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Jahrgang.Berlin, Donnerstag den 12. Juli 1877.No. 28. Technische Fremdwörter. Nachdruck erwünscht. Seit vielen Jahren schon hatte sich ein Häuflein wackerer Männer zur Reinigung der deutschen Sprache von Fremdwörtern vereinigt, ihre Bemühungen waren aber bis zum gegenwärtigen Jahrzehnt nur von mittelmässigem Erfolge begleitet. Mit dem Erstehen des deutschen Reiches sind jedoch Viele zu dem Bewusstsein gekommen, wie unwürdig ist, dass das Volk der Denker in einer, wenn auch nur scheinbaren, geistigen Abhängigkeit vom Auslande ver harrt. Wenn die Franzosen oder Eng länder einen neuen Gegenstand erfinden, schaffen sie auch eine französische oder englische Bezeichnung dazu, und diese Bezeichnungen werden von uns meistens in der Ursprache angenommen, selbst wenn sie sich ganz gut auf deutsch geben lassen. Viel schlimmer ist jedoch die uns Deutschen angeborene Sucht, sogar deutsche Er findungen oder Dinge, die in Deutschland ihren Ursprung haben, französisch, lateinisch oder griechisch zu bezeichnen. Dass die lateinischen oder griechischen Namen häufig gar nicht das ausdrücken, was damit ge sagt werden soll, ist nebensächlich, denn sie werden doch nur von Wenigen ver standen und selten von denen, welche den Gegenstand brauchen. Die Unsitte der lateinischen und griechi schen Bezeichnungen verdanken wir dem Gelehrtenthum, welches sieh zu erniedrigen glaubte, wenn es „populär“, d. h. leicht verständlich, geschrieben hätte, und der Anschauung, wonach Niemand ein „ge bildeter“ Mensch sein konnte, der nicht seine halbe Jugendzeit dem Studium der todten Sprachen geopfert hatte. Wie sehr diese Denkungsweise in Fleisch und Blut der Bevölkerung übergegangen ist, erkennt man an der Sucht, den einfachsten Dingen durch fremdklingende Namen einen ge lehrten Anstrich zu verleihen. Den Anstoss zu diesen Betrachtungen gaben zwei in diesen Spalten angezeigte und besprochene neue deutsche Erfindungen. Die eine ist der sehr hübsche und zweck mässige Papier-Festigkeits-Messer unter dem Namen „Dasymeter“, die andere das neue Verfahren zur Herstellung von Wasser zeichen-Formen mit der Bezeichnung „Eido- graphie“. Jeder dieser Namen muss von einer längeren Erklärung begleitet sein, wenn man wissen soll, was er bedeutet, und keiner derselben wird sich dem Ge- dächtniss derer einprägen, die den Gegen stand benützen sollen. Die Wahl solcher Fremdwörter an Stelle der natürlichen deutschen Bezeichnungen verursacht daher mehr Druckkosten, mehr Schreiberei und erscheint nach jeder Richtung hin als sehr unzweckmässig. Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht verfehlen, die lobenswerthen Bemühungen des Reichspostmeisters Dr. Stephan, soweit sie das Papierfach betreffen, zu unter stützen. Es giebt wohl kein Wort, welches weniger an seinem Platze ist, als die bei uns übliche Bezeichnung „Couvert“ für Briefumschlag. In Frankreich versteht man darunter ein Tafelgedeck, während der Briefumschlag „enveloppe" genannt wird. Unsere Bezeichnung „Couvert“ ist daher nicht nur Fremdwort, sondern überhaupt falsch. Die Holzschleiferei oder die Fabrikation von geschliffenem Holze ist eine rein deutsche Erfindung und ihr Vater, Herr Heinrich Voelter, nennt den Schleifstein „defibreur“ (Zerfaserer) und den wage- i rechten Mahlgang, dieFeinmühle „raffineur"! Unser grosser Liebig bezeichnet den Grundstoff, aus dem jedes Papier im Wesentlichen besteht, als „Zellstoff“ und drückt damit sofort ans, wie er beschaffen ist. Die deutschen Fabrikanten ziehen das französische Wort „Cellulose“ vor und sie machen den noch grösseren Fehler, dass sie darunter nur den aus Holz ge wonnenen Zellstoff verstehen wollen, während doch der aus Flachs, Baumwolle, Stroh etc. erzeugte auf dieselbe Bezeichnung Anspruch hat. Mit dem Worte „Holz- Zellstoff“ hätte man der Wissenschaft so- ■ wohl wie der deutschen Sprache Gerechtig keit widerfahren lassen und gleichzeitig die Natur des Fabrikats klargelegt. Es ist nichts natürlicher, als dass der ' Ausländer oder Nicht-Fachmann annimmt, I eine Erfindung oder Maschine stamme aus Frankreich, England etc., wenn ihr Name der Sprache des betr. Landes entnommen I ist! Dieselben Techniker und Fabrikanten, welche aber durch solche Unsitte dazu beitragen, den Ursprung deutscher Geistes- Erzeugnisse zu verbergen und sogar als j fremdländisch erscheinen zu lassen, sind meistens sehr empört darüber, wenn der deutschen Industrie von irgend einer Seite ' nicht volle Bewunderung gezollt wird. Ebensowenig wie sich das deutsche Reich durch Redenhalten, Sänger- und Schützen feste schaffen liess, werden wir durch ähn liche Thaten der deutschen Industrie die wohlverdiente Anerkennung erwirken. Zu den mancherlei Massregeln, welche hierzu nöthig sind, gehört die möglichste Be freiung der technischen Sprache von der Fremdherrschaft in Wort und Schrift. Es ist zwar nicht leicht, alte Gewohnheiten abzustreifen, wer aber das Deutschthum nicht nur im Munde führt, sondern auch etwas dafür thun will, wird sich die Mühe nicht verdriessen lassen. Er wird beim Sprechen und noch mehr beim Schreiben deutsche Worte an Stelle der fremden setzen, wo es nur geschehen kann, ohne das Verständniss zu erschweren, und seine Umgebung in gleichem Sinne beeinflussen. Wie zur Befreiung des deutschen Bodens, so ist auch zur Befreiung der deutschen Sprache von Fremdherrschaft die Mit wirkung Aller erforderlich. -In solch scheinbar kleinen Dingen täg lich und stündlich seine Vaterlandsliebe zu bethätigen, ist für Viele eine schwierigere Aufgabe, als selbst für kurze Zeit ihr Leben in die Schanze zu schlagen. Um so grösser das Verdienst derer, die es voll bringen!