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September ISO». /v Am vergangenen Sonntag hielt der hiesige Turnverein „Eiche" in dem zum Turnen sehr geeigneten Garten des Gasthof zum Hirsch Schauturnen ab. Dasselbe nahm mit der Vorführung einer Gruppe Stab übungen seinen Anfang. Die in geöffneter Vierersäule aufgestellten Turner boten in ihrer weißen Turnertracht zu dem grünen Rasen ein entzückendes Bild. Die Uebungen wurden unter Leitung des Turnlehrers Schmidt sehr exakt ausgeführt. Im Anschluß an die Stab übungen wurde Geräteturnen in 4 Riegen vor geführt, bei dem man infolge zweimaligen Wechseln der Geräte viele schöne Uebungen be obachten konnte. Besondere Proben turnerischen Kraft und Gewandtheit bot das Kürturnen, das sich ebenfalls riegenweise abwickelte. Für die Gäste sehr belustigend und interessierend wirkten die darauffolgenden Turnspiele und der Ring kampf. Damit endete das Turnen. Der Tag gab dem erschienenen Publikum hinreichend Ge legenheit, den Fortschritt turnerischen Könnens im Verein zu beobachten. Zu bedauern ist nur, das sich so wenig Besucher von nah und fern eingefunden hatten. Wollen wir darum hoffen, daß der deutschen Turnsache künftighin mehr Interests gezollt werde. Allen denen aber, die durch geschickte Anordnung und Leitung des Festes dem Verein gern ihre Kraft opferten besten Dank und allen Turnern ein kräftiges „Gut Heil". Krakau. Hier ist am Donnerstag der Ulan Hempel von der 4. Eskadron des 1- Ulanen-Regiments Nr. 17. aus Oschatz, welche auf dem Marsche Krakau passierte, dadurch verunglückt, daß die beiden vor einem Mit Gepäck beladenen Jagdwagen gespannten Pferde infolge Abfallens der Wage scheuten und durchgingen. Der Wagen ist umgestürzt, wobei Hempel am Kopfe nicht unerhebliche Verletzungen davongetragen hat. Mittels eines andern Wagens wurde er der Eskadron nach Oschatz nachtransportiert. Der Jagdwagen wurde infolge größeren Defekts an Ort und Stelle verkauft. Radeburg. Sonnabend früh gegen 3 Uhr ertönten infolge eines in der zum früher Otto Hillerschen Anwesen am Markt gehörigen Scheune ausgebrochenen Brandes die Feuer signale. Die Scheune, welche leer stand brannte in kurzer Zeit nieder. Trotz ange strengter Tätigkeit der freiwilligen Feuerwehr wurden später auch die Hintergebäude des Fleischermeisterü Berg, bestehend aus Eiskeller, Stallung und Schuppen, von dem Feuer er griffen und eingeäschert. Sämtliche Futter vorräte, sowie ein Kutschwagen und mehreres Inventar wurden ein Raub der Flammen. Es wird Brandstiftung vermutet. Klotzsche. Am Sonntag fand der 28. Verbandstag des Bezirks-Feuerwehrverbandes für Dresden und Umgegend unter dem Vorsitz des Herrn Branddirektors Oeser-Meißen hier statt. Der Verband welcher aus 59 Wehren mit 2530 Mannschaften und 105 Spritzen be steht war von 55 Wehren vertreten. Nach mittags fand eine Parade-Uebung der Klotzscher Wehr statt. Dresden. 109000 Mark fielen bei einer in Vorstadt Mickten vorgenommenen Zwangs versteigerung von drei dortigen Baustellen aus, die, auf 17460 Mark taxiert, für 16500 Mk. losgeschlagen wurden. Sie waren mit 125368 M. belastet. — Der ehemalige Förster Kamynzki, welcher sich beim hiesigen Schwurgericht wegen Betrugs verantworten sollte, aber wegen angeblicher Krankheit nicht erschien, hat sich, da er von Gerichtsbeamten abgeholt werden sollte, in seiner in Weinböhla gelegenen Wohnung beim Nahen der Beamten vor deren Augen er- schosten. — In unmittelbarer Nähe des Kronprinz- Mittwoch, den 28. September 1904. 