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622 PAPIER-ZEITUNG. Ne 39 Italienische Pappenfabrikation aus gekochtem und geschliffenem Holze. Von B. Meinert in Florenz. Nachdruck und Uebersetzuni] verboten. Derartige Fabrikation ist hier in Italien bei Weitem seltener anzutreffen als in Deutschlands gemässigtem Klima und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die hierzu geeignetste Holzart der Nadelhölzer zu aus nahmsweise und vereinzelt auf den höchsten Appenninen und südlichen Abhängen der Alpen in dem Umfang angetroffen wird, um als Rohmaterial zur Fabrikation benutzt werden zu können. Eine der wenigen dafür günstiggelegenen Papierfabriken Mittelitaliens ist die der Herren Giovanni & Cosimo Cini zu San Marcello-Pistojese (Toscana), deren Betriebswasser, die wilde Lima, dem bosco longu („langen Walde“) entspringt und uu- terhalb der „Bäder von Lucca“ mit dem Serchio vereint, sich bei Pisa in den Arno ergiesst. Der bosco-lungo bei dem Flecken Abetone (1330 M. über dem Meere) liefert das in der „cartiera della Lima“ verwendete Material zur Holzpappenfabrikation. in die Rührbütten einer Siebtischmaschine gepumpt. Diese Siebtischmaschine, die schmälste der hier stehenden 3 Langsieb- Maschinen, die längst amortisirt und auch bereits ziemlich altersschwach war, sollte bereits mehrere Male zusammengeschlagen und als altes Eisen verwendet werden. Da dachte man neuerdings an die Fabrikation von Papier und Pappen aus gekochtem und geschliffenem Holze, und der „invaliden“ Papiermaschine wurde die Ehre zu Theil, einen nochmaligen Lebensimpuls geben zu dürfen. Herr Giovanni Cosimo Cini änderte dieselbe noch seinen persönlich eigensten Ideen sowohl zur Fabrikation von continuir- lieh laufendem Holzpapier, als zur Erzeugung von einzelnen Holzpappen um. Speciell bei letzterer Verwendung sind einige ebenso sinnreiche als einfache Bewegungsmanipu lationen zur Ausführung gebracht, die mir in dieser Verwendung neu waren und die auch einer allgemeinen Kenntnissnahme werth sein dürften. Ich gebe darum in einfachen Linien das Wesentliche der betr. Maschine wieder. A ist das Metalltuch, BB die Walzen der Gautschpresse. C ist die ursprüngliche Walze । noch anhängt und welches, seinem Contakt mit demselben ruhig folgend, einfach mit auf soll, um die zweite Pappe zu bilden. Ein schnelles sauberes Abreissen von Hand, schön rechtwinklig zur Bewegungsrichtung der Maschine, ist unmöglich. Unmöglich, weil die Maschine schneller arbeitet als einegewöhnlichePappenmaschine, vor deren Ende bei der Formatwalze der Arbeiter obenein bequem in der Mitte Platz nehmen kann. Dieser Schwierigkeit wurde nun folgendermassen sinnreich begegnet: In Centrumshöhe der Formatwalze schwebt 1 Centimeter entfernt von deren Umfang eine schwache Messingwalze i. Dieselbe hat einen Durchmesser von 4 Centimeter Sehr schönen geschliffenen naturweissen Pappelholzstoff (hierüber berichte wohl später einmal) erzeugt man ebenfalls und verwen det ausschliesslich solchen als Surrogat für die hier vorzugsweise fabrizirten Mittelpa piere. Die „cartiera della Lima“ ist eine der ältesten Papierfabriken Mittelitaliens, und seit circa 50 Jahren im Betrieb. Ursprüng lich als Handpapierfabrik thätig und erst später mit Donkin’schen Siebtischmaschinen nebst Zubehör ausgerüstet, leidet die Fabrik auch heutzutage noch an manchen Mängeln, wie die meisten älteren Etablissements, die durch