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430 die Leser am testen urtheilen, wenn ihnen Pfeiffer s treffliche Ode be kannt ist. Werfen wir nun einen Blick auf die Bortheile, welche uns aus der philharmonischen Gesellschaft erwachsen sind. Sie ist die höchste Instanz in Sachen des musikalischen Geschmacks, von welcher keine Appellation mehr gilt. — Sie unterhält ein Chor von Tonkiinstlern, die, al« ihre Agenten, in den verschiedenen Provinzen Musikfeste anord nen und leiten. — Sie hat der Kunst durch ganz Großbrilanien einen mächtigen Impuls gegeben. — Sie ist endlich der einzige solide zcoint si'annüi sär das Talent in England. Möge sie ihren segensreichen Einfluß noch lange, lange behaupten! (i>. ZI. ffl.) Bibliographie. 1i»8aniunä krazr. — Erinnerungen aus dem Christ-Hospital; von C. Lamb. 9 Sh. hmuch'a prose >v»rli8. (Lambs prosaische Werke.) 3 Bde. I Pfd. 7^ Sh. Hl« slurx ok ÜN8UN ölart^r. (Die Geschichte von Iustin dem Mär tyrer und andere Gedichte.) Bon R. C. Trench. S Sh. IIiu8lr»ti»n8 t<> tim hotan^ oi tlio lkimchttzuan inountains. (Er läuterungen zur Botanik des Himalaya-Gebirges.) Siebenter Theil. 20 Sh. 8cene8 ancl charaotormtics ok Ilinfloslsn. (Scenen und Cbarak- teristiken au« Hindostan.) Bon Emmg Roberts. 3 Bde. 27 Sh. Oundfleratinim rosziootinZ tl>o tr-xle xvith Oliina. (Betrachtun gen über den Handel mit China.) Bon Joseph Thompson. S Sh. Nord-Amerika. Die Literatur der Vereinigten Staaten. (Schluß.) Indeß bleibt uns das schrecklichste Hindcrniß für unsere Literatur noch zu neunen übrig. Es ist der Umstand, daß alle unsere Gedanken, Interessen und Kräfte, die sonst wohl der Literatur sich zugewandt ha- ben würden, fast gänzlich von der gemeinen und rohen Politik absorbirt werden; wir meinen die Partei- und Wahl-Politik. Es ist der Fluch, der auf dem Amerikanischen Bolke lastet, und den wir selbst von dem Englischen Temperamente überkommen haben. Jeder Mann unter uns scheint zu wissen, daß wer immer groß, weise oder fähig ist, irgend ein besondere« Interesse zu erregen, gewiß auch bald da« Haupt einer Par tei im Kongresse wird — irgend ein beliebter Sprecher, oder ein ge waltiger Lcmagog. Du magst dich hinwenden, wohin du willst, von Maine bis zum Sabine-Flusse, überall wird dir dasselbe Thema der Partei-Politik in die Ohren schrillen — die Triumphe des einen Wahl- Kandidaten über de» anderen — die Frage, wer Gouverneur, wer Kongreß-Mitglied, wer Senator werde«, oder wer sonst dazu bestimmt seyn mag, irgend ein Amt von der Gnade des Präsidenten zu empfan gen. ES kommt wenig darauf an, ob du vielleicht zufällig die Leute kennst und überzeugt bist, daß beide Parteien unwürdig und unwissend sind. Du bist nun einmal dazu verdammt, seine Lobeserhebungen, die Auszählung seiner Talente, die Geschichte seiner Geburt, seiner Fort schritte und seiner höchsten Ausbildung mit anzuhörc»; selbst unter verständigen Männern wage» es jene Parteigänger oft, au« einer Schlange einen Fisch und aus einem Steine Brod zu machen. Diese blinde Wuth ist im Stande, einen Mohak in eine» Staatsmann um- zuwandeln, und einen Bandalen, der kaum seinen Namen unterzeichnen kann, zu einem gelehrten Politiker umzustempcln. Bei so bcwandten Dingen muß der Ehrgeiz stets Alles ausbictcii, um sich wo möglich eine Partei zu bilde», um zum Kongreß-Mitglicdc erwählt zu werden, und «ine Rede zu halten, die, so geringfügig auch deren Inhalt und so stupid die darin ausgestellten Ideen sind, dennoch von einer Million Menschen gelesen wird, während andererseits da« vorzüglichste Produkt und Meisterwerk des literarischen Genie« der Menge oft gar nicht zu Gesichte kommt. Was nun England betrifft, so bilden die Gelehrten und Literalen, die sich von dem unwürdigen Treiben fern hallen und nur die friedliche Bahn ihrer Studien verfolgen, an und für sich eine so zahlreiche und achtbare Bolksklaffe, daß sie sich selbst hinreichend genügen, um sich gegenseitig zu u»tcrstützc» und aufrecht zu erhalten. Aber in Amerika ist Lie Anzahl derselben so gering, daß wer nur irgendwie einen literarischen