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Die kräftige Entwicklung des Maschinenwesens, welche von James Watts unsterblicher Erfindung der Dampfmaschine ab begann, bildete die Gießerei des Eisens so aus, daß Gestelle, Räder und andere Bestandteile der Turmuhren in Eisenguß herstellbar wurden. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts hatte der geniale Reichenbach die Cylinder der mächtigen Wassersäulenmaschinen in Reichenhall statt aus Eisen aus Kanonenmetall gießen lassen müssen. Das geeignete Material war also vorhanden. Zahlreiche Private, Uhrmacher und Anstalten besaßen bereits Uhren, welche einen sehr genauen Gang zeigten, weshalb die Frage, ob öffentliche Uhren auch einen hervor ragend genauen Gang erhalten könnten, die Fachmänner zur Lösung der Aufgabe veranlaßte. Dies suchte man dadurch zu erreichen, daß man einem genau gehenden Uhrwerk alle ganzen oder halben Minuten die Auslösung des Turmuhrwerkes übertrug. So fertigte: 1821 Liebherr in München eine Normaluhr für die k. Akademie der Wissenschaften in München. 1821 benutzte Joh. Geist, Uhrmacher in Grätz in Steiermark, eine astronomische Uhr, die von einem 9 lc^ schweren Gewichte betrieben wurde, ' zur Auslösung einer 1712 von M. S. Fink gebauten, 12 Zentner wiegen den Turmuhr. Die Auslösung erfolgte alle Minuten. In Deutschland brachte die Thätigkeit des genialen Turmuhrenbauers Joh. Mannhardt neues Leben und eine Fülle von Ideen in die Fabrikation der öffentlichen Uhren. Wir verdanken ihm die eigenartige Anordnung der Uhrwerke mit oben liegenden Walzen und unten befindlichem Windfang, den nach ihm benannten Stistengang, bei dem die Paletten am Pendel befestigt sind, so daß die Gabel mit Welle und Zapfenlagerungen entfällt, das frei schwingende Pendel, Anwendung von Hohlkehlen auf der Gewichtswalze, wo durch die Seile geschont werden u. s. w. Obgleich er kein Frennd der fachwissenschaftlichen Studien war, bot ihn: sein angeborner Scharfblick doch das, was andere kaum auf dem Wege mühsamen Studiums sich erwerben. So änderte er die Wirkung der Schlagarme, die bis dahin die alt hergebrachte — schon in der Pariser Uhr ersichtliche — war in eine auch vom theoretischen Gesichtspunkte vorteilhafte um, erkannte die große Wichtig keit der sicheren Pendelaushängung und machte zahlreiche Versuche, welche, wenn er sie planvoll angelegt hätte, für die Uhrmacherei von bedeutendem Werte geworden wären. In England datiert der Aufschwung ches Turmuhrenbaues von der ersten 1851 abgehaltenen Londoner Ausstellung. Die Engländer erkannten da, wie" weit sie den Franzosen gegenüber im Bau der Turmuhren zurück seien, glichen dann" aber den Unterschied wieder aus. Das Hauptwerk ist die später besprochene, in Westminster aufgestellte Uhr, deren Schöpfer Sir Edmund Beckett Denison darin ein glänzendes Vorbild für monumentale große Uhrwerke geliefert hat. Bei Ausführung dieser Uhr, welche in einer bis dahiu wenig üblichen Größe erfolgte, wurden eine Anzahl Versuche gemacht, welche die Anwendung des Hilfsaufzuges als minder vorteilhaft für große Uhren erscheinen ließen. Der an dem Werke benutzte Gang erscheint uns, trotz der vielfach von Fachleuten erhobenen Einwände, als der für große Uhren geeignetste.