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Die „GUenSorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Alsritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender 5-onntagsbeilags „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Kandel und Wandel", „Feld und Garten", „öpie! und öpart" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag zo Uhr. Inserate werden mit ,o Pf für die Spaltzeile berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Mr dis Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 125. Mittwoch, den 19. Oktober 1904. 3. Jahrgang. Lum MscheMen 5r. Majestät Ses Miss Georg. — Se. Majestät der hochselige König Georg ruhte während des Sonnabends in Pillnitz im Sterbebett. Vormittags ffg9Uhr fand an der hohen Leiche eine Seelenmesse statt, welcher Se. Majestät der König, Ihre Majestät die Königin-Witwe und die übrigen Mitglieder des Königshauses beiwohnten. Se. Majestät der König und Ihre Majestät die Königin-Witwe verliehen Schloß Pillnitz Sonnabend gegen Abend und kehrten nach Wachwitz beziehentlich nach Streblen zurück. Professor Seffncr aus Leipzig war Sonnabend mittag inPillnitz eingetroffen um die Totenmaske Seiner verewigten Moßstät abzunehmen. Die Uebersührung der Leiche Sr. Majestät des hochseligcn Königs von Schloß Pillnitz in die hiesige katholische Hos- kirche sand zu Wasser mittels Dampfschiffs Montag, den !7. Oklober, abends statt. Die Ankunft an der Landungsstelle Terassenufer erfolgte um 8 Uhr. Den feierlichen Kondukt eröffnete ein Zug des Garderester-Regiments Dann bewegte fick der Kondukt mit den Leid tragenden, von Fackeln tragenden Königlichen Pagen und Königlichem Livreepersonal umgeben, innerhalb der von dem Königlichen Truppen gebildeten Haye unter fortdauernden Geläute aller Glocken nach dem Haup'portale der Hof- kwche, wo selbst die hochwürdigen Pfarr- gerstlichkeit die hohe Leiche erwartete. Direkt binter den Leichenwagen mit der Leiche des Königs schritten Se. Majestät König Friedrich August und Ihre Königlichen Hoheiten Prinz Johann Georg und Erzherzog Karl Franz Joseph. Als der Kondukt an der katholischen Hof kirche, au deren Portal die Geistlicheit, auch Prinz Max die Leiche erwartet, angekommen war, wurde der Sarg von den Ehrenträgern unter Assinenz von zwölf als Hilfsträger be fehligten Unteroffizieren vom Leichenwagen ge hoben und auf ein auSgebrcitetes rotes Samt tuch nudergesetzt und von hier aus in ge ordnetem feierlichen Zuge durch das Hauptportal in die Kirche getragen. Der Zug bewegte sich inmitten einer Haye von Gm bereitem durch das Mittelschiff der Kirche bis an den vor dem Hochaltar errichteten Katafalk. Dann wurde die hohe Leiche vor dem Katafalk niedergeseßt. Die Ehrenträger und Unteroffiziere nahmen sodann ihre Auf stellung zu beiden Seiten des Sarges in der Ordnung wie sie denselben begleiteten; die königlichen Pagen stellten sich mit Fackeln neben die Träger. Die in dem Kondukt hinter dem Sarge folgenden Herren nahmen in den Bänken des Mittelschiffs Platz. Auf Sesseln vor dem Katafalk ließen sich Seine Majestät der König und Ihre königlichen Hoheiten Prinz Johann Georg und Prinz Max nieder. Ihre Moj-stät die Königin-Witwe und Ihre königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde mit Gefolge hatten in den Oratorien beziehentlich Tribünen Pletz genommen. Alsbald wurde die Leiche des Monarchen eingescgnet und die Geistlichkeit sprach die Ge bete. Nach Schluß der gottcödimstlichen Hand lung begaben sich die Anwesenden über den Kirchgang nach dem Königlichen Schlosse und gingen an der Haupttreppe auseinander. Bei der hohen Leiche trat sodann die Leichenwacht auf. die aus einem Adjutanten, einem königlichen KaMinerherrn, einem könig lichen Leibarzt usw., eiwm Geistlichen, einem Kammerdiener, zwei Pagen und zwei