Volltext Seite (XML)
6rieckilcke ^abmettskrile. Vergebens bemüht sich der Vierverband, insbesondere Frankreich, den Rücktritt des Kabinetts Gunaris als einen Erfolg seiner Politik zu buchen. Der Kabinettswechsel bildet für niemand eine Überraschung; er ist viel mehr durchaus programmäßig erfolgt. Seit dem es feststand, daß die Wahlen vom 13. Juni keinen Umschwung in der parlamen tarischen Lage herdeigeführt, sondern der Partei Venizelos auss neue die Mehrheit ge bracht hatten, gab es für die Regierung Gunaris nur zwei Möglichkeiten: abermalige Parlamentsauflösung oder Abdankung nach dem Zusammentritt des Parlaments. Man hat von der nochmaligen Ausschreibung von Neuwahlen abgesehen, obwohl es gar nicht unwahrscheinlich ist, daß diese das letzte Wahlergebnis wesentlich geändert hätten. Man wollte es aus verfassungsrechtlichen nnd anderen politischen Erwägungen bei der Ent scheidung der Wählerschaft belassen. Es war bereits angekündigt worden, daß sofort nach der Präsidentenwahl, das heißt der ersten Willenskundgebung der Venizelisten-Mehrheit, die Regierung zurücktreten werde. Wenn man nun nach der tieferen Bedeutung dieses Rücktritts forscht, so muß zunächt fest gestellt werden, daß sie nicht das Zuge ständnis ist, daß die äußere Politik der bisherigen Regierung (von der inneren Politik spricht heute kein Mensch) Schiffbruch gelitten habe. Vielmehr haben gerade in den letzten Tagen in der Hauptstadt und in der Provinz große Menschenmassen, wie man annehmen darf aus freiem Antrieb, ihre Übereinstimmung mit der von der Regierung gegenüber den Ansprüchen des Vierverbandes befolgten Politik bekundet. Die Abstimmung der Kammer, die die Präsidenten aus der Partei Venizelos wählte und somit zur Krise führte, bedeutet die Aufforderung an die Krone, sich mit Venizelos, der wegen seiner Meinungsver schiedenheit mit dem König in der Frage der Aufrechterhaltung der Neutralität gegangen war, auss neue auseinanderzusetzen. Wie sich Venizelos angesichts der neu geschaffenen Lage verhalten wird, ist schwer vorauszusagen, da er seit seiner Rückkehr aus dem Auslande, in all dem Wandel der Er eignisse, den die jüngste Zeit gebracht hat, die größte Zurückhaltung bewahrte. Daß der König Konstantin, Lessen nun glücklich über wundene Krankheit ihm nichts von seiner Energie und Entschlossenheit geraubt hat, nach wie vor die dem Lande angesonnenen Gebiets« opfer aufs entschiedenste ablehnt, kann als zweifellos gelten. Der neueste Protest, der die Antwort auf die letzte Viermächtenote bildete, hat es bewiesen. Aber auch bei Venizelos darf man einen grundsätzlichen Wandel der Gesinnungen nicht ohne weiteres annehmen. Seine Englandliebe, Lie ebenso wie bei Salandra und Sonnino, im Grunde eine maßlose Englandfurcht ist, dürfte sich kaum geändert haben. Aber geändert haben dürften sich in den fünf Monaten der stillen Beschau lichkeit doch seine Anschauungen darüber, welche Früchte Griechenland von seiner Ge fügigkeit gegenüber den Wünschen des Vier verbandes zu erwarten hätte. Als er im Frühjahr bereit war, das griechische Heer und die Flotte gegen die Dardanellen in Be wegung zu setzen, um den groß griechischen Träumen (die auf Kleinasien und ganz in der Stille auf die Meerengen selber gerichtet sind) die Erfüllung zu sichern, da war er von dem kommenden Siege des Vierverbandes fest überzeugt. Ob er diese Überzeugung heute noch hegt? Ob ihn der lünsmonatige ver gebliche Ansturm auf die türkischen Stellungen, die ungeheuren englisch-französischen Verluste an Menschen und Schiffen, die