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638 PAPIER-ZEITUNG. No 40 Die neue Ries-Eintheilung. Stuttgart, 13. SeptenJier 1877. | Verehrlicher Redaktion der Papierzeitung ist ja bekannt, dass von einer Anzahl Papier- Fabrikanten die Eintheilung ä 1000 Bogen per Neuries in Angriff genommen worden ist, mit der Einladung au die Uebrigen, be hufs einer einheitlichen Behandlung gleiche Vorkehrung zu treffen. Die Durchführung des Gedankens einer solchen gemeinsamen Eintheilung hat aber noch nicht den gehofften Erfolg gehabt, vielmehr ist jetzt das Uebel fast noch ärger als zuvor. Während eine Fabrik ganz bei alter Ge wohnheit stehen geblieben und etwa, wo 500 im Pack vorgeschrieben werden, dem in Lagen von 6 oder 12 Bogen eingetheilten alten Ries obenauf 20 Bogen zulegt, facturirt die andere „Ries ä 500“, eine dritte „Neu- ries ä 1000 Bogen“. Die Zahl derer mehrt sich, welche Ries ä 500 rechnen, statt dass, das Neuries zu Grunde zu legen, eine Mehr zahl sich entschlösse. Entweder sollte doch 1 Ballen=10Riesä500Bog.= 5000Bogen oder » H10% ä 1000 B =10000 » zur Geltung kommen. So wie es derzeit ist, thut es Noth, bei jeder Bestellung sich zu besinnen oder nach zuschlagen, wie rechnet dieser oder jener Fabrikant, um in der Aufgabe das Quantum richtig zu bezeichnen, was man braucht oder haben will. Und wenn vollends in der Factura zum berechneten Ries der Beisatz ä . . . . Bogen fehlt, muss am Ende noch im Magazin nachgesehen werden. Wenn beregter Uebelstand bei Pack- und Schreibpapier zu beklagen ist, so bleibt daneben die Eintheilung von Postpapier die hergebrachte: 480 — 960 — 1920!! Wollte ein Lehrer von mir wissen, welche Einthei lung er bei den Rechnen-Beispielen seinen Schülern als die gütige lehren dürfe, ich wüsste ihm nichts zu sagen als: hier herrscht dermalen die leidige deutsche Uneinigkeit. Verehrl. Redaktion wird darum höflichst gebeten sein dürfen, nicht müde zu werden, dahin zu wirken, dass dem Uebel abgeholfen werde. Man müsste sich ja schämen, wollte also, wie gegenwärtig, fortgefahren werden. — n — Die Richtigkeit und Berechtigung vor stehenden Schmerzensschreies wird Niemand in Abrede stellen, wo aber nehmen wir den Mann her, der die deutschen Papier-Interes senten mit Blut und Eisen unter einen Hut zwingt. Keiner will seine »berechtigten“ Eigen- thümlichkeiten aufgeben, obwohl Niemand begreifen würde, wie man nur so halsstarrig an dem alten Zopfe festhalten konnte, sobald einmal die ueue Eintheilung allgemein ein- geführt wäre. Wir geben zu, dass der Uebergang, be sonders für Händler und Fabrikanten, die grosses Lager halten, viel Mühe und auch Kosten macht, das Endziel — die grosse Vereinfachung des Papiergeschäfts — ist aber auch einer Anstrengung werth. Dass die Sache durchgeführt werden kann, sehen wir in Oesterreich-Ungarn, wo die neue Ein theilung bereits vollendete Thatsache ist. Die Hauptschuld an dem Misserfolg in Deutschland glauben wir der ablehnenden Haltung unserer Briefpapier-Fabrikanten zu schreiben zu müssen. Unsere gediegenen alten Fabriken dieser Art, besonders in der Rheinprovinz und in Süddeutschland, dürfen ! sich au Leistungsfähigkeit mit denen aller Länder messen und wir haben alle Ursache, . stolz auf sie zu sein. Sie waren von jeher in direktem Verkehr mit den Verbrauchern oder doch mit dem Kleinhandel, haben keine Wettbewerbung vom Auslände her zu be- i fürchten und waren recht wohl in der Lage, durch gemeinsames Handeln die neue Ein theilung zur Wahrheit zu machen. An dieser Gemeinsamkeit fehlt es vor allen Dingen; so wenig wie sie an den Verhand- ■ hingen und Beschlüssen des Vereins deutscher Papierfabrikanten theilnahmen, strebten sie bisher einen Verkehr untereinander au. Wir erkennen vollständig an, dass diese Herren keine Ursache haben, mit ihrer bisherigen Geschäftsführung unzufrieden zu sein; sie sind nach jeder Richtung unab hängig und können das Verlangen nach einer j Aeuderung ohne Nachtheil unberücksichtigt lassen. Wir erlauben uns jedoch daran zu erinnern, dass die Einführung jeder Ver besserung mit Unannehmlichkeiten und Kosten verknüpft ist, sowie an den allgemein anerkannten Satz, dass Stillstand mit Rück schritt gleichbedeutend ist. Durch Bildung eines -.Vereins deutscher Briefpapier-Fabrikanten" könnte diese Frage, wie noch manche andere, am besten zum Abschluss gebracht werden! Wir bitten die Herren, die geneigt sind, sich einem solchen anzuschliessen, uns ihre Namen gefälligst j einzusenden; wir werden von denselben, falls es gewünscht wird, keinen Gebrauch machen, bis wir die etwa dafür bedungene Zahl vereinigt haben. Falls