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Kurze Mitteilungen. v. ^edruar 1928 Der König v v n Schweb e n ist gestern früh aus Stockholm in Berlin eingetrofsen und wurde am Stettiner Bahnhof von dem schwedischen Gesandten af Wirsen und anderen Mitgliedern der schwedischen Gesandtschaft begrüßt. Der König seht heute abend seine Reise nach Rom fort. Am vergangenen Sonnabend ereignete sich gegen Ende der Frühschicht auf Grube Laurwey-Voccart bei Vonn eine Schlagwetter-Entzündung, bei der sieben Bergleute v e r l e ht wurden. Auf dem Indus ist ein überladenes Fährboot in der Mitte des Stromes gesunken, wobei 16 Perso nen ertranken. Bus aUer Well. 6 Februar >928 ! Für den Mörder Hein gehalten und erschossen. In Rosiß wurde der Stallschweizer Hermann Dank aus Großsalzdorf, Kreis Posen, gebürtig, von einem Polizei- beamten erschossen, weil der Beamte Dank sür den Mörder Hein hielt. Bei der polizeilichen Feststellung der Personalien des Erschossenen hatte dieser einen Fluchtversuch unternommen. Auf das Gerücht hin, in einer Gastwirtschaft halte sich der Mörder auf, war der Oberwachtmeister Berger in Rositz alarmiert worden. Er fand den angeblichen Hein jedoch nicht in der. Gast wirtschaft, stellte aber am Bahnhof einen ihm ver dächtig erscheinenden Mann, der dauernd die Hände in den Hosentaschen hielt. Der Beamte ries den Verdäch tigen dreimal an, und da dieser dem Anruf nicht folgte, gab der Beamte einen Schuß ab, der den für Hein ge haltenen Dank tötete. - Kommunistische Prügelei. Der Hallesche Bolts- park war gestern der Schauplatz wüster politischer Ex zesse. Der vor acht Tagen aus der K. P. D. ausgetretene kommunistische Landtagsarbgeordnete und Stadtrat Otto Kilian hatte zusammen mit Urbahns eine öffentliche Volksversammlung einberufen, um den ehe maligen Freunden aus der K. P. D. die Politik der Opposition zu entwickeln. Aus Furcht vor einer Dis kussion hatte die kommunistische Bezirksleitung alles, was laufen kann, einschließlich des Roten Front- kämpferbundes, alarmiert und die Parole ausgegeben, die Kilian-Versammlung zu sprengen. Urbahns hatte kaum fünf Worte gesprochen, als der Tumult losging. Sechs Stunden — von 8 Uhr abends bis 2 Uhr nachts — wogte ein erbitterter Kampf. Kilian und Urbahns wurden von ungefähr 150 bis 200 Anhängern, die sich um die Bühne geschart hatten, ge schützt. »" 12V Kommunisten verhaftet. Rach Meldungen Ser Berliner Montagsblätter ist es anläßlich der gestri gen Stahlhelmkundgebung infolge der umfassenden Maßnahme der Polizei nur zu geringfügigen Störungs- versuchen durch die Kommunisten gekommen. Wegen Nichtbefolgung der polizeilichen Vorschriften und Be lästigung politisch Andersdenkender wurden 120 Kom munisten verhaftet. Ein Einbrecher von der Breslauer Kriminalpoli zei niedergeschofsen. Der Breslauer Kriminalpolizei war verraten worden, daß am Sonnabend abend in ein Breslauer Leihhaus ein Einbruch geplant war. Tat sächlich drang ein maskierter Mann in die Räume ein. Aus Anruf der Beamten, die sich schon vorher im Ge bäude versteckt hatten, richtete er sein Revolver auf sie, wurde jedoch niedergeschossen und mit einem schweren Halsschuß in das Krankenhaus eingeliefert. " Im Streit erstochen. Als gestern morgen gegen sechs Uhr der 28 Jahre alte Kaufmann Alfred Kirsch in Gelsenkirchen sich aus dem Heimwege von einer karnevalistischen Feier befand, geriet er mit einem jungen Mann in einen Wortwechsel, in dessen Verlauf der junge Mann dem Kirsch einen so schweren Messer stich in die Herzgegend versetzte, daß er auf dem Trans port ins Krankenhaus gestorben ist. Der Täter konnte leider noch nicht ermittelt werden. " Die