offenbar sehr geringe Bereitwilligkeit Italiens, nun seiner seits die Rolle des Opserbringers vor den Dardanellen zu übernehmen, und schließlich der russische Zusammenbruch nicht zu einer anderen Auffassung bekehrten? Dazu kommt noch, daß Venizelos, wenn er jetzt zur Regierung zurückkehren sollte, nicht nur im Volke eine andere Meinung, sondern auch auf dem Balkan eine andere politische Lage vorfinöet. Die Zumutungen des Vier verbandes an Griechenland und Serbien haben allgemeines Mißtrauen hervorgeruien und Gleiches 25 f Roman von A. L. Lindner. lgortsetziMst.I Sie streckte die schlanken, weißen Finger aus und betrachtete sie schaudernd. „Jetzt stehen wir gleich —, Max und ich. Ich kann ihm nichts mehr vorwerfen. Sie können uns zusammenaburieilen —ein schönes Paar. Sehen Sie's noch immer nicht? Auch nicht den großen Blutfleck dort an der Wand ?" fuhr sie fort, indem sie auf die rosa Kuppel der Gasflammen deutete. .Sehen Sie nicht, wie es leuchtet? Es brennt sogar — ich fühle es ja bis hierher. Und das Brennen wird nicht aufhören, bevor ich nicht gebüßt habe. Das entsühnt mich, und nimmt auch von ihm den Fluch. Lassen Sie mich jetzt gehen. Ins Gefängnis, ins Zucht« Haus, wohm Sie wollen. Sie brauchen mich nun nicht mehr zu kennen, ich bin tot für sie alle. — Hans!" schrie sie plötzlich auf. „geh nicht an den Rand. O Gott, er greift nach mir — er will sich halten — das Kliff —" Sie sprang zurück, warf beide Arme in die Höhe, drehte sich um sich selbst, und würde zu Boden geschlagen sein, wenn Heinz und die Diakonissin sie nicht aufgefangen hätten. Die letztere erwies sich als ein Schatz. Sie half die jetzt Besinnungslose ins Bett bringen und ging Frau von Knorring mit sachverständigem Rat zur Hand, bis der Arzt zur Stelle sein würde. „Wo hast du sie denn gefunden, Heinz?" fragte die Regierungsrätin, als sie auf einen Augenblick zu ihrem Neffen hinunt?^'««. dem noch mehr der letzte große Bluff. Wie be kannt, drohte die Vieroerbandnoie damit, falls Griechenland sich der Abtretung von Kavalla mit Hinterland widersetze, eine Pression auszuüben. In der letzten Zeit wurden dann auch phantastische Gerüchte über die Bereitstellung zweier französischer Armee korps in Südfrankreich herumgetragen, die dazu ausersehen seien, diese Pression für den Fall, daß Griechenland sich unwillig zeigen sollte, mit Hilfe bulgarischer Truppen, oder umgekehrt, falls sich Bulgarien widerspenstig zeigen sollte, mit Hilfe griechischer Truppen Bul garien gegenüber auszusühren. Der Plan, daß Truppen des Vierverbandes in Griechisch-Mazedonien mit der griechischen Armee gegen Adrianopel marschieren sollten, ist alt, er stammt vom griechischen General stab, und zwar aus der Zeit, als die griechische Regierung unter Gunaris durch die Zudring lichkeit des Vierverbandes mit dieser in nähere Unterhandlungen trMund als sich zeigte, daß es den Vierverbanü-Mächten unmöglich war, auch nur einigermaßen wirksame militärische Garantien zu bieten. Die später ununter brochen aufeinander folgenden Niederlagen des Vierverdandes geben keinen Grund an zunehmen, daß er jetzt, wo seine Aussichten bedeutend schlechter stehen als vor oierMonaten, mehr flüssige Truppen als damals Hai. Die Gerüchte von den beiden französischen Armee korps können daher sicher als Bluff bezeichnet werden. Fachleute würden sich im entgegen gesetzten Falle wundern, weshalb diese achszig tausend Streiter nicht die unselige Dardanellen armee des Vieroerbandes, die sich ohne jeg liche Hoffnung auf Vorwärtskommen in un günstigsten