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164 PAPI ER-ZEITUNG. No 11 Einiges über Holzzellstoff- (Cellulose) Fabrikation. von Th. Knösel. (Fortsetzung aus No. 10.) Noch eine eigenthümliche Beobachtung sei hier erwähnt, die ich ganz besonders bei Cellulose aus Kiefernholz gemacht habe. Sobald der gekochte Stoff fertig ausgelaugt ist und auf irgend welche Weise mit Sauerstoff in Berührung kommt, färbt er sich ordentlich rosa eine Er scheinung, die zumal auffällig ist, wenn der Stoff mit reinem Wasser übergossen wird, dessen Gehalt an Sauerstoff ganz besonders energisch zu wirken scheint, denn in den Auslaugekästen werden die oberen Schichten immer röther, während die untern ganz weiss resp. gelblich bleiben; legt man Stoff aus diesen untern Schichten im feuchten Zustand in die Luft, so wird er ebenfalls nach und nach rosa, schneller noch beim Waschen und Schlagen im Holländer; je länger er in demselben geht um so intensiver färbt er sich. Sollte sich hier etwa eine Anilinfarbe in geringer Menge bilden? Denn durch wenig Säure wird sie zerstört, ebenso aber auch durch Trocknen des Stoffes über den Dampf- cylindern, wo sie gelblich wird, während beim Trocknen an der Luft dieser Ton nur etwas schwächer wird. Noch intensiver ist die Färbung, wenn feuchter Stoff in einer Chloratmosphäre liegt, oder mit ganz verdünnter Chlorkalklösung zusammen kommt; allerdings verschwindet durch mehr Chlor diese Färbung sehr schnell. Eine Probe auf Mangan in der Asche solcher Cellulose ergab ein negatives Re sultat; sehr wenig Eisen, neben mehr Thonerde und Kalk, bilden den Hauptbe- standtheil der Asche. Etwas, was dem fertigen Stoff kein em pfehlens werthes Aussehen giebt, ihm aber gleichwohl nicht schädlich ist, sind helle, glänzende Splitter, die in mehr oder min der grösserer Zahl sich eingestreut finden. Für dieselben giebt es zweierlei Quellen; vornehmlich stammen sie von der weissen Bastschicht, die direct unter der Rinde des Holzes sitzt und bei frischem Holz am festesten anhaftet, während sie bei älterem Holze zum Theil mit der Rinde abfällt, zum Theil vornehmlich der Zer störung durch Käfer, Larven etc. ausgesetzt ist; man wird diese hellen Splitter vor nehmlich bei frischem Holz haben, wenn die Bastschicht nicht mit peinlicher Sorg falt entfernt wird. Andererseits rühren sie auch von wohl zerkochten Holztheil- chen, die beim Kochen aus der Lauge herausgeschleudert wurden und am Siebe an Stellen hängen blieben, die sie äusser der Berührung mit Lauge brachten, sodass sie dann im Dampf förmlich trockneten. Es bekommt nun ausgewaschene Cellulose, die im nicht zerschlagenen Zustande trocknet, gewissermaassen wieder eine holzige Beschaffenheit, sodass sie dann, trotz langen Einweichens, nur schwierig zu zerschlagen ist; sie muss noch einmal aufgekocht werden, bevor man sie ver arbeiten kann, da man ja im Wasch holländer nicht mahlen, sondern nur zer schlagen soll. Kommen diese hellen, Splitterchen nun noch durch Presswalzen, so erhalten sie einen ganz besonderen Glanz, zumal diejenigen, welche von Bast herrühren. Beim Verarbeiten der Cellulose sind die selben nun durchaus unschädlich, indem sie beim Bleichen und Mahlen im Ganzzeug holländer völlig verschwinden. Durch das Bleichen resp. die hierbei stattfindenden Prozesse, werden diese Theilchen aufge lockert und im Ganzzeugholländer um so leichter zerschlagen und zerkleinert, sodass sie im Papier durchaus nicht mehr störend wirken. Immerhin ist es besser, dieselben möglichst zu vermeiden, da sie dem Stoff kein empfehlenswerthes Aeussere und leicht Veranlassung zu Ausstellungen, wenn auch grundlosen, geben; und selbst diesen soll man thunlichst aus dem Wege gehen. In der Cellulosefabrikation ist noch Vieles zu studiren und erheblich zu ver bessern; denn sowohl die Fabrikation, als auch das Produkt bedürfen noch wesent licher Vervollkommnungen; jedenfalls hat dieser Stoff gegründete Aussicht, immer mehr ein Ersatz für Lumpen zu werden. Denn sobald sich die Papierkonjunkturen und mit ihr die (zollfreie) Lumpenausfuhr wieder heben, werden die meisten Papier fabriken ohne dieses Surrogat kaum fertig werden; können sie sich doch so ohne Lumpensortirerinnen, Lumpenschneider, Lumpenkocher, Halbzeugholländer etc. ihre Produktion wesentlich erhöhen. Bis jetzt sind es allerdings mitunter noch mangel haftes Fabrikat, Unkenntniss der Verarbei tung und hieraus entspringende begründete und unbegründete Vorurtheile, sowie die augenblicklich sehr schwache Nachfrage nach Papier und die sehr gedrückten