Volltext Seite (XML)
Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend DK »Obendorf« Zeitung' erscheint Diens« tag, Dmmeistag und Sonnabend. Bezugs-Preis: Monatlich ,50 Mark, bet Anstellung durch die Boten Mark. I« Falle höherer Gewalt (Krieg'od. sonst, irgnöwelcher Störungen des Betriebes der Zeitung, der Lieferanten od. d. Beförderung»» Einrichtungeuf hat der Bezieher keinen An» fprnch «ul Lieferung oder Nachlieferung der ZMm>» »d. «ufRSLzahlmlg d. Bezugspreisen Postscheck-Konto Leipzig Nr. 29148. Schrkftleitung, Druck u. Verlag Hermann Rühle, Ottendorf-Okrilla. Nummer 29 Mittwoch, den 8. März ^922 2H Jahrgang. Amtlicher Teil. Eine Bolkssammlung für das notleidende Alter findet auch in unserer Gemeinde statt. Unsere alten Leute hungern und darben. Die öffentlichen Körperschaften verkennen die Notlage nicht, aber Umfang und Wirksamkeit ihrer Hilfe find be schränkt durch die Finanznot. Private Hilfe ist daher notwendig. Wir vertrauen auf die Opferwilligkeit unserer Ein wohnerschaft und bitten um reichliche Spenden an die Sammler. In den einzelnen Dienststellen und Betrieben werden durch die Betrieberäte Sammellisten in Umlauf gesetzt werden, für welche wir besondere Beachtung erbitten. Möchte ein schönes Sammlungs-Ergebnis unsere Ge meinde zieren. Httendorf-HLrUra, am 6. März 1922. Der Gemeindevorstand. Glocke« weihe. Die Glockenweihe wird nun am Sonntag, de« 12. März 1922 stattfiuden. Der Fcftzug zur Einholung der Glocke stellt nach«. 2 Uhr am Bahnhof Ottendorf-Okrilla. Nach kurzer Begrüßungsfeier wird sich der Festzug mit der Glocke durch die Königsbrücker- und Mühlstraße nach dem Kirchhof begeben, wo vor der Kirche die Wethe stattfinden wird. Die Behörden, Einwohner, Schulen und Vereine werden hierdurch zur Beteiligung au dem Festzug und an der Weihefeier eingeladen. (Anzug soll beliebig sein, damit jedem die Teilnahme möglich ist.) Um Schmückung der Feststraßen (Königsbrücker- und Mühlstraße) wird herzlich gebeten. Htteudorf-HLriLa, den 7. März 1922. Der Kirchenvorstand. Marte« -A«Sgave. Die nächste Lebensmittelmarkenausgabe findet Donnerstag, de« 9. März 1922, aveads 5 Ahr statt unv zwar: Bezirke I bis V (Haus-Nr. 1—112V) in der neuen Schule zu Ottendorf, Bezirk VI (Ortsteil Moritzdorf Haus Nr. 1—19) im Gasthof zum goldenen Ring, Ortsteil Cunnersdorf, Groß- und Kleinokrilla in den bekannten Ausgabestellen. Die Aushändigung der Marken erfolgt nur an er wachsene Personen. Für verloren gegangene Marken wird kein Ersatz geleistet, die Marken sind daher sofort beim Em pfange nachzuzählen. Die nichl fristgemäß abgeholten Marken können vor Montag, den 13. März nicht verausgabt werden, da sich die Liften in den Händen der Vertrauensleute zum Zwecke der Abrechnung noch befinden. Htte»dorf.HLriLa, den 7. März 1922. Der Gemeindrvorstand. Handwerker und Klem-Gewervetreibende. Mit lähmenden Schrecke wird wohl die Mehrzahl der selbständigen Handwerker und Gewerbetreibenden den Ein- kommensteuerzettel als unwillkommene Gade erhalten haben. Gar mancher der Leidtragenden wird sich verzweiflungivoll fragen, woher er das Geld zur Bezahlung dieser Steuer nehmen solle. Denn der den meisten ist der Sleuerbetrag