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520 genannt, war rin« Zeitlang in Unberühmlbeit versunken; er gewann scmen Sius dadurch wieder, daß er zwei Männer, ein Weib «nd ein Kind, die Bewohner einer Hütte, welche einem andere» Stamm angc- hörte, mit kaltem Blut metzelte. Lie einzelnen Umstände dieser Thal hörte der Bersaffcr in Gegenwart des Thälcr« erzählen. „Während dieser ganzen Zeit saß der Schwarze Häuptling vor sich hinblickend am Feuer, und schien kaum zu merken, daß er der Gegenstand des Gespräches war. Sein Gesicht war so heiter und ruhig, al« hätte nie eine wilde Leidenschast in seinen; Busen gewohnt, als wäre seine Hand nie mit Blut befleckt gewesen. Kaum war die Erzählung geendigt, da hörten wir mit einem Male ein lautes Geschrei im Dorfe. Scho» im nächsten Augenblick war das Bärenfell (am Eingänge) gewaltsam weggeschobcn; ein bewaffneter In dianer stürzte in die Hütte, kollerte ein paar Worte heraus, und ver schwand eben so plötzlich wieder. Jeder der Wilden sprang aus und rannte hinaus, und in einem Nu war die Hütte verlassen. Schon nach wenigen Augenblicken kam der Häuptling zurück. Noch nie batte ich einen so jähen Wechsel gesehen. Seine Züge, noch kurz vorher glatt uiid eben, wie die eines schlafenden Kindes, waren scheuß lich verzerrt, die Auge» sprühten Feuer und die Zähne knirschten. Er riß Bogen und Köcher von einem Sims herunter, packle seine schwere Keule und stürzte wieder hinaus." ES war ein blinder Lärm gewesen. Schweden. Fornnordiska minne». (Altnordische Erinnerungen.) Zwei ter Theil. Auch unter dem Titel: „Die Nordbewohner in Austrwegr." Historische Untersuchung von Cronholm. Lund, 1835. Wir haben schon früher u»sere Leser anf dieses Werk aufmerksam gemacht und können daher nicht umhin, auch der kürzlich erschienenen Fortsetzung desselben z» erwähnen, da es nicht allein für Schweden von Interesse ist, sondern überhaupt zu der Geschichte der alten Bewohner des Nordens und ihrer sittlichen und religiösen Zustände neue und wichtige Beiträge liefert. Die im vorliegenden Theile enthaltene», sowohl mit gründlichem Fleiße, als mit Kritik und Geist verfaßten Abhandlungen betreffen die Waräger, die Dänen in Wenden (Mckienburg) und die Schweden in Finland. Wir wollen hier eine» kleinen Auszug aus der Untersuchung über die Wenden mittheilen. „Die Wenden gehören zu den unglücklichsten und am meisten vcr- wahrloselen Volksstämmcn der Geschichte. Geschieden von aller Be rührung mit der civilisirlcn südlichen Welt, waren sie streng in den einschränkenden und eingeschränkten Kreis der Stamm-Berhältniffe ein- geschloffen, Freiheit ins zur Anarchie liebend und doch von einer Hierarchie unterjocht, deren Macht eene vollkommene Despotie umsaßte. Freunde der sinnlichen Freuden des Tisches und durch Durstigkeit von allem Gcnnffc derselben ausgeschlossen, lebten sie als Halbwilde im Eiftnaltcr der Barbarei und stclcn ohne Ehre im Streite für National- Unabhängigkeit, für die Bcrtbeidignng von Hans und Hcerd, von Frau - und Kind, von persönlicher und bürgerlicher Freiheit. Kein vaterlän discher Geschichtschreiber hat die Tage heiliger Erinnerungen, das Son nenlicht, welches entflohene Jahrhunderte beleuchtet, über ein Feld aus- strömen lassen, wo die Kämpfe der Nation nur in dem zweideutige» Lichte einer aus ausländischen Quelle» geschöpften Eprenik leben. Was die Nation als Nation gedacht und gewirkt bat, ist dunkel; was Ein zelne ihrer vorzüglichsten Individuen zum höchsten Ziele ihrer Anstren- gungcn gehabt, oder ob sie überhaupt ein solches gebabt haben, ist eben so ungewiß. Siegende Feinde schrieben die Geschichte der Wenden. Die Färben des Gemäldes müssen, so scheint es, aus subjektiven Grün den dunkel werden; daß sie es auch aus rein objektiven sind, wird durch den traurigen Zusammenhang der Ereignisse vermittelt und er scheint säst unmittelbar gewiß der historischen