3. Jahrgang. lichen Palais wurde in der Nacht zum Montag ein fein gekleideter Herr vergiftet aufgefunden. Die Leibwäsche des Toten war 0. v. 8. ge zeichnet. Derselbe trug einen sechsläufigen Revolver und eine Flasche Gift bei sich. Radeberg. Ein unangenehmes Reise abenteuer erlebte ein hiesiger Kaufmann in Bertsdorf. Der Herr saß mit noch drei anderen Herren im Bahnhofs-Hotel beim Skatspiel. Von zwei „Kibitzen" die dem Spiel mit großer Aufmerksamkeit gefolgt waren, sprang einer gegen 9 Uhr für einen der Spieler als „vierter Mann" ein und spielte bis gegen 1 Uhr mit. Eine halbe Stunde später als der Radeberger Herr bereits im Hotelzimmer in Morpheus Armen lag, wurde er durch heftiges Klopfen unsanft aus dem Schlafe geweckt. Als er öffnete, traten unter Führung des Wirtes die beiden „Kibitze" die sich nun als ein Gendarm und ein Olbersdorfer Schutzmann vorstellien, in das Zimmer und verlangten von den Fremden, daß er sich legitimieren sollte. Die Beamten wurden alsbald über die Persönlichkeit aufgeklärt, sodaß dieser den unter brochenen Schlaf fortsetzen konnte. Später erst erfuhr er, warum man ihm eine solche erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt hatte, er stand nämlich unter dem Verdachte, der — Raub mörder Schramm aus Crottendorf zu sein! Dohna. Gestern feierte ein allgemein ge schützter und beliebter Einwohner, Brandmühlen besitzer Rentier Hermann Frenkel, mit feiner Gattin die diamantene Hochzeit. Stein bach. Sie saßen so fröhlich beisammen und horchten andächtig auf den Gesang der Amsel die vor ihnen auf dem Tische stand. Ja, ja, die Amsel stand auf dem Tische im Wirtshaus«, denn es war eine sogenannte Schnapsamsel, die man wohl auch einen Faust pinsel zu nennen pflegt. Und ihrer Melodie horchten zu der Herr Gemeindevorstand G. und ein fahrender Bettler; noch heutigen Tages weiß man nicht, woher er kam der Fahrt und wie sein Nam' und Art. Am 2. Februar — es war ein häßliches Wetter mit Glatteis — übergab der Gendarm dem Gemeindevorstand G- einen Bettler, den er auf frischer Tat beim Fechten abgefaßt hatte, zur Erledigung der weiteren Schritte. Der „Fürstand" suchte erst nach dem Gemeindediener U., um ihn mit dem ehrenvollen Auftrag zu beglücken, den Deliquenten nach Lausigk ins Gerichtsgefängnis zu schaffen. Der Gemeindediener war nicht zu finden, auch kein anderer handfester Mann, der den Transport übernehmen wollte. So mußte der Fürstand sich mit dem Fechtbruder in eigener Person auf die Beine machen gen Lausigk. Um ein gutes Einvernehmen zu er zielen, lud der Gemeindevorstand den Wanders mann ein, mit ihm erst mal eine Amsel zu trinken. Der war sofort dazu bereit; nach der Stärkung wurde aufgebrochen. Unterwegs im dustern Wald glitt G. aus, und nun machte er dem Bettler den Vorschlag, allein nach Lausigk zu gehen und sich zu stellen. Der Bettler verschwand in der angegebenen Richtung in der rauschenden Nacht. G. kehrte in die Kneipe zurück. Kanm hatte er es sich da bequem gemacht, da öffnete sich die Tür, und der Bettler war wieder da. Beide ließen sich weiter von der Amsel vorsingen, bis der Ge meindediener U. in die Erscheinung trat. Dem wurde nun der Arrestant übergeben mit dem Befehl ihn nach Lausigk zu transportieren. Der Diener der Gemeinde Steinbach ist aber ein ebenso großer Gemütsmensch wie sein hoher Chef; er nahm seinen Arrestanten mit nach Hause, da der Stall des Gasthauses so voller Löcher war, daß dieser Raum nicht alsDetentions- zelle benutzt werden konnte. Zu Hause er quickte er den Fechtbruder mit Speise und Trank, und nun sollte der Transport endlich vor sich gehen. Da bat der Bettler, noch mal auf einen Augenblick austreten zu dürfen, was ihm auch in Gnaden gestattet wurde. Er trat aus und — ist nie mehr gesehen worden. Wegen Entweichenlastens eines Gefangenen wurde nun am Sonnabend der Gemeinde vorstand