Visionen der Neumann haben aufgehört. Die Entwicklung der Dinge in Konnersreuth hat eine sensationelle Wendung genommen, die in der Oesfent- lichkeit bisher noch nicht bekannt war. Die Freitags- visionen und Blutungen der Therese Neumann haben sich an den Freitagen der letzten Wochen nicht mehr wiederholt. Die Neumann ist frisch und gesund und hilft im elterlichen Hause und in der Wirtschaft mit. Die äußerlichen Wunderscheinungen sind bis auf die Stigmata verschwunden. " Chamberlin abgestürzt. Der Ozeanslieger Cla- renze Chamberlin, der am 6. Juni vorigen Jahres zu sammen mit Levine nach 44stündigem Fluge von Amerika in Deutschland gelandet ist, stürzte beim Start aus 15 Meter Höhe über dem Flugfeld Richmond (Vir ginia) ab. Der Flieger und der Mitpilot Williams kletterten nach den bisher vorliegenden Berichten un beschädigt aus dem Führersitz, während das Flugzeug schwer beschädigt wurde. Die Ursache des unglücklichen Startes, dem die Flieger wie durch ein Wunder unver letzt entkamen, ist bisher nicht festgestellt. Jedoch ist anzunehmen, daß die Ueberlastung des Flugzeuges die Schuld trägt. Chamberlin sollte den dritten Versuch unternehmen, einen neuen Weltdauerrekord aufzu stellen. * Sechs Personen bei einem Brande ums Leben gekommen. In West-Philadelphia sind, einer Reuter meldung zufolge, ein Ehepaar und vier seiner fünf Kin der bei einem Hausbrand ums Leben gekommen. Der Brand dürfte durch die Explosion eines Oelosens im Keller des Hauses entstanden sein. " Ein Eisenbahnzug in China beraubt. — Das Stationsgebäude in die Luft gesprengt. Wie aus Nan king gemeldet wird, haben auf der Station Sutscha der Tschantscha-Linie in der Provinz Sudzjan Banditen das Stationsgebäude in die Luft gefprengt, einen Eilzug aufgehalten und die Böschung hinabgestürzt. ION 000 Dollar fielen den Räubern in die Hände. Ein dreistöckiges Konfektionshaus abgebrannt. Schwerin, 6. Febr. Am gestrigen Sonntagnach mittag geriet in Wismar das dreistöckige Konfektions haus der Firma Benzin in Brand, der das ganze Ge bäude bis auf das Ladengeschäft vollständig in Asche legte. In dem ersten Stockwerk war das Feuer aufge gangen. Die Hausbewohner, der Geschäftsinhaber mit seiner Familie, sowie die Familie eines Mieters, waren den Nachmittag über abwesend. Als Vorübergehende den Brand bemerkten und sofort die Feuerwehr alar mierten, war an ein Retten des Hauses nicht mehr zu denken, da der Wind die Flammen auf der Rückseite des Gebäudes immer von neuem anfachte. Ein furcht bares Geschick ereilte die alte im Hause anwesende ge lähmte Schwiegermutter des Geschäftsbesitzers. Die durch einen Schlaganfall gelähmte Frau lag hilflos in ihrem Bett, als die Flammen das Gebäude ergriffen. Als die Feuerwehr eintraf, mar bereits das ganze Treppenhaus von Rauch erfüllt und unzugänglich, so daß der Aermsten keine Hilfe gebracht werden konnte und sie in dem brennenden Hause umkommen mußte. Den Hausbewohnern gelang es nicht einmal die not wendigste Habe zu retten. Aus dem Gerichtssaai. 6 Februar !928 K. Die Diebstähle im Körner-Museum, die am Sonnabend vor dem Gemeinsamen Schöffengericht Dres den den Gegenstand eines größeren Strafprozesses bil deten, endeten mit der Verurteilung des ehemaligen Hilfsaufsehers Anton Osch zu zwei Jahren Gefängnis und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren. Staatsanwalt Dr. Arndt hatte eine dreijährige Gefängnisstrafe beantragt. Der Ange klagte blieb bei seiner Behauptung stehen, daß die ver schiedensten Sachen nicht Eigentum der Stadt Dresden seien und zum Nachlaß des Hofrates Dr. Peschel ge hörten, was aber der als Zeuge vernommene Museums direktor Dr. Großmann