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F. Grabowski: Dajakische Sitten und religiöse Gebräuche. 27 des Dajaken zu Grunde, daß auch fast jedes leblose Ding eine Seele, „Zana«, hat. Jede gauu hat aber wiederum einen König, der immer ein „Dämon" ist, und da auf diese Weise nach dajakischen Begriffen die ganze Welt un ter der Macht von Dämonen steht, so ist das Bemühen, dieselben in Gunst zu erhalten, erklärlich. Die Ernte dauert zwei Monate, weil stets nur die reifen Aehren geschnitten werden. Dieselben werden auf besonderen Gestellen getrocknet, mit den Füßen gestampft, und dann die Körner von allen Beimengungen durch den Wind befreit, indem man sie von einer hohen Bühne hcrab- schüttet. Die letzten geernteten Aehren werden zn einem Bündel vereinigt in einer Ecke des Hauses aufbcwahrt. Sie dienen der Zaus, des neu zu Pflanzenden Reifes als talmssuA (Athcm). Die Reiskultur der Dajaken befindet sich mithin noch in den ursprünglichsten Formen und wenn, wie in den letz ten vier Jahren, die Ernte völlig mißräth, d. h. durch Rat ten und Insekten vertilgt wird, so herrscht große Noth. Bei der Zähigkeit des dajakischen Charakters ist keine Aussicht, daß die intelligentere Art der Javanen, den Reis zu bauen, in naher Zeit Eingang findet, zumal das holländische Gou vernement sich dahin zielender Einwirkungen enthält. Wäh rend des Reisbaues wohnen die Dajaken in kleinen Häus chen (xassall). Außerdem stehen in gewissen Entfernungen am Felde Hütten (xoäolr oder auch KoobosA), von denen aus zur Verscheuchung der Reisvögel (bosrosnA xipik) mit Hülfe einer Leine (rottau) Wedel von Nipa oder Kokos und Grasbüschel, die sich in aufrechter oder umgekehrter Stellung an langen Stangen befinden, in Bewegung ge setzt werden. Beabsichtigt der Dajake ein Haus zu bauen, so ge schieht das nie auf einer Stelle, an der nachweislich bereits ein anderes gestanden hat; ein solcher Ort ist pali (unrein). Auf dem Platz, welcher den Wünschen des Erbauers ent sprechend erscheint, wird ein Loch von cira 1 Fuß Tiefe mit den Worten gegraben: „O Djata, o Sangiang, wir wollen hier ein Haus bauen, gieb uns ein Zeichen, ob wir damit Glück haben und nicht krank werden. Ist der Bo den fett und wohlriechend, so soll uns das ein Zeichen zum Bauen sein; stinkt er aber, dann bauen wir nicht." Danach wird die Erde berochen. Doch es wäre wunder bar, wenn dem Dajaken dieses eine Zeichen genügte. Zu nächst muß er wieder träumen. Kommt in seinem Traum Regeu oder Wind vor, so wäre Krankheit oder Streit in dem neuen Hause zu erwarten. Glaubt er aber im Schlaf einen Berg oder einen hohen ästelosen Baum zu besteigen, so ist der Erbauer überzeugt, reich und glücklich zu werden. Ist das Haus fertig, so wagt der Dajake nicht, es sofort zn bewohnen; es muß erst durch Blut gereinigt werden. Es findet eine Besprengung des Gebäudes mit Opferblut statt, doch giebt keiner über die Bedeutung der Ceremonie gefragt eine andere Antwort als „tava", d. i. ich weiß es nicht. Die Dajaken haben auch eine Art Tanfe, wenn ich es so nennen darf. Das Neugeborene darf nicht früher das Hans verlassen, bevor in einem Garantong (kupfernes Musikinstrument) Wasser mit Blut eines jungen Hühnchens gemischt und das Kind damit besprengt ist. Nachdem darauf durch Laub eine Verbindung vom Haufe bis zum Fluß hergestellt und der Anlegeplatz bekränzt ist, wird das Kind dorthin getragen, ins Wasser getaucht und dem Was sergott Djata zur besondern Gunst empfohlen. Schon in der frühesten Jugend wird die Verlobung der Kinder von den Eltern geschlossen; ja es ist vorgekom men, daß noch ungeborene Kinder bereits verlobt wurden. Die Eltern im Verbände mit sämmtlichen Blutsverwandten