Anschauung und der hier aus fließenden Wirksamkeit, welche pragmatisch Wirkung und Ursache verbindet und getreu auf die Meteore des Welthimmcls, auf die Um- laUfskreise der großen Epochen und die oft ungebunden schwebenden Gedanken, Pläne und Tbaten der Individuen und Völker achtel. Zn diesen historischen Luft-Phänomenen, die in einer verirrenden Richtung ansgingen und endlich mit dein Verluste ihrer Eristenz für ihr Forl- schreittn vom Ziele aller höheren Bildung büßten, müssen ohne Zweifel' die Wenden Nord-Deutschlands gerechnet werden. Eine Geschichte des Volkes ist nicht möglich; denn da sie selbst keine Rücksicht auf die Ent wickelung des inneren, geistig höheren Lebens nahmen, wo kein für den Augeiiblick unmittelbarer Gewinn zu erwarten war, so wurden sie hart, aber gerecht von einer höheren Welt-Ordnung gestraft, dadurch, daß ihr nälionclles Leben in einer Nacht der Barbarei erlosch und der Name der Wenden säst von dec Erde vertilgt ward. Denn was ist ei» Name, der nur noch in balbverschwuudenen starren Eontouren dasteht, seil dem die individuellen Farbe» i» eigentlicher Bedeutung ver bliche» oder eher in die düstere Blulsarbc übergegangen sind, welche das Wendische Hcitcnlhum, so wie es in der Geschichte hcrvorlritt, charaklerisirl! Alis der Vergleichung mit anderen Slavischen Lolks- stämmen, die eine Geschichte und noch fortdauernde Epistenz haben, auf de» Zustand bei den alten Wenden schließen zu wollen, bleibt immer unrichtig; denn Vieles konnte in allgemeiner Bedeutung Slavisch sehn, ohne auch Wendisch zu scyn, und so umgekehrt. —.Manche eigenlbüm- liche Züge gehörten den verschiedene» Zweige» des großen Slavischen Stammes an und folglich auch bei, Wenden. Manche auSzeichncnde Einzelnheiten prägten sich z. B. bei Russischen und Polnischen Slaven ab, ohue sich deshalb auch bei den Wenden zu erkennen zu geben. Durch den Pakallelismus erreichen wir in diesem Falle nicht das Ziel der unmittelbar historischen Wahrheit. ES nützt nicht, mit Gründen der Vcrglcichttng und Deduktion die berechnete Wahrscheinlichkeit urthümli- chcr Verhältnisse auszustellen, da es in einem Falle, wie diesem, besser ist, die Armuth der Geschichte einzugestehen, als durch einen ethnogra phischen Synkretismus Unordnung und Verwirrung in unseren Gegen stand zu bringen. Eben so wenig würde die Wendische Vorzeit an historischem Lichte gewinnen, wollte man an« dem jetzigen Zustande der Sprache, des Charakters und der Sitten bei zerstreute»,^a„s geringe Zahl beschränkten Wendischen Stämmen aus das ehemalige Verhältnis schließen, wo da« Volk noch ein Ganzes, eine Nation ausmachte. Das treue Beibehalteu aller Gebräuche, Sitten und Vorurtbeilc beweist nicht hinreichend, daß sie ein Erbtheil der Vorzeit sind, wenigsten« nicht ein solches, da« keiner Veränderung unierworsen war; denn die Verbindung mit den Deutschen hat natürlich mit fremden Zusätzen manche der ur sprünglichen Züge vermischt nnd dem frühere» nationale» Charakter eine veränderte Physiognomie verliehe». Die Länge der Zeit nützt die Ge genstände ab, wie wenig diese auch geneigt sey» mögen, sich in neue Formen umzugestalttn und das Bild der neuen Zeit zn tragen. Man kann daher nicht die vom Heidenlhume herzeleitcte Superstition für eine und dieselbe jetzt wie ehemals ansehen; denn dazu vermißt man das eigentliche Leben; auch schreibt sich die Kleidung thcilweise von späterer Zeit her. Dasselbe Verhältnis gilt von Sprache und Sitten, welche, in einen immer beschränkteren Kreis gesperrt, erstarreii und von unent wickelter, für Entwickelung jedoch empfänglicher Rohheit in da« Schein leben, oder in die todesahnliche Betänblmg des stationairen Zustande« übergehen. Wir bauen daher nicht viel auf eiiie mögliche Ucbcreinstim- mung zwischen den ehemaligen und jetzigen Wenden, noch auf eine Uebereinstimmung zwischen den Wenden im engeren Sinn und den übrigen Völkern