bert. Gelegenheit, ein Pferd zu beschreiben, das auf den Tristen frisch cingcsangen war. — — „Der junge Indianer führte eine glänzende kohlschwarze Stute am Zügel; ibm folgte ein Anderer, der mit einem langen Büffel strick die wilden Sprünge eines zweijährigen Füllens beschränkte. ES war schneeweiß, nur hin und wieder braun gesprenkelt. Man batte dieses Füllen erst wenige Wochen seiner Freiheit beraubt. Sein Schweif stand fast horizontal; ' die Ohren waren gespitzt; die Augen funkelten; die Nasenlöcher klafften; jedes Haar seiner langen Mähne war vor Scheu und Schrecken fast ganz cmporgcsträubt. Bald rannte cS an seinem langen «stricke wild im Kreise herum, bald blieb cs stehen, schüt- tclte die Mähne und siicrlc seinen Führer an. Zuweilen erhob es dcn Kops, warf einen lüsternen und beinahe verzweiflungsvollen Blick auf die Hügel-Reihen der Trift, die bis dahin seine Heimath gewesen, und that eine» so entsetzlichen Sprung vorwärts, daß der Indianer, welcher das andere Ende des Halfters hielt, zu Bode» gerissen wurde. Der Haufe verrannte dem lebensprudclndcn Thiere den Wcg; allein es bäumte sich, und hielt sich seine Feinde durch gewaltige Schlage mit den Vorderhufen vom Leibe. Endlich warf ein junger Indianer sein Gewand ab, überfiel LaS Pscrd behutsam von hinten, sprang ihm in einem Hui! auf dcn Rücken, und faßte die Zügel. Als das Thier mm vollends die ungewohnte Last ans seinem Riickcu spürte, wurde es ganz rasend; es stieß einen gellenden Schrei aus, that Luflsprünge gleich einer wilden Katze, stürzte sich vorwärts und rückwärts, aber Alles ver gebens. Sein Reiter war ein Meister in der Kunst: er behauptete seinen Sitz so fest und unbeweglich, als wär' er mit dem Tbiere ver wachsen gewesen. Dabei versetzte cr ibm mit einer schweren Peitsche so kräftige Hiebe, daß es endlich wie ein Hund sich nicderduckte. Sein Muth war gebrochen, der letzte Funke von Freihcilsgesübl erloschen. Bald nachher kam einer der Jäger ulld band ihm einen Pack aus den Rücken. ES leistctc forthin keinen Widerstand mehr, und wurde mit den übrigen Pferden zu lebenslänglicher Sklavenarbeit forlgeführt." Das nächste Dorf, welches man besuchte, war ungefähr zwanzig MileS entfernt; und lag an jener Seile» des Flusses Platte, welcher an der Stelle, wo die Kommission übersetzte, bei einem Wasserspiegel von zwei MileS Breite viele kleine Eilande cntbiclt. Die Ticse war unge mein verschieden: sie betrug bald nur wcnigc Zoll, bald zehn bis zwan zig Fuß. Auf ihrem Marsch nach dem Dorse der Republican-Pawn.S kamen die Fremdlinge zu eincr Wiese, die von Indianern wimmelte. — — „Noch waren sie auf unsere Ankunft nichl vorbereitet. Große Haufen Indianer schweiften anscheinend ohne bestimmten Zweck auf der Ebene umher. Einzelne Indianer galoppirtcn nach verschiedenen Richtungen, Einige die Flußnser hinan und Andere dem Dorfe zu. Die lange Figur des Häuptlings sprengte, Befehle erlheilend und Jedem seinen bestimmten Posten anwcisend, ans und nieder. Zn wenigen Augenblicken kam ein Schwarm von Kriegern das steile Ufer hcrab- gestürmt, welches zum Dorfe führte. Sic stürzte» sich i» de» Fluß, brachen einen schäummden Pfad durch das Wasser, rangen sich durch das Dickicht an seinem Rande, und eilte» dann dem Flecke zu, wo der Häuptling ibrer wartete. Ictzl schien wieder eine Verwirrung zu ent stellen; alle die verschiedenen Rciicrbaufen versammelten sich, als sollten sie Ordre empfangen. Bald nachher löste sich der