G. zu sechs Wochtn Gefängnis ver urteilt; sein untergebener Gemeindediener U. kam mit einer Geldstrafe von 10 Mark davon. Leipzig. Durch die raffinierte Erschwindelung von 24000 Mark in Wertpapieren durch den angeblichen Grafen Otto v- Wedell aus Braun schweig ist die Allgemeine Deutsche Kreditanstalt geschädigt worden. Auf noch unaufgeklärte Weise gelangte der angebliche Graf, der sich durch eine Visitenkarte bei einem Amtsrichter einführte, in den Besitz eines Formulars der gerichtlichen Hinterlegungsstelle, auf Grund dessen häufig mündelsichere Papiere von Leipziger Banken abgehoben wurden. Nach Erkundigungen des Leipziger Tageblattes ließ sich der Graf durch einen Gerichtsboten das Formular bei der Allgemeinen Deutschen Kreditanstalt präsentieren, die die Papiere auch hcrgab. Der Mann nahm diese im Amtsgericht in Empfang, bei der Deutschen Bank mußte der Kassenbote die Wertpapiere versilbern und den Betrag dem Grasen hiernach aushändigen. Während der Bankbote auf die Quittung wartete, verschwand der Betrüger. Aus der Woche. Die vergangene Woche empfing ihre eigen artige Physiognomie durch mehrfache an den Tag getretene Friedensideen. Die intelligenten Kreise Rußlands sehen ein, daß es mit dem „Spaziergange nach Tokio" nichts ist; die Rodomontaden der obersten Führer haben diese der verdienten Lächerlichkeit überliefert. Son derbar: der unfreieste Staat Europas hat mit Spanien, wo seit vierzig Jahren das Königtum häufig auf der Kippe stand, die „politischen Generale" als gemeinsame Eigentümlichkeit. Der Unterschied zwischen beiden ist nur, daß die Spanier gegebenenfalls handeln, ohne durch Reden die Oeffentlichkeit in Anspruch zu nehmen, während die Rustengenerale, die Skobelew, Kuropatkin, Skrydlow usw. usw. nur reden, ohne zu handeln. Aber selbst derjenige russische General, der auf dem gefährdetsten Posten steht und die Waffenehre seines Vaterlandes fast allein aufrecht erhalten hat, — Stöffel in Port Arthur — kann hochtönende Phrasen nicht lassen. Er strapaziert den Heliographen, um den Zaren wissen zu lassen, daß die Geburt deS russischen Thronerben „eine neue Aera in der Verteidi gung Port Arthurs" bedeute. Doch kehren wir zu unserm Friedensthema zurück, das zuerst von einer leitenden englischen Zeitung, dann aber auch von verhältnismäßig unabhängigen Blättern in Rußland erörtert wurde. Einen starken Impuls zur Friedensneigung hat in Petersburg der Vertrag Englands mit Tibet gegeben, bei dem Rußland, das sich immer Hoffnung auf Tibet gemacht habe, in Zukunft von einer Einflußnahme auf dieses Land durch den Vertrag von Lhaffa gänzlich ausgeschaltet worden ist. Auch China hat Verwahrung gegen diesen Vertrag eingelegt, weil er angeblich die chinesischen Oberhoheitsrechte über Tibet ver letzt. Das stimmt schon; aber auf die Diplo matie in Peking nimmt England nie Rücksicht uud bezüglich Rußlands hat sie bas jetzt gleichfalls nicht nötig, denn Rußland braucht alle seine militärischen und wirtschaftlichen Kräfte, um sich einigermaßen der kleinen gelben Teufel im fernen Osten zu erwehren. Das sehen die unabhängigen Kreise Rußlands auch ein und darum raten sie, sich schleunigst mit Japan zu vertragen und alle Kräfte gegen England zusammenzuraffen. Man braucht für Rußland und seine Diplomatie nicht gerade voreingenommen zu sei, um anerkennen zu müssen, daß sich die Russen während des Burenkrieges den Engländern gegenüber sehr nobel gezeigt haben. Weder auf dem Pamir noch in Afghanistan sind zu jeder Zeit russiche „Forschungsreisen" oder sonstige Agitationen unternommen worden, die den Engländern damals im höchsten Grade fatal hätten sein müssen. Kaum aber hatte der Tanz Japans