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60 PAPIER-ZEITUNG. Neue Fasern für Gewebe und Papier. (Fortsetzung aus No. 23, Jahrgang I.) Baobab, Adansonia digitata, schon lange als einer der Riesen des Pflanzenreichs bekannt, ist eine wichtige Quelle für Pa pierfasern geworden. Dass sich seine in nere Rinde zur Papierfabrikation eignet, wurde schon vor vielen Jahren nachge wiesen; sie ist aber in dem letzten Jahrzent zu einem Handelsartikel geworden. Die Eingeborenen Afrika’s benützen die Rinde, in Bänder oder Taue geflochten, wie auch ungeflochten, zum Festbinden von Lasten sowie zum Zusammenbinden der Pfähle ihrer Hütten. Feinere Stücke werden in solcher Weise abgeschält, dass sie wie grobes Netzwerk aussehen und, mit zusammengenähten Enden, gute Säcke j für Baumwolle, Gummi, Korn und dergl. bilden. Kaffee und gemahlene Nüsse kom men vom Innern nach der Küste in sehr starken, aus dünnen Streifen der Rinde gewobenen Säcken. Dieser Rohstoff wird gewonnen, indem man die weichere äussere Rinde mit einem Beile abhackt und dann die innere in grossen Blättern abstreift, die Stücke durch Schlagen mit einem Stock erweicht und durch Ausschütteln von anhängendem Mark befreit. Nachdem der Saft dann an der Sonne ausgetrocknet ist, wird die Faser behufs Versandt in Ballen gepresst. Von den kleineren Bäumen erhält man die fein sten und weichsten Fasern. Es scheint dem Baum nicht zu schaden, dass die Rinde rings herum abgeschält wird. Die von Neuem anwachsende Lage wird in 6 bis 8 Jahren dick genug, um wieder abgenommen werden zu können. Herr J. J. Monteiro, dem wir die Verwen dung dieser werthvollen Faser als Papier- Rohstoff verdanken, erzält einige nette Geschichten von den Schwierigkeiten, die er zu überwinden hatte, als er es unter nahm, das Einsammeln der Faser in grös serer Ausdehnung zu betreiben: Durch freigebige Bezahlung gelang es ihm, einige Eingeborene für die neue Ar- j beit zu gewinnen und sie ging vortrefflich,! bis eine grosse Dürre eintrat. Der'Fetisch- Mann erklärte, das dass „grosse Eisen“ — die hydraulische Presse — den Regen be-1 hext habe und ihn am Herabfallen verhin-1 dere. Die Sache wurde im ganzen Lande | besprochen und bei einer grossen Ver-1 Sammlung der Einwohner umliegender, Städte beschloss man, das „grosse Eisen“ auf die übliche Weise zu prüfen, die Presse ! zu zerstören und in das Meer zu werfen, falls ihr Zauberei nachgewiesen werde. In jener Gegend werden alle der Hexerei verdächtigen dem Gottesurtheil des Giftes unterworfen. Man bedient sich dazu der „C'asca“, der Rinde eines grossen Baumes erythrophlöum Guineensis, die entweder I heftiges Erbrechen oder Entleerung verur sacht; die Art ihrer Wirkung ist für Schuld oder Unschuld des Verdächtigen mass gebend. Die Anwendung dieser einfachen, für die Eingeborenen so überzeugenden Prüfung | auf die Presse wurde durch die Abwesen-1 heit von Esswerkzeugen und Magen wesent-1 lieh erschwert. Man wusste sich jedoch j zu helfen und beschloss nach langer Be- rathung, die Presse durch einen Sklaven I des Königs personificiren zu lassen. Die l' sem unfreiwilligen Vertreter des „grossen Eisens“ wurde die Gasca eingegeben; glück- | lieber Weise wirkte sie als Brechmittel । und die Presse war von der Anklage, den ! Regen behext zu haben, frei gesprochen. | Da aber der Regen noch immer ausblieb, ' so fing man an zu zweifeln, ob das Gottes- j gericht ausreichend gewesen sei und zur I Beseitigung dieser Zweifel musste der arme Sklave die ganze Prozedur noch einmal durchmachen. Da sie wieder zu meiner Freude wie beim ersten Mal ausfiel, wurde die Presse nie mehr beschuldigt, mit bösen Geistern in Verbindung zu stehen. Unkraut. Wir wissen keinen deutschen Namen für eine Pflanze, Bullion Abbyssinia, welche im Westen der Vereinigten Staaten wild wächst und deren Ausrottung von den Farmern vergeblich versucht wird. In Springfield in Illinois ist seit Februar eine Fabrik in Betrieb, welche die Bearbeitung dieser Pflanze zu falschem Manilla-Papier (Bogus manilla) zum Zweck hat und be reits ihre Erzeugnisse auf den Markt bringt. Sie wächst in jener Gegend so massenhaft, dass die freiwilligen Zufuhren, welche von Farmern und Knaben für eine kleine Be lohnung eingebracht werden, den Bedarf! decken. Bei regelmässigem Anbau hat sie ' 8 bis 10 Tonnen vom acre ergeben und' stellte sich, in der Fabrik abgeliefert, auf I 8 bis 10 Dollar die Tonne. Das ganze Kraut, einschliesslich der i Wurzeln, aber ohne die Blätter, wird ver- । arbeitet und liefert eine schleimig