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PAPIER-ZEITUNG. 691 wie die Fette; es wird von reinem schwach- saurem Wasser und neutralen Salzlösungen nicht benetzt. Fein gepulvertes Harz, auf eiueu Wassertropfen gebracht, hält sich tage lang auf der Oberfläche, ohne benetzt zu werden; es verhindert sogar das Verdunsten des Wassers. Die geringste Spur Alkali, z. B. schon das Anhauchen mit Ammoniak haltiger Luft, genügt, um das Harz augen blicklich zu benetzen und zu Boden sinken zu machen. Die unlöslichen Salze zeigen ähnliche Eigenschaften, jedoch in weit ge- ringerm Masse. Ist die Ansicht richtig, dass die Leimung durch freies Harz bewirkt wird, so muss man mit freiem Harz allein Papier leimfest machen können. Dieser Beweis ist leicht zu führen. Bringt man eine verdünnte ätherische Harzlösung auf ungeleimtes Pa pier, lässt den Aether verdampfen und trocknen, so ist derjenige Theil, auf welchem Harz zurückbleibt, geleimt. Macht man den Versuch mit harzsaurer Thonerde oder harz- saurem Blei, so bleiben diese als weisses Pulver auf der Papieroberfläche zurück. Das Pulver nimmt zwar die Tinte nicht an, doch ist das Papier nicht geleimt. Es ist also auch die Form, in welcher der anti- kapillarische Eigenschaften besitzende Körper ausgeschieden wird, von Wichtigkeit. Aus dem bis jetzt Angeführten geht her vor, dass die Kunst der Leimung darin be steht, die Faser mit möglichst fein vertheil- tem Harze zu umhüllen. Es ist hierbei die Art der Abscheidung des Harzes von ausser ordentlichem Einflüsse. Je nach den Um ständen der Fällung ist die Grösse der Harztheilchen und somit die der benetzenden Flüssigkeit entgegengesetzte Oberfläche eine sehr verschiedene. Die Harzmenge, die nöthig ist, um ein Papier leimfest zu machen, hängt lediglich ab von der Grösse der Ober fläche, welche das Harz darbietet. Je klei ner die Harztheilchen, d. h. je grösser die Vertheilung des Harzes ist, um so weniger wird davon angewendet werden müssen. Die saurenEigenSchaften desColophoniums sind nur schwacher Natur; in concentrirter Lösung und in der Hitze treibt die Harzsäure die Kohlensäure aus der Soda aus. In ver dünnter Lösung und in der Kälte wird das harzsaure Natron durch Einleiten von Koh lensäure oder einfaches Durchblasen von Ausathmungsluft vollständig in freies Harz und freies Alkali zerlegt. Durch dieses Verhalten ist bei vielen Leimungsverfahren die Bildung der harzsauren Thonerde zum grössten Theile ausgeschlossen. Wird zuerst der Leim in den Holländer gegeben, so ist der grösste Theil der Harzseife zersetzt, ehe , der Alaun zugegeben wird, und freies Harz ; setzt sich unter keinen Umständen mit . Thonerdesalzen zu harzsaurer Thonerde um. Wird harzsaures Alkali mit Alaun im üeber- I schuss oder freier Säure versetzt, so entsteht ein gelatinöser oder flockiger Niederschlag : von freiem Harze, welcher leicht auf dem . Filter zurückgehalten wird. Giesst man j harzsaures Alkali in viel Wasser, so entsteht ■ eine weisse milchförmige Trübung, die oft 1 fälschlich als Kalksalz der Harzsäure be- 1 zeichnet wurde. Es wird, wie schon ange- ' führt, durch Kohlensäure haltiges Wasser ' die Harzseife zersetzt und freies Harz als 1 Harzmilch ausgeschieden. In dieser Harz- 1 milch ist die Vertheilung des Harzes eine s sehr vollkommene. Das Harz ist so fein , vertheilt, dass es nach wochenlangem Stehen noch suspendirt ist und völlig durch die Poren des Filters hindurchläuft. Bringt man diese Harzmilch mit Pflanzenfasern zusam men, so schlägt sich das Harz auf der Faser nieder. Da in dieser Milchform das Harz eine sehr viel grössere Oberfläche darbietet als das sonst gefällte, so wird es allem Anscheine nach bei der Leimung hauptsäch lich darauf ankommen, möglichst viel des Harzes in dieser Milchform auszuscheiden. Dies ist nun auch in Wirklichkeit der Fall. Die meisten Fabriken arbeiten mit sogen, weissen Leim, also mit Harzleim, der freies Harz suspendirt enthält. Auf folgende Art wird es gelingen, die Ausscheidung des Harzes in Milchform zu vergrössern: 1) Durch Vermeidung jedes Ueberschusses von Alkali bei der Bildung der Harzseife. 2) Durch möglichst starkes Verdünnen der Harzseife vor dem Leimen mit Kohlensäure halt igem Wasser.