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Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Eigeuthm» de» Börsenvereln» der Deutschen Buchhändler. Nichtamtlicher Theil. Zwei Fragen aus dem Preßgebictc. Der §. 26. vom preußischen Preßgesetz lautet: Der Herausgeber eener Zeitung oder einer in monatlichen oder kürzeren, wen» auch unregelmäßigen Fristen erscheinenden Zeitschrift ist verpflicht«, die Entgegnung zur Berichtigung der in ibr erwähnten Thatsachen, zu welcher sich die dctheiligte öffentliche Behörde, die angegriffene Privatperson oder die Borsteher einer mit CorporaiionSrechten versehenen Gesellschaft veranlaßt finden, in eine der beiden nächsten nach Eingang der Ent gegnung erscheinenden Nummern und, wenn die Zeitschrift in größeren Zwischenräumen als dem einer Woche erscheint, in die nächste der Ent gegnung folgende Nummer und zwar in densenigen Theil der Zeitung oder Zeitschrift aufznnchnien, in welchem sich der Artikel, welcher zu der Ent gegnung Veranlassung gab, befunden hat. Die Entgegnung muß von dem Belheiliglen unterschrieben sein. Die Aufnahme muß kostenfrei geschehen, so weit der Umfang der übersteigt. stur die über dieses Maß hinausgehenden Zeilen sind die üblichen Einrückungs-Gebühren zu zahlen. Mehrere in Bezug auf diesen Paragraphen mir vorgckommene Fälle haben mich zur Veröffentlichung nachstehender Punkte veran laßt, deren genügende Beantwortung mir bis jetzt, trotz mehrfacher Umschau, nicht gelingen wollte. Es ist dies die in dem Paragraphen nicht erwähnte Frist, binnen welcher die Einsendung einer Ent gegnung statthaben soll; im Gcgentheil sagt Hr. Kaiser in seinem Commcntar hierüber sub Nr. 3: „Die Einsendung einer der artigen berichtigenden Entgegnung ist an keine bestimmte Frist gebunden." Die stricte Durchführung dieser Auslegung würde indeß dem Angegriffenen gunsi ein Privilegium in inünitum einräumen, das doch wohl durch das Gesetz nicht beabsichtigt ist. Bei der unendlichen Mannigfaltigkeit der zu Differenzen Veranlassung gebenden Mei nungsverschiedenheiten könnte auch hier leicht eine solche gesunden oder gesucht werde»; wenngleich eine solche Annahme unwahrschein lich klingen mag, so gehört sie doch keineswegs zu den unmögliche» Fällen. Ich will nur beispielsweise eins ansührcn: A. hat seine Zeitung au B. verkauft; kurz darauf verlangt C. mit Bezug aus einen vor längerer Zeit im Journale des A. erschienenen Angriff die Auf-- nahlnc eines (vielleicht i» starke» Ausdrücken sich bewegenden) Gegenartikels ans 26. (und bcz. 44.) sich stützend. A. verweigert dieselbe indeß, sich sagend, daß das Interesse an der Sache Lurch den dazwischen liegenden Zeitraum erloschen sei, und er, als durchaus Nnbetheiligter, nicht weiter in der Angelegenheit rühren wolle. Es sragt sich nun, kann A. sich in solchem Fall- mit Erfolg aus Sic inzwischen verstrichene Zeit berufen, oder muß er, selbst nach langer Zeit, die Ausnahme »och gestatten? Vielleicht ist irgend einem Leser dieses selbst ein solcher Fall in der Praxis vorgekommen oder ein Präccdenzfall dieser Art er innerlich. — Eine zweite, ebenfalls durch 8-26. geschaffene Frage ist die, ob der Herausgeber (oder Redakteur -c.) einer Zeitung berechtigt ist: bei Annahme eines Angriffes die hieraus als sicher zu erwartende Entgegnung sich gleich mitbezahlen zu lassen, um sich so einerseits für die event. Mehrarbeit zu decken, andererseits den Angreifer von der ganzen Sache abzuschrecken, resp. ob er die Deponirung des gleichen Betrages verlangen kann, und wie lange er solche recht- licherwcise zurückhalten darf? (Vgl. obige Frage!) Daß diese letztere Methode übrigens als sehr praktisches Ab schreckungsmittel zu empfehle» ist, kann ich nur bestätigen; ob sie juristisch jedoch Stand hält, wage ich nicht zu behaupten. Meiner Ansicht nach kann dem Eigenthümer der Zeitung dieses Verlangen nach Deponirung einer gleichen Summe nicht streitig gemacht wer den indem er ja auch nicht zur Aufnahme eines Angriffes ge zwungen werden kann; cs würde eine solche vorherige Abmachung den Charakter eines geschäftlichen Eontractes erhalte», der dnrck das Preßgcsctz wohl schwerlich zu annulliren sein würde. Jinmerhi» sind obige zwei Fragen einer Erörterung Werth, um die hiermit gebeten wird. Elberfeld, im September 1872. P. Schlnndt, Expedient d. Elberf. Ztg. Auch eine Meinung über den Werth von Büchern. Der berühmte Staatsrechtslehrer Zachariä in Heidelberg, der auch als guter Finanzier bekannt und in seinen Gewohnheiten und Bedürsnisseu von spartanischer Einfachheit war, liebte es, seine Vorträge nicht nur mit drastischen Einfällen zu würzen, sondern auch gelegentlich einen praktischen Gedanken seinen Zuhörern mit auf den Lebensweg zu geben. So warnte er eines Tages vor der Büchersucht, dem Anschaffen vieler Bücher, die er als todtcs Ca pital ansah. Er sagte da: „Sic, meine Herren, werde» künftig einmal, sei es als Beamter oder Anwalt, nicht einsam in irgend einem Dorfe ihre Tage verbringen, Sie werden in einer größeren oder kleineren Stadt leben. Da bietet Ihnen die Staats- oder Rathsbibliothck oder die eines befreundeten Sammlers das, was Sie gerade brauchen. Schassen Sic sich aber juristische Werke - solche hatte er nämlich im Auge — cigcnthümlich au, so sind diese nicht nur stets sehr theuer, sie werden auch — die Wissenschaft schreitet sort — in wenig Jahren veraltet, durch neue Auflagen ver drängt, und Sic, da die letzteren in der Regel eine Vermehrung und Verbesserung enthalten, genöthigt sein, Ihre Bibliothek fort und fort zu ergänzen. Thun Sie das nicht, dann wird dieselbe mehr und mehr an Werth verlieren. Beschränken Sic sich darum bei An- 490