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PAPIER-ZEITUNG. N 9 130 Verein deutscher Buntpapier fabrikanten. ^Fortsetzung aus No. 7.) Unter den in der Leipziger Versammlung im Mai v. J. gefassten Beschlüssen befinden sich mehrere von so wesentlicher Bedeutung, dass eine Uebersicht der Wirkungen dieser Resolutionen umsomehr von Interesse ist, als einestheils hierdurch eine Grundlage gebildet wird für das gegenseitige Einver nehmen der Fachgenossen bei der nächsten Generalversammlung, anderntheils hierdurch Anlass geboten wird, um Wünsche, Anträge oder Vorschläge auch in der Zwischenzeit zum Ausdruck zu bringen. Wir wollen sämmtliche Gegenstände der damaligen Tagesordnung der Reihenfolge nach vornehmen. No. 1, 2 und 3 waren allgemein organi- satorischer Natur, wie dies bei Bildung eines neuen Vereins erforderlich ist. No. 4 handelte über die Eintheilung der Papiere in Neuries. Es wurde beschlossen, die Berechnung der Buntpapierfabrikate vom 1. Jan. 1877 an nach Neuries ä 1000 Bogen durchzuführen, währenddem die Zählung einstweilen dem Ermessen der Einzelnen noch überlassen bleibt. Dieser Beschluss wurde in solcher Rich tung hauptsächlich gefasst, um einen Ueber- gang zu ermöglichen und Gelegenheit zu geben, den besonderen Verhältnissen, die etwa obwalten, Rechnung zu tragen. Die Versammlung in Leipzig war sich bewusst, dass eine durchgreifende Aenderung, wie die der 1000-Bogenzählung, sich nicht ohne Weiteres aufnöthigen lasse und äusserte sich in den besagter Resolution beigegebenen Motiven in diesem Sinne. In der That hat in der Buntpapierbranche bis jetzt die Neurieseintheilung noch keinen allgemeinen Boden gefunden; die Mehrzahl der Abnehmer verharrt z. Z. noch auf dem 480-Bogensystem, währenddem ein aller dings nur kleiner Theil der Kunden bereit willig die Neurieseintheilung mit allen ihren Consequenzen angenommen und durch geführt hat. Hierdurch ist ein gemischtes System ent standen, welches zu mannichfachen Irr thümern und Verwechslungen Anlass giebt und überhaupt auf die Dauer unhaltbar ist. Es empfiehlt sich daher dringend, für die nächste Generalversammlung die Verein barung zu treffen, mit der alten Art voll ständig abzubrechen und die 1000-Bogen- eintheilung und mit ihr das Decimaisystem j allgemein zu adoptiren. Wenn alle Vereins mitglieder, somit die Mehrzahl und insbe-1 sondere die bedeutendsten Buntpapierfabri kanten Deutschlands, mit Ernst und Ent schiedenheit den dann gefassten Beschluss zur Ausübung bringen, so wird gewiss auch das viel einfachere und praktischere Decimal- verhältniss vollständigen Boden finden. No. 5 der Tagesordnung hatte die Ver- werthung der Ausschusspapiere zum Gegen-1 stand. Die in Leipzig einstimmig angenommene Resolution lautete wörtlich: „Die neuere Fabrikation von Buntpapieren j „mit Streichmaschinen veranlasst ein er- „höhtes Ausschussergebniss. Die Ver-1 „werthung dieses Ergebnisses lässt sich „nur durch Beifügung desselben zur la- I „Waare bewerkstelligen. Um hierbei das „Interesse sowohl des Kunden, wie des „Fabrikanten zur Geltung zu bringen, „wird 1/20 (5 %) der la - Qualität in „II. Wahl mit Ausschluss der III. Wahl „und mit entsprechend geringerer Be- „rechnung beigefügt.“ Dieser Beschluss hat leider nicht den gewünschten und erwarteten Erfolg gehabt. Die Weigerung der Kundschaft, die II. Wahl anzunehmen, hat sich inzwischen noch ge steigert und sind die daraus entstehenden Consequenzen wirklich bedenklicher Natur. Dieser Gegenstand ist von so ausser ordentlicher Tragweite für die Buntpapier fabrikation, dass derselbe als einer der hervorragendsten der Tagesordnung bei der nächsten Versammlung aufgestellt zu werden verdient. Was sollen die Fabrikanten mit der II. Wahl beginnen, wenn der naturgemässe Absatz, d. i. Beifügung zur la-Qualität, ihnen abgeschnitten wird? Der Verkauf zu billigeren Preisen in angesammelten Parthien wird immer schwieriger, da die | Preise der I. Wahl ohnedem so sehr ge drückt sind: Nicht ohne Begründung wurde in der Leipziger Versammlung betont, dass die Weigerung der Kunden, II. Wahl anzu nehmen, nahezu Existenzfrage der Bunt papierindustrie werden könnte, und in der That gibt es nicht wenige Sorten Bunt papier, deren Verkaufspreise in dem Falle j nicht den geringsten Nutzen mehr lassen, wenn das Ausschussergebniss nicht zur Ver- werthung gebracht werden kann. Allen Fachgenossen ist deshalb dringend anzu empfehlen, diesen