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des ersten Brotabschnittes beim Hochzeitsmahl seitens des jungen Paares bei. In Böhmen werden die beiden ersten Brotschnitte oder auch nur der der Braut sorgfältig aufgehoben, sie schützen vor Mangel und schimmeln nie, es sei denn, daß der Besitzer stürbe^); in der Oberpfalz und Schlesien zeigt das Schimmlichwerden der aufgehobenen Stückchen nur an, daß der betreffende Ehegatte zuerst sterben wird s«). Auch in Unterfranken ist die Braut ängstlich darauf bedacht, ein Krümchen Brot vom Hochzeitsmahl aufzuheben, damit es nicht im Haufe ausgehe^). Im Saalfeldschen schützt das aufgehobene Stück Hochzeitsbrot gleichfalls vor Brot mangel und, wie es scheint, auch vor dem Tod der Ehehälf ten, denn wenn diese lebenssatt geworden, essen sie dies Stückchen in einer Suppe gekocht, um so selbst diesen magischen Schutz aufzuheben In der Tübinger Gegend und im Schwarzwald reicht man der Braut oder dem Bräutigam', wenn sic zu ihrer Hochzeit einladen, in jedem Hause ein Brot, von dem der Betreffende ein Stückchen abschneidet und mitnimmt, daraus wird dann die erste Morgensuppe für das junge Paar bereitet; in manchen Dörfern geschieht dieses Einsammeln der Brotstücke auch erst nach der Hochzeit^). In England bewahrte man früher sorgfältig auch vom Kindbetttuchen (KroauinK oaks) ein Stück 94), ebenso hebt in Frankreich wohl noch eine oder die andere Mutter ein Stück von dem Dreikönigs abendkuchen als Bürgschaft für das Wohlsein ihres Kindes in ihrem Schranke auf^). Wie bei der Hochzeit spielt das Brot auch schon im vorhergehenden Liebesroman, wenigstens in Bayern, als symbolisches Zeichen seine Rolle; in der Oberpfalz bricht bei der Kirchweih der Bursche seiner Angebeteten Semmeln vor und darf, wenn diese beim Aufstehen die Brocken ein steckt, die nähere Bekanntschaft mit ihr einleiten, und ebenso gilt in Niederbayern das Anbrechen des Brotes und das heimliche Legen der Stücke auf den Schoß der Geliebten als eine deutliche Liebeserklärung d«). Bei der Mahlzeit selbst ist die Gegenwart des Brotes stets erwünscht; man soll nach deutscher Vorschrift sogleich beim Decken das Brot auf den Tisch legen, jedenfalls in seiner schützenden Eigenschaft, wofür man indeß mit gleicher Wirkung auch nur den einen Zipfel des Tischtuchs umzu schlagen braucht^). Bei der jüdischen Mahlzeit muß stets ein ganzer Laib Brot und Salz auf dem Tische sein; der Hausvater thut beim Beginn derselben einen Schnitt in das Brot, deckt beide Hände darüber, wie man es auslcgt in Erinnerung der zehn Gebote, spricht die Danksagung und bricht dann ein Stück ab, welches er ins Salz stößt und sofort ohne dazwischen zu sprechen in den Mund steckt. Nächstdem legt er jedem ein Stück Brot hin, darf es ihm aber nicht in die Hand oder in den Mund gebend«), dem so gesegneten Brote muß stets ein Stück auf dem Ti sche liegen bleiben, damit etwas darauf sei, worauf der Se gen ruhe; doch darf kein ganzer Laib darauf gelassen wer den, damit es nicht den Anschein gewinnt, als ob man Abgötterei triebe ds). Aehnlicher Anschauung huldigen die Bergnestorianer, welche die Brocken des letzten Mahles immer wieder beim folgenden mit hereinbringen, um den Segen zu bewahren, welchen der Priester bei einem frühem Mahle gesprochen hat, dann aber auch in Erinnerung des Wortes, welches Jesus gesprochen: „Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkomme" ^°"). Die Maroniten belegen den Rand des ihnen als Tischtuch dienenden Leders ganz mit Brot, wenn auch nur zwei oder drei Personen an der Mahlzeit