so hoch, daß er nicht ohne weitere» aus den laufende» Ein nahmen genommen werden kann. Viele werden gezwungen sein, ihr Betriebskapital anzugrerfen und damrt zu verringern. And was bedeutet wohl die Verringerung der Betriebskapitals? Doch nur die Entäußerung eines Teiles seine» zum Betrieb notwendigen Handwerkszeuges. Denn wie jeder Tagelöhner nm arbeiten zu können, Hacke, Schaufel ober sonstiges Hand- Werkszeug braucht, so braucht der Geschäftsmann, der Hand werker und Gewerbetreibende zur Ausübung seines Berufes ein bestimmtes Betriebskapital, mit dem er arbeite« muß und ohne das er seinen Betrieb nicht wettcrführen kann. — Zur Einkommensteuer kommt bald noch die horrende Umsatzsteuer und schon droht von weitem die am 1. April 1922 in Kratt tretende Gewerbesteuer und die alle Grundstücke stark be lastende Grundsteuer! Nur nebenbei erwähnt seien die immer höher steigenden Ausgaben Mr Löhne und alle sonstigen Geschäftsspesen. Ja die Steuern, Abgaben und Spesen werden mit der Zeit immer unerschwinglicher, und kein Hoffnungsstrahl verheißt Besserung. Dabei findet man bei Vielen eine geradezu unglaubl che Verständnislosigkeit: „Aber was jammern Sie denn da, Sie können doch die vermehrten AnSgaben auf die Ware schlagen!" ist die naive Antwort gegenüber den Gewerbetreibenden. Aber wenn er es wirklich wagen sollte, eine Preiserhöhung seiner Waren eintreten zu lassen, dann schreit man sofort von jener Seite Zeter mordio man droht sofort mit Einkauf-Vereinigungen der Festbe- sodeten, ruft die Arbeiter zum Eintritt in die Konsumvereine auf und erhebt ein große» Geschrei über Wucherpreise. Jedoch bedenkt man nicht, daß mit den Einkauf-Vereinigungen und Konsumvereinen dem selbständigen Gewerbestand der Lebenrboden abgegraben wird, dem wirklich produktiv?« Stande, der dem Staate die Steuern zur Bezahlung seiner unzähligen Beamten zusührt. Dann das Wort „Wucher!" Damit sollte man auf allen Setten etwa» vorsichtig um gehen. Wenn der wirklich produktiv arbeitende Staatsbürger sehen muß, wie die Frucht seines Schaffen«, seines Fleißes und Schweißes von dem unersättlichen Steuermoloch ver- fchlungen wird, wenn er sieht, wie sein sauer verdiente- Geld ohne jede Methode, ohne jeden Sparsamkeitsfinn ver schleudert wird, dann verliert auch der Fleißigste die Lust zum arbeiten. Er denkt, warum soll ich gerade nur schaffen um die Steuern zusammenzubringen — und das Faß, in das sie hineingeworfen werden, hat doch keinen Boden. Und wenn er einmal beim Nachdenken ist, fällt es ihm auf einmal ein, daß in der ganzen Steuergesetzgebung doch eine gewisse Methode liegt, nämlich die, daß die meisten Steuern dem gewerblichen Mittelstände aufgehalö werden. Da hat er, der Handwerker und Gewerbetreibende, schon längst die Beobachtung gemacht, daß der Sozialismus, der ja jetzt mehr oder weniger in Deutschland regiert, nicht nur nichts für das Kleingewerbe übrig hat, sondern im Gegenteil den Unter gang diese» Standes beschleunigen hilft. Früher bestritten die Sozialisten zwar diese Absicht, aber neuerdings nehmen sie sich dazu gar keine Rühe mehr, sondern bekennen offen, daß jetzt die Zeit gekommen sei, dem Kleingewerbe stand, als