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634 PAPIER-ZEITUNG N• 39 Die Industrie Amerikas. Von Holland wird der Deutschen Allgem. Polytechn. Zeitung in einem längern Briefe F olgendes gesch rieben: „Um die Philadelphiabriefe beneiden wir .Holländer die Deutschen, denn auch bei „uns giebt es Aehnliches, — aber bisher „keinen Reuleaux, der uns die Wahrheit sagt. „Ja, die Philadelphiabriefe haben bei uns „gewirkt, weil sie schlagend das Gewissen „unserer Wirthschaft trafen und zum Auf- „raffen anspornten! Ohne sie wären vielleicht „die Amsterdamer und Leeuwardener Aus- „Stellungen und die Anstrebungen des Kunst- „gewerbes nicht entstanden, — ohne sie nicht „die jetzige Bewegung gegen den radicalen „Freihandel Hollands. Von einem Ausländer wird anerkannt, was man hier nur ungern gesteht, dass Reuleaux Worte, so herb sie auch waren, die deut sche Industrie zu neuer Thatkraft erweckt hat. Wenn sein erstes Urtheil zu allgemein verurtheilte und von seiner Stellung aus nicht ganz zu billigen war, so wird sich jeder denkende Mensch doch sagen, dass es gewaltige Eindrücke gewesen sein müssen, die einen Mann von grosser Lebenserfahrung dazu hinreissen konnte. Mancher deutsche Techniker hatte schon vorher die amerikanische Industrie kennen gelernt, nur wenige sind jedoch zuriickge- kommen um ihren Landsleuten davon Mit- theilung zu machen. Ihre belehrende und warnenden Stimmen machten überdies keinen Eindruch, da alles von Amerika kommende schon im Voraus als schwindelhaft verur- theilt war. Die Austeilung in Philadelphia veranlasste zum ’ ersten Male, dass viele unserer technischen Grössen nach den Ver einigten Staaten reisten und über die unge heueren Fortschritte der amerikanischen Ge werbe in hunderten von Briefen Bericht er statteten. Jetzt wird in Deutschland kaum Jemand mehr bezweifeln, dass wir viel, sehr viel von Amerikanern zu lernen haben und die Macht der Verhältnisse zwingt immer mehr zu dieser Erkenntniss. Nichts kann daher willkommener sein, als ein Buch, worin uns die bei Gelegen heit der Ausstellung und vieler Reisen durch die Vereinigten Staaten gemachten Wahr nehmungen eines gewiegten Technikers mög lichst klar vorgeführt werden. Ein solches Buch ist: bie Industrie Amerikas, ihre. Geschichte., Ent- uricklwui und Laye unter besonderer Jierilck- sichtupmg der Volksioirthxchaft und Handels politik, der Erfindungen und Fortschritte des Maschinemcexens etc. und der Weltausstellung zu Philadelphia von Dr. Hermann Grothe, I erlag von Burmester & Stempell in Berlin. Der Verfasser, Dr. Grothe, hat im vorigen Jahre etwa 6 Monate in den Vereinigten Staaten zugebracht unh wurde, wie er selbst in seiner Vorrede sagt, mit der grössten Zuvorkommenheit von den dortigen Fabri kanten aufgenommen. Dadurch war er in Stand gesetzt, ein so umfassendes Bild der dortigen Industrie zu geben wie es in dem Rahmen eines Buches von 382 Seiten über haupt möglich ist. Einen ganz besonderen Vorzug hat das Werk dadurch, dass das I Beschriebene se viel als nur irgend möglich j durch zahlreiche Holzschnitte und 35 lith. | Tafeln zur Anschauung gebract ist. Das Buch hält, was der Titel verspricht, | es giebt eine anziehend geschriebene kurze Geschichte der Entwicklung der Vereinigten Staaten bis zur Centennial-Feier und daran anschliessend eine Schilderung der jetzigen Industrie- und Verkehrsverhältnisse, die so gehalten ist, dass sie von jedem Gebildetem, wenn er auch ganz ausserhalb der Technik steht, mit Interesse gelesen und verstanden werden kann. Im Verhältniss zum Umfang und der vor- treffllichen Ausstattung des Buches muss der Preis von M. 25 ein billiger bezeichnet werden. Schweizerlandschaften in Farben. Die bekannte artistische Anstalt von Gus tav W. Seitz in Wandsbeck versendet in sehr praktischer Weise Preislisten und Muster ihrer Bilder. Die Preisliste ist zu einer Tasche zainmengefaltet und enthält 7 hübsche kleine Landschaftsbildchen nebst einem Bü cherbestellzettel dessen Rückseite alles zur Bestellung nöthige mit Ausnahme der Zahl der gewünschten Stücke bereits aufgedruckt ist. Eines der Bildchen (Schloss Chillon) ist, wie auf dem Rücken angegeben, auch in grossem Format erhältlich. Das Ganze ist als „Drucksache“ zur Post gegeben und mit 3 Pfennig frankirt. Japanisches Wachs. Yokohama, Dezember 1H15. Die eigentliche wachsliefernde Pflanze Japans ist Uhus succedanea; die ebenfalls Wachs enthaltenden Früchte von Bims ver- nicifera werden nur im Norden des Landes zur Wachsgewinnung