wichtigen Gegenstand in ’ ernste Erwägung zu ziehen, um bei der nächsten Generalversammlung einen sach gemässen Entschluss zu fassen. Ebenso ist aber auch in der Zwischenzeit auf die Abnehmer des Buntpapierartikels hinzu- ' wirken, um das so nothwendige Entgegen kommen zu finden. No. 6 der Tagesordnung kam in der Leipziger Versammlung nicht zur Berathung, sondern ist zu einer späteren Sitzung be stimmt worden, weshalb wir auch heute nicht näher darauf eingehen. No. 7 der betreffenden Resolution lautete: „Die Versammlung beschliesst, dass in „der Verpackungsfrage der Grundsatz, „die Verpackung zum Selbstkostenpreise „zu berechnen und bei Frankozurück- „Sendung zum angesetzten Preise gutzu- „schreiben, durchgeführt werde.“ Es ist erfreulicherweise zu constatiren, dass dieser Beschluss praktische Durch führung fand und die Begründung und Billigkeit des betreffenden Verfahrens all gemein eingesehen wurde. Sowie in dieser Richtung ein Erfolg er zielt wurde, so ist auch in der anderen vorerwähnten noch schwebenden Frage Verständigung zu ermöglichen, nicht etwa durch Coalition und quasi zwangweises Drücken, sondern durch bescheidenes sach liches Einvernehmen und dem angemessenes Handeln. Der letzte Gegenstand der Tagesordnung wurde bereits von uns in No. 7 der Papier zeitung ausführlich behandelt. An dieser Stelle dürfte es wohl ent sprechend sein, die Herren Buntpapier fabrikanten aufzufordern, wegen weiterer Themas zur Tagesordnung für die nächste , Generalversammlung Anregung zu geben. Die Vereinigung von Industrieen, wie sie in der geistig vorwärtsstrebenden Jetztzeit fast in allen Richtungen entstanden, hat den doppelten Zweck, einestheils durch per sönliche Bekanntschaft sich freundschaftlich näher zu treten, anderntheils gemeinsame Fachgegenstände und Fachinteressen zu besprechen und Vereinbarung hierüber zu treffen. Die Leiter solcher Vereinigungen, die Persönlichkeiten, die mit der Ausführung der gefassten Beschlüsse betraut werden, können nur dann ihre Aufgabe ganz er- I füllen, wenn sie von den übrigen Fach genossen gehörig unterstützt werden und j ein reges Zusammenwirken auch stattfindet. Aus diesem Gründe ist es daher sehr | wünschenswerth, wenn der Ausschuss des । Vereins deutscher Buntpapierfabrikanten von Wünschen, Anträgen und Bedürfnissen der Vereinsgenossen forwährend Mittheilung erhält und insbesondere, wenn dem Aus- i schusse in diesen Richtungen für die Generalversammlungen Mittheilungen ge macht werden. Die nächste Generalversammlung soll nach Vereinbarung des Ausschusses im i Spätsommer oder Herbst d. J. stattfinden. Bekanntlich ist Frankfurt a. M. durch die Generalversammlung vorigen Jahres für die nächste Zusammenkunft bestimmt. Lernet ein Gewerbe! Ein Correspondent beklagt sich in einem New-Yorker Blatt, dass er, Gatte und Vater, sein Fortkommen nicht finden könne und enthüllt damit eines der Gebrechen des modernen Lebens. Er | hat Jahre lang auf eigene Rechnung ein kleines Geschäft betrieben, d. h. anstatt zu arbeiten und Mechaniker, Uhrmacher oder sonst etwas nützliches zu werden, hat er in kleinstem Style „gehandelt.“ Diese Sucht nach Commisstellen und Geschäften auf I eigene Rechnung ist der Fluch der auf- ! wachsenden Generation. Warum wollen sie nicht arbeiten? — Schriftsetzer, Uhr macher oder Mechaniker sind niemals sehr lange in grossem Elend, sie werden besser bezalt als Schreiber und sind oft viel nettere Menschen — werden aber leider nicht zu den feineren Leuten gerechnet!! Wenn dies für Amerika gilt, wo die Arbeit viel mehr geachtet und geehrt wird als bei uns, um wie viel mehr ist es auf Deutschland anwendbar?! Wir haben viel zu viele Theoretiker und Schriftgelehrte, die nichts erschaffen und jeder Knabe, der mehr als gewöhnliche Intelligenz besitzt, muss „studiren“. Wie anders stände es um unsere Gewerbe, wenn solche Köpfe hineinkämen und wie sehr würde der Wohl stand der Nation gehoben, wenn ein grosser Theil unserer Theoretiker zu praktisch nützlicher Thätigkeit erzogen wäre! Die Aufschliessung oder Zersetzung fa seriger Rohstoffe durch Anwendung von I Kältegraden bis 40° Celsius unter Null ist in Frankreich Herrn Schlosser patentirt I worden. Er will, durch Anwendung niederer Temperatur an Stelle der gewöhnlichen, i die Zerfaserung von Geweben und Lumpen zum Zweck ihrer Verarbeitung zu Papier und das Ausziehen von Oel aus Früchten oder Getreide bewirken oder befördern.