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34 PAPIER-ZEITUNG. N? 2 Füllfederhalter. Von G. R. Die Ausführung eines Federhalters, welcher die Tinte mit sich führt, so dass die daran befestigte Schreibfeder sich von selbst füllt und deshalb nicht eingetaucht zu werden braucht, hat schon Viele beschäftigt, ohne dass bisher auch nur eine nennenswerthen Eingang gefunden hätte. Die meisten oder vielmehr Alle verdienten das Prädikat zu kostspielig, komplizirt und deshalb unprak tisch. Der nachfolgend beschriebene Füll federhalter will sich nun nicht bedünken, als ob mit ihm das betreffende Problem gelöst sein sollte, aber er ist einfacher und praktischer als die bisherigen und deshalb der Beachtung werth. Der Hauptsache nach besteht derselbe aus dem Röhrchen ab, von etwa 8 — 10 mm. lichtem Durchmesser und beque mer Länge, also etwa 1,0 dm. Dasselbe läuft am einen Ende in eine gebogene Rohrspitze c d aus, welche die Tinte in den innern Theil der Schreibfeder liefern kann, also diese fast berührend, aus mündet. (Fig. 2, Ansicht von vorne, e die Schreibfeder, c die darunter auslaufende Röhrchen spitze). Bei a vorne ist zugleich das Rohrblech doppelt, um die Schreibfeder hier einstecken zu können; ferner findet sich bei/, etwas vor Ausgang des Röhrchens ab ein Schlitz oder eine Art Schnitt, 4—6 mm. lang und 1 mm. breit. In dem eben beschriebenen Röhr chen ab lässt sich das etwas engere Röhrchen y h luftdicht auf und ab bewegen. Wenn dieser Theil yh ein wirkliches Röhrchen darstellt, so ist er bei h geschlossen und mit einer Art Griff versehen. Der selbe kann indess auch sehr gut aus massivem und hartem Holze £ 8 l hergestellt sein. Der Theil y h stellt gleichsam einen Pumpenkolben dar, durch dessen Hin- und Herbewegung die Luft in a b bald ausgetrieben bald eingezogen wird. Dasselbe wird geschehen, wenn wir die Rohrspitze c in eine Flüssigkeit z. B. Tinte tauchen. Ist der Kolben y h ganz im Rohre ab, die Spitze c in Tinte getaucht und ich ziehe den Kolben y h langsam aus dem Rohr a b, so muss sich natürlich das letz tere ganz mit Tinte füllen, bis das innere Ende des Kolbens den Schlitz f erreicht hat, nun Luft zutreten kann und diese statt der Tinte bei weiterem Herausziehen an gesogen wird. Gesetzt nun die Röhre a b sei mit Tinte gefüllt, bei a sei eine Feder angesteckt, das Ende y des Kolbens sei etwas über den Schlitz gezogen (siehe punk- tirte Linie bei /), so dass also die äussere Luft nach dem Innern der Röhre Zutritt hat, so ist es klar, dass wenn ich die Feder wie beim Schreiben nöthig, schief d. h. halbsenkrecht halte, die Tinte an der Spitze bei c tropfenweise austreten und die Feder ’ füllen muss. Diesen tropfenweisen Abfluss werde ich reguliren können, indem ich den ! Schlitz f mehr oder minder freilasse, was durch Verschieben des Kolbens yh ge schieht; jemehr dessen inneres Ende y ein geschoben ist, desto kürzer ist die unbe deckte also offene Stelle des Schlitzes /, desto weniger rasch kann die Luft zutreten und desto langsamer wird der Austritt der Tinte bei c sein. Das Ausfliessen lässt ! sich aber ausserdem noch durch mehr oder minder schiefes Halten der ganzen Feder beschleunigen oder vermindern, sowie auch, I da der Schlitz f am Rohr a b genau so angebracht ist, dass er beim Schreiben an den Knöchel des Zeigefingers angedrückt und dadurch bedeckt ist, durch leises und 1 rasches Abheben des Schlitzes von dem letzteren. Wenn ich nicht schreibe, so halte ich den Halter horizontal oder lege ihn in I dieser Lage beiseite, wobei natürlich der i Zufluss nach der Schreibfeder aufhört. Auch wird es vortheilhaft sein, über der Spalte / einen Kautschuckring anzubringen und durch dessen Verschiebung von aussen den Luftzutritt nach dem Innern und da durch den Tintenabfluss regeln zu können. Nach dem Gebrauch des Füllfederhalters hat man den restigen Inhalt der Röhre durch Hineintreiben des Kolbens in die 1 letztere wieder in das Tintenglas einzu spritzen, alsdann die Rohrmündung c in reines Wasser zu stecken und mehrmals auf und nieder zu pumpen, bis das heraus sprühende Wasser nicht mehr durch Tinte gefärbt wird. Diese Art der leichten und bequemen Reinigung ist ebenfalls ein be deutender Vortheil dieses Füllfederhalters. Ueber die Geschäftsreisenden. Als vor Jahrzehnten einige der bedeu tendsten Fabrikanten und Grosshändler, dem Beispiele der Franzosen und Englän der folgend, ihre Reisenden mit Mustern in die Provinz sandten, waren diese überall willkommene Gäste. Die Provinzkaufleute