bringen die Sache in Ordnung und dann sind die Kinder- gebunden. Oft sehen sich die Verlobten nicht vor der Hoch zeit. Es ist dann unter anderm auch vorgekommen, daß der Bräutigam, als er am zweiten Hochzeitstage seine Braut anschanen durfte, sich in Folge des angenehmen Ein druckes schleunigst aus dem Staube machte. Doch wird ihm das Aussehen der Braut, vielleicht aber mitunter un zuverlässig, vorher beschrieben. Der erste Schritt zur Ver lobung geht von der Mutter des jungen Mannes aus. Bon mehreren Frauen begleitet begiebt sie sich in das Haus ihrer zukünftigen Schwiegertochter, wo sie mit der Mutter derselben und den Tanten spricht. Findet sie geneigtes Ge hör, so wird nach einigen Tagen die Frage durch drei oder vier Männer wiederholt. Dann beginnen die Unterhand lungen Uber die Geschenke, welche der Bräutigam geben mnß und bei deren Festsetzung alle Blutsverwandten, welche nach dajakischem lmäat (Gesetz) ein Recht auf solche Be rücksichtigung geltend machen können, d. h. außer den El tern alle Onkel, Tanten, Schwestern, Brüder u. s. f., zu bedenken sind. Oft scheitert eine geplante Verbindung an der Unzufriedenheit eines entfernten Verwandten mit dem ihm angebotenen Antheil. Ist alles in Ordnung, so wird als Hochzeitsmonat immer der September oder Oktober, jedenfalls aber ein Zeitpunkt nach der Ernte festgesetzt. Die Hochzeit findet im Hause der Braut statt, da nach dajakischer Sitte der Mann seiner Frau folgt und in dem Anwesen derselben zu wohnen hat. Der Bräutigam wird an dem Tage, an welchem er das elterliche Haus verläßt, „manfaki" (mit Blut gereinigt), und ein Fest zu seinen Ehren gegeben. Die Mutter verwendet das Blut einer Henne oder eines jungen Ferkels, um ihm Füße, Knie, Brust, Hände, Ellenbogen und Stirn zu bestreichen. Darauf wird gegessen und getrunken und schließlich begiebt sich der Bräutigam, von vielen Freunden begleitet, nach dem Hause der Brant. Hier empfängt man die Gäste ziemlich kühl, nöthigt sie zum Sitzen und fragt endlich, warum sie eigentlich gekommen wären. Der vorher be stimmte Wortführer setzt nun in größtmöglicher Breite den Grund auseinander, worauf der Wortführer der andern Partei, als ob nicht schon alles abgemacht wäre, antwortet, davon könne nur die Rede sein, wenn der Frager genug mitgebracht hätte. Darauf geht es an ein beiderseitiges Feilschen, bis man sich bei den ursprünglichen Festsetzungen einigt. Der Bräutigam spricht dabei kein Wort und die Braut ist ganz unsichtbar. Die beiden Wortführer, wozu immer Leute gewählt werden, die besonders bilderreich spre chen können, machen die Sache allein ab. Sodann wird eine Akte gemacht, in der die vom Bräutigam zu zahlende Summe (100 bis 400 Gulden) genannt ist. Später werden 500 Duite oder 4 Gulden 16 Kreuzer unter die Gäste vertheilt. Dieses Geld wird karas üasaüch, „Pfahl des Zeugnisses", genannt und verpflichtet die Empfangen den, zu jeder Zeit Zeuge des geschlossenen Kontraktes sein und insbesondere bei Ehescheidungen dafür einstehcn zn wollen, daß der schuldige Theil die gelobte Summe bezahlt. Darauf wird bis spät in die Nacht hinein gegessen nnd getrunken. Bevor man auseinander geht, wird der Vater des Bräutigams nnd alle, die mit ihn: gekommen waren, mit Oel gesalbt. Sobald sie das Haus verlassen haben, brechen sie die Treppe hinter sich ab. Der Bräutigam wird nun bewacht, doch kann er sich in einem Winkel zur Rnhe legen. Der nächste Tag bringt die eigentliche Hoch zeit. Schon früh werden Schweine und Hühner oder bei einem großen derartigen Fest ein imuckanAan (Büffel) ge schlachtet. Die dlian (Priesterinnen des schlechtesten Wan dels), sieben an der Zahl, erscheinen, von allen Seiten kom- 4*