Positionen abschlachten läßt, ver stärken. Es ist daher anzunehmen, daß der Vier verband beute nicht mehr fähig ist, eine militäri sche Pression auszuübcn: um so mehr wird er also durch die diplomatische Aktion brillieren wollen. Nach der Antwort Bulgariens treten wohl die Viernerbandsmächte mit neuen Vor schlägen an Griechenland heran — und sie werden dann schon die richtige Antwort be kommen ; das griechische Volk ist, in flammen der Entrüstung über das Ansinnen des Vier verbandes, einig wie nie zuvor, und hinter ihm steht eine schlagbereite Armee von vier malhunderttausend Mann. Griechenland steht scheinbar 1um am Scheidewege. Sein Ent schluß wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. verschiedene Uriegsnachrichten. Von der mil.Zensurbehörde zugelafsene Nachrichten. Zwei Millionen Kriegsgefangene. Nach einer Aufstellung der ,Frankf. Ztg/ sind zwei Millionen Feinde den dcntschen mid de» österreichisch-ungarische» Truvven seit Kriegsbeginn in Lie Hände gefallen. Während die erste Million nach 6 Monaten und 3 Wochen erreicht war, hat es eines Monats weniger bedurft, nm diese reiche Ernte zu verdoppeln. Die zwei Millionen verteilen sich nunmehr auf die Heere der feindliche» Koalition wie folgt: Die Westfront, die feit Monaten fast unverändert besteht, hat etwa 331 «60 Fran zosen, Belgier und englische Gefangene ein gebracht. Unsere Verbündeten haben ans dem süd östlichen Kriegsschauplätze 23 000 serbische Gefangene gemacht, der Rest ent fällt auf die russische Armee, dje 1654000 Man» verloren hat durch Gefangennahme. Fn diesen Zahlen sind die Gefangenen nicht eingerechnet, die von unseren türkische» Verbündeten und von den Österreichern nnd Ungarn auf der italienischen Front gemacht worden sind. * Das verratene Rustland. Der Zusammenbruch Rußlands ist so offen sichtlich geworden, daß die daran interessierten betrübten Lohgerber nach einer Erklärung dafür suchen, die beweisen soll, daß es dabei natürlich nicht mit rechten Dingen zuging, daß dabei nicht der Tüchtigere den Untüch tigeren besiegt, sondern der Verräter dem allzu Biederen und Treuherzigen ein Bein gestellt hat. Also wird — wie z. B. anno 1870 in Frankreich — jetzt im Vieroerbandslager jetzt der Gedanke an den „Schwarzen Adler"! vergangen war. „Ja, denke nur. an Oldens früherem Haute. Es war ein schauderhafter Anblick, sie an der Tür rütteln zu sehen, die Augen im Wahnsinn glänzend, und immerfort rufend, sie müsse zu ihm. Sie könne ihm keinen Vorwurf mehr machen, sie habe ein Menschenleben auf dem Gewissen so gut wie er. Ich wollte anfangs gar nicht glauben, daß sie es wirklich sei. Lieber Himmel, wenn ich mir vorstelle, daß der Schutzmann sie mit zur Wache genommen hätte." — „Ich habe unrecht getan, daß ich sie in Ellernhagen so lange sich selbst überlassen habe," seufzte Frau von Knorring, „aber wer konnte so etwas denken. Meine schöne, kluge Klara, es ist entsetzlich." Ein paar Wochen vergingen, aber sie brachten keine Änderung im Zustande der Kranken. — In der Knorringschen Villa wurde die Hausglocke abgehängt und die Fahrstraße mit Stroh belegt, da jedes unvermutete Ge räusch sofort die peinigendsten Wahnvor stellungen heroorrief. Ein Brief Herrn Zur Heydens brachte insofern etwas Licht in die traurige An gelegenheit, als man nun wenigstens wußte, was den letzten Anstoß zu Klaras geistiger Umnachtung gegeben hatte, aber Las war auch alles. Der Arzt hatte die Überführung der Kranken in eine Anstalt dringend angeraten, war aber bei Frau von Knorring auf den entschiedensten