Häuptling von dem Hausc», galoppirie ein paar Ellen wcit voran, rief einen einzclucn Neilcrsmanu auf und schickte ibn uns entgegen. Die ganze Scene zu unseren Füßen glich der fernen Perspektive eines Panoramas. Der uns entgegenkommende Krieger schien anfangs wie eine Schnecke zu schleichen; als er aber näher kam, Hörle» wir das schwere Slampfen der Hufe sciiies Pferdes, und sahen, wie stürmisch seine Eil war. Der Necker blicb so lange ln gestrecktem Galopp, bis er uns säst erreicht halte; dann zog er die Zügel so kräftig an, daß sein Pferd beinahe aufrecht j» dcr Luft stand" und so urplötzlich Halt machte, als wär' cs zu Stein geworden. Dcr Reiter sprang ab und ging ans den Dolmetsch los. Dcr Häuptling licß uns durch seinen Mund ciuladen, in die Ebene zu kommen, wo seine Krieger uns besser empfangen würden." Nach ungefähr zwanzig Minute» kam eine zweite Botschaft von dcm Häuptling, und die Kommission rüstete sich zum Empfang dcr Indianer, die sic nach dem Dorsc gclcilcn wollten. — — „Dcr Fübrcr, welche seine Stellung an dcr Spitze des Haufens immer behanpicte, schwenkte seinen Arm. Auf dieses Zeichen trennte sich das Corps. Ein großer Trupp blieb stehen, während eine gleiche Anzahl mehrere hundert Schrille weit galoppirte, und zwar zur Rcchtcn und Linken des Ersiercn. Dann machten sic Hall, ihre Pferde dcr Gesellschaft zukcbrcnt. Dcr Hänpuing bcobachlcle cine Jeillang die Manövers beider Corps. Als er jedcu Mann an feinem Posten und alle unbeweglich sieben sah, gab cr cin neues Signal. Er erhob dcn Arm, kehrte sei» Pscrd im Kreise um, lind stieß einen langen lrilleriidcn Schrei aus. Noch cbe der Schrei verbalste, bcanlworlelen ihn lausend Keblcn, daß dcr Boden crzillcrle. Zu gleicher Zcil wurden die Pfcrdc angc- sporul. Anfangs waren die Bewegungen des Haufens regelmäßig; bevor sic aber hundert Schritic zurückgelegl balle», spornten sie ihre Pferde mit neuem noch gcllcndercm Geschrei zum gcfirccktcflcn Galopp an, und dcr ganze Trupp siürmlc in wilder Verwirrung vorwärts. Ungefähr hundert Schrille von unserem Standorte stießen die drei Divisionen auf ciltcn Augenblick zusammen; dann lrcnnlcn sic sich wieder und stürmten mit derselben rasenden Hast in Kreisen um uns herum. Im inncrstcn Kreise lummcstc sich der Häuplling, dessen surchtbare Aihlclrngesiast ans der ganzen Masse hcrvorleuchleie. Eben so überlönle seine irom- pelenartig schmetternde Elimmc dcn ganzcn Zctcr dcr klebrigen. Auf ci» drittes von dcm Häuplling gegebenes Deichen- hemmte das ganze Corps, Einer um den Ändern, dcn Lauf seiner Rosse und blieb regungslos sichelt. Dan» saßen sic ab, woraus Bicle ihre Mahren mit verbängtcm Zügcl frei bcrumlaufcn ließen. Nur die Häupllinge und die Vornchmstcn der Nalion blieben zu Pferde und eskortülen ibrc Gaste nach dcm Dorfe." Hier kam es wieder zu ähnlichen Verhandlungen und Ecrcmonicn, wie sic bei dcn Groß-Pawnis bcschrickcn worden. Der Verfasser wid- mcl eine» bedeutenden Theil seines Werkes dcr Schilderung des Privat lebens und der kriegerischen Untirncbmungcn dcr Indianer. DiePaw- nis sind cin wunderliches Gemisch von Großmulb,Tapferkeit und tücki scher Hinterlist. Sie mache» sich kein Gewisse» daraus, «inen wehrlosen Feind zu überfallen und abzufchlachlen; ihrem Bstckdnsst ist aller Blut willkommen, gleichviel, ob es ans den Adern eines Mannes, eine; WribeS oder Kindes fließt. Ein Schädel ist die erstickte Trophäe. Emer vom Stamm der Rcpublican-PawuiS, der Schwarze Häuptling