Beruf in sich fühlt, kaum noch darauf rechnen darf, je in die Gesellschaft rinzutrcten. Er steht vielmehr allein, abgeschmttcn von allen Zirkeln, kann mit keinem eine Bruderschaft schließen, und wofern er nicht von den Umständen besonder« begünstigt wird, so darf er nie auf irgend eine Belohnung hoffen, noch erwarten, daß e« ihm gelingen wurde, durch die angestrengten Nachtwachen und Arbeiten seines ganzen Leben« so viel Noteriläl zu erlangen, als irgend die Ignoranz eine« Kongreß,Mitgliedes, da« eine Rede über den Zoll-Tarif gehalten; kurz, er ist genöthigt, die Literatur entweder mit Berzichtleistung aus allen weiteren Erfolg lediglich für sich selbst zu betreiben, oder sie gänzlich aufzugeben. E« ist gar keine Rede davon, daß die Regierung irgendwie Sorge dafür tragen sollte, «», pst Literatur in Schutz zu nehmen, oder eine neue wissenschaftliche Entdeckung durch etwa« mehr zu belohnen, al« durch ein Patent, da« selbst zu einer SlaatSrevenuc wird. Nur Jeffer son Hal, al« er auf dem Gipfel der Bolksgunst stand, den Reisenden Lewi« und Clarke einen gesetzlichen Schutz angedeihcn lassen, als sie eine Entdeckung«-Expedition nach den Quellen des Missouri und den Küsten de« Stillen Meere« unternahmen; — die Resultate waren auch im höchsten Grade ehrenvoll für den Staatsmann und sein Vaterland ausgefallen. Außerdem bat wohl der Kongreß die Autorisation zu noch mehrere» anderen Entdeckungsreisen ertheilt und zum Theil die Kosten der Ausrüstungen selbst übernommen; allein, was die Amerikanische Li- Müluk anbclangt, so hätlt sie sich gar sehr verrechnen müssen, wenn sie sich irgend eine Erwartung auf Belohnung oder großmulhigen Schutz von jener Seite machen sollte. Als dec züngere Adam«, selbst einer unserer gebildetsten Männer, in einer feierlichen Rede im Kongresse auf ein Projekt hinwie«, um die Wissenschaft zu befördern, und von der Errichtung eine« besonderen Observatorium« zu spreche» begann, da ward der Redner durch ein allgemeine« und übermäßige« Gelächter unter brochen, da« vielleicht die nächste Ursache davon wär, daß man ihn zum zweiten Mal als Kandidaten für den Präsitentenstuhl verwais. Was für Geld auch sonst immer den Partei-Intrigucn und Ränkeschmieden zu Gebote stehen mag, so ist doch da« allgemeine Volksgeschrei: „eco- noinzc, relronchiuncnt" hinreichend, um den Schatz sür jede Freigebig keit zu verschließen, wodurch die Entdeckungen befördert, die Knuste be lohnt oder die Literatur in Schutz genommen würden. Jene großmü- thige Freigebigkeit, die Jahrhunderte lang von den reichen, hochgestellten und wahrhaft edelgesinnten Männern in England dem Genie bewilligt wurde, und welche die Geber sowohl als die Empfänger zur Unsterblich keit erhob, diese Freigebigkeit ist gegenwärtig selbst in diesem Lande selten geworden und hat bei uns nie da« Tageslicht erblickt. Wenige von unseren begüterten Herren habe» daran gedacht, einen so edlen und würdigen Gebrauch von ihrem Ueberflusse zu machen, um die von der Vorsehung auserkorenen Genien, denen die gemeinen Wege und die Kanäle des Gewinns versperrt sind, irgendwie zu beschützen und zu beschir men. Wer unter den wohlhabenden Leuten unseres Vaterlandes möchte sich's wohl in den Sinn kommen lassen, einem Gay die Ruhe, die Muße und den Schutz zu gewähren, wie es seiner Ebre gebührt, oder einen Watt« in den Stand zu setzen, auf seiner Lyra im Frieden und in Ruhe zu spie len, ohne von Nahrung«- und Subsistenz-Sorgen unaufhörlich gequält zu werdens O! so ist weder die Denk- »och Ha»dlung«wcise der Reichen unsere« Tages beschaffen; noch sind sie irgendwie von dem Ehrgeize beseelt, ihre Namen durch den Ruf solcher ausgezeichnete» Geister zu erhöhen. Nei», sie ziehe» den Rus eine« große» Kapitalisten vor und geben ihre Individualität hin, um der Pcrsonificalion irgend einer mechanischen Macht, ohne Geist und Seele — »m irgend einer Corporation sich anzuschließcn. Da« ist, wie uns bedunkt, ein bedeutendes Hinderniß, nicht bloß für die Amerikanische Literatur, sondern auch sür dir der civilisirtcn Welt überhaupt, die