widerlegte. In der Anklagerede führte der Staatsanwalt u. a. aus, es liege hier ein unerhörter Vertrauensbruch vor. Osch habe seine Stel lung auf das allergröblichste mißbraucht. Amtsgerichts direktor Dr. Helff betonte in der Begründung des Ur teils, die Schuld des Angeklagten gelte als voll er wiesen. Die Ausflüchte die Osch gebraucht, er habe im Auftrag der Tochter Peschels gehandelt, seien nicht glaub haft. Er mußte, daß diese als Zeugin wegen ihres geistigen Zustandes nicht auftreten könne und glaube da her, daß er sich in der Weise verteidigen und herausredcn könne wie er es bisher getan habe. Aber damit habe er beim Gericht nicht durchschlagen können. Für Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft habe kein Anlaß vor gelegen. England und das Washingtoner Abkommen Das Problem des Achtstundentages. In Ler Sitzung Les Verwaltungsrates Les Internationalen Arbeitsamtes erklärte Ler englische Delegierte Betterton, Latz England nicht in der Lage sei, das Washingtoner Abkommen zu unterzeichnen, Las die. achtstündige Arbeitszeit international festlegt. Diese Konvention sei in Ler Eile und ohne genügende Erfahrungen geschlossen worden, doch hätte die Praxis ergeben, datz die Schwierigkeiten zu groß seien. Er beantrage daher, auf die Tagesordnung der Internationalen Arbeitskonferenz von 1929 die Revision Ler Washingtoner Konvention zu setzen. Da EnglanL bisher selbst sehr eifrig an Lem Zustandekommen der Konvention mitgewirkt hat, löste diese Erklärung heftige Er widerungen der Delegierten derjenigen Staaten aus, die sich zu einer Ratifizierung bereiterklärt haben. Die Rückwirkung, die Englands Verhalten politisch und wirtschaftlich aus diese Staa ten haben wird, lätzt sich vorläufig noch nicht absehen. Ins besondere kommt Belgien, das als reiner Industriestaat das Ab kommen trotz der gleichen Hindernisse, wie sie England besitzt, schon durchgeführt hat, in einer schwierige Lage. Unser Bild zeigt den großen Konferenzsaal des Internatio nalen Arbeitsamtes in Genf, in dem die Sitzungen des Ver waltungsrates augenblicklich stattfinden. LersUELrejAot k-Ovrisn vom 5^. l_Sknrns. 1V. Fortsetzung. Nachdruck verboten Zwei Buben in fast gleicher Größe standen grinsend vor Gerda und starrten sie an, den Finger im Munde „Das ist unse jute Stube, da ders sonst keener rin, nur wenn Besuch da is," sagte der eine, „un uf das jute Sofa derfen wir uns ooch nich setzen —." Gerda wollte aufstehen „O je, da muß ich mich lieber wo anders Hinjetzen, damit ich das ,jute Sofa' nicht am Ende beschädige!" Innerlich wollte sie sich ausschütten vor Lachen: ihre Spottlust bekam hier reiche Nahrung — Himmel, wie sahen die Bälge aus; schmutzig, mit nicht ganz sauberen Nasen — bei dem einen hatte das Höschen an verhängnis voller Stelle ein Loch, durch das in nicht gerade schneeiger Weiße der Hemdzipfel hervorlugte. Schade, daß Hellmut nicht da war! Der hätte sich amüsiert! „Nee, du derfst ruhig sitzenbleiben," meinte der andere gnädig; „du bist doch Besuch! Bloß wir Lerfen nich, sonst libt's Kloppe, aber feste!" „Wie heißt du denn?" fragte Gerda, immer mehr be lustigt. „Jche? — Ich Heeß» Willem, un das da is Karl, un da» i» Mine, die Lieschen uf'n Arme hat," berichtete der Junge wichtig, immer dreister werdend, „un die Messer hat un» Vater gestern au» Halle mitjebracht" Lieschen spielt» jetzt so gefahrdrohend mit dem Messer, daß Gerda nicht anders konnre, als es ihr wegzunehmen Da erhob di» Kleine ein durchdringendes Geschrei; ratlos stand das junge Mädchen da, und die Kinder waren sehr verlege». „Mutter weeß jar nich, daß mir hier sin; die denkt, mir fin bei die andern in'n