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362 PAPIER-ZEITUNG. No 23 Combinirter Röhren- und Cornwallkessel, gebaut von Wagner & Co. — Cöthen, Bahnhof. Die im Allgemeinen nicht abzuleugnenden Vortheile, welche die sogenannten Röhren keasel gegenüber den Dampfkesseln älterer und gewöhnlicher Construction gewähren, haben es vermocht, denselben in neuerer Zeit unter mannigfachster Gestalt nicht geringe Anerkennung und Verbreitung zu verschaffen und dürften die Röhrenkessel bei möglichster Beseitigung ihrer Mängel dasjenige Kesselsystem sein, welchem in Zukunft noch eine grössere Verbreitung bevorsteht, denn sie haben unstreitig bei richtiger Construktion und guter Ausführung vermeiden und wendet deshalb obige Firma bis zu 3,5 Meter lange Feuerplatten an, um wenigstens die Nietreihen zu vermeiden. Da sich durch die Röhren auch Kesselstein ansammelt, so ist die Reinigung nicht gut auszuführen, auch giebt der Kessel sehr nasse Dämpfe. Vortheilhaft ist die Be festigung der Röhren in den Böden ver mittelst ungeheurer Ringe, so dass die Rohre nöthigenfalls herausgenommen wer den können, ohne dieselben zu zerstören- 2. System Piedboeuf besteht aus Ober kessel, der vollständig mit Röhren versehen ist (also ohne den freien Mitteltheil wie Paucksch), und aus Unterkessel (Cornwall system). Dieses System vermeidet das Durch brennen der Feuerplatten, da das erste Feuer zuerst durch die Flammenrohre des führten Nachtheile nicht mehr besitzen. Unsere Doppelröhrenkessel bestehen aus einem Oberkessel (System Paucksch & Freund) und einem darunter liegenden Cornwallkessel. Dieselben haben also die Vortheile von System 1 und 2, ohne deren Nachtheile zu besitzen. Der Kesselstein resp. Schlamm sammelt sich auf der unteren Fläche des Unterkessels an, die vom Feuer garnicht berührt wird, die Reinigung ist eine leichte, da der Oberkessel nicht ganz voll Röhren liegt wie bei System Piedboeuf, also bestiegen werden kann; da auch die Röhren mit Bunden versehen sind, so können dieselben nöthigenfalls herausgenommen und dann wieder an Ort und Stelle eingesetzt werden. Nachdem die Feuergase die Flammenrohre des Unterkessels und dann die Röhren des Oberkessels durchstrichen sind die bei An andere Hinter- den überaus wichtigen Vorzug besserer Ausnützung des Brennmaterials, geben da her bei gleicher Leistung eine sehr wesent liche Ersparniss und sind nicht weniger dauerhaft als andere Systeme. Diesen Um haben, sind dieselben so abgekühlt, haben also ihre ganze Heizkraft abgegeben, dass sie nun, den ganzen Kesselmantel beider Kessel umspielend, dieselben nur haupt sächlich gegen Abkühlung schützen und zugleich den erzeugten Dampf trocknen. Da die hauptsächlichste Schlammabsonde rung in dem unteren Kessel stattfindet, so Unterkessels geht, also Theile berührt, auf denen wenig oder gar kein Kesselstein ab gelagert wird. Da jedoch der Oberkessel ganz voll Röhren liegt, so ist eine Reinigung dieses Kessels kaum ausführbar, auch sind die Rohre nicht mit Ringen eingesetzt, lassen sich also, ohne zerstört zu werden, nicht herausnehmen. Die Dämpfe dieses Kessels sind trocken. ständen ist es zuzuschreiben, dass wendung von Röhrenkesseln deren erhebliche Mängel haben in den grund treten müssen. Es kommt nun darauf an, unter den verschiedenen Systemen der Röhrenkessel dasjenige auszu wählen, welches für den prak tischen Verbrauch bei den meisten Vortheilen die geringsten Nach theile hat. Dieser Anforderung dürften unleugbar die von uns konstruirten Doppelröhrenkesel, die sich überall gut bewährt haben, am meisten entsprechen. Die den Röhrenkesseln im All gemeinen anhaftenden Mängel sind: erschwerte Reinigung und in Folge derselben das durch Schlammansammlung leicht her beigeführte Leckwerden an den Nietstellen und Durchbrennen der Bleche, wenn gleichzeitig die vom Feuer zuerst berührten Kessel Feuergase nicht mehr im Stande, selbst wenn