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16 Aus allen Erdtheilen. Frage sehr nahe, ob denn nicht auch das von Castren und Reguly begonnene Werk der ethnographischen und linguisti schen Untersuchung jener Länder eine Fortsetzung finden werde. Es liegt nns zwar außer dem großartigen Werke Castrsn's über die fünf Samvjedensprachcn eine von ihm verfaßte und nach seinem Tode in neuer Auflage erschienene ostjakische Sprachlehre vor, und Reguly's wogulische Sammlungen haben durch Paul Hunfalvy in Pest einen Bearbeiter gefunden. Allein Castren konnte nicht Zeit finden, dem Ostjakischen die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, und Reguly's Aufzeichnungen genügen keineswegs, um über die lautlichen nnd grammatischen Verhältnisse des Wogulischcn zu einer gewissen Klarheit zu kommen. Es war deshalb sehr erwünscht, daß der Professor der finnischen Sprache und Literatur an der Alexander-Universität zu Hclsingfors, Dr. Aug. Ahlquist, auf seinen Reisen durch die von finnischen Völkerschaften be wohnten Strecken Rußlands in den Jahren 1854 bis 1858 unsere Kcnntniß des Ostjakischen und Wogulischcn zu erwei tern suchte, wobei er auch die ethnographischen Verhältnisse scharf ins Auge faßte. Allein die auf dieser Reise gewon nenen Resultate waren zum Theil der Art, daß Ahlquist, welcher seinen Arbeiten eine größtmögliche Vollkommenheit sichern wollte, deren Veröffentlichung von Jahr zu Jahr auf schob, zugleich in der Erwartung, daß ihm außer dem ver schiedenen bereits durch die Fürsorge Sjögren's bei der Aka demie gesammelten Material für diese Gruppe der ostfinnischen Sprachen noch Neueres zufließen würde. Um nun die ethnographischen Verhältnisse der verschie denen Ostjaken- und Wogulcnstämme auf das Genaueste und im Einklang mit den gesteigerten Ansprüchen der Wissenschaft zu untersuchen und um zugleich alle Lücken in der bisherigen Kunde der Sprache dieser Völker gewissenhaft auszusüllen, hat Prof. Ahlquist, obwohl er bereits sein fünfzigstes Jahr erreicht hat, den nicht genug zu rühmenden Entschluß gefaßt, sich wiederum zu seinen Ostjaken nnd Wogulen zu begeben. Auf Vorstellung des finnländischen Senats hat der Kai ser die erforderlichen Rcisemittel zu gewähren geruht, und im Februar 1877 wird Prof. Ahlquist in Begleitung des Stu diosus Emil Böhm und einer noch zu bestimmenden dritten Person seine Reise zu den Irtysch- und Ob-Ufern antreten. Sehr erfreulich ist cs, daß auch für photographische Ausnahmen gesorgt werden wird. Auch ist Aussicht vorhanden, daß sich ein finnischer Naturforscher, hauptsächlich der Entomologie wegen, der Expedition anschließen werde, wodurch mancher schwierige Punkt rücksichtlich der einheimischen Benennungen der Naturgegenstände leichter erledigt werden dürfte. » * q- Der Arzt Dr. James, ein junger Amerikaner, welcher 1875 an der sogenannten Macleay-Expedition auf der „Chcvert" Theil nahm (s. „Globus" XXIX, Nro. 4, S. 57), ist bei einer neuen Reise nach Neuguinea von Eingeborenen bei der Aule-Jnsel ermordet worden. Er hatte sich mit einem Be gleiter in einem großen Boote an die Ostseite des Robert- Hall-Sundes ss. Karte auf S. 151 v. Bd. XXX) begeben, um Paradiesvögel zu schießen, als sie von drei Canoes an gegriffen und beide durch Speerwürfe getödtet wurden. Ein Theil seiner zoologischen Sammlungen ist schon in England angelangt und zeugt durch die treffliche Erhaltung der Spe- cimina und die sorgfältigen beigegebcnen Notizen von dem wissenschaftlichen Eifer und Enthusiasmus des Getödteten. — Der italienische Naturforscher O. Beccari stellt in seinem letzten Briefe aus Neuguinea, dessen Nordküste er 1875 und 1876 