Widerspruch gestoßen. „Nie und nimmer," hatte die Antwort ge lautet. „Machen Sie im Lause, was Sie Geheul über deutschen Verrat erhoben. Der Mailänder .Secolo' läßt sich nämlich aus Rom melden, daß nach Nachrichten, die aus London und anderen Hauptstädten des Vier verbandes eingetroffen wären, in Rußland eine weitverzweigte deutsche Ver schwörung aufgedcckt worden fei. Es fcheine erwiesen, daß Deutschland seit mehreren Jahren Agenten unterhalten habe, die ihre Netze selbst bis in die geheimsten Ämter der Landesverteidigung gesponnen hätten. — Nun hat man wenigstens einen Sündenbock. Anklagen gegen England. Ein Leitartikel des,Daily Chronicle' wendet sich erregt gegen den Petersburger Bericht der .Daily Mail', in dem gesagt worden war, die Russen fragten, was das englische Drei millionenheer tue. Das Blatt glaubt nicht, daß irgendeine Gruppe unterrichteter Russen eine so törichte und verkehrte Frage über die Zulänglichkeit der englischen Kriegsleistung stelle. .Daily Chronicle' betont, daß England eine Million Soldaten auf dem Festlande stehen habe, obwohl cs niemals versprochen habe, mehr als 160 000 zu senden. Das Blatt gibt als Erklärung für die Ruhe im Westen Len gegenwärtigen Munitionsmangel im französischen Heere an, der jetzt bei jedem Vorstoß Joffres das französische Heer in Gefahr bringt. * Ter versenkte englische Truppentransport. Der englische Transportdampser, der am 14. August früh von einem deutschen Untersee boot im Ägäischen Meers versenkt wurde, hieß „Royal Edward". Er führte 220 Mann Be satzung. 1380 Mann Truppen mit 32 Offizieren. Soweit bekannt, sind 600 Mann gerettet worden. Der Transport bestand hauptsächlich aus Verstärkungen für die 29. Division auf Gallipoli und aus Sanitätsmannschasten. Oboim. Ukrainische Erinnerungen. Auf ihrem siegreichen Vordringen haben die deutschen Truppen unter Generalfeld marschall v. Mackensen auch die Stadt Cholm besetzt. Die Stadt liegt im russischen General gouvernement Kiew und ist Hauptstadt des Gouvernements Cholm. von Lublin etwa 70 Kilometer östlich gelegen. Es hat über 20 000 Einwohner, von denen die weitaus überwiegende Mehrzahl Juden sind, und ist eine der altertümlichsten Städte der Ukraine. Die Gründung der Stadt wird auf den ukrai nischen Fürsten Danilo (Danie!) zurückgeführt, der sie um das Jahr 1245 zu seiner Residenz erhob und zu einem Mittelpunkte des Handels und der Kultur machte, indem er deutsche Ansiedler nach Cholm kommen ließ, denen er wichtige Sonderrechte verlieh. Er gründete in Cholm auch ein ukrainisches griechisch-katho lisches Bistum, das allerdings jetzt infolge Ler mit Gewalt erfolgten Russifizierung ein russisch-orthodoxes ist. Der Glanz der Stadt dauerte aber nur bis zum Tode des Fürsten Danilo, der, als Beherrscher von fast sämtlichen ukrainischen Ländern bis über den Dnjepr im Osten hin aus im Jahre 1255 von dem päpstlichen Legaten Opiso zum König der Ruthenen ge krönt, im Jahre 1264 starb, nachdem er eine schreckliche Verwüstung seines Reiches und die Zerstörung Cholms durck die Tataren erlebt hatte. Sein Sohn Leo I. verlegte die Resi denz nach dem von ihm gegründeten Lemberg, d. h. Leoberg. und seitdem ist Cholm zu einer Provinzialstadt herabgesunken. Ats Sitz eines ukrainischen Bistums, der ukrainischen Schulen und einer theologischen Anstalt spielte Cholm Jahrhunderte hindurch die Rolle eines ukrai nischen Bollwerks gegen das Polentum, später nach der Teilung Polens eines Schutzwalles des ukrainisch-unierten Glaubensbekenntnisses gegen das Russentum und die