sich triftige Gründe gegen unsern Vorschlag anführen lassen, so bitten wir, dass einer oder der andere der Herren sich der kleinen Mühe unterziehen möge, uns dieselben mitzutheilen. Ein lehrreicher Fall. Von einer deutschen Papierfabrik haben wir folgendes Schreiben erhalten: „Zum Beweise, wie wünschenswerth die grösstmögliche Verbreitung des Artikels „Etwas über Einheitliches in Kleinem“ in No. 36 des Jahrgangs 11. der „Papier-Zeitung“ ist, möchten wir Ihnen heute einen geschäft lichen Vorfall aus jüngster Vergangenheit erzählen, Sie bittend, uns Ihre Ansicht darüber mitzutheilen, oder wenn Sie der Sache Wichtigkeit genug beilegen, dieselbe in Ihrem geschätzten Blatte wiederzugeben: Unser Agent in X. überschrieb uns kürz lich eine Bestellung einer dortigen Buch handlung in Druck-Papier im Format von .... auf....Zoll rheinisch oder .... auf ....Millimeter. Wir sind ans Meter-Maass seit langen Jahren gewöhnt, ausserdem von der erprobten Zuverlässigkeit unseres Agenten bezüglich Angabe seiner Aufträge hinlänglich über zeugt, rechnen daher das Format nicht lange nach, lassen das gefertigte Papier nach der Millimeter-Angabe beschneiden und senden es nach X. — Ein Format-Muster war nicht eingesandt worden, ausserdem zeigte das fertige Papier im Format nichts Abnormes, was auf einen Irrthum hätte schliessen lassen. Trotzdem stellte sich bald darauf heraus, dass bei der Ueberschreibung des Auftrags von Seiten des Bestellers an unsern Agenten ein Fehler sich eingeschlichen hatte, insofern das Format in rheinischen Zollen richtig, in Millimetern aber um 100 Millimeter in der I Längen-Dimension zu kurz angegeben war. i Wir hatten uns beim Schnitt nach der letzteren Angabe gerichtet. Ist der Besteller nun berechtigt, die An nahme dieser Sendung zu verweigern, nach dem dieselbe durch ein Versehen von seiner Seite ein anderes Format erhalten hat; oder sind wir nicht vielmehr berechtigt, uns darauf zu berufen, dass im deutschen Reich das Meter-Maass gesetzlich eingeführt ist? Wir bitten um Ihr competentes Urtheil, als Autorität, und um die Erlaubniss, dass wir für den Fall, dass Sie zu unsern Gunsten entscheiden, uns auf Sie berufen dürfen.“ Wir schliessen uns der Ansicht der Ein sender aus folgenden Gründen an: Rheinisches Maass in Fuss und Zoll hat schon lange keine gesetzliche Giltigkeit mehr und die Papierfabrikanten bedienen sich, wie aus den Beschlüssen des Vereins deutscher Papierfabrikanten erhellt, aus schliesslich des Metermaasses. Es kann daher nicht vorausgesetzt werden, dass der Papierfabrikant ein nach rheini schem Zoll eingetheiltes Maass besitzt oder dass er dasselbe überhaupt kennt. Wenn er eine Bestellung in dem gesetzlich gütigen । Maasse empfangen hat, ist er sicherlich nicht verpflichtet, zu untersuchen, ob dies Maass mit einem vom Besteller benützten aus ländischen oder gar nicht mehr bestehenden Maasse übereinstimmt, gleichviel ob es vom Besteller neben dem Meter-Maasse ange geben wurde oder nicht. J>ie Redaktion. Völter’s amerikanisches Patent. Nach amerikanischem Gesetz werden Pa tente für 14 Jahre vom Datum des ersten Patentes ertheilt, welches in irgend einem Lande für die Erfindung ertheilt ist. Heinrich Völter genoss in Folge dessen ursprünglich den Patentschutz der Vereinigten Staaten für sein Holzschleifverfahren vom 29. August 1856 bis 29. August 1870. Es scheint, dass das Pa tent lange gar keinen Erfolg hatte, denn Völter übergab die Agentur dafür erst im Jahre 1863 Herrn Louis Prang in Boston und diesem gelang es am 6. November 1868 mit Albert Pagen- stech* von Stockbridge in Massachussetts einen Vertrag abzuschliessen, wodurch dieser die ilamaligen und alle folgenden Verbesse rungspatente gegen eine jährliche Zahlung an Heinrich Völter von 6000 Dollar erwarb. Von dieser Zeit ab wurden erst erhebliche Anstrengungen behufs Einführung des Völ- ter’schen Verfahrens gemacht und jetzt sind etwa 100 Schleifsteine in Betrieb, die etwa 60 Tonnen geschliffenen Stoff im Tag er zeugen. Nach amerikanischem Gesetz kann der Commissioner of Patents ein Patent um 7 Jahre verlängern, wenn er die Ueberzeugung erlangt, dass der Erfinder oder seine Stell vertreter „ohne eigene Schuld“ nicht den Nutzen daraus gezogen haben, den sie nach dem Geist des Patentgesetzes daraus hätten ziehen sollen. Nach Anhörung der Parteien für und gegen wurde die Verlängerung am 29. August 1870 bewilligt und es sollte demnach am 29. August 1877 erlöschen. Da nach amerikanischem Gesetz auch noch eine zweite Verlängerung um 7 Jahre be willigt werden kann, falls nachgewiesen wird, dass der Erfinder oder seine Vertreter