zähe Faser, aus der man eine sehr gute Nach- ahmung von Manillahanf-Papier erhält. Die Verwendung dieses neuen Rohstoffes wurde vor einiger Zeit von Henry van Pool Draper aus Hannibal in Missouri entdeckt und patentirt, aber erst jetzt praktisch aus geführt. Das Papier wird zu 6 Cents das Pfund, — ein sehr billiger Preis für Bogus Manilla — verkauft. Die Springfield Stoff - und Papiergesell schaft (Springfield Pulp and Paper Co.), der die Fabrik gehört, hat ein Actienkapital von 100,000 Dollar. Sie arbeitet mit einer Papiermaschine von 72 Zoll Breite und 4 Holländern, fabrizirt 4000 Pfund per Tag und beschäftigt 16 Personen. Das Gebäude ist zweistöckig, 65 Fuss breit und 155 Fuss tief, die Maschinen wurden für 1/s des ur-1 sprünglichen Kostpreises aus einer Fabrik! in Kansas city erworben. Thao. Ein neues Mittel zum Appretiren. Wir haben unsere Leser schon früher auf einen Pflanzenstoff aufmerksam ge-; macht, der aus der Gallerte gewisser Algen | gewonnen und im östlichen Asien sehr I viel in Anwendung gebracht wird. Er ist in Folge französischer Untersuchungen | Glose genannt worden, in Cochinchina heisst er Thao, (eine englische Benennung für chinesische und japanesische Erzeug nisse), das ist Pflanzenleim oder Surrogat । für Hausenblase. Die Algen, welche die-1 sen Stoff enthalten, befinden sich auch an | den Küsten der Bretagne. Man hat den! Thao schon für die verschiedensten Indu striezweige nutzbar gemacht, doch scheint er erst bei der Appretur der Stoffe zur vollen Geltung zu gelangen. N° 4 Bis jetzt war man der Ansicht, er lasse sich nur kalt verarbeiten; man setzte auch daran aus, dass er sich nur schwer auflöse und weissen Stoffen durch seine । gelbliche Färbung schade. Diese Uebel- | stände sind aber nach Versuchen der in dustriellen Gesellschaft in Rouen leicht zu | beseitigen. Man weicht den Thao zwölf Stunden lang ein und löst ihn dann durch zwölf bis fünfzehn Minuten langes Kochen ! in Wasser auf, wobei er sehr klar bleibt; j dann siebt man die Lösung und rührt sie ' bis zum vollständigen Erkalten um. Auf , diese Art hält man die Lösung flüssig und kann sie auf gewöhnliche Weise beim Appre- j tiren gebrauchen, ohne den Farben zu schaden. Die gelbliche Färbung des Thao lässt sich durch starkes Kochen beseitigen; es bildet sich dabei an den Wänden des Koch- gefässes eine unlöslich scheinende Kruste. Die Appretur mit 11/2 % Thav giebt den baumwollenen Stoffen eine weit grössere Steifheit, als alle Substanzen, welche man bis jetzt zu diesem Zwecke verwandte; die Feuchtigkeit hat auf die damit appretirten Stoffe keinerlei Einfluss, da sich der Thao erst bei 100 Grad auflöst; auch hofft man, da die Thao-Lösung nicht schimmelt, durch seine Anwendung die besonderen Flecken zu vermeiden, welche so häufig in den Baumwollenwaaren aus Rouen gefunden werden und den Fabrikanten erhebliche Verluste verursachen. Das übermangansaure Kali, welches be kanntlich durch Berührung mit anderen organischen Substanzen sofort zersetzt wird, bleibt unverändert wenn es mit Thao । zusammengebracht wird. Diese Eigenthümlichkeit liesse sich viel- | leicht für besondere Zwecke verwerthen. Während man in Rouen versucht, den Thao dnreh Vermischung mit verschiede nen einheimischen Algen (der französischen I Küsten) noch geschmeidiger zn machen, I will man ihn in Lyon für seidene und in Puteaux für leinene Stoffe verwenden. Auch I hat M. Houillon seine Versuche zur Ver- I Wendung des Thao bei der Fabrikation 1 der Goldschlägerhaut in befriedigendster Weise beendigt. Aus einem franz. Fachblatte. Ueber das Gleiten der Riemen. Mandeure 13. Jan. 181T. Ihrem Correspondenten über „Das Glei ten der Riemen“ würde ich rathen, an Stelle der Gummi - Riemen einen Versuch mit Leder - Riemen aus der Fabrik von Louis Dezaux in Guise, Departement Aisne, Frankreich zu machen. — Von allen Rie men die ich bis jetzt kennen zu lernen Ge legenheit hatte, fand ich Obige in jeder Beziehung, namentlich auch was die Zug kraft anbelangt, unübertroffen. — Sie sind mit einer klebrigen Substanz (deren Zu sammensetzung ich nicht kenne) imprägnirt, welche alles Belegen oder Bestreichen der Riemscheiben überflüssig macht, gleichzeitig das Eintrocknen verhindert, wesshalb sie nie eingeschmiert werden brauchen. Diese Substanz scheint somit alle zur „Er nährung“ des Leders noth wendigen Elemente zu enthalten. Obige Riemen sind zwar theurer, werden aber durch erhöhte Dauerhaftigkeit, na mentlich in nassen Localen, billiger als alle mir bekannten. Conrad Moser.