sie hierher kommen sollten, ein Anbrennen des Schlammes zu bewirken. Wird nun noch in passenden Betriebs pausen eine Quantität des an gesammelten schlammigen Wassers durch das am unteren Boden des Kessels angebrachte Rohr abgelassen, ho kann eine schädliche Ansammlung von Schlamm ganz vermieden werden. Ausserdem bewirkt das nach dem Ablassen erfolgende Hinzu bringen frischen Wassers eine Verdünnung der nach und nach im Kessel sich ansammelnden laugenartigen Flüssigkeit, welche dann weniger befähigt ist, Kessel stein zu bilden. Ein Ansetzen von Schlamm theile am tiefsten gelegen sind. Aber auch selbst dort, wo bei vorzüglich reinem. Wasser diese Schlammabsonderung ver mieden wird, geben die Röhrenkessel anderer Systeme meistens weit nässere Dämpfe. Diese beiden Nachtheile, welche allein schon überaus schädlich wirken, hat der combinirte Röhrenkessel einestheils in sehr geringem Maasse, anderntheils gar nicht, da er beinahe ganz trockene Dämpfe gibt. Bei den bis jetzt verbreitetsten Röhren kesseln kommen hier nur drei Systeme in Frage: 1. System Paucksch & Freund. 2. System Piedboeuf (fälschlich Fairbairn- System genannt). 3. System Dupuis. Was nun die einzelnen Systeme anbetrifft, so lässt sich darüber Folgendes sagen, wo bei wir voraussetzen, dass die einzelnen Systeme genugsam im Allgemeinen bekannt sind: 1. System Paucksch & Freund: einfacher Röhrenkessel. Es findet hier die Schlammabsonderung auf den von der Stichflamme zuerst be rührten Blechen statt und ist deshalb ein Lecken der Rundnähte resp. Durchbrennen der Feuerplatte nach kurzer Zeit nicht zu 3. System Dupuis besteht aus einem horizontalen cylindrischen Kessel mit daran hängendem vertikalen Röhrenkessel. Dieser Kessel ist allerdings ziemlich leicht zu reinigen, da die grössere Schlammabsonde rung in dem an dem hinteren vertikalen Kessel angebrachten Schlammsack statt findet, doch bildet sich auch Kesselstein auf der ersten Feuerplatte und leidet die selbe mit der Zeit. Die Wassermasse in dem cylindrischen Kessel ist eine sehr grosse und deshalb die Brennmaterial-Er- sparniss nicht so bedeutend wie bei dem vorhergehenden System, auch dauert das Anheizen der grossen Wassermasse wegen ziemlich lange. Der Transport des Kessels kann nur in zwei Theilen geschehen und muss das Annieten des vorderen Kessels an den hinteren an Ort und Stelle ge schehen, was nebst dem Hineinbringen der Rohre an der Betriebsstelle immer sein Missliches hat. Die Kessel von No. 2 können allerdings auch nur in 2 Theilen verschickt werden, brauchen aber nur an Ort und Stelle zusammengeschraubt zu werden, was jeder einigermassen geübte Maschinist resp. Heizer thun kann. Wir hoffen, dass die von uns gebauten Kessel nun die wesentlichsten oben ange und Kesselstein wird in den Röhren des Oberkessels in sehr geringem Maasse statt finden, da die Ablagerung desselben im Unterkessel erfolgt. Das Ansetzen von Russ in den Röhren findet hier auch weniger wie beim einfachen Röhrenkessel statt, auch übt die kalte Luft, die beim Reinigen ein facher Röhrenkessel so schädlich wirkt, hier nicht diesen Einfluss in dem Maasse aus. Der Vorwurf, der solchen Kesseln gegen „System Piedboeuf“ gemacht wird, dass der Querschnitt in den Röhren ein zu kleiner ist, trifft hier nicht zu. Wir wählen die Oberkessel kurz und von grossem Durch messer, wobei die Bleche des Mantels aller dings stärker werden, was, da dieselben keine eigentliche Heizfläche bilden, durch aus nichts schadet. Es hat diese Anordnung noch den grossen Vortheil, dass die Kessel häuser sehr kurz werden können und des halb die Anlage billiger zu stehen kommt. Ein von uns construirter Doppelkessel von circa 73 • Meter Heizfläche stellt sich gegen einen eben so grossen Cornwall kessel um circa 400 Mark billiger und kann dabei das Kesselhaus um 3,5 bis 4 Meter kürzer werden, also wird auch die Ausgabe hierfür eine wesentlich ge ringere.