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426 PAPIER-ZEITUNG. N: 27 Papierwäsche-Fabrikation. (Fortsetzunff aus No. 26.) Um Papierwäsche mit sogenanntem Lein- wandüberzug herzustellen, muss man das Papier mit Shirting bekleben, und nacher mit blanc fixe bestreichen. Das Aufkleben des Baumwollgewebes geschieht noch viel fach von Hand, weil es damit am sichersten und besten ausfällt. Schon im Jahre 1872, als wir in Holyoke in Massachusetts waren, wurde in einer dortigen Papierfabrik der Baumwollstoff der Papierbahn auf der Papiermaschine angeheftet. Der Shirting lief von einer Uber der Papiermaschine ge lagerten Rolle ab Uber einen Kleistertrog, wo er die Klebmasse empfing, und schloss sich zwischen den Pressen an die Papier bahn. Man hat jetzt auch besondere Ma schinen, bei denen die Shirtingbahn erst beiderseitig mit Kleister bedeckt wird, sich mit der Papierbahn in einer Presse ver einigt und dann gemeinschaftlich mit dieser Uber eineTrockenvorrichtung läuft. Näheres vermögen wir jedoch darüber nicht mit- zutheilen. Der Shirting des beklebten Papieres er hält keine Musterung durch gestochene Walzen, er ist nur mit Stärke getränkt worden, um bessere Glätte und Farbe an zunehmen. Zum Glätten solch beklebten Wäschepapiers dient ein aus drei geheizten Hartwalzen bestehendes Glättwerk, durch welches die Papierbahn von oben nach unten geführt wird. Die Zahn - Triebräder der drei Walzen greifen ineinander, die der beiden oberen Walzen haben 35 und die untere Walze 40 Zähne, die beiden oberen Walzen laufen daher mit gleicher Ge schwindigkeit, die untere aber erheblich rascher. Zwischen den beiden oberen Walzen wird die Papier-Shirtingbahn somit nur gepresst, zwischen den beiden unteren aber wirklich geglättet, da die unterste Walze als Frictionswalze dient und starke Reibung ausübt. Die Erbauer dieses Glätt werkes, die Maschinenfabrik von C. Hummel in Berlin, haben auch schon ein ähnliches in ungeheuren Dimensionen zum Glätten von Papier ausgeführt, dessen besondere Beschreibung wir uns für ein anderes Mal vorbehalten. Hiermit ist das Papier fertig zum Zer schneiden und Prägen. Nachdem das Papier diese verschiedenen Vorbereitungsarbeiten durchgemacht hat, wird es zunächst in Bogen von entsprechen der Länge geschnitten. Dies kann mit Schneidemaschinen aller Art geschehen, wird aber am besten mit einer amerikanischen Maschine von sehr einfacher Construction ausgeführt. Ueber eine eiserne Platte a läuft das Papier von der Rolle ab, und a wird mittelst einer Schneideplatte b, welche in c ihren Drehpunkt hat, gewissermassen abgekniffen. An dem Ende e der Platte a! sitzt eine scharfe Stahlschneide, uud das Ende d der Schneideplatte b ist gleichfalls mit einer solchen Schneide versehen. Die Schneide d macht in bestimmten Zwischen räumen einen ganz kurzen Niedergang, gerade tief genug, um das Papier durch zuschneiden. Damit sie nicht mit allen | Punkten gleichzeitig auf das Papier trifft, damit also ihr Schnitt etwas scheerenartig wird, ist das Stahlblech d nicht flach, i sondern besteht aus zwei Theilen, die dach- förmig Zusammenstössen, also in der Mitte um etwa 1 Cm. höher sind als an den Enden. Die Platte b geht so rasch und heftig nie der, dass die Schnitte dennoch ganz gerade ausfallen. gelegte Wäschestück mit einem Stoss alle seine Löcher erhalte. Die Stanzen sind am unteren Ende von einem Kautschuk- Klötzchen umgeben, welches beim Nieder gang so stark zusammengepresst wird, dass es nach geschehener Lochung die Stanze wieder in die Höhe schnellt. Die Stanzen und ihre Unterlagen können mittelst Keilen für die verschiedenen Weiten verstellt werden. Für einige Kragensorten wird das Papier nicht in Bogen geschnitten, sondern man bedient sich dazu besonderer Maschinen, die im Grundsätze wie die oben beschriebene gebaut sind, bei denen aber die Schneiden d und e keine geraden Linien bilden. Für eine Kragenform hat z. B. die Schnittlinie etwa nebenstehende Form, bei der man sich jedoch die Ecken abge- rundet und die Linien geschweift denken muss. Es ist leicht zu be greifen, dass das Schneiden solcher Formen keine Schwierigkeiten bieten kann, wenn beide Schneiden genau ineinander passen. Dadurch, dass die Kragen dann schon zum grössten Theil die richtige Form haben und sich, beinahe dicht aneinander stossend, aus dem Papier schneiden lassen, wird viel Abfall erspart. Diese Ersparniss ist so gross, dass man behufs Verwendung solcher Schneide- Einrichtungen dazu geeignete Kragenformen erdacht hat. Jetzt handelt