Lakaien, lowie ans einem Doppelposten bestand. Zu ihm gehören ein Unteroffizier als Aufführender und sechs Gardisten. Die Kirche wurde darauf geschlossen. Die öffentliche Ausstellung der hohen Leiche in der katho'ischcn Hoskirch? findet heute Diens tag, den 18 Oktober und Mittwoch, den 19. Oktober, von 1l Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags statt. Ter Eintrick für das Publikum erfolgt durch die nach dem Georgen tore gelegene Kirchtüre, der Austritt durch die nach dem Thsaterplatze führende Türe. Mittwoch, den 19. Oktober 1904, nachmittags 4 Uhr wird die Kirche geschloffen und dem Publikum für diesen Tag nicht mehr geöffnet. Es erfolgt die Schließung des Sarges in Gegenwart des Königlichen Kommissars. Oerttiches und Sächsisches. Dttendort-Dkrilla, z8. Gktober ISVH. -lr. Der nächsten Donnerstag stattfindende Vereinsabend des dramat. Vereins verspricht allen Anschein nach einen ebenso glatten Verlauf zu nehmen, wie der der vorigen Woche. Unter anderem steht auf der Tagesordnung ein Vortrag über „Daö Leben und die Werke Wielands", in welchem ganz besonders auf das Haupt werk Wielands, „Oberon" (comp. von E. M. v Weber) eingeganaen werden wird. Ein Vereinsmitglied wird die Freundlichkeit haben, auf dem Klavier einige Sätze aus dieser Wcber'schen Komposition vorzutragen und somit den Vortrag in geeigneter Weise illustrieren. Alle die sich dafür interessieren sind zu diesem Abend höflichst eingsladen. Medingen. Am Sonnabend wurde dem seit 30 Jahren auf dem hiesigen Rittergute beschäftigten Pohleschen Ehepaare in der vom Herrn Geheimen Hofrat Dr. Mehnert geleiteten Versammlung des landwirtschaftlichen Vereins vom Herrn AmtShaupmann Dr. Uhlemann und zwar dem Ehemann das am einfarbigen grünen Bande auf der Brust und der Ehefrau das am schwarzen Sammetbande um den Hals zu tragende Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit ausgehändigt. Moritzburg. Die Ausfischung deS so genannten „MittelteicheS" in Moritzburg findet am kommenden Donnerstag und Freitag den 20. und 21. Oktober statt. Der Verkauf der gefangenen Fische meist Karpfen, Schleien usw., wird ebenfalls seitens des Teichpächters gleich an Ort und Stelle abgehalten. Dresden. Vor dem Schöffengericht erschien in einer Sitzung ein Zeuge mit Radfahr manschetten (zum Zusammenhalten dec Bein kleider) d>w Vorsitzende forderte ihn jedoch auf, sie abzulegen, da ein Erscheinen an Gerichts- stelle in derart ger Kleidung ungehörig sei. Der Richter verwies dabei auf die vor kurzem von einem Hamburger Gericht deswegen erfolgte Bestrafung eines Radfahrers. — Die hiesige Polizei verhaftete am Sonnabend einen Kolporteur und einen Ansichts kartenhändler wegen Verbreitung höchst un züchtiger Postkarten. Der erstere wurde später wieder auf freien Fuß gesetzt der andere hin gegen dem Königlichen Amtsgericht zugeführt. — Am Freitag nachmittag sprang auf der Uhland-Straße in einem Zustande geistiger Erregtheit eine 33 jährige Schneiderin in selbst mörderischer Absicht aus ihrer im zweiten Stocke gelegenen Wohnung in den Hof herab und verschied an den dabei erhaltenen schweren Verletzungen während des Transportes in das Stadikrankenhaus- Wernböhla. Ein äußerst frecher Diebstahl wurde am Donnerstag vormittags gegen 11 Uhr in einem Restaurant im nahen Gröbern verübt. Die allein anwesende Wirtin hörte von der Küche aus ein verdächtiges Geräusch in der Oberstube und fand, als sie sich dahin begab, einen fremden Menschen, welcher sich an einer Kommode zu schaffen machte. Ihr erster Bl.ck und Gang war nach dem G.ld, welches sich in einem Kleiderschrank befand. Der Fremde benutzte diesen Moment und sprang in Strümpfen ohne Hut und Ueberzieh-r zur Tür hinaus die Treppe hinab und flüchtete sich in die nahe Waldung. Zu ihrem Schrecken mußte die Frau wahrnehmen, daß der Dieb sämtliches Bargeld zirka 350 Mark, l goldene und 1 silberne Taschenuhr und Verschiedenes ge stohlen hatte. Schuhe, Stiefeln und Ueber- zieher fandm sich in »inem Nebenzimmer vor. Der Dieb ist etwa 20 Jahre alt, blond, bart los trug dunklen Jakettanzug und machte den Eindruck eines Kaufmanns. Die sofort auf genommene Verfolgung war ergebnislos. Weißer Hirsch. