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432 Heran-gegebcn von der Redaktion der Allg. Preuß. Staars-Zeitung. Gedruckt dei A. W. Hayn. sein Talent für die schöne Literatur gegen irgend ein anderes reelleres Geschäft nmgelauscht Hai. Diese wohlbekannten Wanderstcrne bilden die merkwürdigste» Ge stalten der Amerikanischen periodischen Blätter. Für uns beweisen sie klar, daß wir verhältnißmäßig eine hinreichende Anzahl von Talenten für die schöne Literatur, zerstreut in unseren verschiedenen LandeSlheile», besitze», daß unsere Institutionen und die Ordnung der Dinge bei uns diese Talente kräftig anrcgcn, daß sie aber unfähig sind, dieselbe» zu näbren und so lange zu erhalten, bis sie zu derjenigen Entwickelung und Ausbildung gelangte», die für eine vollständige klassische Literatur unerläßlich sind. Timothy Flint. Bibliographie. lotter» üoscrizstivo ob thv VirKmia szninzs. (Beschreibung der Virginischen Gesundbrunnen, in Briefen.) Von Peregrine Prolir. Philadelphia. Nava) storios. (Marine-Geschichten.) Von W. Leggett. New- Yort. Gon8t->»linnz>!v null its onvienn«. (Konstantinopel und seine Um gebungen.) Von einem Amerikaner, der lange Zeit in Konstanti nopel gelebt (angeblich vom Eommodorc Porter, ehemaligem Ge schäftsträger der'Vereinigten Staaten bei der Pfortcj. 2 Ede. 1'üv Italia» «Icotoi, - bouli. (Italiänisches Skizzen-Buch.) Bo» einem Amerikaner. Rußland. Sceuen aus dem Leben der Tschetschenzen. (Von einem Augenzeugen.) Bei meinem Aufenthalte in Kaukasien wünschte ich die Vergbewob- uer kennen zu lernen; und obwobl meine Freunde es mir, der Gefahr wegen, abriclhen, so entschloß ich mich doch, meinem Wunsche zu ge nügen. Ich kaufte mir daher zu Mosdok einen vollständigen Anzug der Tschetschenzen und einen wilden Gaul, und schlug den Weg aus dem rechten Utcr des Terek ein. Fünfzig Werst östlich von der Mün dung des Flusses Schadir in die Sundschu gelangte ich in ein zwischen Felsen gelegenes Dorf, wo mich ein bärtiger Tfchetschenzc in seine kleine und unreinliche Hütte ausnabm. Nachdem ich ihm eingcrcdet, ich sep ein Bcrgbcwodncr, der in Russischer Gefangenschaft gewesen und jetzt in seine Hcimalb zurück keine, war ich sicher. Ani anderen Tage früh entstand unweit des Dorfes bei einem steilen Felsen ei» Auflauf; gellendes Geschrei weckte das Echo, und an den Mützen der Männer und den Kopse» der Weiber sah man Wurf steine vorbeisansen.... Es kämpften dort zwei Tfchetschenzc». Beide halten sich in ein niedliches Mädchen verliebt und wollten nun durch Wurfsicine entscheide», wer dieselbe besitzen sollte. . . . Der Eine be gann schon zu ermatten, aber durch das Zurufen der Umstehenden er- mulbigt, warf er sich mit erneucter Wuth auf seinen Gegner. Schon schwang er drohend einen Stein aus denselben; dieser aber .wich gewandt dem Wurfe aus. . . und es begann mm ei» neues Gefecht. Nahe bei der sich drängenden Menge stand die siebzehnjährige weiß- armige Schölie; ihre ausdrucksvollen Äugen waren von Kummer ge trübt; selten richtete sie den schüchternen Blick auf die Kämpfende», und mit Unruhe sah sie dem Streiche entgegen, der ihr Schicksal entscheiden sollte.... Die jungen Tschetschenien in diesem Dorsc waren ihr ge wogen, sie aber zeigte sich gleichgültig gegen sic; ein schwarzäugiger Fremdling jedoch, der in einer Hütte mit mir wohnte, batte sic ganz sür sich cingcnommcu, doch wußte sie nicht, ob er sic liebe; ihr Blick suchte ihn unter der Mcngc. ES vermehrte sich das Geschrei.... Ein bewaffneter Tschctschcnze stürzte aus der Menge wie ein Blitz aus schwarzem Gewölk. Sein .sonst durch die dichten Locken um so schärfer bervorgebobeueS blasses Antlitz erglüblc