der schwächsten und widerstandslosesten Abart des Kapitalismus, den Todesstoß zu versetzen. Um dieses zu erreichen, wendet man die Art des „Todfteuerns" an. Die sozialistischen Regierungsmänner wissen ganz genau, daß der aus schwachen finanziellen Füßen stehende Gewerbestand aus die Dauer die vielseitige Besteuerung garnicht ertragen kann, und daß, wenn der Aderlaß nur ein wenig kräftig und oft oorgenommen wird, der Patient bald dort sein wird, wohin er nach Anficht seiner Wunderdoktoren gehört und wo man von ihm sagen kann, seine Schmerzen find ihm genommen. Darum Handwerker, Gewerbetreibende, Kleinkaufleute, Klein bauern, seid auf der Hut, man will Euch an die Gurgel, man will Euch totsteuern! Giebt es noch ein Mittel da gegen? — Gewiß! — Schaut hin aus die großen Organisationen der Arbeiter und Beamten. Diese find in ihrer geschloffenen Masse eine Macht. Denkt an das neue Gesetz über Ermäßigung beim Lohn-Steuer-Abzug! — Auch für Euch, ihr kleinen selbständigen Unternehmer steht der Weg zu einer größeren Macht offen: Vereinigt Euch auch, wie die anderen, laßt allen kleinlichen Konkurrenzneid beiseite! Entfallet in Euren Berufsvertretungen, in Euren Innungen und Vereinen ein regeres politische« Leben. Schließt Euch zusammen zu einem großen Ganzen, denn nur Einigkeit macht stark — und die Masse wird zur Macht! LertttcheS «»d Sächsisches. Dtr«nd»rk<VkriUa, den 7. März ,922. — Im Monat Februar 1922 erfolgten bei der hiesigen Sparkasse 222 Einzahlungen im Betrage von 141527,95 Mark und 89 Rückzahlungen im Betrage von 51469,49 Mark. Die Girokaffe hatte im gleichen Monat einen Umsatz von 6070022,13 Mark in 1242 Buchungen. — Das sächsische Kirchenregiment hat unter dem 15. Dezember 1921 eine vorläufitge Kirchensteuerordnung erlassen, in welcher sämtlichen Kirchgemeinden Sachsens für da» Steuerjahr IS21 als Kirchensteuer ein Zuschlag in Höhe von 8o/o zur Reichseinkommenstcuer voroeschrtebcn wird. Lon diesen 8 °/g sollen 5°/o für die Bedürfnisse der Einzel- gemeinden, 3 °/g für die Landeskirche erhoben werden. Dieser einheitliche Steuersatz ist von den Finanzämtern aus drücklich gefordet worden. Es unterliegt aber keine« Zweifel daß der erwähnte Prozentsatz für viele Gemeinden zu hoch gegriffen ist. Steuerkräftige Gemeinden werden in Zukunst mit einem viel geringeren Prozentsatz der Reichseinkommen- steuer ihre kirchlichen Bedürfnisse decken können. Das Landes- konsiktorium hat demgemäß in Aussicht gestellt, für die Zu kunft eine Regelung durchsetzen zu können, nach der jede Kirchgemeinde Steuern noch ihren Bedarf erhebt. Aber für das Jahr 1921 hat e«, der Forderung der Landesfinanz, ämter entsprechend, den einheitlichen, für leistungsfähige Ge meinden zu hoch gegriffenen Steuersatz anordnen müssen. Betreffs der Kirchensteuern der wirtschaftlich schwerbelastete« Minderbemittelten darf auf folgendes noch hingewieseu werden: Vom 1. Januar 1922 an hat ein Haushaltungs- vorstand, dessen Familie aus Mann, Frau und 3 Kindern besieht, und der monatlich bis 1750 Mark Einkommen be zieht (wöchentlich als 437,50 Mark), weder Einkommensteuer noch Kirchensteuer zu bezahlen, denn er darf als abzugsbe rechtigt von der