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Vie „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Gttendorf-Okriüa mit Moritzdorf und Amgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutschs Mode" Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr, Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzells berechnet Tabellarischer Satz nach be. sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Mrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. ISO. Freitag, den 16. Dezember 1904. 3. Jahrgang. Stemeschlagen betr. Sonntag, d. 18. Dezember, Vorm. 11 Uhr soll in Kllttller'g Restaurant, hier, das Schlagen von ca 140 obm Hermsdorfer Steine an die MindrstfordernÄen in kleineren Posten vergeben werden. Ottendorf-Moritzdorf, den 14. Dezember 1904. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Mitendsrs-Gkrilla, iZ. Dezember — Die Einnahmen bei den Sächsischen Staatseisenbahnen betrugen nach den ent- gültigen Feststellungen im Monat Juli 12 053230 Mark. Gegen den gleichen Monat des Vorjahres sind dies 211655 M. mehr. Beteiligt waren hieran der Personcn- vertchr mit 5211896 M. und der Güter verkehr mit 6841 334 M. Befördert wurden 7202495 Personen und 2 246 888 t Güter. Die Gesamteinnahme der Monate Januar bis mit Juli ergab 72 397 258 M. und war mit 3 273 741 M höher als im gleichen Zeit raum des Jahres 1903. — Zur Frage der Fürsorge für kinderreiche Beamtenfamilien in Preußen wird jetzt der Vorschlag gemacht, Familienzulagen einzuführen. Die Zulagen sind so gedacht, daß bei drei, vier, fünf; sechs Kindern im Alter von 6 bis 21 Jahren, 10, 15, 20 und 25 vom Hundert des Gehaltes als Zulagen gewährt werden, die aus Autrag des Beamten alljährlich festzusetzen sind- Die Zulagen sollen erst steigen, bann fallen und schließlich wieder aufhören. Es bleibt abzuwarten, welche Stellung die Re gierung zu diesem Vorschläge einnehmen wird. Im preußischen Abgeordnetenhause hat der Finanzminister die Notwendigkeit einer Auf besserung nur für die Unterbeamten anerkannt. Rähnitz. Am Sonnabend ist der Besitzer Ullrich der dortigen Eiswerke schwer verunglückt. Dieser wollte die neu mit Wasser gefüllte Azetylengasanlage auf deren vorschriftsmäßige Bedingungen prüfen. Hierbei hat Ullrich unvorsichtigerweise ein Zündholz angebrannt, wodurch eine Explosion entstand. Verschiedene Teile des Apparats wurden Ullrich in das Gesicht geschleudert, sodaß er bewußtlos auf- gefunden wurde. Zur Zeit befindet sich der Verletzte in einer Dresdner Privatklinik. Dresden. Bei der Ausfahrt aus dem Neustädter Güterbahnhofe sind am Montag abend von dem abends gegen 7 Uhr im Friedrichstadt fälligen Coswiger Güterzuge die beiden letzten Wagen infolge vorzeitiger Weichen umstellung zur Entgleisung gekommen, wodurch die Güterzugsgleise nach und von Friedrichstadt etwa zwei Stunden lang gesperrt waren. Glücklicherweise ist bei diesem Unfälle niemand verletzt worden, auch war der Materialschaden nur gering. — OeffentlicheS Ansstellen von Bildern der Gräfin Montignoso. Der Rekurs, welcher von einem Teil d>w Postkartenhändlcr gegen das öffentliche Ausstellen und Ankündigen von Bildern der Gräfin Montignose untersagende Verfügung der Königlichen Polizeidirektion er hoben worden war, ist von der Königlichen Kreishauptmannschaft verworfen und das er wähnte polizeiliche Verbot demnach aufrecht er halten worden Auch der von den Verlegern der „Dr. R." erhobene Rekurs gegen die von der Königlichen Polizeidirektion verfügte Aus schließung der Nummer 43 