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Mit besonäerer Benicksiclüigung tler Aniltropologte unö Ltlinotog Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern hcrausgegeben von vr. Richard Kiepert. s Jährlich 2 Bände L 24 Numnicrn. Durch alle Buchhandlungen und Pvflansialün -O ruutr s c^Ivet^ zu IN Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. Eine Reise in Griechenland. (Nach dem Französischen des Hrn. Henri Belle.) V. Fest in Hagia Anna. Ueber das Gebirge nach Orei. Die nördlichen Sporadcn: Skiathos, Skopelos und SkyrvS. llelnr j.umi nach den Thermopylen. Mandudi ist ein großes Dorf und Hauptort eines De mos, ausgezeichnet durch Reinlichkeit und Wohlhabenheit. Seine Bewohner sind fast alle aus Hhdra cingewandert uud haben den charakteristischen Baustyl der dortigen Häuser bei behalten, so daß sich Mandudi darin vor den anderen Orte» Euböas auszeichnet. Um zehn Uhr Vormittags erreichte dann Belle das Dorf Hagia Anna auf der nördlichen Thalseite, wo man sich eben anschickte, das Fest des heiligen Konstantin zu begehen uud mit Tänzen zu feiern, derent wegen der Norden der Insel berühmt ist. Derjenige, wel chen die stente hier tanzten, heißt Sirtos und stellt anschei nend die tactmäßige Bewegung der Fischer dar, welche ihr Netz auf den Strand ziehen. Boran tanzt der langen Kette ein Anführer, dann folgen die Männer, die Weiber, endlich die jungen Mädchen und die Kinder, jeder Theilnchmer von seinen Nebentänzern durch ein Schnupftuch geschieden, von welchem jeder einen Zipfel erfaßt. Die begleitende Musik besteht nur aus Flöte und Tambourin, von zwei Zigeunern gespielt. Zur Seite standen die älteren Bauern und der weißbürtige Geistliche, auf seinen Stock gelehnt. Man kann sich kaum ein belebteres, malerischeres Bild vorstellen, als jenes, welches sich den Blicken des Reisenden darbot, als sich bei den schrillen Tönen der Flöte und den dumpfen der Hand pauke die lange Reihe weißer Gewänder, Schürzen und rother Scidengürtel in Bewegung setzte. Den Hintergrund bildeten hochstämmige Bäume, mit Grün bedeckte Hügel und Globus XXXI. Nr. 7. die nackten, gefurchten, mit einzelnen rannen bestreuten Ab hänge des Berges Kandili. Die geschmackvolle Tracht der jungen Mädchen trügt viel zu der malerischen Wirkung des abgemessenen Tanzes bei: eine lange mit bunter Seide ge stickte Tunika von weißer Wolle, fliegende Acrmel und leichte Schleier aus Seid.engaze auf dem Haupte, deren Enden auf den Rücken herabfallen, stctztere werden in Kumi auf der Ostküste von Mittel-Euböa gefertigt und sind im übrigen Hellas unbekannt; sie sind von außerordentlicher Feinheit und schweben wie eine duftige Wolke über der ganzen Ge wandung. Als Kopfbedeckung tragen die Frauen einen klei nen rothen Fez, der mehr oder weniger mit Reihen kleiner Goldmünzen, die meist ihre ganze Mitgift ausmachen, bedeckt sind. Neuvermählte binden sich einen langen scharlachrothen Gürtel von Seide um, der in Troddeln endigt und mit ver goldeten, im orientalischen Geschmack verzierten Silberplätt chen besetzt ist. Einen andern Tanz führten die jungen Männer allein auf: die Häudc auf die Schultern des Vordermannes gelegt, sprangen sie schnell drei Schritte zur Seite, dann einen rück wärts, während der Anführer, ein großer Bursche mit ge wecktem Gesichte, den Fez auf dem Ohre, tolle stnftsprünge aussührte und die Beine hcrumwarf, bald schneller sich bewegend, bald nachlasscnd, je nach dem Tempo des Or chesters. Er schien unermüdlich-, zeitweilig stieß er einen wilden Schrei aus, sprang dabei in die Höhe uud warf dann 13