jetzt mit hoher Rötbc, und Much blitzte aus seine» Augen. Mit der Wutb eines Ungeheuers stürzte er, einen Wurfstcin in der Hand, aus die Kämpfenden los. Das Mädchen fuhr aus; überrascht und ersten! durch daS plötzliche Erscheinen ihres Geliebten, trocknete sie sich die Thränen von den Wim pern, — und stand da, bezaubernd und frisch wie eine bei der ausge henden Sonne eben vom Tbau getränkte Rose. Unverwandt und mit feurigen Blicken folgte sie dc» Bewegungen des ibr so Tbcnrcn.... Plötzlich entstieg ibrcr Brust ein Laut der Freude, und Entzücken malle sich in ihrem Antlitz. Verzweifelt, aber gewandt wehrte der Tschetschenze die Würfe der Gegner ab; drohend sauste seine Scheibe; es fiel einer der Gegner, am Haupte blutend, und in einem Nu war der andere Gegner seines Armes beraubt. Die Menge staunte. — Rasch ergriff nun der Sieger seine , Geliebte und führte sie in die Hütte memes Wirths.... Kaum aber mochte das Mädchen an der Brust des Jünglings zu Athcm gekommen sevn, als der Nebenbuhler mit der blutenden Stirn, der Solf» meines WirtbeS, hereinstürzie und wütbcnd auf die Liebenden losging — doch sein Vater hielt ihn zurück, indem er dem Sohne nicht zugestand, den Fremdling in seiner Behausung zu beleidigen. — Der Tschetschenze nahm Abschied, brachte seine Waffen in Ordnung, schwang sich aus sein Roß und sprengte, nachdem er sein Mädchen neben sich gesetzt, in die Ge birge. „Jetzt ist er in Deiner Gewalt", sagte mein Wirth zum Sohne, „jag' ihm nach!" — Der feurige Jüngling warf sich auf's Pferd und flog dahin über Hals und Kopf — entweder zu sterben, oder Jenem das Mädchen zu entreißen!... Lange noch sah man hinter den Ab hängen her den fliegenden Mantel, die zottige Mütze des Reiters und die flatternde Mähne des Rosses. — Am anderen Tage verließ ich den Ort. Auf einem malerischen, aber gefahrvollen Wege gelangte ich zu einem anderen Dorfe, das aus einigen mit Schilf bedeckten Hütten bestand. Ich stieg vom Pferde und sah mich von Männern, Weiber» und Kindern umringt.... Unter der Menge gewahrte ich den Tschclschcnzc», der den Abend vorher mit dem Mädchen davongesprengt war. Er erzählte mir nun sein Abenteuer auf Russisch, obwobl ziemlich unbeholfen. Kaum hatte er fünf Wcrste zurückgelegt, so ereilte ihn sein Gegner mit dessen Diener. Während des Kampfes, der sich nun entspann, glückte es dcni Letztere», das Mädchen zu fassen; der Kampf der beiden Gegner ward immer heftiger — da sprengten plötzlich noch drei Reiter herzu, als Rächer des zwei ten Gegners, der im Streite den Arm verloren halte. Auch sie wünsch ten, sich des Mädchens zu bemächtigen. Ein Schuß fiel, und getroffen sank der Diener danieder. Einer von den Hinzugckommcnen bemächtigte sich nun des Mädchens, rin Zweiter stürzte sich mit Erbitterung auf de» an der Stirn blutende» Gegner, und der junge Tschetschenze verwundete das Pferd des Dritten, so daß das scheu gewordene Tbicr, unter Zurücklassung bedeutender Blutspuken, mit seinem Reiter wild davonsprengte. Hierauf wandte sich der Tschetschenze gegen den, der seine Geliebte hielt, und erschlug ihn, ohne daß cs die anderen Beiden in der Hitze des Gefechtes wabrnah- men. Dem Einen von diesen Letzteren brachte er nun eine schwere Wunde bei, während der Zweite mit seinem Pferde einen Anlauf nahm, um mit desto größerer Gewalt auf seinen Nebenbuhler loSzustürzen. Jener kam ihm aber zuvor, sprengte heran und zuckte den Dolch.... Das Roß des Gegners sprang zurück und stürzte zu einem finsteren Abgrund bin.... Die Hölle malte sich in den Zügen des Reiters!!! Verzweifelt schwang er noch einmal eine» Wurfstein auf den Tsche- tschenzen, doch dieser ficl sausend zu den Füßen