der „Dr. R" vom Straßenhandel ist von der Königlichen Kreishaupimannschaft verworfen worden. — Eine Einbrecherbande macht dem „Dr. Anz." zufolge seit einiger Zeit die Vorstädte Plauen und Lö'tau, sowie die Friedrichstadt mit ihren nächtlichen Besuchen unsicher. An einzelnen Plätzen sind größere Geldbeträge und Nahrungsmittel in die Hände der Diebe ge fallen. An einer Stelle sind sie leer aus ¬ gegangen, worüber sie ihren Unwillen durch Zmücklassung eines Zettels Luft gemacht haben sollen. Pulsnitz. Zu dem siebenfachen Mord in Obersteina wird noch berichtet, daß der Hand- bandwcber G. Freudenberg, dessen Besitztum niedergebrannt ist und der samt seiner Familie umkam, ein braver, fleißiger Mann gewesen sei, der seine Familie rechtschaffen zu ernähren ver land. Er war 59 Jahre alt und hat auch französsischen Feldzug mitgemacht. Vor etwa acht Jahren heiratete eine Tochter dieses braven Mannes den Steinbruchpächter Thomschke aus Bulbitz bei Kamenz. Das junge Ehepaar wohnte in dem Besitztum des Schwiegervaters- Der Ehe entsprossen, wie schon mitgeteilt, zwei Kinder, welche jetzt sieben und drei Jahre alt waren. Die Frau Thomschke erwarb sich den Unterhalt für sich und ihre beiden Kinder dadurch, daß sie fleißig hinter dem Handwebstuhl saß und Bänder webte. Nachdem das Anwesen nicdcrgebrannt und die sieben, zum Teil stark verkohlten Leichen gesunden waren, vermutete man sofort, daß hier ein entsetzliches Verbrechen vorlag. Allen Leichen war die Schädeldecke zertrümmert und der alte Freudenberg wurde außerdem mit einem Strick um den Hals aufgefunden. Thomschke hat keine gefährlichen Brandwunden erlitten und befindet sich gegenwärtig im Amts gericht zu Pulsnitz. Am Montag nachmittags 1 Uhr fand die gerichtliche Besichtigung der Mordstclle und des Brandherdes statt. Der alte Freudenberg und seine Ehefrau, sowie seine ledige Tochter und sein 19 jähriger Sohn be fanden sich in der eine Treppe hoch gelegenen Wohnstube, während Frau Thomschke und ihr dreijähriges Kind im Stalle und das sieben jährige Töchterchen, das jedenfalls in seiner Todesangst hat flüchten wollen, in der Haus flur aufgefunden wurden. Zeugen sagen aus, daß der alte Freudenberg noch am Sonnabend also einige Stunden vor der Mordtat, mit Personen in korrekter Weise Geschäfte ab gewickelt hat. Die Leichen wurden am Montag nachmittag unter polizeilicher Aussicht ein gesargt und abeods nach dem Pulsnitzer Fried- Hofe übergeführt. Am Dienstag vormittag nahmen die Gerichtsärzte an den sieben Leich namen die Sektion in der Leichenhalle vor- Vorher war Thomschke vor die Leichen geführt worden. Ein Geständnis hat er nicht abgelegt; er bleibt vielmehr bei der Aussage stehen, daß Freudenberg plötzlich irrsinnig geworden sei und alle seine nächsten Verwandten erschlagen, sowie die Wirtschaft angezündet habe. Die Leichen wurden am Dienstag vormittag photographisch ausgenommen und am Mittwoch dem Schoße der Erde übergeben. Nach dem Stand der bisherigen Untersuchung erscheint Thomschke entlastet, wenn auch die Staatsanwaltschaft noch Grund zu haben scheint, ihn in Gewahrsam zu halten. In den nächsten Tagen wird Thomschke von Pulsnitz in das Landgerichtsgefängnis zu Bautzen übergeführt werden. — 'Die für Mittwoch angesetzt gewesene Bestattung der sieben Opfer bes Obersteinaer Familiendramas auf dem hiesigen Friedhöfe mußte unterbleiben und kannte erst Sonntag erfolgen, da die Gerichtsärzte noch zwei Universitätsprofessoren, welche am Mittwoch hier eintrafen, für die Sektion der Leichen