Lumpenpreise, welche die Verwendung der Cellulose noch arg beschränken. Manche Fabrikanten sind geradezu der Ansicht, dass die Cellulose ein schlechtes Surrogat, ähnlich dem geschliffenen Holzstoff und nur zu „Schundpapieren“ ge eignet sei; es fällt ihnen aber nicht ein, Versuche damit anzustellen, um sich vom Gegentheil überzeugen zu können. Andere Fabrikanten, die sie wohl verwenden, ge fallen sich darin, die Cellulose zum all gemeinen Sündenbock für alle im Papier sich zeigenden Mängel zu machen, ohne weiter zu untersuchen, ob dies begründet ist; und so wird von Manchen gleich von vorn herein der Stab über sie gebrochen. Es muss der Zeit überlassen werden, diese Abneigung nach und nach zu besiegen; besonders wird für den neuen Stoff höchst günstig wirken, wenn derselbe noch weit vervollkommneter von den Fabriken ge liefert wird. In manchen Fabriken ist das Bleichen noch ein Stein des Anstosses. Ganz mit Recht wird der Stoff einstweilen fast nur im ungebleichten Zustande versendet; denn lässt man gebleichten Stoff längere Zeit liegen, so gelbt er nach, noch mehr, wenn er über die Papiermaschine und die Trockencylinder gehen muss. Was hilft es dem Papierfabrikanten, wenn er eine gebleichte Cellulose erhält, deren schein bare Weisse nur durch Farbenzusätze aller Art, Anilinfarben, Ultramarin u. s. w. er zielt wird, die sich dann womöglich nicht mit seinen andern Stoffen im Holländer vertragen ? Deswegen ist es einstweilen ; immer noch am besten, wenn sich jeder I Papierfabrikant seine Cellulose selbst bleicht. Man hat nun, ebenso wie für die Lumpen, entweder Gas- oder Holländer bleiche; am besten dürfte vielleicht eine Combination beider sein, da Gasbleiche allein selten zum Ziele führt. Bleicht man nun im Holländer, so nehme man nicht mehr als 2k Schwefelsäure auf 100k trock nen Stoff, um die Reaction einzuleiten resp. zu beschleunigen; denn ein Mehr ist höchst unnöthig, ja sogar schädlich, indem durch dieses die Faser angegriffen und ganz mürbe und brüchig wird. Hat man doch schon die 10 fache Menge und noch mehr genommen und sich so allerdings den Stoff wesentlich verdorben, etwas was man dann oft auf die Wirkung des Chlorkalkes schiebt, doch ganz ungerechtfertigt. Es genügt, mit der wenigen Säure etwas Chlor freizumachen, und da dieses durch die färbende organische Substanz in Salz säure übergeführt wird, welche weitere Mengen von Chlor frei macht, so setzt sich der Prozess von selbst fort. Die ab gehende Bleichflüssigkeit hält immer noch einen ziemlichen Theil des Chlors zurück, und ist es daher ganz vortheilhaft, dieselbe zu sammeln und nochmals wieder mit zu verwenden. Man benützt zum Abfiltriren am besten die Zementfiltrirsteine, die sich zu diesem Zwecke für Lumpen und Cellu lose ganz vortrefflich bewähren; man braucht die Stoffkästen nur mit solchen Steinen einfach zu belegen, ohne sie weiter mit Zement zu verbinden. Diese Steine werden jetzt so schön und scharfkantig ge liefert, dass man sie blos stumpf an ein ander zu legen braucht. Ein Umbleichen mit wenig Chlorkalk, Behandeln mit wenig Aetzlauge und noch maliges Nachbleichen mit Chlorkalk ist hin und wieder empfohlen worden, ohne wohl je im Grossen angewandt worden zu sein; denn es ist durch die vielen Opera tionen, das mehrfache Auswaschen u. s. w., höchst zeitraubend und sicher nicht billiger, als die andere Methode. Das Bleichen im Holländer wird übrigens durch Sonnenlicht nicht unwesentlich gefördert. Der gebleichten Cellulose hängt nun stets noch ein schwach gelblicher Ton an, den man am besten erkennt, wenn man andere gebleichte Stoffe daneben hält. Es giebt nun eine einfache Behandlung, die meines Wissens erst in einer Fabrik im , Grossen ausgeführt worden ist, welche j einen Stoff liefert, der an Weisse min destens mit den besten leinenen Lumpen konkurriren kann, wenn er auch noch nicht die Baumwolle erreicht; es ist dies eine Behandlung mit wenig Salzsäure, welche die Cellulose von ihrem Eisengehalt be freit. Dieselbe wird am besten in einem höl zernen Holländer vorgenommen, da ein ganz geringer Ueberschuss von Säure un bedingt nöthig ist; man muss sich durch genaue Versuche überzeugen, wie viel da von nöthig ist, indem man allmählig immer- mehr davon zusetzt; erst in dem Moment, wo alles Eisen gelöst ist, verschwindet der gelbliche Ton und der Stoff erscheint rein weiss. Zur genauen Beurtheilung kann man auch den Geschmack benutzen, welcher ein ganz schwach bitterlicher sein muss; Lakmuspapier darf nicht sofort werden, sondern erst nach einiger Zeit einen