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134 Hermann v. Schlagintweit-Sakünlünski: Topographische Skizze der Vegetationsgebiete Hochasiens rc. Topographische Skizze der Vegekatiousgebiete Hochasiens (nebst Bericht über Anlage des Herbariums). Von Hermann von Schlagintweit-Sakünlünski. il. Landesrcgion II: Das westliche Stromgebiet von Tibet. Landcsrcgion III: Hochland Ost-Tnrkistans vom Karakorum Kamme gegen Norden, und Kunlun Gebirge. (In der Transscription lauten hier die Vocale und die Diphthongen alle wie im Deutschen; von den Consonantcn aber ist ch — „tsch"; j — „dsch"; sh — „sch"; z — weiches „s". — Die Höhen sind in „cngl. Fnsi" gegeben. — In den „Results" und in den „Reisen", sowie in meinen „Akadcmic-Mitthcilungeu" ist auch in jedem mehrsilbigen Worte die betonte Silbe mit dem Accente bezeichnet.) Landcsrcgion II: „Das westliche Strom gebiet von Tibet", mit den Provinzen Gnari Khorsum, Spiti, Nupchu, Tsan- kar oder Zankhar, Pangkong, Ladak, Dras, Nubra, Balti, Hazora (Ghilghit). Diese Reihe der im botanischen Materiale vertretenen Provinzen Tibets bildet zusammen die westliche Hälfte jenes mächtigen Hochlandes, das sich in seiner allgemeinen Gestal tung als eiu großes iu der Mitte gehobenes Langenthal dar geboten hat, mit dem Stromgebiete des Dihong im Osten und mit jenen des JuduS und Satlcj im Westen. Die Grenze Tibets im Norden, die Kammlinie der Karakorum- Kettc, bildet zugleich der ganzen nördlichen Seite Tibets entlang ohne Unterbrechung die Wasserscheide und ist so die trennende Linie zwischen den Stromgebieten Indiens im Sü den und jenen der Mongolei und Ostturkistans im Norden. In der Himalaya-Kelte dagegen finden sich ungeachtet ihrer bedeutenden Mittlern Höhe und ihres, vorzüglich auf der Süd seite, ungleich steiler» Ansteigens zahlreiche Depressionen, verbunden mit Veränderung der Thalrichtung und Wendung der Flüsse gegen Süden; dies herrscht vor im westlichen Tibet und bietet sich selbst längs des Satlej- und längs des Indus-Thales, während der Hauptfluß Dihong im Osten den Himalaya-Kamm nicht durchschneidek, sondern an dessen östlichem Ende gegen Assam umströmt. In ihrer politischen Stellung sind die einzelnen Theile des westlichen Tibet unter sich sehr verschieden; aber das öst liche Tibet, Bodyul, ist seiner ganzen Ausdehnung nach eine einzige von China abhängige Provinz, nur unter getrennter Regierung nnd Administration H; das central gelegene Gnari Khorsum ist unmittelbar Provinz von China, und es war deshalb ungeachtet großer Vorsicht sehr schwer gewesen, in diesen Theil von Tibet vorzudringcn. lieber die Terrainverhältnisse des östlichen Tibet sind neuerdings, erst seit Vorlage dieses Berichtes, gleichfalls Da ten directer Entsernungs- und Höhenniestungen durch einen Mann uuscrs früher» Gefolges, Nain Singh ansMilum, nach Indien gelangt. Er war schon von uns mehrmals zu correspondircnden Beobachtungen an einzelnen Stationen und dann längs Routen verwendet worden, und hatte selbst, ob wohl er nur Hindostani und Tibetisch sprach, eine Zeit lang den Wunsch geäußert, nach Europa mit uns zu gehen („Kooults" I, p. 39); später wurde er durch Oberst Mont gomery als entsprechender Gchülfe der Kreut IriAouoms- irica! 8urvo^ übernommen. (Was das Flußsystem betrifft, scheint er den Hauptfluß Osttibets, der nach den unnüttel- i) Die Hauptgcwalt der localen Beherrschung befindet fich für das östliche Tibet in den Händen des Dalai Lama zu Lasa, der den höchsten Rang unter den tibetischen Priestern cinnimmt; aber auch der Panchen Rinpoche, der Hobe Priester zu Tassilhunpo, westlich von Lasa, hat eine Macht, die sich in mancher Richtung bis zu seiner Unabhängigkeit von Lasa steigert. „Reisen", Vd. II, S. 22. barcu Angaben, die ich in Bhutan von Tibetcrn erhielt, in seinem obern Theile Tsangbochn und im untern Dihong ge nannt wird, ähnlich wie meist die Europäer in Indien vom eigentlichen Brahmaputra Assams in der Benennung nicht getrennt zn halten. An der VereinignngSstelle selbst bilden aber die beiden Flußrichtungen nahezu ciucn rechten Winkel und der Brahmaputra — oder „Lohit" bei den nordöstlich von Assam folgenden Aborigincrn — ist in seiner Wasser menge der größere. Eigene vergleichende Prüfung der zn bietenden Namen ist überhaupt von Eingeborenen als Beob achtern, wenn auch praktisch ganz gut vorbereitet, nicht zn erwarten.) Die Provinz Spiti ist seit 1849 in Besitz des indischen Reiches, aber als Dependenz mit besonderer Verwaltung. In der letzten Periode des Sikh-Nciches hatte Spiti zu die sem gehört; nach dem Friedensschlüsse von 1846 war cs als Lehen gegen Tribut dem damals selbständigen Raja von Bisahir verliehen worden, bei dem cs aber nur drei Jahre belasten wurde. Ladak war früher die Hauptprovinz eines tibetischen König reiches, das erst von Gulab Singh erobert und seinem Kashmir-Reichc annectirt wurde. Mit den Provinzen von Rupchu bis Nubra bildete es das Reich Ladak oder Mittel- Tibet. Balti, mit Hazora und Ghilghit zusammen als das Reich Balti oder Klein-Tibet bezeichnet und früher ebenfalls un abhängig, gehört jetzt auch zu Kashmir. Nur Ghilghit ist noch jetzt nicht ganz von den Kashmiris bewältigt; zur Zeit unserer Reisen waren unter der Bevölkerung viele Unruhen, und es konnten selbst die Sammler Ghilghit nicht besuchen. Gleiches hatten wir zum Theil von den ganz westlichen und nordwestlichen Gauen der Provinz Balti, an Ghilghit gren zend, gehört, und es ergab sich auch, daß es dort allerdings für das Sammeln großer Vorsicht bedurfte, aber mehr wegen Unsicherheit des Verkehres durch Plünderungen als wegen der politischen Zustände. Die Vcrtheilung unserer Bereisungen war die folgende: Gnari Khorsum wurde 1855 von meinen Brüdern zuerst vom 9. Juli bis 22. August besucht, wobei sie bis Gartok, der Hauptstadt der Provinz, gelangten, jedoch unter großen Schwierigkeiten mit den chinesischen Behörde» sogleich an der Grenze schon; vom 5. bis 19. September hatte Adolph mit besserm Erfolge der Verkleidung ein zweites Mal neue Non ien über den Himalaya-Kamm in diesen Theil von Tibet eingeschlagen H. Im folgenden Jahre führten unsere Routen in das west liche Tibet. Von Robert und von mir wurden von Mitte Juni bis 9. August und dann — nach Rückkehr aus Tur- i) Seit dem Vordringen nach Gnari Khorsum Lurch Colonel Henry und Major Richard Strachey, 1846 und 1849, war dort das chinesische Tibet für Europäer nm so schwerer zugänglich ge worden.