russisch-ortho doxe Kirche. Kusemßy, einer der hervorragendsten gali zischen Ukrainer um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, war der letzte ukrainische grie chisch-unierte Bischof von Cholm; er wurde im Jahre 1875 von der russischen Regierung abgeletzt und aus Rußland ausgewiesen. Der Cholmer Bischossitz wurde mit einem russisch wollen, polstern Sie die Wände, wenn es sein muß, nehmen Sie so viele Wärterinnen wie Sie wollen, das ist mir gleich, von meiner Pflegetochter tremre ich mich nicht." Der ganze obere Stock der Villa wurde also sür die Kranke eingerichtet, und zwei Diakonissinnen angenommen, die sich mit Frau von Knorring in die Pflege teilten, wenn auch der Arzt wieder und wieder ver sicherte, es gehe gegen sein ärztliches Gewissen, eine solche Kranke in einem Privathause zu lassen. „Akute Manie, das klingt ja trostlos," hatte Frau von Knorring auf seine Mitteilung mit zitternder Stimme erwidert. „Sie wird ja ihr Leben lang gezeichnet bleiben." „So schwer müssen Sie es nicht nehmen, gnädige Frau," begütigte der Arzt. „Alle Welt ist jetzt verständig genug, einzusehen, daß derartiges eine Krankheit wie jede andere ist, die nach hestigen Gemütsbewegungen sehr leicht eintreten kann. Ich sehe gar keinen Grund, zu sürchten, daß das Leiden binnen Jahres frist nicht gänzlich gehoben sein wird." „So viele Mühe Frau von Knorring sich aber auch gab, sich der optimistischen Ansicht des Arztes anzuschließen, so fühlte sie doch von Tag zu Tag ihren Mut mehr finken., Klaras Zustand zeigte keinerlei Änderung, und die Genesung, wenn man überhaupt darauf hoffen durfte, drohte sich in unbe stimmte Ferne zu verlieren. Es waren immer die gleichen peinigenden Selbstanklagen, das Gefühl entsetzlich drücken der. ungeahnter Schuld, und all die tausend fachen Schreckbilder, die ein krankes Gehirn in unerschöpflicher Fülle hervorzaudert. orthodoxen Bischof besetzt, und das gewalt same „Bekehren" der Ukrainer des Cholmer Landes zur russisch-orthodoxen Kirche begann. Tausende von Ukrainern haben damals ent weder in Sibirien oder von den Kugeln der russischen Soldaten als Märtyrer ihres Glaubens den Tod gefunden. Die russische Verfolgung des griechisch-unierten Glaubens bekenntnisses, das im Cholmer Lande zum Horte der dortigen Ruthenen geworden ist, wurde anderseits von den Polen zu ihren nationalen Zwecken ausgenutzt, indem etwa 200 000 unierte Ukrainer zum römisch-katho lischen Ritus übertraten, was schließlich zu ihrer Kolonisierung führte. Trotz dieser Bedrängnisse ist das Cholmer Land in seinem Grundstock ukrainisch ge blieben, und die Zahl der Ukrainer am linken Ufer des Bug beläuft sich auf eine halbe Million, die hauptsächlich Las Gouvernement Cholm und das Gebiet zwischen Siedlec und Dorgitschyn am Bua, nördlich vom Cholmer Land, bewohnen. Die westliche Grenze des Gouvernements Cholm bis Dorgitschyn am Bug im Norden bildet auch die westliche Grenze der Ukraine, die nachher, nordwärts vom Bug, bis zum Narew reicht und dann stromaufwärts des Narew und stromabwärts der Jafiolda nach Südosten biegt. In der Ukraine gibt es auch deutsche Kolonien, die im Cholmer Lande etwa 14 Prozent der Bevölke rung ausmachen. politilcke Armälckau. Deutschland. * Der 8. Ausschuß des Reichstages wird laut .Deutsch. Tagesztg.' zusammentreten, um den Entwurf eines Gesetzes über Änderung des Rei ch sv er e insg es e tz e s zu beraten. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Streichung der Bestimmungen über den Ge brauch fremder Sprachen in öffent lichen Versammlungen und um die Teilnahme Jugendlicher an politischen Vereinen und Ver sammlungen. Schweiz. * Nach den .Times' sind die Verhandlungen zwischen der Schweiz und dem Vier verband über die Zufuhr von Waren nach der Schweiz gegenwärtig zum Stillstand ge kommen, da der Vierverband die Wünsche der Schweiz für zu weitgehend erklärte. Er will der Schweiz nur soviel Waren zusühren, wie sie selbst verbraucht, will jeden einzelnen Ein- fuhrsall genau prüfen und nach holländischem Muster einen amtlichen schweizerischen Einfuhr trust errichten. Die schweizerische Regierung lehnt dagegen die Errichtung des Trustes ab und verlangt eine genügende monatliche Zu fuhr, über die sie nach eigenem Befinden ver fügen will. Die Schweiz soll entschlossen sein, von ihrem Standpunkt in keiner Weise abzü- gehen. Es hat nun den Anschein, als ob bei dem Vierverbande Neigung besteht, den Wünschen der Schweiz in gewissem Sinne nachzukommen. Rutzland. *,Rußkoje Slowo' erfährt aus hochautora- tiver Quelle, daß Ministerpräsident Goremykin in den nächsten Tagen seinen Posten verlassen wird. Als aussichts reichste Kandidaten sür die Ministerpräsident» schäft werden der LaNdwirtschaftsminister Kriwoschein und der Oberprokureur des Heiligen Synods Ssamarin genannt. Die russischen Gesandten in Sofia und Athen sind aufge» sordert worden, ihr Abschiedsgesuch einzu reichen. Auch der Finanzminister Bark wird voraussichtlich seinen Posten verlassen. Balkanstaaten. * Das Petersburger Blatt,Rietsch' empört sich gewaltig über LteHaltungGriecben- lands, das die vertrauliche Note des Vier verbandes sofort veröffentlicht und im ganzen Lande eine Agitation erweckt habe, die ge eignet sei, den serbischen Widerstand gegen die Vorschläge des Vierverbandes zu stärken. Das ganze Verfahren Griechenlands könne nur als eine bösartige und unverschämte Herausforderung ausgefaßt werden. Der Vierverband bitte nicht um Hilfe, son dern wolle nur eine endgültige Regelung der Balkanverhältnisse herbeiführen und den Krieg rasch beenLigen. Am meisten drehten sich Klaras Vor stellungen um Olden, die Gestalten des Bruders und ihrer Mutter traten merkwürdig dagegen zurück. In ihren Fieberrasereien kam es recht eigentlich zutage, wie tief sie trotz allem die Trennung von ihrem Verlobten empfunden hatte, und daß der Tod Hänschens nur das zu jähem Ausbruch gebracht hatte, wozu monatelanges Sehnen und Grämen in der Einsamkeit von Ellernhagen den Grund gelegt hatte. Die ganze Qual widerstreitender Leiden schaften, Pflichten und Vorurteile, die unver einbaren Ansprüche der Vergangenheit und Gegenwart, und das vergebliche Bemühen, Klarheit in dies Elmos zu bringen, drückte sich in ihren wirren Reden aus und gewährte Frau von Knorring Einblicke in ihr Seelen leben, Lie sie ihr bei gesunden Sinnen ängstlich verweigert haben würde. Nach Mocken endloser Aufregung und sorgenvoller Spannung hörte das Rasen end lich auf, die Kranke wurde ruhiger, und Frau von Knorring begann zu hoffen, daß die Ge walt des Leidens jetzt gebrochen sei. Es stellte sich indessen nur zu bald heraus, daß diese Ruhe nur die Folge gänzlicher körper licher Ermattung sei, daß man nur ein Übel mit einem anderen vertauscht habe. Die völlige Teilnahmslosigkeit des jungen Mädchens war ihrer Pflegemutter unheimlicher als das vorhergegangene Phantasieren. Es gab ihr so etwas Unerreichbares, Welt entrücktes, schien fast wie lebendiger Tod. In den ersten Krankheitswochen hatte Frau von Knorring niemals Zeit gehabt, still zu sitzen und ihren sorgenuollea Gedanke» nachzu-