des Rosses nieder.... Ein dumpfes Stöhnen tönte au« dem Abgründe herauf — dann ward Alles still. — Schneller al« der Wind flog nun der Tschetschenze mit seinem Mädchen dem Dorfe zu. Am andere» Morgen reiste das glückliche Paar nach dem Geburts orte des Mannes. Iakowlesf. Bibliographie. Beschreibung der Stationen zwischen den beiden Hauptstädten und bis zu den bedeutendste» Städten des Europäischen Rußlands. Das Gouvernement Jenissei. Von Stepan off. Acmumcutta Isivoniae Xnticzua«-. — Eine Sammlung alter schrift licher Nachrichten zur Geschichte von Liefland, Esthland und Kurland. Mannigfaltiges. — Beabsichtigte Verschönerungen von Paris. Man vcrmutbctc, der Obelisk von Luror werde dies Jahr aus dem Platze Ludwig'« XV. errichtet werden; aber weil das dazu bestimmte Picdcstal noch nicht vollendet ist und es auch so bald noch nicht sevn wird, so ist dies Vorhaben noch ausgeschoben worden. E« ist aber fest bestimmt, daß der Obelisk jedenfalls auf dem Platze Ludwig'« XV. aufgestellt wird, und nicht anderswo, wie einmal vorgefchlagen wurde. Der Ein gang in die Eiysäischen Felder über den Platz Lubwig'S XV. wird auch noch sonst bedeutend verschönert, denn es solle» zwei ungeheure Fontaine» mit mehreren Wasserstrahlen erbaut werden, aus denen da« Wasser nicht weniger als IVO Kubik-Fuß hoch springen wird. Zuerst wollte man auch die Gräbe», welche die Tuilericen umgeben, ausfüllcn; aber wegen der zum Schutz dieses Schlosses erforderlichen Vorsichts-Maßregeln Hal man dieses Vorhaben aufgegeben. Zwanzig kolossale bronzene Sphinre sollen zu beiden Seiten, von der Dcputirlcn-Kammcr an bis zur Straße St. Florentin, aufgestellt, die 12 Statuen der Konkordien - Brücke aber sortgenommen und in dic große Allee der Elvsäischcn Feldcr ge bracht werden. Verbesserungen aller Art werden noch in den Elysäischen Feldern beabsichtigt, und inan ist schon mit dcr Anfertigung verschiede ner Verzierungen zu diesem Zwecke beschäftigt. (ff. I' ) — Alt-Englischc Freigebigkeit. Dic Freigebigkeit der alten Englischen Barone ist oft zum Gegenstände besonderer Lobgcdichte ge macht worden. Aus ciner alten geschichtlichen Urkunde ersieht man, daß bei der Krönung de« König« Eduard's I. vier Englische Barone, dic der feierlichen Ceremonie beiwohnten, „vierhundert Pferde unter das Volk vcrtheillcn", außer dem, was noch der König von Schottland und Edmund, des Königs Bruder, an dasselbe verschenkte. „Und wer immcr", fügt die Chronik hinzu, „ein Pferd einmal ausfing, der behielt cs als sein unbestrittene« Eigcntbum." (I, ?) — Dcr Apvllo-Gartcn, in Madrid. Ein Mitarbeiter an dcr vista ki«zwn»Ia rühmt diesen BelustignngS-Ort in folgende» Ausdrücken: „Welche zahlreiche und doch auserlesene Gesellschaft findet man hier! Welchen herrlichen Flor junger Damen! Welche reiche Mannigfaltigkeit von Ergötzungen, von Musik, von Tänzen und sinnig angebrachten Spielen! Da« Dulroclor« oder physikalische Kabinel gewährt eine gar angenehme Unterhaltung! In solchen Vereinen muß der gesellige Ton, der gesellige Austausch frei, würdig und anständig wcrdcn, muß dcr lächerliche DonquirolismuS untergeben, der so länge wie ein Alp auf unsere Sitten gedrückt hat. Prachtvoll ist dcr Tanz saal de« Gartens, in dem G> Paare zugleich sich herumwirbcln können. Alle« ist hier genußreich: dic Frische der Abende, die gestirnte Wölbung über un«, die Menge von Gebüschen, welche Irrgärten bilden, dcr bal samische Dust dcr Gewächse, Alles erquickt die Seele und gießt heilere Ruhe in das von schweren häuslichen oder politischen Sorgen geplagte Herz. Es bliebe nur noch eine bessere Beleuchtung de« TanzsaälS und eine promptere Bedienung zu wünschen übrig."