allgemeine Tendenz Misere« Zeitalters, die individuelle.Kraft und das individuelle Gefühl in die eiserne und lrbenslose Starrheit der Korporationen aufgeben zu lassen. Die Erfin dung de« Pulver« rcduziric die Kriegskunst von der Combination indi vidueller Tapferkeit und Ritterlichkeit aus den Kalkül und die Fiuaiizrn. An die Stelle der individuellen Zärtlichkeit de« Herzen«, der Almosen de« Privatmannes und der Thränen, die unwillkürlich, bei dem Anblicke de« Elends, unserem Auge entquillen, sind die Korporationen bestrebt, ei» großes Hospital mit ungchcurc» und kalten Marmorsäule» auszu- sühre», i» denen Hunderte von Armen sich befinden, deren Futter, Heil mittel und Kost am Ende wohl ans lauter Dampf bestehen wird. Das sind die unbegreiflichen physischen Verbesserungen unserer Zeit; vermittelst eine« Dollars vermag man sich heutzutage mehr Ver gnügen und Luxus zu verschaffen, als vordem, nämlich vor der Erfindung der Dampfböie und der Eisenbahnen, mit zehn solcher Mctallstücke. Das Geld wird demnächst mehr und mehr die ausschließende Gottheit irdischer Verehrung. Unsere inneren Triebfedern gelten als Thorheiten — da« Genie ist zum Kalkül geworden — Talent ist Combinalion — Seele ist ein gewisser Betrag von Actienscheincn — Liebe ist ein schönes Hau«, Kapital und Revenürn — Moralität ist ein sicherer und gcwinnreicher Schmuck — die Poesie ist dazu da, um ein Mitglied des Kongresses oder Präsident zn werden — die exakten Wissenfchaflen messen nicht mehr die Sterne au«, sondern errichten Eisenbahnen und fuhren Chaus seen auf — die Philosophie will reich werden, und die Religion endlich erbaut Kirche» und dotirt sie reichlich au«. Der Liebhaber macht einen HeirathSaulrag; — hat die Schöne ibn geiebcn, ist er jung, hübsch und liebenswürdig? Solche Fragen mögen wohl vordem stattgcfundcn haben; gegenwärtig besteht die einzige darin, wie viel Geld er habe? Das schöne Geschlecht ist nunmehr eben so corporationssüchtig und auf den Kalkül bedacht, wie die Männer. Sic habe» ihre fünfhundert Gesellschaften, in welche alle die Elemente des Ehrgeizes und" der In- lriguc der männlichen Korporationen mit eingcslosscn sind, und es giebt sich bei den Magdalene» und Waiscn-Anstaltcn bäld kein anderer Wunsch mehr zu erkenne», als die Eitelkeit, unter de» Namen dec Vorsteherin nen zu prangen und die Jahresberichte abzufasse,i; während die Wärme und die Zärtlichkeit des Herzens, die sonst mit individueller Milde die Leidenden" pflegte, nunmehr in die allgemeine Vorrathskammer des kor porativen Interesses hmgeworscii wird. Kurz, unser gegenwärtiges Zeit alter ist das eherne und eiserne Zeitalter, das Zeitalter der listigen und" schlauen Handwerker, der ungeheuren physischen Erfindungen und Ver besserungen, das Zeitalter der Finanzen, der Banquiers und des Kalkül«. In Verhälniß zu dem, was man die positiven Wissenschaften »ennt, sind die schönen Wissenschaften , die Moral und wa« zu ihr gehört, die Zärtlichkeit, Sympathie und die edle, u»berech»ende Großmulb, in den Hintergrund getreten, um der Gefühllosigkeit, der kalte» Sclbstiucht und den strengen, seelenlosen Abstraktionen de« CorporalionS-Intercssc« Platz zu machen. ES hat keine Schwierigkeit, zu entdecken, welche« der Einfluß eines solchen GemeingcisteS, der sich nirgends i» dem Grade vorfindet, al« in den Vereinigten Staaten, aus die Literatur seyn muß.. Die Männer von Genie haben keine Vorfahren, sie können da« Erbstück ihrer Talente Niemanden hinterlassen und haben keine Nachkommenschaft- Die gemeinen Berechnungen peS Itileresscs passen nicht eben für ibre luftigen Philosophiee», und vergeblich haben dies einige literarische Ka pitalisten leugne» wollen, indem sic behaupteten, daß die Männer der Literatur eben so weltlich-weise, reich und glücklich seyn könnten und mußten, als alle klebrigen. Die Geschichte der meisten Autoren von wahrem Genie widerlegt diese Behauptung, denn unter zehn dergleichen Männern befinden sich immer neun, die arm und unglücklich gewesen sind, und man darf nur mit den einfachsten Prinzipien der Physiologie