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838 Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. : Buchdruck © © ® © © © Steindruck < ) Buchgewerbe - No. 29. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Buchbinderei © © H I © © © Buchhandel : Eingesandte Werke finden Besprechung. Der deutsche Muster-Austausch. Es ist begreiflich, dass der alljährlich mit Spannung erwartete deutsche Muster - Austausch bei den meisten seiner Theilnehmer eine gewisse Enttäuschung hervorruft. Der sehr geringen Zahl derjenigen Drucker, die unbeeinflusst ihren eigenen Weg gehen und aus sich selbst heraus die Anregung zu neuen, eigenartigen Mustern nehmen, steht die grosse Menge Derer gegen über, die gegenseitig von einander absehen. Man wird deshalb gut thun, nicht zu viel zu verlangen, um nicht, gleich dem Einsender der Aeusserung in Nr. 15, Seite 412, allzusehr enttäuscht zu werden. Bei einigem guten Willen kann man aus den gegebenen 286 Blättern des diesjährigen Musteraustau sches etwa 60 herauslesen, die ganz oder theilweise be- achtenswerth sind. Nur wenige Blätter sind sozusagen aus einem Guss, meist sehen wir zer fahrene, vielleicht gut ge wollte, aber falsch ver standene Zusammenstoppe lungen vor uns und ödes Linien-Flick- und Schnitz werk. Es hat zu allen Zeiten als trauriges Ver dienst Einzelner gegolten, breite Einfassungsstücke zu zersäbeln; in diesen Wahn sinn ist allmälig Methode gekommen. Man zerschnei det ganze Einfassungs breiten mehrfach, unter verschiedenen Winkeln, sammt allem Begleitwerk. Wer’s besonders gut kann, verschmäht auch hier die als armselig verpönte Ge rade, er zieht gebogene Bänder hin und her durch das misshandelte Material, lässt auch wohl die Band- Enden mitten in einem breiten Stück so auslaufen, dass jeder dividenden- wüthige Schriftgiesser seine helle Freude daran haben muss. Wenn der Eindruck der zusammengekünstelten Form schliesslich nur noch einigermaassen der aufgewendeten Arbeit und dem verdorbenen Material entsprechend wäre! Aber diese Bänder! Es ist erstaunlich, dass solche Künsteleien, denen das künst lerische Unvermögen trotz aller mühseligen Arbeit aus allen Löchern sieht, überhaupt noch Nachbeter finden. Da ist wieder das Fehlen gehaltvoller Grundgedanken Schuld, da entscheidet nicht der Ein druck der fertigen Sache, sondern die mühsame Technik, da steht man und ruft bewundernd aus: »Hat das aber Arbeit gemacht!« Ist es denn so schwer, zu begreifen, dass gerade das Einfache, das mit einfachsten Mitteln, auf einfachste Weise Erreichte, wenn es gut aussieht, tausendmal mehr zu bewundern ist? Wie im Satz das Ziellose, Unsinnige, Auseinanderstrebende, das am treffendsten mit »Leipziger Allerlei« zu bezeichnen wäre, die Verirrung des Tages bildet, ebenso ergeht sich die Farben gebung in allerhand kleinlichen Tüfteleien. , Keine grossen, ent schiedenen Farbenzüge, kein sichtlicher Zusammenhang, sondern lose, versprengte Einzeltheile und schwer einzupassende Tüpfelchen. Eine mehrfach gekröpfte Goldlinie, zwischen zwei feine Linien eingepasst, kleine Farbenpünktchen in Nonpareil-Einfassungsstücke hineingekünstelt, ungemeine erschwerte Passformen — und dabei der Eindruck der fertigen Drucksache, trotz aller Mühe, armselig und dürftig! Recht viele Farben und Färbchen und recht wenig Wirkung! Eine sichtliche Scheu vor breiter, satter Farbengebung, blasirtes, entnervtes Aussehen der Drucke! Die in Druckereien vielfach übliche unglück liche »Arbeitstheilung« bei Anlage der Drucksachen lässt sich bei sehr vielen Blättern des Austausches an ihren Folgen erkennen. Ein eigentlicher Entwurf scheint meist nicht vorge legen zu haben, sonst würde Manches nicht so wirkungs los sein. Der Setzer hat frisch drauf los gebaut, ohne an die künftige Farbengebung zu denken, .ohne sich auch nur über die Vertheilung der Massen auf dem Papier klar ge worden zu sein. Es ist falsch, das Ar beiten ohne vorherige Skizze als Zeichen besonderer Fixigkeit ansehen zu wollen. Ein schlechter Accidenz- setzer, dem der Zeichenstift unbequem in der Hand liegt! Noch weniger wollen sich die meisten Setzer an Pinsel und Tuschkasten gewöhnen. Man behauptet, die Farben »im Kopfe« zu haben, kritzelt unter den Abzug, wie man sich »ungefähr« die Druck-Ausführung ge dacht hat, und überlässt dem Drucker das Uebrige. So kommt es, dass die Arbeit schliesslich der Ein heit entbehrt, dass ver schiedene Absichten darin ineinander spielen. Wenn der Entwurf sammt allem, was dazu gehört, nicht aus einer Hand kommt, wird selten eine geschlossene künstlerische Wirkung das Ende sein. Sehr oft versteht der Drucker von Farben-Anlage mehr als der Setzer, dann sollte man ihn aber bei der Anlage der Arbeit zu Rathe ziehen und ihm nicht lediglich überlassen, ein wirres Gemengsel von durcheinandergeworfenen Satzstückchen durch eine Krickelnde Farbenbrühe nach Kräften schmackhaft zu machen. Der ‘rucker findet natürlich garkeine Gelegenheit, herzhaft in die Farbe zu steigen, wenn der Setzer ihm nicht bedachtsam vor arbeitet, wenn dieser das Satzgerippe nicht so formt, dass für Farbendruck Raum und Gelegenheit bleibt. Fig. 1.