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern den Landgemeinden die 'Führung eines wappenmäßigen Siegels verboten hat, sieht sich auch unsere Gemeinde genötigt, das ihrige zu ändern und hat die Gemeindevertretung das Staatsarchiv um Ent würfe dazu gebeten. Meißen. Ein nicht gerade alltäglicher Diebstahl, nämlich ein Einbruch im Rathause hat sich dieser Tage hier ereignet, und die Eigenart dieses Falles wird noch dadurch erhöht daß ein junger Ratsschreiber als Dieb ermittelt worden ist. Der Diebstahl bei dem etwa 200 Mark in Frage kamen, ist im Einwohner meldeamte ausgführt worden, das sich nicht im eigentlichen Rathause, sondern in einem zu Verwaltungszwecken eingerichteten Nebengebäude befindet. Der 19 jährige Dieb ist bereits verhaftet. Seifhennersdorf. In der Angelegenheit des Lustmordes an der 21jährigeu Kellnerin Helene Ginskey nicht (Ginsky) aus Oberleuters dorf wurde am Montag früh der Strecken wärter Israel von hier verhaftet. Israel soll sich bei seiner Vernehmung in Widersprüche verwickelt haben. Bautzen. Beim Hantieren mit künstlichen Dünger zag sich, wie zur Warnung mitgcteilt sei, der Gutsbesitzer Goldammer in Belgern durch eine geringfügige Wunde an einem Finger eine Blutvergiftung zu, die nach qualvollem Leiden seinen Tod herbeiführte. Großenhain. Ein dreister Dieb hat am Sonnabend hier sein Unwesen getrieben. Der Unbekannte schlich sich abends gegen 8 Uhr in den die Wohnung und den Laden trennenden Vorsaal des Herrn Mechaniker Rothes an hiesiger Johannesallee ein und machte sich an verschiedenen Kästen zu schaffen, jedenfalls um diese auf ihren Inh lt zu prüfen. Durch den dadurch verursachten zwar nur geringfügigen Lärm wurde die beim Abendbrot vereinigte Familie glücklicherweise aufmerksam, sodaß der freche diebische Geselle freilich erst nach einer Hetzjagd um einen Teil der Promenade gefaßt und der Polizei übergeben werden konnte. Diese lieferte den Burschen, der 19 Jahre alt sein uud aus Meißen stammen will, aber die Angabe seines Namens verweigert, noch an denselben Tage in das hiesige Amtsgericht ein EIst erwerba. In der Nacht zum 15. d. M. sind aus dem Geschäft des Uhrmachers Pflug mittels Einbruch 73 goldene und silberne Herren- und Damenuhren gestohlen worden. In acht von diesen Uhren steht der Name „Gustav Pflug, Elsterwerda,,. Falkenstein. Das Sektemvesen hat in den letzten Jahren in unserer Siadt wesentlich zu genommen. Eine ganze Anzahl Sekten mit zum Teil verschwindend wenig Anhängern und den verschiedensten Namen, wie „Vereinigte Brüder in Christo", „Alt-Lutheraner", „Apostolische „Gemeinde", Philadslphianer" usw- haben Boden gefaßt und lehren teils in Wohnungen ihrer Anhänger teils in gemieteten Räumen ihren Kultus. Kus der Woche. Zur Zeit, da diese Zeilen niedergeschrieben werden, liegen zwar eine Unmenge neuerer Meldungen aus dem fernen Osten vor, doch entschieden ist die Schlacht bei Jentai noch nicht. Aber selbst die vorsichtigsten Meldungen be sagen, daß der große Angriff Kuropatkins, den dieser durch ein bombastisches Manifest an seine Truppen einleitete, gescheitert sei. Für ihre bisherigen Mißerfolge hatten die Ruffen immer die Entschuldigung, daß die Japaner sich noch in' der Uebermacht befänden und sie selbst (die Russen) erst noch die Nachschübe aus der Heimat erwarteten. Diese Entschuldigung fehlt jetzt; die Truppsnzahl Kuropatkins ist jetzt den Japanern um fast hunderttausend Mann über legen und trotzdem