bekamen ohne Kosten und Zeitverlust die neuesten Muster zu sehen, hatten es nicht mehr nöthig, die beschwerlichen Reisen zum Einkäufe in die Gross- oder Fabriks stadt zu machen und konnten die theuern und zeitraubenden Ansichtssendungen ver meiden. Es ist desshalb begreiflich, dass zu dieser Zeit die Geschäftsreisenden oft mit Sehn sucht erwartet und im Familienkreise ihrer Committenten freundlichst aufgenommen wurden. Der Geschäftsreisende war damals eine hochangesehene unbedingtes Vertrauen geniessende Persönlichkeit. Die erleichterte Communikation und die aufs Aeusserste gespannte Concurrenz in allen Branchen haben diese Zustände sehr rasch und in einer Weise geändert, dass uns Erzählungen aus dieser guten alten Zeit fast wie Mährchen klingen. Heute ist die Zahl der Handelsreisenden eine so grosse, dass sie nicht mehr als eine den Verkehr erleichternde Wohlthat sondern als eine Landplage angesehen wer den ; und wir können dem Kaufmanne, der sich nicht jedem der ihn überfluthenden Commis voyageurs zur Verfügung stellt, nicht so ganz Unrecht geben, denn auch für ihn ist Zeit Geld. Die Sucht, gross zu thun, grosse Firma | zu heissen, verleitet viele Firmen, die es j gar nicht nöthig hätten oder deren mög lichst grosser Umsatz zu klein ist, um einen Reisenden rentabel zu machen, einen Repräsentanten in die Welt zu senden. Wozu lässt der Fabrikant reisen? warum setzt er sich den nahezu gewissen Ver-' lusten aus, die durch’s Reisen entstehen und wozu schafft er sich diesen kostspie ligen und zeitraubenden Verkehr mit den vielen kleinen Kunden? da er doch (wie z. B. der Engländer) seine Kräfte nur der Erzeugung marktfähiger Waare widmen, den Vertrieb aber ganz dem Zwischen händler überlassen sollte. Auch die Erzeuger der zahlreichen Neben- I artikel der Papieibranche haben eine wahre Wuth darauf, ihre Firmen in der Provinz viel genannt zu wissen. Sie übergehen den Commissionär oder Zwischenhändler und senden, mit sich nie rentirenden Kosten, einen Reisenden in die Provinzen. So sehen wir oft einen „Reisenden“ mit dem schwarzen Musterpaket von Laden zu Laden eilen und seine Aquarell-Farben, Bleistift- l spitzer, Chablonen, Cristall-Leim, Waaren- Etiquettes oder ähnliche Artikel offeriren. । Es ist begreiflich, dass diese kleinen Fabrikanten nicht einen repräsentations fähigen kaufmännischen Fachmann, der zu imponiren versteht, in die Welt senden können, denn routinirte Reisende von solchem Caliber wollen gut bezahlt sein, sie engagiren desshalb eine billige Kraft, einen kaum der Lehre entwachsenen Jun gen mit hübscher Figur, der einige land läufige Phrasen zu drechseln versteht und sich damit begnügt, für fremder Leute Geld ein Stück Welt zu sehen. Dass solche Jungen dem Stande der Rei senden nicht Ehre machen und ihren Chefs keinen Nutzen bringen können, brauchen wir wohl nicht erst zu erklären. Diese Sorte Handelsreisende, denen jede gute Lebensart und vor Allem Erfahrung abgeht, diskreditiren nicht nur den ganzen ' Stand durch ihre Aufdringlichkeit und Takt- | losigkeit, sondern sie haben auch mit Schuld an den „schweren Zeiten.“ Um ihren Häu sern ihre Tüchtigkeit zu beweisen und Aufträge überschreiben zu können, nehmen sie diese, wo sie sie bekommen, unbeküm mert, ob die Auftraggeber bezahlen können oder wollen. Bei einem Kunden, der einen halbwegs guten Ruf hat, lizitiren sie sich | gegenseitig die Preise herab, verlängern das Respiro und verzichten auf Accepte, ohne zu bedenken, dass sie ihr Haus da durch schädigen und ihm die Geldbeschaf fung erschweren. Im Interesse des Papierhandels über haupt, im Interesse des Zwischenhandels im Papierhandel insbesondere, wäre es zu wünschen, dass die Zahl der Reisenden reduzirt würde. Die Zwischenhändler aber sollten in der Wahl ihrer Reisenden vor sichtiger sein, sollten den Posten eines Reisenden, den wichtigsten Posten, den sie zu besetzen haben, nicht an unreife oder zu wenig gewissenhafte Leute vergeben, sie sollten tüchtige wenn auch kostspieli gere Kräfte engagiren, denn stets war und ist der billige Reisende der theuerste. Nur wenn die Reisenden in kleinerer Zahl kom men, ihre Firmen mit Anstand repräsen- tiren werden, wird ihr Stand wieder ein geachteter werden und dann werden sie wieder zum Nutzen ihrer Häuser arbeiten. Hoffen wir, dass die in Wien tagenden Handelsreisenden eine Association dieses für den Handel so wichtigen Standes zu Wege bringen und durch Ausscheiden der unlauteren Elemente aus ihrer Mitte ihren Beruf wieder zu Ehren bringen. 0. S.