zu Rate gezogen haben. Die Belastungsmomente haben sich gegen Thomschke, der durch die Auffindung des Stricks um den Hals des alten Freudenberg ziemlich entlastet schien, wird gemehrt. Gegen ihn spricht vor allem der Umstand, daß auch der Schädel des Freudenberg gespalten ist und daß Thomschke bei seiner Flucht aus dem brennenden Hause nicht wenigstens eines seiner Kinder gerettet hat. Das Ergebnis der Untersuchung wird geheim gehalten. Friedersdorf b. Pulsnitz. Hier ereignete 'ich am Donnerstag ein recht betrübender Inglücksfall mit tödlichem Ausgange. Die Ehefrau des Hausbesitzers Hermann Hause wollte nachmittags Futter vom Scheunenboden holen und ist dabei abgestürzt. Die Bedauerns werte hatte sich hierbei so schwere Verletzungen am Kopfe und innerlich zugezogen, daß sie kurze Zeit nach dem Unfälle die Besinnung verlor und wenige Stunden darauf verschied. Großröhrsdorf. Bei der Firma Dresdner Tischfabrik. Inhaber Menzel, hierselbst, ist wegen Nichtwiedereinstellung zweier entlassener Arbeiter ein Streik ausgebrochen. Von 100 Mann sind gegen 80 ausständig. Kamenz. Von einen bedauerlichen Unfälle wurde das 4 jährige Söhnchen einer hiesigen Familie betroffen. Mit einem Trennmesser zantierend, fuhr sich das Kind infolge einer unglücklichen Bewegung mit ersterem in ein Auge, wodurch dieses schwer verletzt wurde. Es ist fraglich, ob es gelingen wird, dem nach Dresden zur Operation gebrachten Kinde die Sehkraft auf dem verletzten Auge zu erhalten. Zittau. Ein großes Feuer entstand Mittwoch gegen Abend in dem der Stadt Zittau gehörigen Grundstück der ehemaligen Reißigmühle, das an die Glasraffinerie der Firma Gürtler und May verpachtet ist. Das eine der Gebäude ist niedergebrannt; der Schaden ist beträchtlich, da große Vorräte an fertigen Glaswaren vernichtet wurden. Großenhain. Der Leichnam des am vorletzten Sonntage auf hiesiger Weßnitzer Straße offenbar durch Verschulden eines Ebersb cher Radfahrers tödlich verunglückten siebenjährigen Mädchens wurde auf behördliche Anordnung hin wieder ausgegraben und seziert. Hierbei wurde als Todesursache Blut erguß ins Gehirn infolge Schädelbruchs fest- gestellt. Meißen. Hier entwich ein aus Naundorf bei KÜtzenbroda gebürtiger Nervenkranker aus dem Ländlichen Krankenhause. Dieser sprang über die Mauer und nahm seinen Weg nach dem Rathause, wo er aber alsbald von dem ihn nachfolgenden Krankenwärter festgenommen und dem Krankenhause wieder zugeführt werden konnte. — In der Abortgrube eines Grundstückes an der Winzerstraße zu Meißen wurde bei deren Räumung ine Leiche eines neug-borenen Kindes aufgefunden. Wegen des in Bei bindung damit stehenden Verdachtes, ein Verbrechen be gangen zu haben, wurde eine in diesem Hause wohnhafte 20 Jahre alte Schuhfabrikarbeiterin in Haft genommen. Riesa. Nach einem im „Reichsanzeiger" veröffentlichten vorläufigen Verzeichnis der an deutsche Aussteller auf der Weltausstellung in St. Louis erteilten Auszeichnungen erhielt das Eisenwerk Lauchhammer die Goldene Medaille. Colditz. In der Holzstoff- und Pappen fabrik von Christian Braun benutzte am Dienstag Nachmittag der Besitzer Franz Braun den Waren-Fahrstuhl. Dieser funk tionierte jedoch nicht ordnungsgemäß und stürzte mit Braun und einer großen Partie Pappe in das Parterre hinab. Braun zog sich hierbei verschiedene Quetschungen des Rückgrates zu und starb nach Verlauf von zwei Stunden an den erlittenen schweren Verletzungen. Der Verunglückte war allgemein beliebt, die Teilnahme für seine Familie, bestehend aus