zehnprozentigen Steuer monatlich 175 Mk. abrechn n: Für sich und seine Frau je 20 Mark, für jedes Kind. 30 Mark, zusammen 130 Mark, hierzu 45 Mark Werbungskosten, in Summe 175 Mark. Also Einkommen steuer 00 Mark, Kirchensteuern 00 Mark. Durch diese Er leichterung dürfte der Mrchenaustritt-oewegnng, sofern sie sich gegen die. angeblich zu hohen Kirchensteuern richtet, jeder Grund und Boden entzogen sein. — Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank und Post erfolgt in der Woche vom 6. bis 12. März d. I. zum Preise von 850 Mark für ein Zwanzigmarkstück, 425 Mark für ein Zehnmarkstück. Für die ausländischen Goldmünzen werden entsprechende Preise gezahlt. Moritzburg. Am Sonnabend hat der Gestüts wärter Gotthardt in einem Anfall von Irrsinn seine Ehe frau erwürgt. Gotthardt hatte im Kriege einen Kopfschuß erhalten und litt seitdem an Kopfschmerzen. Er dürfte für feine Handlungsweise deshalb kaum verantwortlich zu machen sein. Radeberg. Sonntag abend zwischen 10 und 11 Uhr hat sich der Glasstrecker Fischer hier, auf dem Bahn gleis hinter den Fabrikanlagen der Firma Hirsch und Petrich in selbstmörderischer Absicht von einem Eiseubahnzug über fahren lassen. Der Grund des Selbmordes ist unbekannt. Dresden. Die Stadt plant den Bau eine» neue« groben Verwaltungsgebäudes in der Theaterstrabe, da» Ende 1923 fertiggestellt sein soll. Nötig wurde der Bau deshalb weil zurzeit verschiedene städtische Aemter in einer Reihe von Gebäuden, u. y. auch Hotel», verstreut untergebracht sind und diese Gebäude zugunsten de- Geschäftslebens und Fremdenwesens freigegeben werden sollen. U. a. würde anch da» alte Rathaus für GeschäftSzwecke dann frei gegeben. — Am Sonntag früh in der 5. Stunde gewahrte der Hausdiener einer im Innern der Altstadt gelegenen Gast wirtschaft einen Mann auf dem über der Bierausgabe be findlichen Glardache. Da man annahm, daß es sich um einen Einschleichdieb handelte, der sich weigerte seine gefähr liche Lagerstätte zu verlassen, rief man die Feuerwehr her bei, die den Mann herabholte und ihn der Polizei übergab. Wie sich nun herausstellte, handelte e« sich um eineu Chauffeur, der als täglicher Gast eincm dort bediensteten Mädchen, das seinen Ausgang gehabt hatte, nachgestellt, bet dem Liebesabenteuer auf das Glasdach geraten war und sich nicht mehr zurechtgesunden hatte. So stellte sich die „Ein- brecheraffaire" al» ein« harmlose verunglückte Liebe», gefchichte dar. Leipzig. Der Besuch der Frühjahrsmesse wird vor aussichtlich den der vergangenen beiden Messen erreichen, wen« nicht übertreffen. Am Sonnabend nachmittag waren bereit» rund 80000 meßamtliche Ausweise, und zwar solche die für die ganze Dauer der Messe Geltung haben, ausgegeben. Die Warennachfrage wird allem Anschein nach so groß sein, daß einige Industrien ihr kaum werden genügen können. Zahlreiche Wirtschaftsverbände hielten bereits am Sonnabend ihre Sitzungen ab. An der Technischen Messe arbeitet man fieberhaft, um die durch den Transportarbeiterstreik für de« (Ausbau verlorengegangene Zeit einzuholen. Den italienischen Besuchern ist auf den -schweizerischen Bundesbahnen eine Fahrpreisermäßigung von 30 v. H. bewilligt worden.