benutzt, geben aber ein schlechteres Produkt als erstgenannter Baum. Uhus succedanea gedeiht nur in den südlicheren Provinzen Japans gut. Dort findet er sich, und zwar namentlich auf den Inseln Kiushiu und Sikok sehr verbreitet, und wird auf Dämmen, an Wegen und Feld rainen, sowie iu der Nähe der Häuser ge zogen. Der Habitus des Baumes ist der aller Rhusarten, namentlich ähnelt er dem des Lackbaunies sehr. Ungleich diesem aber theilt er sich sehr häufig nahe über dem Boden in mehrere starke Zweige, so dass ein einheitlicher Stamm kaum sichtbar ist. Auch hat es den Anschein, als ob sich der Baum durch Wurzelschösslinge von selbst vermehren würde. Selten überschreitet seine Höhe 30 Fuss, die geringe Höhe im Verhält niss zu der eigenthümlich sperrigen, weit- gedehnten Krone ist für diese Rhusart cha rakteristisch. Die Zeit der Entwickelung der neuen Blätter fällt in den Monat April, jene der Blüthe in den Juni, die Reife der Früchte in den Oktober. Die eingesammel ten in Trauben zusammenstehenden Früchte werden an der Sonne getrocknet und, von den Stielen gereinigt, an die Wachsfabri kauten verkauft. Behufs Darstellung des Wachses werden die Früchte in trockenem Zustande gestampft. Die dazu verwendete Vorrichtung ist dieselbe, welche die Japaner zum Enthülsen des Reises benutzen. Ein durch Menschenkraft bewegter Schwanz hammer aus Holz fällt in einen trichter förmig ausgehöhlten Holztrog, der das zu bearbeitende Material enthält. Durch diese längere Zeit ‘einwirkende Vorrichtung wird I das Exocarpium und Mezocarpium (Haut und Fleisch der Frucht) in Pulver verwan delt, während das Endocarpium (Stein der Frucht) erhalten bleibt. Durch Sieben werden Pulver und Steine von einander gefreut. Durch Einwirken eines Luftzuges, währepd das Pulver aus einer Höhe langsam ‘herab- fällt, scheidet sich das leichtere Mehl des Exocarpium vom schwereren, wachsführen- den des Mezocarpium. In der Regel wird aber das letztere gesammelt und weiter ver arbeitet. Auf der armen Insel Sikok stellt man durch Mahlen der Steine auch aus diesen noch einige wenige Prozente einer sehr geringen Wachssorte dar. Das gerei nigte, wachshaltige Pulver wird in aus Hanf gefertigten Säcken der Einwirkung von Dampf ausgesetzt, und zwar geschieht dies, indem man diese Säcke auf einem Geflechte aus Bambus derart lagert, dass die aus einem unter diesen Matten aufgestellten Kessel aufsteigenden Dämpfe sie durchziehen müssen. Der Inhalt wird hierauf sammt den Säcken einer bedeutenden Pressung unterworfen, und das ausfliessende Wachs direct in den Formen aufgefangen, in wel chen es zu Markte kommt. Die zu diesem Zweck benutzten Vorrichtungen sind zumeist Keilpressen der primitivsten Art. — Die weitere Behandlung des Wachses ist eine sehr einfache. In eigenen Bleichanstalten wird das rohe Wachs geschmolzen, durch starke Baumwollsäcke gepresst und in be wegtes kaltes Wasser geträufelt; dadurch erhält man es in vielfach verkrümmten, dünnen Blättchen und Stückchen, welche nun an der Sonne gebleicht werden. Zu diesem Zwecke wird das Produkt in 2‘/2 Fuss lange, einen Fuss breite, seichte Kästchen gelegt, die man in langen Reihen, häufig zu Tausenden, im Freien nebeneinander aufstellt. Hier wird das Wachs je nach der Intensität der Sonne wiederholt gewen det und mit Wasser besprengt, und wenn erforderlich, auch zweimal umgeschmolzen. Das Produkt zeigt dann eine tadellos weisse Farbe. Die Gesammtausfuhr Japans an vegetabilischem Wachs betrug im Jahre 1874 1,892,544 Gatties (100 Gatties = 1331/2 engl. Pfund). Die Hauptmärkte für dieses Pro dukt sind Nagasaki, Kobe (Hiogo) und Osacca, der Export richtet sich zumeist nach China und London. l)r. R. in d. Oesterr. MonatssdHrift f. d. Orient. Kitt für Pergamentpapier. Man mische gewöhnlichen Leim mit 3 Procent doppelt chromsaurem Kali oder Ammoniak im Dun keln. Wenn man diese Mischung auf Papier streicht und dem Lichte aussetzt, wird sie völlig unlöslich in kochendem Wasser. Sie ist vielfach zum Zusammenkleben der aus Pergamentpapier angefertigten Erbswürste benutzt worden. Die Papierstreifen, welche mit solchem Leim zusammengeklebt sind, werden rasch getrocknet und der Einwirkung des Lichts ausgesetzt, bis der Leim bräunliche Färbung annimmt. Dann kocht man sie in Wasser, welches 3 Procent Alaun enthält, bis aller Ueberschuss von chromsaurem Salz aus gezogen ist, wäscht und trocknet. Jeder Mensch hat eine angeborene Fähig keit etwas ohne Mühe zu leisten, das Anderen unmöglich ist.