Garten. Na, die Haue, wenn sie's merkt!" Aber die Kinder gingen nicht, und die Kleine schrie weiter. Da ergriff Gerda ein glücklicher Gedanke. Sie zog die Uhr aus dem Gürtel und ließ fie vor den Augen des Kindes hin- und herschaukeln Da wurde es ruhiger: mit erstauntem Blick folgte es dem kleinen, glänzenden, sonder baren Ding, bis sie nach Art aller Kinder danach griff und es auch nicht wieder losließ Mine trocknete unter dessen mit ihrer nicht ganz sauberen Schürze die Tränen Lieschens, so daß deutliche Schmutzspuren deren Weg kenn zeichneten Auch den anderen Kindern imponierte Lie Uhr sowie die vielen zierlichen Kleinigkeiten, die an langer Kette hingen, und jeder wollte was sehen Der fünfjährige Wilhelm faßte sogar mit seinen dicken Patschen Gerda an, so daß man ganz deutlich die Fingerabdrücke an dem zart farbigen Kleide sehen konnte. „Jche ooch, Freilein, iche ooch —." „Kinder, laßt mich nur, ihr verzerrt mir ja alles!" Aber das Kleine hatte wenig Respekt vor Gerdas Würde Krampfhaft hielt es die kostbare Uhr fest, bis es Gerda gelang, sie wieder zu bekommen, was abermals ein durch dringendes Geschrei zur Folge hatte. „Tick-Tack, Tick-Tack haben." Zum Glück kam jetzt Katharine herbei. Verblüfft blieb fie auf der Schwelle stehen, als sie das verwöhnte Mädchen in dieser Lage sah, und ein heiteres Lächeln flog um ihren Mund. „Gut, daß du kommst, Käthe, ich bekomme den kleinen Schreihals nicht wieder ruhig," rief Gerda ihr entgegen „Ach Gott, ach Gott, gnädiges Fräulein," jammerte die Mutter der Kinder, die an Katharine vorbei ins Zimmer eilte, jedem der Jungen ein paar derbe Ohrfeigen oerab reichte und die ganze kleine Gesellschaft Heraustrieb. „Ihr unartigen Bälge, könnt ihr gar nicht hör»«? Was habe ich euch denn gesagt? Raus mit euch! — — Ach, ent schuldigen Sie man, gnädiges Fräulein, man hat so seine Not mit den Kindern," jammerte Frau Rothe. „Lassen Sie nur gut sein," beschwichtigte Käthe die auf geregte Frau, die ordentlich zitterte, „wir wollen Sie nun nicht länger stören." „Das werden Sie uns doch nicht antun, nein, nein; ich habe Kaffe gekocht; Sie müssen erst eine Tasse trinken; so lasse ich Sie nicht fort, das würde mich kränken." Alles Dagegenjprechen hals nichts: fie mußten bleiben, und mit Ergebung fügte sich Gerda Neugierig sah fie zu, wie die Frau den Elasschrank in der Ecke des Zimmers aufschloß und die besten Tasten — große blaue Tassen mit reichlichem, lebhaft getöntem Blumenschmuck und Goldrand — herausnahm, behutsam auf den Tisch stellte, von dem fie erst sorgfältig die Decke abgenommen hatte. „Du, ich komme um, Käthe — mit dem besten Willen — ich kann nichts genießen," sagte Gerda, während Frau Rothe den Kaffee holte. „Sei ruhig, Gerda! Sollst auch nicht! Ein Elas Sahne wirst du doch aber trinken, wenn ick es dir hole? Man kann die Leute doch nicht beleidigen! Ich werde es schon einrichten." „Liebe Frau Rothe," sagte Katharine, als diese, rot vor Aufregung, mit der dampfenden Kaffeekanne in der einen und einem Teller voll Kuchen in der anderen Hand hereinkam —. „Liebe Frau Rothe, Fräulein von Freesen darf keinen Kaffe trinken; der Arzt hat es ihr verboten, aber Milch Ich sah vorhin draußen Sahne stehen, — fie ist bestellt, ich weiß es — aber ein Gläschen wird schon davon zu entbehren sein! — Nein, bleiben Sie sitzen, ich weiß ja bei Ihnen Bescheid und hole sie gleich selbst!" Und schon war Käthe aus dem Zimmer, ehe die noch immer auf geregte Frau Rothe etwas erwidern konnte. Nach einem Augenblick kam fie wieder herein, auf einem Teller ein Glas köstlicher Sahne tragend. „So, Gerda, nun lasse « dir gut schmecken!" (Fortsetzung folgt^