verschiedene Metamorphosen hindurch dem Höhenpunkte der Jetztzeit in lobens- werther Weise emsig nachstreben. Die vortreffliche umsichtige Ijeitung der Fabrik ersetzt auch hier Vieles, was „alterthümliche Zustände“ noch zu wünschen übrig lassen. Von drei Bell’schen Holzschleifmaschinen, deren Construktion in Hofmann’s „praktischem Handbuch“ auf Seite 539 durch Wort und Bild erläutert ist, verarbeitet neuerdings eine ausschliesslich Nadelholz, das entsprechend geschnitten vorher einige Stunden der Ein wirkung des Dampfes von 5 Atmosphären Spannung ausgesetzt war. Von der Schleifmaschine passirt der Stoff in üblicher Weise den Raffineur und die verschiedenen Sortircylinder, und wird so dann durch eine Centrifugalpumpe direkt der zweiten Presse, deren obere man durch eine hölzerne Formatwalze von 70 Centimeter Durchmesser ersetzt hat. Auf dieser Format walze D, die dem Drucke von Gewichtshebeln unterstellt ist, lässt mau, so die Erzeugung einzelner Pappen beabsichtigt ist, das Holz- papier auflaufen bis zur gewünschten Stärke. Diese Pappenstärke, welche eine gelinde Hebung der Formatwalze verursacht, wird genau bis zu 1/10 Millimetern angezeigt durch die Scala eines besonders konstruirten Zeiger- Apparates, der auf Grund der genannten Hebung der Formatwalze functionirt und mit derselben in Verbindung steht. Ist die gewünschte Stärke aufgelaufen, so schneidet man während des Ganges die Pappe auf und führt sie auf das Zufuhrtuch c. (Zufuhrtücher sind in der Skizze durch bezeichnet, Filze hingegen durch — — —) Nebensache, dass man in diesem Falle schad haft gewordene Filze als Zufuhrtücher ver wandt hat, da solche in Papierfabriken leider immer zur Verfügung stehen. Hat man nun das eine Ende der auf der Formatwalze aufgeschnittenen Pappe von der ersteren losgelöst und von Hand auf das Zufuhrtuch c gelegt, von welchem es beständig nachgezogen wird, so besteht die Schwierigkeit darin, den nassen starken Carton abzutrennen von dem beständig auf der Maschine sich erzeugenden dünnen Pa pierblatte, welches dem Ende des Cartons | und ist horizontal ausbalancirt auf zwei gleich starken nachgiebigen eisernen Federn, die an der Stuhlung der Maschine befestigt sind. Die aufgeschnittene Pappe lässt man zwischen I) und i durchlaufen, ehe man sie auf das Zufuhrtuch c leitet. Letzteres nun hat eine schnellere Bewegung als die Format walze; Folge davon ist, dass die Pappe straff angezogen wird und unter diesem Anziehen einen Druck auf die Walze i ausübt, welcher sie selbst und ihre empfindlichen Tragfedern abwärts biegt in die punktirte Lage. Die mehrfachen gepressten Schichten der Pappe sind stark genug, um den auf sie erzeugten Gegendruck der Federn auszuhalten; nicht so die einfache Papierbahn! Hat das Ende der aufgeschnittenen Pappe den letzten Punkt d (Tangentialpunkt) überschritten, bis zu wel chem dasselbe zwischen Formatwalze und dem gespannten Nassfilz b eingeklemmt war, so schnellt durch Federkraft die kleine Walze i in die Höhe und bewirkt den gewünschten gleichmässigen Abriss der geformten Pappe von der laufenden einfachen Schicht. Diese Letztere läuft von Neuem auf die Format walze auf, während die Pappe ihren Weg mit dem Zufuhrtuche c weiter fortsetzt. Ehe wir sie auf ihrer Bahn verfolgen, will ich nur noch der ebenso einfachen als praktischen Weise Erwähnung thun, mittelst deren man die auf der Formatwalze D auf- gelaufene Pappe zerschneidet.