obwohl es der un beugsamer Wille des Zaren ist, daß wir den Feind überwinden und obwohl „der Zeitpunkt gekommen ist, nach dem sich die ganze (russische) Armee gesehnt hat, der Augenblick, dem Feinde entgegenzugehen, ihn zu treffen, und die Japaner zu zwingeu, zu tun, was wir wollen." Die Japaner haben sich durch diesen Bombast nicht ins Bockshorn jagen laffen, sie tun auch jetzt noch nicht, was die Ruffen wollen. Im Gegerckeil: sie machen die Niesenanstrengungen der Ruffen zuschanden, schneiden den über die Hutschnur gelobten Untergeneral Mitschenko ab, und erobern siebenundzwanzig Geschütze. Galt der Vorstoß Kuropatkins nicht zuletzt dem Er sätze Port Arthurs, so kann man jetzt schon sagen, daß der Versuch mißglückt ist und nur dazu geführt hat, daß die Japaner im Süden ihre Anstrengungen verdoppeln, um sich endlich in den Besitz dec Feste zu setzen. Stössels und der Besatzung tapferes Verhalten ist über jedes Lob erhabea. Wenn man die Wirkung der neuzeitlichen Geschosse bedenkt, wird man dreist sagen könm n, daß so leicht keine Zat der Kriegsgeschichte der langen Verteidigung Port Arthurs durch Stössel an die Seite gesetzt werden kann, und wenn er auch schließlich unterliegt, wird ihm selbst sein erbittertster Gegner den Lorbeer nicht versagen können. In Port Arthur soll auch ein Telegramm der Zarin eingetroffen sein, worin diese die Truppen anfeuert, ihnen dankt, für sie zu beten verspricht und dergleichen mehr. Aber das Telegramm wird wohl Stöffel selber aufgesetzt haben, um seine Truppen zu begeistern. Eine Frau, eine glückliche Mutter schreibt nicht so und wenn sie auch die Zarin ist. Ihr muß ja der Ge danke an das blutige Waffenhandwerk und dessen Ausübung entsetzlich sein und sie kann nur beten, daß dem furchtbaren Blutvergießen endlich Einhalt getan werde, was sich am ein fachsten durch Uebergabs der Feste erreichen ließe. Der so sehr friedlich g stimmte Zar, der mittels des Haager Schiedsgerichts so gern alle Greuel des Krieges aus der Welt schaffen möchte, würde ihr darin gewiß beistimmen. Nun ist auch die baltische Flotte — man möchte es kaum glauben! — aus dem Libauer Hafen in dem sie erst vor einigen Tagen von Reval her angekommen war, ausgelaufen und wenn alles gut geht, kann sie bald nach Neujahr im fernen Osten sein. Mit der Abfahrt dieser aus vierzig Schiffen bestehenden Abteilung ist das nördliche Rußland so ziemlich ohne Flotten schutz und die Schwarze-Meerflotte darf auS seinem Becken nickt heraus. Das Schicksal der baltischen Flotts ist sehr ungewiß; trifft sie noch vor dem Falle Port Arthurs im Osten ein, so kann sie den Japanern großen Schaden tun; andernfalls ist sie ohne Aussicht, eine Operations basis, einen Küstenstützpunkt zu gewinnen und das Schicksal der bisherigen ostasiatischen Flotte Rußlands dürfte auch das ihre sein. Rußland setzt viel auf einen Wurf! Und was für die übrige Welt die Hauptsache ist; cs schwächt — wenn auch nur zeitweise — seine Stellung in Europa. Deutschland wird in dieser Zeit der großen russischen Verlegenheit dem „Koloß mit den tönernen Füßen" die treue Freundschaft be wahren, die es für alle diegenigen hegt, die dieselbe am wenigsten erwidern. — Wenn man vom Kriege absieht, fo ist die brennendste Frage des Tages gegenwärtig die lippische, die durch die Ablehnung der Regierungsvorlage seitens des lippischen Landtages noch verworrener geworden ist, als sie ohnehin schon war. Auch aus Deutsch-Südwestafrika lauten die Nachrichten nicht gut und daß das Kabel nach Swakopmund zerrissen war, ließ hoffen, das wir eine Zeitlang mit telegraphischen Hiobsposten verschont bleiben würden. So unerwartet wie der Doppelbruch des Kabels, ist auch die Meldung über die schnelle Wiederherstellung gekommen. Mag der neue Draht recht bald bessere Meldungen bringen wie der zerrissene.