größeren Umfang«, die den Slavischen Namen bildeten. Eine vollständige Geschichte des Volkes wird nicht versprochen, nur Frag mente zu einer Schilderung, einige wenige Züge zu einer Charakteristik." Bibliographie. Eidrag till Svenska kyrkans och riksdagarnas historia. (Beiträge zur Geschichte der Schwedischen Kirche und der Reichs tage.) Aus dem Archive des Priesterstandes, von S. P. Berell, A. Ahlqnist und A. Lignell. Anteckningar pn en rcsa till England. (Betrachtungen auf einer Reise nach England im Sommer I8Z4) Von Carl von Forsell. Mannigfaltiges. — Seidenprobe in Frankreich. Die Franzosen habet, ein Mittel aufgesundcn, wodurch sie sich gegen Betrug im Verkauf der Seide sichern, indem sic dieselbe in einer Anstalt, die Condilion genannt, einer Probe unterweise». Die Seide kann nämlich, wenn sie feuchter, ja nasser Lust ausgesetzt ist, einen gute» Theil Feuchligkeit emziehcn, ohne daß i» ihrem äußer» Ansehen eine merkliche Veränderung mit ihr vorgeht. Diese Anstalten, wovon eine in Lyon und die andere in St. Etienne sich befindet, empfangen fast drei Viertel von der ganzen Seide, die in Frankreich verbrauch! wird, um obige» Versuch damit anzustellen. Die Seide wird 24 Stunde» lang einer Temperatur vo» 18 bi« 20 Grad Reaumnr unterworfen, und wenn ihr Gewicht sich um 2) bis ZpCt. vermindert, so wird sic »och 24 Stundc» jener hohen Temperatur ausgesetzt. Nachdem die Conditio» einen Scbein über ihr richtige« Ge wicht ausgestellt hat, wird die Faktura angefertigt. Da« Mittel, die Feuchtigkeit ter Seide aus's genauste zu ergründen, ist jetzt der Gegen stand von Untersuchungen zu Lyon, und man glaubt, daß die Reinheit dieses Sloffe« binnen kurzem durch eine Probe eben so genau zu ermitteln sey» wird, wie die der Metalle. Die Güte der Seide wird nach Denaren abgeschätzl, die das Gewicht von 400 Ellen um einen Cylindcr gewundener Seide repräsentiren; natürlich vermehrt sich diese Zahl mit der Feinheit. Die Alais-Seide wiid zuweilen au« ä bis 4 Cocons gehaspelt und wiegt nur 8 bis 10 Denare, zuweilen ans 7 bis 8 Cocon«, welche 18 bis 20 Denare geben. sl)r. Docvvi»»'« lioziort.) — Heirathen in Indien. Die Art von Zwang, deren mair sich in Judien zuweilen bedient, nm die Einwilliguiig eines Mädchens in eine eheliche Verbindung zu erlangen, ihm dort dem Glück der Ehe selten Eintrag. Viele jnngc Mädchen sind i» Indien so verlassen, als hätten sie keinen heimathlichcn Hcerd; ihre Verwandten oder Freunds haben meist nicht die Mittel, andere al« durch eine Verheirathnng für sic zn sorgen; sie fühlen selbst, daß sie ihren Familien, die ihnen keine Unterstützung zu gewähren vermögen, nur zur Last sind, und sic glaubt» sich daher nicht berechtigt, einen Heirathsantrag abzulebiien, wenn ihnen auch die Person, die sich ihnen anträgt oder die ihnen vorgeschlagen wird, nicht besonder« angenehm ist. Dankbarkeit und Achtung sind treffliche Stellvertreter der Liebe; sie dauern weit länger, und die Zu- »eiguiig, welche sich auf eine so solide Stütze gründet, ist von reinerer und beständigerer Art, als die, welche ihre» Ursprung bloß der Ein bildungskraft verdankt. Selten verläßt in Indien eine Frau ihren Gailen, und in den Fällen, wo es vorgekommen, hat man meistens be merkt, das die Heiralh aus Liebe geschloffen war. , (3- O.) — Bolivar. Die Geschichte Bolivar s ist anch die der Colum bischen und Peruanischcn Revolutionen. Sein frühes Iugendleben Hal gar nicht« Bcmcrkenswerthes, und was seine persönlichen Verdienste als äkriegcr und Staatsmann betrifft, so ist e« ib>» gegangen, wie allen ausgezeichneten Männern: man hat ihn über die Gebühr gepriesen und zu heftig getadelt. Einerseits ward er mit Einar und Napoleon ver glichen und andererseits der Frivolität, Untüchtigkeii, ja Feigheit an- geklagt. (Knizllt'n Oallerzc »s zmrtrait« ) Herausgegeben von der ^edaclion der Allg. Preuß. Staats-Zeitung. Gedruckt bci A. W. Hay«.