es sich darum, das Papier genau in solche Formen zu schneiden, wie man sie für Kragen, Handkrausen (Man schetten), Einsätze und dergl. braucht. Dies geschieht mit einem auf der Kante stehen den Flacheisen oder vielmehr Stahl, welches so gebogen und an den Enden zusammen geschweisst ist, dass seine untere scharf geschliffene Kante ganz genau die ge wünschte Form ergibt. Das Ausschneiden erfolgt in Pressen von verschiedener Con struction, indem maneinenPackPapierbogen (etwa 25) mit Pappe-Unterlage einschiebt, das beschriebene Messer darauf setzt und die Pressplatte darauf niedergehen lässt. Die wichtigste und kostspieligste Ver richtung ist das Prägen, weil davon das Aussehen der Waare wesentlich abhängt und weil für jede Grösse und jede Form ein Stahlstempel nöthig ist. Jede in dem Papier anzubringende Vertiefung oder Ab rundung muss in dem Stempel erhaben ge stochen sein. Nachdem ein ausgeschnittener Kragen genau auf den in der Prägemaschine liegenden Stempel gepasst ist, setzt man die Wurfkugel, das Hebel- oder Räderwerk der verschiedenen dazu benützten Maschinen in Gang. Sehr praktisch ist es auch hier, wie beim Prägen von Luxuspapieren, wenn man den Stempel in eine Platte setzt, die durch Scharnier mit einem Deckel ver bunden ist, welcher die Matrize enthält. Das Kragenpapier kann damit bequem ein gelegt und das Ganze wie ein Buch, präge fertig, in die Presse geschoben werden. Jedes Wäschestück muss mit Knopf löchern versehen werden, die entweder oval sind oder aus kreisrunden Löchern und davon ausgehenden Schlitzen ©- bestehen. Dies geschieht mittelst stählernen Stanzen von genau der Form des gewünschten Loches in kleinen Nähmaschinen - artigen Tritt maschinen, die von Mädchen bedient wer den. Jedes dieser Maschinellen ist mit 2 oder 3 Stanzen versehen, damit das ein- Um all zu rasches Ausreissen der Knopf löcher zu verhindern, werden an den betr. ’ Stellen vor dem Ausstanzen auf die Rück seite kleine Stückchen Shirting geklebt und es ist ganz erstaunlich, wie rasch eine | darin geübte Arbeiterin dies von Hand aus- I führt. Auch hierfür gibt es eine sehr sinnreiche amerikanische Maschine, bei der I die Stückchen Shirting aus Bändern ge stanzt werden, die von oben gelagerten Rollen ablaufen. Unten hat die Maschine eine endlose Kette, in welche die Kragen gelegt werden und die sie so führt, dass sich die ausgeschnittenen und mit Klebstoff versehenen Shirting-Stückchen an den ge wünschten Stellen darauf niederlegen und festkleben. Ausstanzen und Gummiren der Shirting-Stückchen sind selbstverständlich verschiedene abergenau ineinandergreifende Verrichtungen. Stehkragen sind jetzt fertig, an Umlege kragen müssen aber noch die betr. Theile umgebogen werden. Damit der umgelegte Kragen nicht wieder aufsteht, damit er in der neuen Gestalt verbleibt, wird er zwischen zwei rasch umlaufenden Stahlwälzchen durch geführt, die entsprechend weit auseinander stehen und so geformt sind, dass der um gelegte Kragen beim Durchgang schwach ! gepresst wird. Handkrausen (Manschetten) i werden auf gleiche Weise behandelt. Da jedes Dutzend Kragen, Krausen und Einsätze in eine besondere Pappschachtel kommt, so gehört zu einer Papierwäsche- Fabrik auch eine nicht unbedeutende Schachtelfabrik. Die Wandungen der Schachteln werden vorzugsweise aus Holz pappen hergestellt, weil diese glatt und weiss genug sind, um keiner Verklebung im Innern zu bedürfen. Da jedoch äusser Schneide- und Ritzmaschinen keine mecha nische Einrichtungen zur Verwendung kommen, so ist darüber nichts weiter zu bemerken. Nächst Amerika wird in Grossbritannien am meisten Papierwäsche verbraucht. Die dortigen Fabriken können jedoch in rein papiernen Kragen mit den deutschen Fa briken auf dem eigenen Markte nicht con- curriren. In leinenbezogener Papierwäsche dagegen können die deutschen Fabriken nicht gegen die englischen in Grossbritannien aufkommen, wohl aber behaupten sie auch darin den heimischen Markt. Frankreichver brauchtziemlich viel Papierwäsche und nimmt sie beinahe ausschliesslich von Deutschland, i Die Schweiz ist von allen anderen Ländern I das beste Absatzgebiet, wahrscheinlich in Folge des grossen Fremdenverkehrs, und bezieht Alles aus Deutschland. In Süd deutschland ist der Verbrauch von Papier wäsche viel grösser als in Norddeutschland. Die bedeutendsten deutschen Fabriken j dieser Art sind A. & 0. Kaufmann in Berlin und Mey & Edlich in Leipzig, erstere mehr für den Grosshandel, letztere vorzugsweise für den direkten Verkehr mit den Verbrauchern.