theilnehmen Der böhmische und oberpfälzische Aberglaube verlangt, daß man nie in einem Hause die Nacht ohne Brot bleiben Globus XIII. Nr. 6. soll, nur darf es nach Oberpfälzer Ansicht nicht auf dem Tisch liegen bleiben, da man dann vor den armen Seelen keine Ruhe hat Mch vor dem Antlitz Jehovas sollte nach jüdi schem Gesetz eine Lage von 12 Broten aus Weizenmehl, getheilt in zwei Schichten von je 6, zugerichtet an jedem Ruhetage beständig sein; die altgewordenen Brote fielen nachher den Priestern z»E). Dem Besuchenden schneidet man in Schwaben fast überall ein Brot und giebt ihm wohl auch noch ein Stück mit auf den Weg^"H, wie ebenso auch der auf Reisen Gehende ein Stück vom Hausbrote mitnimmt und es in der Tasche bei sich trägt, damit es ihn vor Heimweh bewahre und vor bösem Zauber und Anfall der Hunde schütze ^°«). Gleichfalls ist es bei den Czechen Sitte, daß Wirth oder Wirthin dem Eintretenden sofort Brot und ein Messer mit den Worten bringen: „Schneidet herum, daß es gerathe!" bei den Deutschböhmen schneidet die junge Frau in den ersten acht Tagen ihrer Ehe jedem, welcher zu ihr kommt, selbst ein Stückchen ab und bittet ihn es zu essen, damit Glück in der Ehe herrsche Neben dem Ausdruck der Gastfreundschaft scheint hiernach das Theilen des Brotes auch noch eine abergläubische Wirkung auf das Glück des wirthlichen Hauses zu haben. Wie für das Wohl der neuen Wirthschaft sorgt das Brot auch, wenn Nachkommenschaft sich einstellt, für deren Wohl. In Böhmen muß bereits die Braut drei Brot stückchen unter ihr Bett legen, damit ihr späteres Kind gut zahnt; dem Neugeborenen muß ein Stück in den Mund gesteckt werden, damit es nicht genäschig werde und immer zu essen habe; ein Laib muß unter seine Wiege gelegt werden, damit es keine Noth leidens. Der Brauch, der Braut KuchenstUcke auf den Leib zu stoßen, welcher sich vereinzelt in Deutschland findet^), bezieht sich wohl auf die künftige Fruchtbarkeit im ehelichen Leben. In der Nor mandie legt die Wöchnerin bei der Aussegnung ein kleines Brot auf den Altar, welches vom Geistlichen mit gesegnet wird; hiervon erhalten Taufzeugen, Verwandte und Freunde jeder ein Stück, eines aber wird für das Kind als seine beste Meinem für spätere Leiden ausbewahrt ^"). Stottert ein Kind oder ist es gar stumm, so kann man es durch das Auseinanderbrechen zweier zusammengcbackencn Brote hinter seinem Rücken unter den Worten Liebes Brot brich, Liebes Kind sprich! sicher von seinem Gebrechen heilen'^). Ferner ist die Anwendung des Brotes in der Viehzucht und beim Ackerbau mannigfaltig. Es dient zunächst das Vieh, besonders auch den Hund, anzugewöhnen, zu welchem Zwecke man ihm ein Stück zn fressen giebt, nach dem man es einige Zeit in Böhmen unter der Ferse, im übrigen Deutschland unter der Achsel getragen, so daß es vom Schweiße durchdrungen ist, was am schnellsten durch ein rasches Laufen erreicht wird^); in der Wetterau fügt man diesem Brotstücke auch wohl noch einige Achselhaare hinzu und benutzt es als Mittel, die Säue gedeihen zu machen Erhält der Hund das Markzeichen des Brotes, dann kön nen ihm die Diebe das Bellen nicht benehmen^). Ueber- haupt giebt man vielfach in Deutschland gekauftem Vieh gern ein Stück Brot, in Mecklenburg sind drei Happen vorge- schricbcn, zum Angewöhnen "-ft; in der Oberpfalz läßt man sich vom Verkäufer ein Stück Brot mitgeben, welches, wenn es schimmelt, anzeigt, daß man mit dem Vieh kein Glück haben wird und es -daher baldmöglichst wieder los schlagen soll ^6). Hühner gewöhnt man in der Wetterau durch ein aus 12