bereiste, wieder die Theorie auf, daß die Ausdünstungen der seichten Korallenbänke in jenen Mee ren, wo eine große Menge thicrischen Stoffes bei der Ebbe den Einwirkungen von Lnft und Sonne ausgesetzt wird, der Gesnndheit entschieden schädlich sind. Diese Ansicht wurde wohl zuerst von Dr. R. Little ausgesprochen, welcher die in einigen Häfen Javas herrschenden Fieber auf jene Ursache zurückführte, aber lebhaften Widerspruch erregte. Die Frage verdient jedenfalls genauere Untersuchungen, da sie bei der Wahl von Plätzen für neue Niederlassungen in einem großen und wichtigen Gebiete von praktischem Interesse ist. — Mr. Alexander Forrest, der Bruder und Reise gefährte des berühmten John Forrest, unternahm im August 1876 im Auftrage der Regierung von Westaustralien vou Kork aus in 31»50' südl. Br. eine Forschungsreise ins öst liche Innere, um gutes Weideland aufzusuchen. Er gelangte über die Hampton Plains hinaus, legte über 400 Miles in der Wildniß zurück, ohne Weideland aufzufinden, und sah sich aus Mangel an Wasser zuletzt gezwungen umzukchren. Wo immer man bisher versucht hat, von der Westküste aus über die dortigeu Küstenansiedelungen hinaus nach Osten vorzudringen, haben sich öde, wasserlose, für Cultur untaug liche Wüsten gefunden. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Colonie Westaustralicn über ihre jetzigen Grenzen wenig hinauskommen und, obgleich sie dem Umfange nach <978,299 Quadratmiles) die größte unter den australischen Colonien ist, doch immer die unbedeutendste bleiben werde. — Am28. September 1876 ist die bisher längste Eisen bahn in Südamerika, die von Cordova nach Tucuman in der argentinischen Republik, vollendet worden. Genau vier Jahre hat der 336 englische Miles lange Bau in Anspruch genommen, und die Kosten beliefen sich ans 1,600,000 Pf. St., also pro Mile etwa auf 4760 Pf. St. — Die „Society for Promoting Christian Knowledge" hat augenblicklich vier Bände ihres Sammel werkes über nichtchristliche Religionssysteme im Druck, näm lich „Der Hinduismus" von Prof. Monier Williams; „Der Islam und sein Stifter" vom Vorsteher des Martiniöre-Col lege, Lucknow; „Der Buddhismus" von T. W. Rhys Davids und „Der religiöse Glaube Afrikas" von Rev. H. Rowley.— Bon einer zweiten Serie, „Alte Geschichte nach den Monu menten", welche dieselbe Gesellschaft herausgiebt, ist der Band „Babylonien", von dem unlängst zu Aleppo verstorbenen Assyriologen George Smith, im Druck; ebenso „Sinai" vom Major Palmer und „Die griechischen Städte und Inseln Kleinasiens" von W. S. W. Vaux. — Eine dritte Serie wird „die von St. Paulus besuchten großen Centren" behandeln. — Ein Herr Maganatha Shastri von Madras ist augen blicklich mit der Uebersetzung von „Robinson Crusoe" ins Tamil, die Sprache des äußersten Südosten von Vorder indien, beschäftigt. Kein anderes europäisches Werk erfreut sich bei den dortigen Eingeborenen solcher Beliebtheit; denn dies ist schon die fünfte Ucbertragung. Bis zu ficbeu ver schiedenen Uebersetzungen hat es nur die Bibel resp. Theile derselben gebracht. Inhalt: Die Wunder des Aosemitethales in Californicn. Von Theodor Kirchhoff. I. Mit fünf Abbildun gen.) — Die Erforschung Hissars durch die russische Expedition von 1875. Nach dem Russischen von N. Majew inTasch- kcnd. I. Mit einer Karte.) — Entdeckung und Aufnahme des Whemi-Flusses in Dahome. — Aus allen Erdtheilen: Zum afrikanischen Sklavenhandel. — Götzenbilder der Ostjaken. — Verschiedenes. — (Schluß der Redaction 9. Decem- ber 1876.) Redacleur: Dr. R. Kiepert in Berlin, S. W. Ljndenstraße 13, III Tr. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Lohn in Braunschweig.