mit Rußland begonnen, als auch schon seine tibetanische Expedition unternahm und erfolg reich zu Ende führte. Dabei ist Rußland völlig der Lackierte und da England zudem hinter Japan steht, so ist der Gedankengang der jenigen russischen Kreise zu verstehen, die einen schleunigen Ausgleich mit den Japanern wünschen, um die ganze Kraft Rußlands gegen England freizubekommen. Selbstverständlich ist von der Anregung dieser Idee bis zur AuS- führuug noch ein weiter Weg. — Im Laufe der Woche hat auch in Belgrad endlich die schon mehrmals verschobene Krönung König Peters stattgefunden und der Zar hat in einem Telegramm an den König auch auf die „Ver dienste" der „Dynastie" Karageorgewitsch hin gewiesen. „Sei im Besitze und du wohnst im Recht." Von der Nebensache, daß der Gothaer Hofkalender bisher kein „Haus Karageorgwietsch" kennt, kann man absehen, worauf es aber an kommt, das ist die Tatsache, daß bisher in Serbien nur ein einziger Karageorgewitsch regiert hat: Alexander 1842—1858. Er wurde weil zu österreichfreundlich gesinnt, zur Ab dankung gezwungen. Dessen Vater war aller dings derjenige, der vor hundert Jahren die Fahne Serbiens zur Befreiung vom Türken joche zuerst erhoben hat: Czerny Georg. An fangs war der schwarze Georg siegreich, aber die Eifersucht seiner Unterführer und der ge meine Verrat Rußlands brachten ihn um die Frucht seiner Siege. Ein Vorfahr des im vergangenen Jahre ermordeten Königs, der nachdem der schwarze Georg über die öster reichische Grenze entwichen war, allein mit einer kleinen Schar den Widerstand fortsetzte, wurde tatsächlich der Befreier Serbiens: Milosch Ohrenowitsch, der dann auch zum Fürsten ge wählt wurde. Die besten Herrscher waren die Obrenowitschs alle nicht uud daraus erklärt sich auch die Zwischenregierung von Alexander Karageorgewitsch. Aber dieser „Dynastie" fällt moralisch der Junimord des Jahres 1868 zur Last, wo Fürst Michael im Parke zu Topschider erstochen wurde. Damals war die Empörung der serbischen Völker gegen die Mörder so groß daß von einer Nachfolge der Karageorgewitschs gar keine Rede sein konnte. Man setzte den letzten Obrenowitsch, den damals 14 jährigen Milan, der mit dem Ermordeten nur entfernt verwandt war, auf den Thron. Im ver gangenen Jahre, zur Belgrader Mordnacht, war die Stimmung bester vorbereitet; auch war nach der Hinschlachtuug Alexanders kein Obrenowitsch mehr am Leben. Peter bestieg den bluttriefenden Thron — nach hundert jährigem Kampfe zwischen den Karageorgewitsch und den Obrenowitsch der endgültige Sieger. Außer dem Fürsten von Montenegro, der der Schwiegervater König Peters ist und der seinen Erbprinzen nach Belgrad entsendet hatte, war keine Fürstlichkeit zur Krönungsfeierlichkeit an wesend. Was damit ausgedrükt werden sollte, wird selbst König Peter verstehen. — Im übrigen brachte die vergangene Woche noch den Bremer Parteitag der Sozialdemokraten, auf dem „Genoste" Schippel angehalftert wurde; die Nachlese von der Flucht der Prinzessin Luise die in Paris mit ihrer Schwester, der Gräfin Lonyay zusammengetroffen ist ,und in Wien eine jnoble Anleihe ausgenommen haben soll, eine Denkschrift v. Mirbachs, die bester unterblieben wäre und schlechte Nachricht aus Deutsch-Südwestafrika, der zufolge die Hereros abermals durchgebrochen wären. Da zwischen laufen Gerüchte von einer angebahnten Verständigung zwischen Berlin und Gmunden, Gerüchte, die bisher immer nur auftauchten, um bald darauf widerrufen zu werden. Der Generalstreik in Italien hat nach wenigen Tagen geendet, wobei Ministerpräsident Giolitti den Menenius Agrippa gespielt hat, der die widerspenstigen und unzufriedenen Plebejer nach Rom zurückführte.