Frau und fünf Kindern, ist groß. Leipzig. Die am Dienstag Abend statt gefundene Generalversammlung des Konsum ¬ vereins Leipzig-Plagwitz, welche von über 2000 Personen besucht war, stellte sich mit ihren Beschlüssen bezüglich des Anschlusses des in Liquidation befindlichen Brudervereins Connewitz durchaus auf den Boden des Vor standes, man dürfte den Plagwitzer Konsum verein aus genossenschaftlichen Gründen nicht durch volle Uebernahme des Connewitzer in Gefahr bringen, sondern nur das übernehmen, was rentabel sei. Wohl wurde dem Plagwitzer Vorstande entgegengehalten, daß dies eine Ausschlachtung der Notlage des Bradervereins bedeute, wenn man nur das Gute übernehme, denn so werde auch jeder Kramer handeln; es blieb dabei: der Plagwitzer Konsumverein übernimmt alles außer der Fleischerei und den Gebäuden. Der Mitliquidatoc des Konsumvereins Connewitz Herr Hagen, erklärte, daß man die teilweise Uebernahme durch Plagwitz nicht annehmen werde; entweder alles oder gar nichts. Es half jedoch alles nichts — die Connewitzer Konsumvereins-Mitglieder müssen die Suppe auslöffeln, die ihnen der Genosse Stadt verordnete Bock eingebrockt hat. — Eine unangenehme Weihnachtsbescherung erleben die Abonnenten der hiesigen Großen Straßenbahn durch die Ankündigung der Direktoren, daß vom 1. Januar ab eine wesentliche Erhöhung der Preise für Zeitkarten eintritt. Beispielsweise erhöht sich der Preis einer Jahreskarte für Benutzung aller Linien um 5g Mark (von 150 auf 200 M-). Die Direktion will durch die Mehreinnahme die Möglichkeit gewinnen, ihre Beamten besser be zahlen zu können. — Gestorben ist im Stadtkrankenhause am Montag der Maurerpolier Moritz Brähne aus Schönefeld, welcher bei der Explosion in der Gasanstalt L -Sellerhausen am vergangenen Freitag einen Schädelbruch davongetragen hatte. Crimmitschau. Der Stadtrat hat be schlossen, daß Ratsbeamte Nebengeschäste nicht betreiben dürfen. Derartige Geschäfte waren bisher 2 Beamten nachgelassen; nachdem aber in der letzten Stadtverordnctensitzung hierüber Beschwerde geworden, ist diese Vergünstigung den Beamten entzogen worden. Elterlein. Vom Brüxer Schwurgericht wurde der Arbeiter Josef Hahn, der am 5. Oktober d. I. seine Geliebte Anna Teubner und deren Mutter zu ermorden versuchte, zu vier Jahren schweren Kerkers verurteilt. Remtengrün. Eine hier wohnende Arbeiterin verbrannte sich beim Kaffeekochen mit Spiritus in ihrer Wohnung dermaßen, daß sie in das Zwickauer Krankenstift eingeliefert werden mußte. Dort ist die Unglückliche ihren schweren Verletzungen erlegen. Wildenfels. Während die 13 jährige Tochter des Bauunternehmers Fischer Wäsche rollte, spielten einige Knaben mit einer Patrone. Plötzlich explodierte diese und verletzte das Mädchen an den Händen so schwer, daß ihr zwei Finger amputiert werden mußten. Aue. Der am Freitag früh aus demAmtS- gerichtögefängnis ausgebrochene, der Aburteilung wegen mehrerer Einbrüche und wegen Desertation gewärtige Häftling Hösel wurde noch denselben Abend von einigen Leuten in der Nähe des Stadtparkes betroffen; er konnte nicht mehr laufen, weil er sich bei dem Sprung aus dem Fenster einen Fuß verstaucht hat. Zwickau. Am Sonnabend Abend wurde hier ein Geschirrführer bewußtlos aufgefunden und nach dem Stadtkrankenhause gebracht. Wie festgestellt wurde, war der Geschirrführer kurz vorher mit mehreren jungen Burschen in Streit geraten und hierbei von einem seiner Gegner durch Messerstiche am Kopf am Rücken und an der linken Hand erheblich ver letzt worden.