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begründet von Karl Andree. 2" Verbindung mit Fachmännern heransgegeben von Dr. Richard Kiepert. Braunschweig Wahrlich 2 Bände L 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1882. — zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. Das heutige Syrien. (Nach dem Französischen des M. Lortct.) XXI. (Sämmtliche Abbildungen nach Photographien.) Der Jordan ist durch seine Wassermasse der bedeutendste Fluß Palästinas; sein Lauf ist fast durchweg reißend, wird aber durch die beiden Sammelbecken des Merom- und Tiberiassees regulirt. Namentlich in seinem Unterlaufe beschreibt er zahlreiche Mäander, welche seinen Lauf bedeu tend verlängern, und zwar zwischen dem See von Tiberias und dem Todten Meere um etwa das Dreifache. Seinen hebräischen Namen (Jardon der schnelle, reißende) verdankt er seinem bedeutenden Falle, der zwischen Hermon und Meromser 437 Meter, von dort bis zum See von Tiberias 274 Meter und von dort bis zum Todten Meere 203 Me ter, zusammen 914 Meter beträgt. Der nördliche Theil des Thales ist im Allgemeinen fruchtbar; der südliche ent hält zahlreiche Oasen an den Stellen, wo von Osten und Westen die zur Berieselung verwendeten Bäche aus den Bergen in die Thalebene treten. Im Sommer verstechen dieselben mit Ausnahme weniger größerer Flüsse, die meist aus dem wasserreichern nnd stellenweise sogar bewaldeten Ostjordanlande herabkommen. Als das Klima Syriens einst sehr viel feuchter war, hatte sich der damals bedeutende Jordan ein tiefes Bett in den Ablagerungen des Todten Meeres gegraben und jene Abstürze aus gelbem Sande gebildet, welche als „Terrassen" bezeichnet werden; dieselben, unfruchtbar und fast ohne jede Vegetation, bezeichnen die ehemaligen Uferränder. Als sich dann die klimatischen Bedingungen änderten und der Jor- Globus XUI. Nr. IS. dan an Volumen abnahm, grub er sich in dem Sande und Schlamme der Ebene ein neues Bett. Der Fluß besitzt eine Anzahl von Führten, die man jedoch im Frühjahre bei hohem Wasserstande nur mit größter Vorsicht benutzen darf; denn der Grund ist stets schlammig, so daß die Lastthiere den Boden verlieren und von der Strömung fortgerissen werden können. Pferde schwimmen oft mit ihren Reitern hindurch. Die wichtigsten Führten durch den untern Jor dan sind ellHelu, Machadet Hadschla, wo die Lateiner ihr Jordanbad nehmen, und die von Kasr el-Jehudi, der Bade platz der griechischen Gläubigen. Auf einer dieser Stellen sind wahrscheinlich die Israeliten unter Josua in Palästina eingedrungcn. Von der Fuhrt el-Hclu ritt Lortet's Karawane ungefähr in westlicher Richtung nach Kasr Hadschla, den Ruinen eines befestigten Klosters, wo im Alterthume Beth Hagla, ein Grenzort zwischen Juda und Benjamin, stand. Die Gegend ist anfangs eben oder schwach gewellt und nur mit Rohr und Salsolaceen bestanden; plötzlich aber steht man vor einem, mehrere Meter tiefen, halb ausgetrockneten Flnßbette, dessen Ufer mit herrlichen Tamarisken, Kcu- schlamm und Oleander bewachsen sind. Zehn Minuten ostnordöstlich von den Klosterruinen, in denen es von gro ßen Skorpionen nnd Sandvipern wimmelt, liegt die klare Quelle Ain Hedschla, von einer halb zusanimengestürzten Mauer umgeben; sic gilt für die beste der ganzen Gegend. 37