*) 3) Durch mechanisches Vermengen der Harzseife mit unaufgelöstem Harze. — Zur vollständigen Auflösung des Colophoniums bedarf man etwa 40 Proc. des angewendeten Harzes. In Wirklichkeit wird in der Technik zur Bildung der Harzseife weit weniger Alkali angewendet. Theoretisch ist dies gar nicht möglich; es wird hierbei auch keine reine Harzseife gebildet, sondern, wie ich gefun den, eine Harzseife, die oft 10, 20 und mehr Procent freies Harz mechanisch ver theilt enthält. Geschieht das Auflösen des Harzes mit der zur vollständigen Lösung genügenden Menge Alkali, so ist die Auf lösung in den meisten Fällen in weniger als 1 Stunde vollendet, ein längeres Kochen ganz zwecklos. Anders gestaltet sich das Verhältniss, wenn noch freies Harz vorhan den ist; soll dieses beim Verdünnen der Harzseife nicht in Flocken oder Tröpfchen, die im Papiere als Harzflecken erscheinen, ausfallen, sondern in Milchform, so muss durch Eindampfen der Harzseife ein gewisser Grad der Concentration erreicht werden, bei welchem erst die Vertheilung des freien Harzes in der Harzseife eine vollständige ist. Durch Uebung lernen die mit der Harzauflösung betrauten Arbeiter diesen Punkt aus der Beschaffenheit der Harzseife leicht erkennen und kochen so lange, bis der gewünschte Zustand erreicht wird. Je mehr freies Harz in die Harzseife eingearbeitet werden kann, ohne dass beim *) Es ist bis jetzt noch nicht betont worden, ob das Verdünnen der Harzseife ausserhalb des Holländers von Werth sei oder nicht, obwohl die Praxis die Frage längst zu Gunsten einer grösseren Verdünnung entschieden hat; die meisten Fabriken verwenden Leim, der im Liter nur 15 bis 30 g. Harz enthält. Es ist nicht gleich- gütig, ob die Harzseife ausserhalb oder erst im Holländer verdünnt wird, da das Wasser des Holländers, wenn dasselbe einige Zeit durch die Walze mit Luft gepeitscht wurde, sehr arm an Kohlensäure ist. In wiefern ein Zusatz von künstlich mit Kohlensäure angereichertem Was ser beim Verdünnen der Harzseife oder im Hol länder günstig wirkt, hatte ich noch nicht Ge legenheit im Grossen zu erproben; doch hege ich die Ueberzeugung, dass ein derartiger Zusatz sehr günstige Resultate ergeben müsste. Jeden falls sind die Unterschiede, die bei ganz gleichem Leimungsverfahrem durch verschiedenes Wasser häufig beobachtet wurden, blos auf den ver schiedenen KohlensäuregehaltdesWassers zurück zuführen. Verdünnen sich das Harz anders denn milch förmig ausscheidet, um so besser wird der Leim sein. Das Verdünnen des Leimes muss hierbei jedoch mit ganz besonderen Vorsichtsmassregeln vorgenommen werden; sowohl das Einträgen der Harzseife, als auch die Temperatur des Wassers muss ganz genau geregelt werden. Der Stärkezusatz beim Leimen wirkt hauptsächlich durch Verdickung der Flüssig keit und die dadurch bewirkte leichtere Suspension des Harzes. Anticapillarische Eigenschaften besitzen weder der trockene Stärkekleister, noch das Thonerdehydrat und die basisch schwefelsaure Thonerde; ihre günstige Wirkung ist wohl hauptsäch- lieh dem Umstande zuzuschreiben, dass sie beim Trocknen auf den Cylindern das Zu sammenschmelzen der feinen Harztheilchen verhindern. Da nach dem bis jetzt Angeführten die Thonerdesalze bei der Fällung des Harzleimes nur die Rolle der Säure spielen, so liegt der Gedanke nahe, die Thonerdesalze durch Säure zu ersetzen; bei einem vorläufigen Versuche erhielt ich jedoch nur ein negatives Resultat. Es scheint aus den soeben ent wickelten Gründen die mit ausgeschiedene Thonerde ein wesentlicher Factor zur besse ren Vertheilung des Harzes zu sein; bei der Anwendung freier Säure fällt das Harz immer dichter und flockig aus. Zu berücksichtigen ist noch das Verhalten der freien Säuren dem Harz gegenüber. Benetzt man Harz mit freier Säure und lässt dasselbe eintrocknen, so wird das Harz durch Wasser wieder leicht benetzt. Harz, mit Alaun oder schwefelsaurer Thonerde einge trocknet, wird durch Wasser nicht benetzt; es darf demnach im Papier keine freie Säure, sondern höchstens ein sauer reagiren- des Salz vorhanden sein. Es stellt sich schliesslich noch die Frage auf, ob es im Interesse der Papierfabrikanten liegt, mit viel oder wenig Harz zu leimen. Die Darstellung eines weissen Leimes empfiehlt sich von vornherein, da man so wohl einen Theil der Chemikalien beim Auf lösen, als auch hauptsächlich beim Fällen spart. Durch Anwendung von weniger Leim werden feinere Papiere einen weisseren Ton erlangen, ebenso werden die Filze länger im Gebrauch bleiben können. Anders ver hält es sich bei ordinären Papieren. Nach meinen Versuchen bleiben unter Umständen bis 80 Proc. des zugefügten Harzes im Pa pier; es ist also das Harz als ein gutes Beschwerungsmittel zu betrachten, da die entstehende Gewichtsvermehrung die Kosten des Leimes mehr als deckt. Papiere von einer gewissen Bogendicke können leicht geleimt werden und leimen beinahe unter allen Umständen gut; anders ist es bei dünnen Sorten Briefpapier, bei denen nur ein nie versagender Leim an gewendet werden darf. Vergleichende Leim versuche im Grossen können nur dann ent scheidende Resultate geben, wenn dieselben bei solch dünnen Sorten ausgeführt werden. Während bis jetzt nach allen Anschauungen sowohl der Theoretiker, als auch der Prak tiker bei der Leimung der Hauptwerth da rauf zu legen war, die Bedingungen zur Bildung der harzsauren Thonerde auf der Faser einzuhalten, besonders aber freies un gelöstes Harz zu vermeiden, so geht aus meiner Untersuhung über die vegetabilische